TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/22 88/08/0257

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Veröffentlicht am 22.05.1990
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Index

82/04 Apotheken Arzneimittel;

Norm

ApG 1907 §10 Abs1 idF 1984/502;
ApG 1907 §10 Abs2 idF 1984/502;
ApG 1907 §10 Abs2 Z1 lita idF 1984/502;
ApG 1907 §10 Abs3 idF 1984/502;

Betreff

Mag.pharm. I gegen Bundesminister für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 7. Juli 1988, Zl. 562.037/4-VI/15-1988, betreffend Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke in A (mitbeteiligte Partei: Mag.pharm. H)

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Gesundheit und öffentlicher Dienst) Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.350,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

1. Hinsichtlich der Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Mai 1985, Zl. 84/08/0047, verwiesen, mit dem der im Instanzenzug ergangene Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz vom 5. Jänner 1984 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde.

2.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die (nunmehr zuständige) belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 10. Jänner 1983, mit dem ihr Ansuchen um Erteilung einer Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke in A gemäß den §§ 10 Abs. 2 und 51 des Apothekengesetzes, RGBl.. Nr. 5/1907, abgewiesen worden war, rechtzeitig eingebrachte Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit den §§ 10 Abs. 2 und 51 Abs. 3 des Apothekengesetzes in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 502/1984, (im folgenden ApGnF) wegen Bedarfsmangels als unbegründet ab und bestätigte den Bescheid des Landeshauptmannes.

2.2.1. Gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a ApGnF sei ein Bedarf jedenfalls nicht anzunehmen, wenn in Orten, in denen keine öffentliche Apotheke bestehe (das treffe auf die Standortgemeinde A zu), die Zahl der in einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der künftigen Betriebsstätte der Apotheke zu versorgenden Personen weniger als 5.500 betrage. Dies sei nach den Ermittlungsergebnissen der Fall.

2.2.2. Zum Versorgungsgebiet der neuen Apotheke (im Umkreis von vier Straßenkilometern von der künftigen, von der Beschwerdeführerin bekanntgegebenen Betriebsstätte auf näher genannten Grundstücken in der Katastralgemeinde G der Marktgemeinde A) gehörten Teile der Gemeinden A, Z, F, S, K, P und B. Die Standortgemeinde A habe 2.519 Einwohner. Derzeit ordinierten dort zwei praktische Ärzte, zwei Zahnärzte und ein Tierarzt. Die nächsten öffentlichen Apotheken befänden sich in Graz-X (Apotheke der mitbeteiligten Partei), Graz-Y, K und F. Die nächsten Hausapotheken seien in G, D, B, XX, YY, ZZ, J, C und HH; die ersten beiden Hausapotheken wären im Fall der Bewilligung einer neuen öffentliche Apotheke in A gemäß § 29 Abs. 4 ApGnF zurückzunehmen. Bei dem Gebiet südöstlich von Graz, in dem A liege, handle es sich um ein ländliches Gebiet mit Streusiedlungen, die einzeln nur jeweils einige 100 bis maximal 2000 Einwohner aufwiesen. A liege in einem flachen Gebiet, das durch die Autobahntrasse und die Bahnlinie im nordsüdlicher Richtung durchschnitten werde. Die Entfernung zwischen A und Graz-X (etwa 6 km) sei so gering, daß entsprechend dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Fahrplan die Strecke in 10 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln trotz fünf Haltestellen zurücklegbar sei. Aus der geographischen Lage, nämlich der Trennung der Siedlungslinie O-RR-G bis HH im Osten von der Niederung, in der die Gemeinden bzw. Ortschaften B, NN, MM bis BB lägen, im Westen durch eine Hügellandschaft, sei eine Orientierung der jeweiligen Siedlungen nach Graz gegeben, wobei die westöstlichen Querverbindungen von untergeordneter Bedeutung seien. Von besonderer Bedeutung sei auch die Tatsache, daß Graz als Landeshauptstadt naturgemäß ein besonderer Anziehungspunkt sei und auch wegen der dort vorhandenenen Fachärzte eher aufgesucht werde als A. Das südöstliche Gebiet von Graz sei durch die vorhandenen öffentlichen Apotheken und Hausapotheken, die insbesondere für ländliche Streugebiete die geeignete Form der Arzneimittelabgabestellen darstellten, ausreichend mit Heilmitteln versorgt. Sogar die Beschwerdeführerin selbst sei in ihrer Berufung davon ausgegangen, daß nur eine Erleichterung bei der Medikamentenversorgung erzielt werden könne. Aus den zuletzt gemeldeten Einwohnerzahlen, deren Richtigkeit auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten worden sei, ergebe sich nur ein Versorgungspotential von 3672 Personen für eine öffentliche Apotheke in A, zu dem allenfalls noch 312 Personen aus D und 110 Inhaber von Zweitwohnungen gezählt werden könnten. Diese Anzahl erreiche bei weitem nicht die vom Gesetz geforderte Mindestbevölkerung von 5500 Personen. Diesbezüglich stützte sich die belangte Behörde auf den Bericht der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 16. März 1988 und den Vorlagebericht des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 11. April 1988, den sie in der Bescheidbegründung - allerdings nur gekürzt - wiedergab.

