Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §68 Abs1;Betreff
N gegen Landeshauptmann von Steiermark vom 22. November 1989, Zl. 11-39 Ta 2-86, betreffend Erteilung der Lenkerberechtigung
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 22. November 1989 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers vom 13. April 1989 "auf Erteilung einer Lenkerberechtigung nach Fristablauf für die Gruppe B" gemäß § 64 Abs. 2 in Verbindung mit § 67 Abs. 2 KFG 1967 "mangels körperlicher Eignung keine Folge gegeben".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die dem Beschwerdeführer zuletzt bis 19. Februar 1989 befristet erteilte Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B war im Zeitpunkt der Antragstellung am 13. April 1989 bereits erloschen; mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Antrag, welcher als solcher auf Wiedererteilung der Lenkerberechtigung gemäß § 67 Abs. 4a KFG 1967 zu werten war, abgewiesen. Es trifft daher das Beschwerdevorbringen nicht zu, daß dem Beschwerdeführer "der Führerschein auf Lebenszeit entzogen" worden sei. Allerdings ergibt sich aus dem von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegten amtsärztlichen Gutachten vom 14. September 1989, daß beim Beschwerdeführer "eine Besserung des komplexen Zustandsbildes nicht zu erwarten ist". Dieser (in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltenen) Aussage kommt aber keine Bindungswirkung zu, sodaß auf Grund des Spruches des angefochtenen Bescheides in Hinkunft eine neuerliche Antragstellung - ungeachtet ihrer Aussicht auf Erfolg - nicht ausgeschlossen ist.
Obwohl die belangte Behörde den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides vom 21. Juni 1989 unverändert (also auch mit den Worten "mangels körperlicher Eignung") übernommen hat, geht aus der Begründung des angefochtenen Bescheides klar hervor, daß sie ihre Entscheidung auf die Annahme, der (im Jahre 1910 geborene) Beschwerdeführer besitze "nicht die geistige und körperliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B", gestützt hat. Dabei ist sie zur Gänze dem schon erwähnten Gutachten vom 14. September 1989 gefolgt, in dem es heißt: "Unter Berücksichtigung der Untersuchung und Exploration sowie des Ergebnisses der Beobachtungsfahrt ergab sich das Bild des fortgeschrittenen Altersabbaues mit deutlicher statomotorischer Unsicherheit. Neben fehlender Einsicht und realitätsfremden Aussagen gaben die Teilergebnisse der verkehrspsychologischen Untersuchung vom 3. Mai 1989 deutliche Reduktion der visuellen Auffassung und Überblicksgewinnung. Auffällige Verlängerung der mittleren Entscheidungs- und Reaktionszeiten sowie Häufung von verzögerten Reaktionen, Fehlreaktionen und Reaktionsauslassungen ergänzen das Befundbild der wesentlichen Beeinträchtigung der kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen. Insbesondere das Ergebnis der Beobachtungsfahrt mit absoluten Grenzsituationen, die nur durch das Reagieren des Fahrlehrers unfallvermeidend beherrscht wurden". Das bedeutet, daß die belangte Behörde im wesentlichen das Vorliegen der nötigen kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers im Sinne des § 30 Abs. 1 zweiter Satz in Verbindung mit § 31a KDV 1967 in der Fassung der 22. Novelle, BGBl. Nr. 362/1987, verneint hat, wobei es sich - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - um das Merkmal der geistigen UND körperlichen Eignung handelt (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Februar 1989, Zl. 88/11/0035). Die Behauptung des Beschwerdeführers, das im Berufungsverfahren durch den ärztlichen Amtssachverständigen erstellte Gutachten vom 14. September 1989 beschränke sich im wesentlichen darauf, "einen Befund wiederzugeben, der sich bereits im Gutachten des polizeiärztlichen Dienstes vom 13. und 21.04.1989 befindet", ist aktenwidrig. Im Gutachten vom 14. September 1989 wurden vielmehr insbesondere der auf Grund der am 3. Mai 1989 durchgeführten verkehrspsychologischen Untersuchung des Beschwerdeführers erstattete Befund der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle des Kuratoriums für Verkehrssicherheit in Graz vom 11. Mai 1989, das abschließende polizeiärztliche Gutachten vom 24. Mai 1989 sowie das Ergebnis der im Berufungsverfahren veranlaßten Beobachtungsfahrt vom 11. September 1989 verwertet. Die belangte Behörde hat auf dem Boden des Gutachtens vom 14. September 1989 nicht angenommen, daß der Beschwerdeführer nicht ausreichend frei von psychischen Krankheiten und geistigen Behinderungen sei (§ 30 Abs. 1 Z. 1 in Verbidnung mit § 31 Abs. 1 KDV 1967), nicht die nötige Gesundheit besitze (§ 30 Abs. 1 Z. 2 lit. c in Verbindung mit § 34 KDV 1967) oder nicht ausreichend frei von Gebrechen sei (§ 30 Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit § 35 KDV 1967). Seine Einwände, die sich auf seine bereits seit dem Jahre 1949 bestehende körperliche Beeinträchtigung, seinen bei der Untersuchung festgestellten erhöhten Blutdruck und die Tatsache, daß er bei der Untersuchung über "lange zurückliegende Ereignisse .... erzählt" hat und dabei bemüht war, "seine Verdienste herauszustreichen", beziehen, sind daher ohne Relevanz. Desgleichen wurde der aktenkundige Verkehrsunfall vom 8. April 1989, an dem der Beschwerdeführer ursächlich beteiligt war, nicht "als Grundlage" für die Abweisung seines Antrages auf Erteilung der Lenkerberechtigung herangezogen, weshalb die näheren Umstände dieses Verkehrsunfalles und des Verschuldens daran - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - ohne Bedeutung sind.
