TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/22 90/11/0048

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Veröffentlicht am 22.05.1990
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Index

L92703 Jugendwohlfahrt Kinderheim Niederösterreich;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
61/01 Familienlastenausgleich;
61/04 Jugendfürsorge;

Norm

ABGB §140 Abs3;
ABGB §140;
ABGB §795;
FamLAG 1967 §12a;
JWG 1989;
JWG NÖ 1978 §9 Abs1;

Betreff

K gegen Niederösterreichische Landesregierung vom 4. Dezember 1989, Zl. VII/1-F-31401/3-89, betreffend Kostenersatz für Maßnahmen der Jugendwohlfahrtspflege.

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.560,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 4. Dezember 1989 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 9 des Niederösterreichischen Jugendwohlfahrtsgesetzes (NÖ JWG) 1978, LGBl. 9770-1, verpflichtet, für die Unterbringung seines Sohnes im Schülerheim Schloß Judenau in der Zeit vom 19. Jänner 1989 bis 30. September 1989 einen Kostenersatz von monatlich S 3.909,-- zu entrichten, wobei der anteilige Kostenersatz für Jänner 1989 S 1.639,-- betrage.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 9 Abs. 1 NÖ JWG 1978 trägt die Kosten von Maßnahmen der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege der Minderjährige, dem diese Maßnahmen zugute kommen. Ist der Minderjährige dazu nicht in der Lage, was bereits dann anzunehmen ist, wenn die Belastung mit den Kosten für ihn eine besondere Härte bedeutete, haben die zu seinem Unterhalt gesetzlich verpflichteten Angehörigen im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht die Kosten zu tragen. Nach § 9 Abs. 2 leg. cit. ist über die Tragung der Kosten im Verwaltungswege zu entscheiden.

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß "die Rechtsausführungen" der belangten Behörde "auf dem Bundes-Jugendwohlfahrtsgesetz vom 9.4.1954, BGBl. 99/54, basieren", jedoch nach dem § 40 des mit 1. Juli 1989 in Kraft getretenen Jugendwohlfahrtsgesetzes 1989, BGBl. Nr. 161, "über die Tragung und den Ersatz der Kosten der vollen Erziehung auf Antrag des Jugendwohlfahrtsträgers das Pflegschaftsgericht im Verfahren Außerstreitsachen zu entscheiden" habe und die belangte Behörde "daher in dieser Rechtssache nicht zuständig" gewesen sei. Dabei übersieht der Beschwerdeführer, daß gemäß § 42 Abs. 3 des zuletzt genannten Gesetzes die Ausführungsgesetze der Länder innerhalb eines Jahres, vom Tag des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes (also vom 1. Juli 1989) an gerechnet, zu erlassen sind und bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides weder ein derartiges Ausführungsgesetz des Bundeslandes Niederösterreich erlassen wurde noch die hiefür im Grundsatzgesetz gesetzte Frist abgelaufen war. Die maßgebliche Rechtsgrundlage war daher - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - weiterhin die (auf § 4 Abs. 1 letzter Satz des Jugendwohlfahrtsgesetzes, BGBl. Nr. 99/1954, beruhende) Bestimmung des § 9 Abs. 2 NÖ JWG 1978 (siehe dazu auch den in der Gegenschrift zitierten Beschluß des OGH vom 15. Februar 1990, 8 Ob 718/89), weshalb über die Kostentragung im Verwaltungsweg zu entscheiden war.

Der Beschwerdeführer vertritt auch "der Vollständigkeit halber" die Auffassung, "daß die Bestimmung der Unterhaltspflicht und deren Höhe in die Kompetenz der Zivilgerichte fällt und von diesen nach den Bestimmungen der §§ 140 ff ABGB festzusetzen sind". Im gegenständlichen Fall hätten ihm Verwaltungsbehörden "eine Unterhaltspflicht auferlegt". "Bei richtiger Anwendung" des § 9 Abs. 2 NÖ JWG 1978 "hätte die belangte Behörde zur Feststellung gelangen müssen, daß zwar über die Tragung der Kosten im Verwaltungsweg zu entscheiden ist, jedoch die Bestimmung der Unterhaltspflicht und deren Höhe von den ordentlichen Gerichten erfolgen muß". Dem Beschwerdeführer ist entgegenzuhalten, daß die Entscheidung der belangten Behörde über den Ersatz der Kosten der gegenständlichen Maßnahme der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege nicht (auch) eine Entscheidung über seine Unterhaltspflicht enthält, sondern ihm vielmehr die Verpflichtung zum Kostenersatz "im Rahmen der Unterhaltspflicht" aufzuerlegen war, ohne daß es eine gesetzliche Bestimmung gibt, die eine solche Entscheidung von einer vorangehenden gerichtlichen Entscheidung über die Unterhaltspflicht dem Grunde und der Höhe nach abhängig machen würde.