2.2.3. Nach dem genannten Bericht der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung wohnten im 4-km-Umkreis der geplanten Betriebsstätte 6215 Personen, davon in A (mit 2.519 Einwohnern) 2469, in Z (mit 1073 Einwohnern) 817, in F (mit 4469 Einwohnern) 146 (in der X-Siedlung), in S (mit 4343 Einwohnern) 432, in K (mit 4250 Einwohnern) 171, in P (mit 1954 Einwohnern) 1868 und in B (mit 3043 Einwohnern) 312. Von diesen Einwohnern würden 2543 wegen einer größeren räumlichen Nähe zu den bestehenden Apotheken und Hausapotheken weiterhin ihren Bedarf dort decken, und zwar die im 4-km-Umkreis wohnenden Gemeindemitglieder von F, S und K zur Gänze wegen größerer räumlicher Nähe zu einer der Apotheken in F, Graz-X und K, von der Gemeinde P 1482, und zwar aus den Ortsteilen NP und WP 389 wegen besserer Verkehrsverbindungen zu den Apotheken in F bzw. Graz-Y und dem Ortsteil P 1093 wegen besserer Verkehrsverbindungen zur Apotheke in Graz-X; die im 4-km-Umkreis wohnenden Gemeindemitglieder von B würden ihren Bedarf weiterhin in der ärztlichen Hausapotheke des Dr. N (in B), der seine Ordination außerhalb des 4-km-Umkreises habe, bzw. in jener des Dr. Z (in D), der seine Ordination innerhalb des 4-km-Umkreises betreibe, besorgen.

2.2.4. Das Amt der Steiermärkischen Landesregierung ergänzte den Bericht der genannten Bezirkshauptmannschaft insofern, als die Anzahl der von der beantragten Apotheke in A zu versorgenden Personen um 312 Einwohner von B und 700 Einwohner von P auf insgesamt 4684 zu erhöhen sei, und zwar deshalb, weil die ärztliche Hausapotheke in D nach Errichtung einer öffentliche Apotheke in A zurückgenommen werden müßte und die Bewohner der Gemeinde P sich nicht eindeutig den Grazer Apotheken als Kunden zuordnen ließen. In A bestünde eine Volksschule, eine Hauptschule und ein Polytechnischer Lehrgang, fünf größere Betriebe mit insgesamt 875 Beschäftigten; 220 Besitzer von Zweitwohnungen seien gemeldet. Die Besucher des Freizeitzentrums, auf das die Marktgemeinde A in ihrer Eingabe vom 17. Oktober 1987 hingewiesen habe, würden die Nachfrage nach Medikamenten kaum erhöhen. Richtig sei, daß die allgemeine Unfallversicherungsanstalt in E (Gemeinde D) ein Rehabilitationszentrum und ein Sonderkrankenhaus für interne Berufskrankheiten betreibe.

2.2.5. Die Beschwerdeführerin habe in ihrer abschließenden Stellungnahme (vom 27. Mai 1988) vorgebracht, daß zusätzlich zu der von der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung genannten Bevölkerungszahl des 4-km-Umkreises noch 102 Einwohner von D und 74 Einwohner von C zu berücksichtigen seien. Ferner könne nicht vorausgesagt werden, daß auch nach Inbetriebnahme ihrer projektierten Apotheke die im genannten Bericht als bereits von den bestehenden öffentlichen Apotheken versorgt bezeichneten Bevölkerungsgruppen tatsächlich die anderen Apotheken aufsuchen würden. Sie sei der Ansicht, daß weitere 312 in K, S und F ansässige Personen als Apothekenkunden für A hinzuzurechnen seien, weil die Apotheke in Graz-X mit öffentlichen Verkehrsmitteln schlecht erreichbar sei. P sei zur Gänze in den Versorgungsbereich einzubeziehen. Weiters habe die Beschwerdeführerin mit der Verkehrsfrequenz auf den Autobahnen und der Landesstraße, die in der Nähe der geplanten Betriebsstätte vorbeiführe, argumentiert. Sie habe ferner auf gestiegene Nächtigungsziffern in A hingewiesen, ohne jedoch absolute Zahlen anzuführen, habe eine Anzahl von Namen von Ärzten angeführt, die im Versorgungsbereich tätig sein sollten, und denen für die Beurteilung der Bedarfsfrage entscheidende Bedeutung zukomme, und habe die Beschäftigten der Betriebe von A sowie auswärtige Lehrer und Schüler, die als Apothekenkunden in Frage kämen, genannt. 250 Besucher des Rehabilitationszentrums E und 110 Besitzer von Zweitwohnungen seien ebenfalls zu berücksichtigen. Von den Besuchern des Freizeitzentrums und der Gaststätten seien 1000 Personen als Apothekenkunden anzunehmen. Somit sei sie zu dem Vorliegen eines "besonderen" Bedarfes nach einer öffentlichen Apotheke in A gekommen.