Die verkehrspsychologische Untersuchung des Beschwerdeführers wurde gemäß § 67 Abs. 2 letzter Satz KFG 1967 in Verbindung mit § 31a Abs. 1 KDV 1967 wegen des auf Grund der polizeiärztlichen Untersuchung des Beschwerdeführers bei ihm festgestellten fortgeschrittenen Altersabbaues veranlaßt, wobei in diesem Zusammenhang auch auf eine bereits in einem früheren Verfahren mit ihm durchgeführte, negativ verlaufene Beobachtungsfahrt am 16. (richtig: 14.) November 1986 hingewiesen wurde. Der Beschwerdeführer ist dem daraufhin erstatteten (in das Gutachten vom 24. Mai 1989 integrierten) verkehrspsychologischen Befund vom 11. Mai 1989 schon im erstinstanzlichen Verfahren nicht entgegengetreten, ist er doch in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 4. Juni 1989 darauf überhaupt nicht eingegangen. In seiner Berufung hat der Beschwerdeführer gegen den Inhalt dieses Befundes, obwohl er (als Bestandteil des polizeiärztlichen Gutachtens) dem erstinstanzlichen Bescheid vom 21. Juni 1989 zugrundegelegt wurde, ebensowenig etwas Konkretes vorgebracht. Auch in seiner Beschwerde übergeht der Beschwerdeführer diesen Befund und damit - im Hinblick darauf - daß sich ebenso der ärztliche Amtssachverständige der belangten Behörde diesen zueigen gemacht hat (vgl. dazu u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Mai 1989, Zl. 89/11/0051 und die dort angeführte Judikatur) - einen maßgebenden Teil des Gutachtens vom 14. September 1989 völlig. Der Verwaltungsgerichtshof vermag von sich aus jedenfalls insoweit eine Unschlüssigkeit oder sonstige Mängel des Gutachtens nicht zu erkennen.
Im übrigen ist die Richtigkeit des verkehrspsychologischen Befundes in der Praxis auf Grund des Fahrverhaltens des Beschwerdeführers während der Beobachtungsfahrt am 11. September 1989 (neuerlich) bestätigt worden. Der Beschwerdeführer bestreitet gar nicht das Ergebnis dieser Beobachtungsfahrt, sondern macht in diesem Zusammenhang - wie schon im Verwaltungsverfahren - lediglich geltend, daß ihm die belangte Behörde "vor Absolvierung der sogenannten 'Beobachtungsfahrt' nicht mitgeteilt hat, daß eine solche Fahrt beabsichtigt ist". Ihm sei "der Führerschein abgenommen worden, sodaß er ein halbes Jahr lang keinerlei Fahrten unternommen hat und daher sehr an Fahrpraxis verloren hat", und ihm sei "nicht geraten" worden, "in dieser Zeit Übungsfahrten mit einem Fahrlehrer durchzuführen". Er habe sich bei der Beobachtungsfahrt "in einer verständlichen Aufregung" befunden und "mehrere Fehler auch deshalb" begangen, "weil er im starken Verkehr in einer Gegend herumfahren mußte, die er schon seit Jahren nicht mehr befährt, weil er seinen Pkw ja nur für Fahrten von seinem Wohnhaus, das drei Kilometer vom nächsten öffentlichen Verkehrsmittel entfernt ist, zu diesem Verkehrsmittel benutzt". Diese Umstände sind allerdings nicht geeignet, darzutun, daß auf das Ergebnis der Beobachtungsfahrt nicht hätte Bedacht genommen werden dürfen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 1984, Zl. 83/11/0186). Abgesehen davon, daß nach dem Gutachten vom 14. September 1989 bei der Untersuchung am 28. August 1989 eine solche Beobachtungsfahrt für den 11. September 1989 vereinbart wurde und es daher - im Sinne dieses Gutachtens - dem Beschwerdeführer freistand, in der Zwischenzeit "mit einem Fahrschullehrer Übungsfahrten zu absolvieren", ist ihm entgegenzuhalten, daß er selbst betont, schon 60 Jahre lang im Besitz einer Lenkerberechtigung gewesen zu sein und "seit vielen Jahren auch regelmäßig einen Pkw benützt" zu haben, und es den Erfahrungen des täglichen Lebens widersprechen würde, daß bei Annahme längerer Fahrpraxis jemand allein auf Grund des Umstandes, daß er einige Zeit hindurch - nach der Aktenlage seit 8. April 1989, ist doch der Beschwerdeführer trotz Erlöschens seiner befristet erteilten Lenkerberechtigung noch bis zu diesem Zeitpunkt gefahren - kein Kraftfahrzeug lenkt, nicht mehr imstande ist, sich im Straßenverkehr ausreichend zurechtzufinden. Der Besitz der (vom Beschwerdeführer angestrebten) Lenkerberechtigung setzt auch sonst nicht deren ständigen Gebrauch voraus. Der Beschwerdeführer macht auch nicht geltend, daß ihm eine auf das Befahren einer bestimmten Strecke eingeschränkte Lenkerberechtigung hätte erteilt werden müssen. Die von ihm ins Treffen geführten Umstände persönlicher Natur vermögen an dieser rechtlichen Beurteilung nichts zu ändern, zumal es im eigenen Interesse des Beschwerdeführers, vor allem aber aus Gründen der Verkehrssicherheit im Interesse der übrigen Verkehrsteilnehmer gelegen ist, ihn bei nichtgehöriger Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B insoweit vom Straßenverkehr auszuschließen.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990110024.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
18.06.2009