Die belangte Behörde hat - obwohl sich der Minderjährige bereits ab 9. Dezember 1988 im Schülerheim Schloß Judenau aufgehalten hat - eine Kostenersatzpflicht des Beschwerdeführers erst ab 19. Jänner 1989 ausgesprochen, weil der Beschwerdeführer an diesem Tag einen Antrag auf Unterbringung seines Adoptivsohnes in diesem Heim gestellt habe und ihm "spätestens ab diesem Zeitpunkt" habe "bekannt" sein müssen, daß er "zum Kostenersatz verpflichtet werden würde". Demgegenüber beruft sich der Beschwerdeführer auf die Bestimmung des § 10 NÖ JWG 1978, wonach dann, wenn durch eine Maßnahme der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege dem Minderjährigen der Unterhalt gewährt wird und ihm für die Zeit dieser Unterhaltsgewährung gegen einen Dritten u.a. ein Rechtsanspruch auf Geldleistungen zur Deckung des Unterhalts zusteht, dieser Rechtsanspruch im Ausmaß der erwachsenen Kosten auf die den Unterhalt gewährende öffentlich-rechtliche Einrichtung übergeht, wenn und sobald die Verwaltungsbehörde, die eine solche Maßnahme durchführt, deM Dritten die Unterhaltsgewährung schriftlich anzeigt. Er meint daher, daß im Hinblick darauf, daß "die erste Benachrichtigung von der Sozialhilfeleistung mit Schreiben vom 9.2.1989 erfolgt" sei, "frühestens ab diesem Zeitpunkt ein Rechtsanspruch übergehen" könne. Darüber hinaus bestreite er, "daß ihm am 19.1.1989 bekannt war, daß und zu welcher Kostenersatzpflicht er herangezogen werden würde". Auch diesbezüglich unterliegt der Beschwerdeführer einem Rechtsirrtum, handelt es sich doch bei den Bestimmungen des § 9 NÖ JWG 1978 einerseits und des § 10 leg. cit. andererseits um jeweils selbständige Regelungen und hat die belangte Behörde - abgesehen von der Beurteilung der Frage, ob unter einem "Dritten" im Sinne des § 10 leg. cit. auch ein zum Unterhalt des Minderjährigen gesetzlich verpflichteter Angehöriger im Sinne des § 9 Abs. 1 leg. cit. zu verstehen ist (vgl. dazu das zu den vergleichbaren Regelungen der §§ 9 und 11 des Tiroler Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 105/1973, ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 1987, Zl. 84/11/0293, als Rechtssatz abgedruckt in Slg. Nr. 12402/A) - ihre Entscheidung ausschließlich auf § 9 NÖ JWG 1978 gestützt. Diese Bestimmung kennt aber - anders als beim Übergang von Rechtsansprüchen nach § 10 leg. cit. - keinen zeitlichen Beginn der Kostenersatzpflicht mit der Übersendung einer entsprechenden schriftlichen Anzeige.

Mit den Worten "im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht" verweist § 9 Abs. 1 NÖ JWG 1978 auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über die Unterhaltspflicht und damit in Ansehung der Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihren ehelichen Kindern, denen gemäß § 182 Abs. 1 ABGB die Adoptivkinder gleichgestellt sind, auf § 140 ABGB. Der Beschwerdeführer ist daher zum Kostenersatz nur insoweit verpflichtet, als ihn eine Unterhaltspflicht gegenüber seinem (im Jahre 1973 geborenen) Adoptivsohn trifft. Der Beschwerdeführer hat schon im Verwaltungsverfahren mehrere Umstände ins Treffen geführt, zufolge deren eine solche Unterhaltspflicht überhaupt nicht mehr oder zumindest in einem geringeren als von der belangten Behörde angenommenen Ausmaß bestehe.