2.2.6. Zu diesen Einwendungen sei festzustellen, daß A kein ausgesprochenes Fremdenverkehrsgebiet sei und daher die wenigen, fallweise übernachtenden Gäste nicht gesondert als Apothekenkunden gezählt werden könnten. Der in A auf beiden Autobahnen vorbeiziehende Verkehr sei nach der Erfahrung des täglichen Lebens für Apothekenumsätze im Standort A sicherlich bedeutungslos, weil nicht angenommen werden könne, daß jemand auf dem Weg von oder nach Graz oder auch weiter entfernten Zielen ausgerechnet bei A die Autobahn verlasse, um dort Medikamente einzukaufen. Unter den von der Beschwerdeführerin genannten, in der Standortgemeinde ordinierenden Ärzten befänden sich zwei Betriebsärzte, die gemäß § 22a des Arbeitnehmerschutzgesetzes im wesentlichen ganz andere Aufgaben hätten als Rezepte auszustellen, sodaß sie für die Bedarfsbeurteilung nicht herangezogen werden könnten. Ebensowenig könne die Aufzählung der Ärzte im Rehabilitationszentrum bzw. in der Sonderkrankenanstalt E den Bedarf nach der beantragten Apotheke untermauern, weil die AUVA von ihrer Grazer Zentrale aus ihre Anstalten aus Grazer Apotheken mit Medikamenten versorge und das Krankenhaus ebenfalls ein eigenes Medikamentendepot habe, das nicht auf die Apotheke in A angewiesen sei. Daß auswärtige Volks- und Hauptschüler (laut Angabe der Beschwerdeführerin ca. 260) in der Regel von den Eltern nicht mit Rezepten (relevanten Ausmaßes) zur Schule geschickt würden, entspreche ebenfalls der Erfahrung des täglichen Lebens. Außerdem müsse angenommen werden, daß es sich um dieselben Kinder handle, die bereits im Rahmen der Zählung der Bevölkerung aus dem Einzugsgebiet berücksichtigt worden seien. Dasselbe gelte für die Lehrer. Daß Gasthausbesucher und Benützer von Freizeiteinrichtungen nicht gesondert zu zählen seien, bedürfe keiner weiteren Begründung. An einer Stelle habe die Beschwerdeführerin selbst angegeben, daß die Apotheke in Graz-X gut erreichbar sei. Somit sei ihre letzte gegenteilige Behauptung nicht überzeugend. Ebenso sei unrichtig, daß die Einwohner von D-E und C in dem Erhebungsbericht des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung unberücksichtigt geblieben seien. Darin heiße es ausdrücklich, daß auf Grund der zu erwartenden Schließung der Hausapotheke in D weitere 312 Einwohner berücksichtigt würden. Auch auf C sei ausdrücklich Bedacht genommen worden, weil dort eine Hausapotheke bestehe. Somit seien die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumente nicht imstande, das Ergebnis der genauen Ermittlungen der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung sowie des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung zu widerlegen.

Das ApGnF sehe im S 10 Abs. 2 für die Beurteilung der Bedarfsfrage in erster Linie die Berücksichtigung der ständigen Einwohner vor. Die Standortgemeinde weise nicht einmal die Hälfte der gesetzlich genannten Mindestzahl auf und es gehe aus den bisherigen Ermittlungen auch in keiner Weise hervor, daß A einen außerordentlichen Anziehungspunkt für die Nachbargemeinden darstelle.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift.

5.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5.1. Die im Beschwerdefall relevanten Bestimmungen des § 10 ApGnF lauten:

"(1) Die Konzession für eine neu zu errichtende Apotheke ist zu erteilen, wenn

2. ein Bedarf für eine Apotheke besteht

(2) Bei der Prüfung des Bedarfes sind insbesondere die Anzahl der zu versorgenden Personen unter Berücksichtigung der ständigen Einwohner und die Entfernung zur nächstgelegenen Apotheke zu berücksichtigen. Ferner sind die Lebensverhältnisse der Bevölkerung sowie der Verkehr im Standort und in der Umgebung, die vorhandenen Krankenanstalten, Heime, Schulen und Erziehungsanstalten, größere gewerbliche und industrielle Betriebe, der Umfang des Geschäftsbetriebes der im Standort und in der Umgebung bestehenden öffentlichen Apotheken sowie deren Turnusdienst in Betracht zu ziehen. Ein Bedarf ist jedenfalls nicht anzunehmen, wenn

l.a) in Orten, in denen keine öffentliche Apotheke besteht, die Zahl der in einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der künftigen Betriebsstätte der Apotheke zu versorgenden Personen weniger als 5500 beträgt oder b) in Orten, in denen eine oder mehrere öffentliche Apotheken bestehen, die Zahl der von der neuen Apotheke zu versorgenden Personen weniger als 5500 beträgt und

2. die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen Apotheke weniger als 500 m beträgt. Diese Entfernung darf ausnahmsweise unterschritten werden, wenn es besondere örtliche Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung dringend gebieten.

(4) Besteht ein zwingender Bedarf der Bevölkerung nach Errichtung einer neuen öffentlichen Apotheke, so ist die Konzession trotz Gefährdung der Existenzfähigkeit einer bestehenden öffentlichen Apotheke zu erteilen."

