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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
GehG 1956 §13a Abs1;Betreff
N gegen Oberösterreichische Landesregierung vom 2. August 1989, Zl. Schu-7638/1-1989-Kle, betreffend Rückersatz eines Übergenusses.
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.930,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin stand als Volksschuloberlehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Oberösterreich.
Mit Schreiben vom 22. April 1988 erklärte sie ihren Austritt aus dem Schuldienst mit Ablauf des 31. Mai 1988.
Der Dienstaustritt wurde mit Bescheid des Landesschulrates für Oberösterreich vom 3. Mai 1988 zum genannten Termin bestätigt; mit Schreiben der genannten Behörde vom 17. Mai 1988 erging eine Verständigung über die Berechnung und Höhe der der Beschwerdeführerin gebührenden Abfertigung sowie des geleisteten Überweisungsbetrages.
Mit Bescheid vom 21. Dezember 1988 stellte der Landesschulrat für Oberösterreich unter Bezugnahme auf § 13a Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 fest, die Beschwerdeführerin habe den zu Unrecht empfangenen Übergenuß in der Höhe von S 18.816,27 dem Bund zu ersetzen. Begründend führte die Behörde erster Instanz aus, wegen eines Versehens sei der Beschwerdeführerin mit der ihr zustehenden Abfertigung auch der ihr nicht mehr gebührende Monatsbezug für Juni 1988 (inklusive Anteile der Sonderzahlung) ausbezahlt worden. Die Frage des guten Glaubens der Empfängerin sei im Hinblick auf die objektive Erkennbarkeit dieses Irrtums zu verneinen.
Der dagegen erhobenen Berufung vom 2. Februar 1989 gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. In der Begründung führte die belangte Behörde mit Bezugnahme auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Berufung aus, diese habe darauf hingewiesen, trotz ihrer 15 Dienstjahre in Besoldungsfragen im Zusammenhang mit der Auflösung eines Dienstverhältnisses keinerlei Erfahrung zu besitzen. Sie habe weiters einerseits vorgebracht, die Höhe der Überzahlung sei im Vergleich zur Abfindungszahlung als marginal zu bewerten, andererseits hätte sie noch eine Urlaubsabfindung erwartet. Auf Grund der erstmaligen Abfindungsregelung hätte sie - so das Berufungsvorbringen - objektiv beurteilt wie ein in gleicher Situation befindlicher "Durchschnittsmensch" keinesfalls Zweifel an der Angemessenheit der Zahlung haben müssen.
Nach Wiedergabe der Rechtslage und der diesbezüglichen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes legte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter dar, daß durch einen Buchungsfehler in der Zentralen Besoldungsstelle trotz Einstellung der Bezüge mit 31. Mai 1988 noch der Bezug für Juni 1988 in der Höhe von S 15.116,27 und die anteilige Sonderzahlung von S 3.700,--, insgesamt S 18.816,27, angewiesen worden seien.
Da der Beschwerdeführerin mit Verständigung vom 17. Mai 1988 die genaue Höhe der gebührenden Abfertigung und des Überweisungsbetrages schriftlich bekanntgegeben worden sei und die ausgezahlte Mehrleistung ein Monatsgehalt samt anteiliger Sonderzahlung ausgemacht habe, hätte dieser Vorgang bei der Empfängerin objektiv gesehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Unterschiedsbetrages auslösen müssen. Dies gelte umso mehr, als der Unterschiedsbetrag ein beträchtlicher sei und der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits die unzutreffende Einstufung in eine höhere Gehaltsstufe, die in aller Regel von viel geringerer Auswirkung sei, als objektiv erkennbaren Irrtum beurteilt habe. Im übrigen habe der Vertreter der Beschwerdeführerin bereits in der Eingabe vom 21. Oktober 1988 die Tatsache eines Übergenusses in der Höhe des bezeichneten Betrages eingestanden und im Zusammenhang damit eine Kompensation mit einer noch offen behaupteten Urlaubsabgeltung für die Monate Jänner bis Mai 1988 vorgeschlagen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend macht und kostenpflichtige Aufhebung begehrt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, daß die Höhe des Übergenusses unbestritten ist; strittig ist ausschließlich die Frage des guten Glaubens der Beschwerdeführerin im Sinne des § 13a Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956.
Gemäß § 13a Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 sind zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse) - soweit sie nicht im guten Glauben empfangen worden sind - dem Bund zu ersetzen. Gemäß § 106 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 1 LDG 1984 ist diese Vorschrift auch auf die Besoldung der Landeslehrer, u.a. mit der Maßgabe anzuwenden, daß anstelle des Dienstverhältnisses zum Bund das Dienstverhältnis zu dem betreffenden Land tritt.