Der Beschwerdeführer wendet ein, daß der Minderjährige bereits selbsterhaltungsfähig im Sinne des § 140 Abs. 3 ABGB sei. Er begründet dies damit, daß Selbsterhaltungsfähigkeit grundsätzlich vorliege, wenn die Lehrlingsentschädigung zuzüglich der Familienbeihilfe und abzüglich der Kosten für die Berufsausbildung den nach der Rechtsprechung zu bemessenden Unterhaltsbetrag erreiche, der Minderjährige eine Lehrlingsentschädigung in Höhe von S 2.173,-- netto monatlich erhalte und dies zuzüglich der Familienbeihilfe von S 1.450,-- einen Betrag von S 3.620,-- monatlich ergebe, "der dem gesetzgemäß berechneten Unterhaltsanspruch entspricht". Darauf ist ihm zu erwidern, daß sich in der von ihm in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidung EFSlg 51.095 nur der Rechtssatz findet, es bestehe kein Unterhaltsanspruch mehr, wenn die Höhe der anzurechnenden Lehrlingsentschädigung die Höhe der zu berechnenden Unterhaltsleistung erreicht, und die Rechtsansicht, daß hiebei auch die Familienbeihilfe entsprechend zu berücksichtigen sei, dem § 12a des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, in der Fassung BGBl. Nr. 646/1977, widersprechen würde, wonach die Familienbeihilfe nicht als eigenes Einkommen des Kindes gilt und nicht dessen Unterhaltsanspruch mindert (vgl. in diesem Sinne auch EF Slg 42.689 und 56.044). Es kann daher schon aus diesem Grunde nicht von einer bereits eingetretenen Selbsterhaltungsfähigkeit des Minderjährigen ausgegangen werden.