5.2. Die negativen Bedarfsvoraussetzungen der Z. 1 und 2 des letzten Satzes des § 10 Abs. 2 ApGnF sind durch das Wort "und" verbunden. Dieses Wort ist - entsprechend den Erläuterungen der Regierungsvorlage zur ApG-Novelle 1984 (395 B1gNR XVI. GP, S. 13 f), denen zufolge die bisherige Rechtsprechung zu den Bedarfsvoraussetzungen einer neuen Apotheke (vgl. dazu unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. April 1982, Zl. 81/08/0067, und vom 10. Dezember 1982, Zl. 81/08/0197) fortgeschrieben werden solle - nicht kumulativ, sondern alternativ zu deuten (vgl. Puck, Die Prüfung des Bedarfes der öffentlichen Apotheken, in: Festschrift für Günther Winkler, Seite 222). Von dieser Auffassung gehen auch die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aus. Demgemäß ist entsprechend dem § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a ApGnF ein Bedarf jedenfalls auch dann nicht anzunehmen, wenn zwar - wie im Beschwerdefall - die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen Apotheke 500 m oder mehr beträgt, die Zahl der in einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der künftigen Betriebsstätte der Apotheke zu versorgenden Personen aber weniger als 5500 beträgt.

5.3.1. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin habe die belangte Behörde diese Bestimmung rechtsirrig ausgelegt. Das Gesetz spreche ausdrücklich von mindestens 5500 "zu versorgenden Personen" innerhalb des 4-km-Umkreises. Welche Personen als zu versorgen anzusehen seien, werde vom Gesetz "ausdrücklich definiert" (gemeint wohl: nicht ausdrücklich definiert), jedoch seien die ständigen Einwohner ebenso zu berücksichtigen wie die Lebensverhältnisse der Bevölkerung, der Verkehr am Standort und in der Umgebung, größere gewerbliche und industrielle Betriebe usw. Entgegen dem Gesetzeswortlaut gehe die belangte Behörde von den "zuletzt gemeldeten Einwohnerzahlen" aus, woraus sich nicht die "vom Gesetz geforderte Mindestbevölkerung von 5500 Personen" ergebe.

Tatsächlich sei jedoch weder auf die ständigen Einwohner noch auf die innerhalb des 4-km-Umkreises wohnende Bevölkerung alleine abzustellen, sondern auf "zu versorgende Personen". Wegen ihres Rechtsirrtums habe die belangte Behörde bei der Ermittlung der zu versorgenden Personen zu Unrecht nicht auf die besonders hohe Verkehrsfrequenz in der Standortgemeinde, die bestehenden Krankenanstalten und Schulen und die Freizeiteinrichtungen Bedacht genommen. Der angefochtene Bescheid sei daher inhaltlich rechtswidrig.

5.3.2. Unter den "in einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der künftigen Betriebsstätte der Apotheke zu versorgenden Personen" dürfen wegen der Einschränkung auf den "Umkreis von vier Straßenkilometern" nicht schlechthin alle potentiellen Kunden der neuen Apotheke, also - entsprechend der bisherigen Rechtsprechung (vgl. unter anderem das schon zitierte Erkenntnis vom 10. Dezember 1982, Zl. 81/08/0197) jene Personen, die voraussichtlich ihren Heilmittelbedarf in der neuen Apotheke und nicht in schon bestehenden Apotheken oder (nicht zurückzunehmenden und daher) weiterbestehenden Hausapotheken decken werden, verstanden werden, sondern aus dieser Personengruppe nur jene, die eine besondere räumliche Nahebeziehung (im 4-km-Umkreis) zur neuen Apotheke haben (vgl. dazu Puck, Prüfung des Bedarfes, Seite 227).

Dazu zählen primär die ständigen, im 4-km-Umkreis der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neuen Apotheke wohnenden Personen (vgl. Erläuterungen, Seite 13), soferne sie (arg.: "zu versorgende" und nicht wohnende Personen, und "Berücksichtigung

der ... Entfernung zur nächstgelegenen Apotheke") auch unter

Bedachtnahme auf die im zweiten Satz des 9 10 Abs. 2 ApGnF genannten Umstände ihren Heilmittelbedarf voraussichtlich in der neuen Apotheke und nicht in den schon bestehenden Apotheken und weiterbestehenden Hausapotheken decken werden (vgl. Puck, Prüfung des Bedarfes, Seite 228 f). Das ergibt sich aus dem ersten Satz des g 10 Abs. 2 ApGnF ("unter Berücksichtigung der ständigen Einwohner") bei Bedachtnahme auf den Sinn des Konzessionssystems, im Interesse einer optimalen, kontinuierlichen Heilmittelversorgung der Bevölkerung die Zahl der Apotheken zu beschränken und ihre Standorte so festzulegen, daß auf Dauer existenzfähige Apotheken bestehen, die der ihnen im Interesse der Heilmittelversorgung obliegenden Betriebspflicht auch nachkommen können (vgl. zuletzt das Erkenntnis vom 29. Juni 1987, Zlen. 87/08/0053, AW 87/08/0007).