Zur Frage des guten Glaubens beim Empfang von Übergenüssen hat ein verstärkter Senat des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 30. Juni 1965, Zl. 1278/63, Slg. N.F. Nr. 6736/A, Stellung genommen. Er hat darin, abgehend von der früheren Rechtsprechung, wonach es bei der Beurteilung der Redlichkeit des Empfanges eines Übergenusses auf die subjektive Gesetzeskenntnis des Bediensteten anzukommen hatte, ausgesprochen, daß die Redlichkeit des Empfängers eines nicht geschuldeten Betrages nach der objektiven Erkennbarkeit des Irrtums der auszahlenden Stelle zu beurteilen ist. Der gute Glaube beim Empfang der Leistungen wird nicht nur durch Sorglosigkeit ausgeschlossen; er ist vielmehr schon dann nicht mehr anzunehmen, wenn der Leistungsempfänger - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv beurteilt - an der Rechtmäßigkeit der ihm ausgezahlten Leistungen auch nur Zweifel hätte haben müssen (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, zuletzt beispielsweise Erkenntnis vom 23. April 1990, Zl. 86/12/0124).
Die belangte Behörde stützt ihre Entscheidung insbesondere darauf, daß der Beschwerdeführerin die genaue Höhe der ihr gebührenden Abfertigung und des Überweisungsbetrages mit Schreiben vom 17. Mai 1988 bekannt gegeben worden sei, und weiters darauf, daß auch die Höhe (ein Monatsgehalt und anteilige Sonderzahlung) objektiv gesehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Unterschiedsbetrages hätte auslösen müssen.
Hinsichtlich des ersten Arguments bringt die Beschwerdeführerin vor, daß sie diese Mitteilung erst nach Auszahlung der Gesamtsumme von S 675.962,-- erhalten habe. Zur Frage der objektiven Erkennbarkeit bringt die Beschwerdeführerin wie im Verwaltungsverfahren vor, daß für sie als in Besoldungsfragen ungebildete Lehrkraft keine Rückschlüsse aus dem ihr zugekommenen Betrag möglich gewesen seien. Sie habe sich vielmehr auf die fachkundige Berechnung verlassen und sei nicht zu allfälligen Überprüfungen verpflichtet gewesen.
Dieses Vorbringen kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, selbst wenn das erste Argument, nämlich daß die Verständigung über die Berechnung der Beschwerdeführerin erst einige Zeit nach der Auszahlung zugekommen sei, offensichtlich berechtigt ist. Für die im Beschwerdefall allein maßgebende Frage der Gutgläubigkeit der Beschwerdeführerin im Sinne der vorher dargelegten Theorie der objektiven Erkennbarkeit ist nämlich nicht entscheidend, ob die Beschwerdeführerin in Besoldungsfragen gebildet ist oder nicht bzw. ob sie verpflichtet ist, Überprüfungen vorzunehmen; wesentlich ist vielmehr, ob auf Grund der gegebenen Rechtslage in Verbindung mit dem Sachverhalt es möglich und zumutbar gewesen wäre, den Umstand des Vorliegens eines Übergenusses zu erkennen. Selbst unter Berücksichtigung des verhältnismäßig hohen Abfertigungsbetrages ist die Auffassung der belangten Behörde, daß es sich bei der Höhe des Übergenusses nicht bloß um eine geringfügige Differenz gehandelt habe, daß also die Beschwerdeführerin objektiv betrachtet Zweifel hätte haben müssen, nicht als rechtswidrig zu bezeichnen (vgl. auch in diesem Sinne das Erkenntnis vom 22. Jänner 1987, Zl. 86/12/0293).
Im Verwaltungsverfahren hat die Beschwerdeführerin die Nichterkennbarkeit des Übergenusses darauf gestützt, daß sie außer der Abfertigung eine Urlaubsabfindung erwartet habe. Da eine solche Leistung dem Dienstrecht der Beamten fremd ist, konnte diesem Argument keine entscheidende Bedeutung zukommen. Wenn die Beschwerdeführerin schließlich unter Vorlage von Kontoauszügen darauf hinweist, daß sie am 31. Mai 1988 die Zahlung erhalten und bereits am 1. Juni 1988, also am nächsten Tag, im wesentlichen alles ausgegeben habe, muß ihr entgegnet werden, daß der Frage des Verbrauches nach § 13a Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 keine Bedeutung zukommt. Eine amtswegige Verpflichtung der Behörde, von der Regelung des Abs. 5 der genannten Bestimmung (Stundung) Gebrauch zu machen, besteht nicht und solches wurde von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren auch nicht verlangt.
Der angefochtene Bescheid ist aber insoferne mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet, als der Spruch des Bescheides erster Instanz, obwohl es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Landeslehrerin gehandelt hat und damit die Übergenüsse dem Land Oberösterreich zu ersetzen gewesen wären, den Ersatz des Übergenusses an den BUND vorschreibt und die belangte Behörde diesen Spruch bestätigt hat. Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Treu und Glauben erworbene Rechte VwRallg6/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989120177.X00Im RIS seit
11.07.2001