Der Beschwerdeführer rügt weiters, daß die belangte Behörde auf sein Vorbringen in der Berufung, der Minderjährige habe sich mehrfach Vermögensdelikte zuschulden kommen lassen und auch im Familienkreis diverse Diebstähle begangen und er habe "durch dieses Verhalten seinen Unterhaltsanspruch insofern verwirkt, als dieser auf den notwendigen Unterhalt zu reduzieren ist", nicht eingegangen sei. Dazu ist zunächst zu bemerken, daß nach den vom Beschwerdeführer angeführten Entscheidungen EFSlg 32.978 und 50.421 das Gesetz eine Verwirkung des Unterhaltsanspruches eines Kindes nicht kennt, allerdings nur mehr ein Anspruch des Kindes auf den notwendigen Unterhalt besteht, wenn es Handlungen gesetzt hat, die erbrechtlich dessen Ausschluß vom Pflichtteil rechtfertigen würden. Dies wird aus § 795 ABGB abgeleitet, wonach einem Noterben, der von seinem Pflichtteile selbst gesetzmäßig ausgeschlossen wird, doch immer der notwendige Unterhalt ausgemessen werden muß. Ob dementsprechend ein rechtmäßiger Enterbungsgrund vorlag, ist nach § 768 ABGB zu beurteilen. Danach kann ein Kind enterbt werden, 1. ......; 2. wenn es den Erblasser im Notstand hilflos gelassen hat; 3. wenn es wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer lebenslangen oder 20-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist; 4. wenn es eine gegen die öffentliche Sittlichkeit anstößige Lebensart beharrlich führt. Keiner dieser Fälle liegt nach den Tatsachenbehauptungen des Beschwerdeführers vor, und der von ihm vorgebrachte Sachverhalt hat auch nicht wenigstens ein im Verhältnis dazu ähnliches Gewicht (siehe § 771 ABGB, wonach die Enterbungsursache immer "in den Worten und dem Sinn des Gesetzes gegründet sein muß"). Dem Umstand, daß die belangte Behörde die Reduzierung auf den notwendigen Unterhalt - ebenso wie zugleich die Annahme der Selbsterhaltungsfähigkeit des Minderjährigen - lediglich mit dem Hinweis darauf, daß der Minderjährige zum Zeitpunkt seiner Heimaufnahme im Dezember 1988 "erst 15 Jahre alt und daher noch in Ausbildung" gewesen sei, für unberechtigt erachtet hat, kommt daher keine entscheidende Bedeutung zu. Wenn der Beschwerdeführer die Feststellung der belangten Behörde, der Minderjährige habe sich in den Heimbetrieb gut eingeordnet und gebe weder dort noch im Bereich seiner Lehrstelle Grund zu Beanstandungen, unter Bezugnahme auf den "Situationsbericht" des "Schülerinternates Schloß Judenau" bekämpft, so hat er auch damit nicht die notwendige Relevanz dieses Verfahrensmangels in Ansehung einer sich daraus ergebenden Einschränkung seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Minderjährigen, der unbestrittenermaßen das erste Lehrjahr erfolgreich beendet hat, aufgezeigt.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides bei Berechnung des Ausmaßes der vom Beschwerdeführer im Rahmen seiner Unterhaltspflicht für den Minderjährigen zu erbringenden Leistung (unter Berücksichtigung der Familienbeihilfe für den Minderjährigen und einer anteiligen Sonderzahlung) ein anrechenbares monatliches Nettoeinkommen in der Zeit vom 1. Jänner bis 30. September 1989 von S 22.820,-- zugrundegelegt. Sie gelangte nach Abzug der dem Beschwerdeführer "erwachsenden abzugsfähigen Sonderbelastungen", und zwar der Alimentationszahlungen für die geschiedene Ehegattin von S 2.500,-- und für eine Tochter von S 750,-- sowie von S 1.800,-- "für Wohnbedarf", sohin insgesamt S 5.050,--, zu einer Bemessungsgrundlage von S 17.770,-- monatlich. Hievon seien entsprechend der gehandhabten Entscheidungspraxis der Gerichte in Unterhaltssachen vom Beschwerdeführer 22 v.H., das seien S 3.909,--, als monatlicher Kostenersatz zur gewährten Jugendwohlfahrtsmaßnahme zu leisten. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen diese Berechnung - abgesehen von der unterbliebenen Anrechnung der Lehrlingsentschädigung - nur insoweit, als er beanstandet, daß die Alimentationszahlung für seine Tochter von S 750,-- in Abzug gebracht und auf die dadurch verminderte Bemessungsgrundlage der Prozentsatz von 22 v.H. angewendet worden sei. Seiner Meinung nach wäre stattdessen der Prozentsatz von 22 v.H. der Bemessungsgrundlage um einen Prozentsatz von 2 v.H. für sein weiteres unterhaltsberechtigtes Kind im Alter von über 10 Jahren zu reduzieren gewesen.