Zusätzlich zu diesen ständigen Einwohnern müssen aber nach 10 Abs. 1 erster Satz ApGnF (der vorschreibt, es sei die "Anzahl der zu versorgenden Personen unter Berücksichtigung der ständigen

Einwohner ... zu berücksichtigen" und nicht nur auf die ständigen

Einwohner Bedacht zu nehmen) noch andere potentielle (außerhalb des 4-km-Umkreises ständig wohnende) Apothekenkunden berücksichtigt werden; wegen der genannten territorialen Beschränkung nach 9 10 Abs. 2 lit. a ApGnF aber nicht schlechthin alle, sondern nur solche, die durch bestimmte, im g 10 Abs. 2 zweiter Satz ApGnF beispielsweise genannte Umstände und Einrichtungen veranlaßt werden, in den 4-km-Umkreis einzufluten und anläßlich dieses Einflutens voraussichtlich ihren Heilmittelbedarf in der neuen Apotheke decken werden (vgl. Puck, Prüfung des Bedarfes, Seite 228, und Erläuterungen, Seite 13).

5.3.3. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin verstößt der angefochtene Bescheid nicht gegen diese Auslegung. In seiner Begründung ist zwar an einer Stelle die Rede davon, daß

sich "aus den zuletzt gemeldeten Einwohnerzahlen ... nur ein

Versorgungspotential" ergebe, das "bei weitem nicht die vom Gesetz geforderte Mindestbevölkerung von 5500 Personen" erreiche. Daß damit aber nicht gemeint ist, es sei nur auf die im 4-km-Umkreis ständig wohnenden Personen Bedacht zu nehmen, ergibt sich einerseits aus dem Begründungsteil, in dem sich die belangte Behörde mit den Einwänden der Beschwerdeführerin auseinandersetzt, und andererseits aus dem abschließenden Hinweis darauf, daß im S 10 Abs. 2 ApGnF für die Beurteilung der Bedarfsfrage "in erster Linie" die Berücksichtigung der ständigen Einwohner vorgesehen sei. Die gerügte inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt daher nicht vor. Daran änderte auch nichts, wenn -

wie die Beschwerdeführerin (ob zu Recht, wird bei der Behandlung der Verfahrensrüge zu prüfen sein) meint - diese Erwägungen unschlüssig wären oder auf einem mangelhaften Verfahren beruhten.

5.4.1. Gegen die Annahme der belangten Behörde, die neue Apotheke werde das geforderte Mindestpotential nicht erreichen, wendet die Beschwerdeführerin folgendes ein:

Im 4-km-Umkreis wohnten aus den Gemeinden C und D 176 Personen, die im Erhebungsbericht der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung und im Vorlagebericht des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung nicht berücksichtigt worden seien. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Bescheidbegründung, es seien auch Einwohner der Gemeinde D berücksichtigt worden, und es sei auf C Bedacht genommen worden, weil dort eine Hausapotheke bestehe, sei aktenwidrig. Ein solche Aufzählung finde sich im Bericht der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung nicht; ob die betroffenen Einwohner von einer allenfalls vorhandenen Hausapotheke in C versorgt würden, sei von der belangten Behörde nicht geprüft worden. Die Entfernung zur geplanten Betriebsstätte der neuen Apotheke sei jedenfalls kürzer als zur Hausapotheke in C.

Zur Widerlegung der Annahme, es würden von den ständig im 4- km-Umkreis wohnenden Personen 2543 ihren Bedarf an Medikamenten in den bereits vorhandenen öffentlichen Apotheken bzw. Hausapotheken decken, habe die Beschwerdeführerin eine aufwendige Hauserhebung durchgeführt. Hiebei sei festgestellt worden, daß die Bevölkerung durchwegs die Eröffnung einer öffentlichen Apotheke in A begrüße und erkläre, in diesem Fall dort ihren Bedarf an Medikamenten decken zu wollen. 647 Personen seien sogar bereit gewesen, dies schriftlich durch Leistung ihrer Unterschrift zu dokumentieren. Die belangte Behörde habe sich mit den vorgelegten umfangreichen Unterschriftenlisten nicht auseinandergesetzt.

Auch habe die belangte Behörde keine Feststellungen zur Zentrumsfunktion der Gemeinde A sowie über die Verkehrsverhältnisse im geplanten Standort getroffen. Derartige Feststellungen wären jedoch zur Beurteilung der Frage, welche Personen in die Zahl der zu versorgenden Menschen einzubeziehen seien, erforderlich gewesen. Zur besonders hohen Verkehrsfrequenz sei zu bemerken, daß die beabsichtigte Betriebsstätte unmittelbar an einer der bedeutendsten Autobahnkreuzungen Österreichs liege. Von beiden Autobahnen führten Abfahrten direkt zur geplanten Betriebsstätte. Darüber hinaus sei auch der unmittelbar an der Betriebsstätte auf der Bundesstraße vorbeiziehende Verkehr als erheblich zu werten. Die Annahme der belangten Behörde, diese Umstände seien bedeutungslos, treffe nicht zu. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, daß Menschen, die unterwegs seien, sogar relativ häufig einen Bedarf an Medikamenten hätten, der nicht selten gerade auf die mit der Reisebewegung verbundenen körperlichen Anstrengungen zurückzuführen sei. Auch stehe die Annahme, der vorbeiziehende Verkehr sei völlig unbeachtlich, im Widerspruch zu einem anderen Begründungsteil, in dem die belangte Behörde davon ausgehe, Graz als Landeshauptstadt sei naturgemäß ein besonderer Anziehungspunkt und es bestehe im gesamten Einzugsgebiet eine Orientierung der jeweiligen Siedlungen nach Graz. Auch sei im gesamten bisherigen Verfahren angenommen worden, eine Versorgung der Bevölkerung erfolge deshalb außerhalb des Einzugsbereichs der neuen Apotheke, weil viele Bewohner ihre Arbeitsstätte in Graz hätten und daher auf der Fahrt zur und von der Arbeitsstelle ihren Bedarf an Medikamenten deckten.

Zwar treffe es zu, daß eine direkte Versorgung einer Krankenanstalt mit Medikamenten aus einer bestehenden öffentlichen Apotheke in der Regel nicht notwendig sei, weil sich die Krankenanstalt zur Betreuung der Patienten anderweitig versorge; eine Berücksichtigung sei jedoch deshalb erforderlich, weil diese Einrichtung wegen des dort tätigen Personals und des ständigen Besucherstroms jedenfalls eine erhöhte Nachfrage nach Medikamenten bewirke. Gerade das im Versorgungsbereich der neuen Apotheke liegende große Rehabilitationszentrum E ziehe neben den dort zu versorgenden Patienten auch eine sehr große Anzahl von ständigen Besuchern an, die sich häufig nicht nur während kurzer Besuchszeiten, sondern mehrere Tage im Zentrum oder in der unmittelbaren Umgebung, insbesondere in A selbst, aufhielten, um eine bessere Rehabilitation der Pfleglinge zu bewirken und auch selbst die für die Versorgung Schwerversehrter notwendigen Tätigkeiten zu erlernen. Daneben bestehe nach allgemeiner Lebenserfahrung jedenfalls ein erhöhter Bedarf an Waren, die in einer öffentlichen Apotheke geführt würden.

Die Ausführung, daß Gasthausbesucher und Benützer von Freizeiteinrichtungen nicht gesondert zu zählen seien, was keiner weiteren Begründung bedürfe, widerspreche - abgesehen von der darin enthaltenen Polemik (eine Mitberücksichtigung von "Gasthausbesuchern" sei nie begehrt worden) - dem Gesetz. Aus

10 Abs. 2 ApGnF sei abzuleiten, daß der Gesetzgeber jedenfalls besondere Menschenansammlungen, sei es durch den Verkehr, vorhandene Krankenanstalten, Heime, Schulen und Erziehungsanstalten, sei es durch Arbeitsstätten, bei der Bedarfsprüfung berücksichtigt haben wolle.

Weshalb ein im Einzugsbereich der Apotheke liegendes großes Freizeitzentrum mit einer Besucherfrequenz von bis zu 60000 Personen nicht berücksichtigt werden sollte, sei unerfindlich. Die bezüglichen Erwägungen der belangten Behörde könnten nicht nachvollzogen werden.

Auch darüber, wie viele der im Einzugsbereich der neuen Apotheke beschäftigten Personen ihren Arzneimittelbedarf in der neuen Apotheke decken würden, habe die belangte Behörde keine Feststellungen getroffen. Auf Grund der vorliegenden Erhebungsergebnisse wäre festzustellen gewesen, daß mindestens 1184 auswärtige Personen innerhalb des Einzugsbereiches der neuen Apotheke arbeiteten und daß ein Großteil von ihnen ihren Bedarf an Medikamenten in der neuen Apotheke decken würde. Zum Beweis dafür habe die Beschwerdeführerin umfangreiche Unterschriftenlisten von Bediensteten des größten ansässigen Industriebetriebes vorgelegt. Auch mit diesem Beweisergebnis habe sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt.

Schließlich fehlten Feststellungen über die Größe der Krankenanstalten im Einzugsbereich der neuen Apotheke, über die Anzahl der Nächtigungen, die Anzahl der Zweitwohnsitze innerhalb des 4-km-Umkreises sowie des Umfanges und der Frequenz des Freizeitzentrums.

Hätte die belangte Behörde das Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt, so hätte sich ergeben, daß die gesamte Wohnbevölkerung im 4-km-Umkreis durch die neue Apotheke versorgt würde. Hiebei handle es sich um 6391 Personen. Selbst wenn aber die belangte Behörde von der im Hinblick auf die vorgelegten Unterlagen erwiesenermaßen unrichtigen Annahme ausgehe, es wären nur 4634 Personen aus der ständigen Wohnbevölkerung zu berücksichtigen, so hätte die Durchführung eines mängelfreien Verfahrens doch ergeben, daß zumindest 5500 Personen zu versorgen sein würden.