Für seinen Standpunkt sprechen nicht nur die von ihm hiefür angeführten Entscheidungen EFSlg 30.986 und 50.811, sondern wurde in diesem Sinne u.a. auch in den Entscheidungen EFSlg 43.058 und 56.452 entschieden. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, daß die Behörden der Jugendwohlfahrtspflege bei der Festsetzung der Ersatzbeträge dann nicht fehlgehen, wenn sie die Praxis der ordentlichen Gerichte in Unterhaltssachen als Richtschnur nehmen (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 26. September 1984, Zl. 83/11/0093, 0095, und die dort angeführte weitere Judikatur). Die belangte Behörde hat zwar schon in der Begründung des angefochtenen Bescheides diesen Rechtssatz wiedergegeben, sich aber bei Berücksichtigung einer weiteren Sorgepflicht des Beschwerdeführers für seine Tochter nicht daran gehalten. Worauf sie ihre davon abweichende Rechtsansicht gründet, wurde im angefochtenen Bescheid nicht dargelegt. Wenn sie in der Gegenschrift darauf hinweist, daß "beide Möglichkeiten", nämlich einerseits die "Reduzierung der Bemessungsgrundlage" (so demnach die Entscheidung des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 17.12.1980, 44 R 3450/80, die nicht in der EFSlg aufscheint) und andererseits die "Reduzierung des Prozentsatzes" (so demnach die Entscheidung des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 18.12.1980, 43 R 1095/80, veröffentlicht in EFSlg 35.589), von den Gerichten "bei der Bemessung der Unterhaltshöhe praktiziert" würden, so steht dem entgegen, daß die von der Praxis der ordentlichen Gerichte zumindest überwiegend und offenbar in letzter Zeit auch ausschließlich gehandhabte Vorgangsweise mit jener der belangten Behörde nicht im Einklang steht. Der in der Gegenschrift weiters zum Ausdruck gebrachten Auffassung der belangten Behörde, "eine Berücksichtigung der tatsächlichen Alimente bei der Bemessungsgrundlage" sei "gerechter als eine Verringerung des Prozentsatzes mit einem starren Satz", vermag sich der Gerichtshof im übrigen deshalb nicht anzuschließen, weil es auf die gesetzliche Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Leistung des Unterhaltes gegenüber mehreren Unterhaltsberechtigten ankommt und daher im gegebenen Zusammenhang auf den Umstand, daß der Beschwerdeführer an seine Tochter eine geringere Unterhaltsleistung erbringt, als er auf Grund seiner Lebensverhältnisse tatsächlich erbringen müßte, nicht Bedacht genommen werden kann. Die belangte Behörde hat damit in diesem Punkt die Rechtslage verkannt, wobei sich bei insofern richtiger Berechnung eine monatliche Unterhaltspflicht des Beschwerdeführers nur in Höhe von S 3.704,-- (S 17.707,-- zuzüglich S 750,-- = S 18.520,--, davon 20 %, anstatt S 3.909,--) ergeben würde. Damit ist allerdings nichts gesagt über die zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unbestrittene Abzugsfähigkeit der Alimentationszahlungen für die geschiedene Gattin und den Wohnungsbedarf.

Der Beschwerdeführer ist aber jedenfalls deshalb im Recht, weil die belangte Behörde zu Unrecht die Lehrlingsentschädigung des Minderjährigen völlig unbeachtet gelassen hat. Er verweist zutreffend auf Entscheidungen der ordentlichen Gerichte (EFSlg 26.524 und 51.075; siehe darüber hinaus aber auch noch EFSlg 43.180, 51.084 und 56.571), aus denen hervorgeht, daß auf den Unterhalt des Minderjährigen jene Einkünfte an Lehrlingsentschädigung anzurechnen sind, die nach Abzug der durch die Berufsausbildung erforderlichen Aufwendungen übrig bleiben. Für die Frage der Anrechnung der Lehrlingsentschädigung auf den Unterhaltsanspruch sind jeweils die Umstände des Einzelfalles maßgebend (EFSlg 48.221, 56.565 und 56.567). Es wäre daher Sache der belangten Behörde gewesen, Ermittlungen darüber durchzuführen und entsprechende Feststellungen zu treffen, ob bzw. in welchem Ausmaß der Minderjährige von seiner monatlichen Lehrlingsentschädigung von S 2.173,-- notwendige Aufwendungen, die spezifisch mit seiner Berufsausbildung verbunden sind, zu tätigen hat. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich aus diesem Grunde der Unterhaltsanspruch des Minderjährigen reduziert. Wenn die belangte Behörde dazu (lediglich) meint, daß "auch bei Einsetzen der Lehrlingsentschädigung" im Hinblick darauf, daß die monatlichen Heimkosten S 8.845,-- betragen, "ein Sozialhilfeaufwand von monatlich S 6.672,-- offen bleibt", so ist auch daraus eine unrichtige Rechtsansicht erkennbar, weil die Kostentragungspflicht des Beschwerdeführers gemäß § 9 Abs. 1 NÖ JWG 1978 nur im Rahmen seiner Unterhaltspflicht besteht, diese aber - wie gesagt - grundsätzlich durch ein eigenes Einkommen des Minderjährigen, das dieser in Form einer Lehrlingsentschädigung erhält, vermindert wird, auch wenn der Bedarf auf diese Weise nur zu einem geringeren Teil abgedeckt werden kann.

Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Beschwerde nur in zweifacher Ausfertigung einzubringen war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990110048.X00

Im RIS seit

01.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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