5.4.2. Dem erstgenannten Einwand (Nichtberücksichtigung von Einwohnern der Gemeinden C und D-E) kommt Berechtigung zu.

Denn die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung zählte 312 Einwohner von B zu den ständigen Einwohnern des 4-km-Umkreises, schloß aber ihre Berücksichtigung deswegen aus, weil diese Einwohner die bestehenbleibende Hausapotheke des Dr. N und die in Wegfall kommende des Dr. Z aufsuchen würden. Einwohner der Gemeinden C sowie D-E scheinen in diesem Bericht nicht auf. Das Amt der Steiermärkischen Landesregierung vermerkte dazu, daß die Hausapothekenberechtigung des Dr. Z in D im Fall der Neuerrichtung der Apotheke in A entzogen werden müßte, "sodaß die auf B und D (Ortsteil E) entfallenden 312 Einwohner trotz Weiterbestehens der Hausapotheke des Dr. N in B wohl der neuen öffentlichen Apotheke in A zugerechnet werden müßten". In der später vorgenommenen Bedarfsrechnung werden die "312 Personen von B" berücksichtigt. Einwohner der Gemeinde C werden nicht als ständig im 4-km-Umkreis wohnende Personen genannt. Die Beschwerdeführerin behauptete aber in ihrer abschließenden Stellungnahme, es seien von der Gemeinde D-E 102 Personen und von der Gemeinde C 74 Personen als ständige, im 4-km-Umkreis wohnende Personen zu berücksichtigen. Die Argumentation der belangten Behörde, es seien nach dem Bericht des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung auf Grund der zu erwartenden Schließung der Hausapotheke in D weitere 312 Einwohner zu berücksichtigen, läßt im Hinblick auf den insofern nicht klaren Bericht des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung zumindest offen, ob auch die von der Beschwerdeführerin genannten 102 Einwohner von D erfaßt wurden. Aktenwidrig ist, daß "auch auf C

... ausdrücklich Bedacht genommen" worden sei. Ob die von der

Beschwerdeführerin genannten 74 Personen in einem im 4-km-Umkreis befindlichen Teil von C wohnen, ist unklar. Ob sie bejahendenfalls der neuen Apotheke als von ihr zu versorgende Personen zuzurechnen wären, läßt sich im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen nicht beurteilen.

Ohne diese Verfahrensmängel hätte die belangte Behörde (bei Zutreffen ihrer sonstigen Erwägungen) aber nur dazu kommen können, daß zu dem im Bericht der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung genannten 3672 von der neuen Apotheke zu versorgenden Personen weitere 312 Personen von B und 176 aus den Gemeinden C und D-E hinzuzurechnen seien, wobei allerdings zu berücksichtigen gewesen wäre, daß wohl ein Teil der Einwohner von B (nämlich jene, die bisher von der ärztlichen Hausapotheke des Dr. N in B versorgt werden, die aber mangels entsprechender Feststellungen nicht quantifiziert werden können, nicht zu den von der neuen Apotheke zu versorgenden Personen gehören). Die Zahl der ständigen im 4-km-Umkreis wohnenden Personen, die voraussichtlich von der neuen Apotheke zu versorgen wären, wäre daher - zunächst ohne Berücksichtigung der sonstigen Einwände der Beschwerdeführerin - mit maximal 4160 anzunehmen. Die bezüglichen Verfahrensmängel wären daher nur dann relevant, wenn die belangte Behörde, ausgehend von dieser Zahl, auf Grund sonstiger Erwägungen zu einem Mindestversorgungspotential von 5500 Personen hätte kommen müssen. Dies ist aber, wie im folgenden auszuführen sein wird, nicht der Fall.

5.4.3. Unbegründet sind die Einwände gegen die Nichtberücksichtigung der Ergebnisse der Hauserhebung und der Unterschriftenlisten.

Entsprechend dem genannten Sinn des Konzessionssystems kommt es nämlich nicht nur für die erforderliche Prognose des voraussichtlichen Umsatzrückganges der Nachbarapotheken bei Prüfung ihrer Existenzfähigkeit, sondern auch bei der Prognose der voraussichtlich von der neuen Apotheke zu versorgenden Personen auf das objektivierte Kundenverhalten für einen nicht nur auf eine Übergangsphase abgestellten Zeitraum an, für das räumliche Gesichtspunkte nach der Lebenserfahrung derart im Vordergrund stehen, daß andere Gesichtspunkte demgegenüber vernachlässigt werden können. Persönliche Präferenzen für das Aufsuchen einer bestimmten Apotheke können hiebei sinnvollerweise als Basis einer Langzeitprognose nicht berücksichtigt werden (vgl. Erkenntnis vom 15. Dezember 1988, Zl. 86/08/0174). Vor diesem Hintergrund hat die belangte Behörde den behaupteten und teilweise durch Unterschriftenlisten belegten Erhebungsergebnissen mit Recht keine Bedeutung für die Prüfung der von der neuen Apotheke zu versorgenden, im 4-km-Umkreis wohnenden Personen beigemessen.

Gegen die primär auf den Bericht der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung gestützte Annahme der belangten Behörde, daß - aus den Gesichtspunkten der größeren räumlichen Nähe zu den bestehenden öffentlichen Apotheken und den weiterbestehenden Hausapotheken - ein Teil der ständig, im 4-km-Umkreis der neuen Apotheke wohnenden Personen nicht die neue Apotheke aufsuchen würde, hat die Beschwerdeführerin in der Beschwerde keine konkreten Einwände (mehr) erhoben.

5.4.4. Bleibt zu prüfen, ob, wie die Beschwerdeführerin meint, nicht auf Grund der im § 10 Abs. 2 zweiter Satz ApGnF genannten Umstände und Einrichtungen einerseits nicht doch die eben genannten Personen (oder ein Teil von ihnen) und andererseits Personen, die ständig außerhalb des 4-km-Umkreises wohnen, ihren Heilmittelbedarf in der neuen Apotheke decken würden.

Dafür, daß durch solche Personen das erforderliche Versorgungspotential aufgefüllt werden wird, müssen - vor dem Hintergrund der oben dargestellten Grundsätze der Bedarfsermittlung - vor allem dann, wenn wie im Beschwerdefall die Differenz zwischen dem Mindestversorgungspotential und den aus dem Gesichtspunkt der räumlichen Nähe voraussichtlich zu versorgenden Personen aus der Gruppe der ständigen Einwohner relativ groß ist, einigermaßen gesicherte Anhaltspunkte bestehen, weil der Gesetzgeber durch die Forderung nach dem Mindestversorgungspotential klar zu erkennen gibt, daß er erst ab der Erreichung einer solchen Anzahl zu versorgender Person mit einer einwandfreien Heilmittelversorgung rechnet.

Der bloße Umstand, daß sich in der Nähe der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neuen Apotheke Auf- und Abfahrten von Autobahnen befinden und sonstige Straßen an der Betriebsstätte vorbeiführen, ist danach unmaßgeblich (vgl. die insofern weiterhin beachtenswerten Ausführungen im Erkenntnis vom 1. Juli 1981, Zl. 01/3148/79, und Puck, Prüfung des Bedarfes, Seite 228).

Was die behauptete "Zentrumsfunktion" der Marktgemeinde A betrifft, deren Nichtbeachtung durch die belangte Behörde gerügt wird, so soll sie sich nach dem Schreiben der Marktgemeinde A vom 7. Oktober 1987, auf das die Beschwerdeführerin verweist, aus den vorhandenen Einrichtungen, wie z.B. den Schulen, dem Kindergarten, dem Bahnhof, den Aufund Abfahrten der Süd- und Phyrnautobahn, der weithin bekannten Gastronomie, dem Freizeitzentrum, den zwei praktischen Ärzten und dem Tierarzt und den insgesamt 53 Gewerbe- und Industriebetrieben sowie aus einer steigenden Bevölkerungsentwicklung ergeben. Daraus lassen sich unter Bedachtnahme auf die nicht bestrittenen Feststellungen der belangten Behörde zur Lage von A und der umliegenden Gemeinden in der Nähe des Ballungszentrums der Landeshauptstadt Graz keine von den Einzelmomenten, die die Zentrumsfunktion ausmachen sollen, abgehobene Bedeutung für den Bedarf nach einer neuen Apotheke ableiten.

Es ist aber auch nicht als unschlüssig zu erachten, wenn die belangte Behörde unter Bedachtnahme auf die eben genannte geographische Lage des maßgeblichen Gebietes den von der Beschwerdeführerin hervorgehobenen Einzelmomenten nicht die Eignung beimißt, eine einigermaßen gesicherte Grundlage der Prognose eines Mindestversorgungspotentials zu sein. Denn von den genannten Einzelumständen kämen - unter Beachtung der genannten geographischen Lage des maßgeblichen Gebietes und der Annahme, daß die Betriebsansiedlungen erhalten bleiben - für eine solche einigermaßen gesicherte Prognose für einen ständigen Bedarf nach einer neuen Apotheke nur die Beschäftigten in Betracht, soweit sie nicht schon ohnedies als ständige im 4-km-Umkreis wohnende und auf Grund ihrer räumlichen Nähe zur neuen Apotheke von ihr zu versorgende Personen berücksichtigt wurden, nicht aber die aus den Randgebieten der 4-km-Zone oder von Gebieten außerhalb derselben kommende Besucher des Freizeitzentrums und der Krankenanstalten, die Schüler der Volks- und Hauptschule sowie des Polytechnischen Lehrganges und (unter Beachtung der mehrfach genannten geographischen Lage des maßgeblichen Gebietes sowie des Umstandes, daß sie nach den Behauptungen der Beschwerdeführerin in ihrer abschließenden Stellungnahme ihre Zweitwohnsitze nur an den Wochenenden und in den Sommermonaten benutzen) die Zweitwohnbesitzer. Denn wenn man auch davon ausgehen kann, daß auch solche Personen bisweilen ihren Heilmittelbedarf in der neuen Apotheke decken würden, erscheint eine für die genannte Prognose erforderliche, einigermaßen gesicherte Quantifizierung unmöglich. Gleiches gilt für die im maßgeblichen Gebiet nächtigenden, von außerhalb desselben stammenden Personen. Die bloße Bedachtnahme auf die Beschäftigten reicht aber zur erforderlichen Auffüllung nicht aus.

5.5. Da somit der angefochtene Bescheid weder mit den geltend gemachten noch mit von Amts wegen aufzugreifenden Rechtswidrigkeiten behaftet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5.6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei auf Stempelgebührenersatz war abzuweisen, weil die Gegenschrift nur in zweifacher Ausfertigung vorzulegen war.

Wien, am 22. Mai 1990

Schlagworte

Umsatz Umsatzrückgang Prognosen in Stadtrandgebieten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1988080257.X00

Im RIS seit

25.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

03.06.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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