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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §8;Betreff
1) Verlassenschaft nach A 2) B 3) C 4) D gegen Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 28. September 1989, Zl. 310.568/9-III-3/89, betreffend Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: X in Z)
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Auf das hg. Vorerkenntnis vom 23. Mai 1989, Zl. 88/04/0342, wird hingewiesen.
Mit dem vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten erlassenen Ersatzbescheid vom 28. September 1989 wurde ausgesprochen, daß die Änderung der Betriebsanlage (Holzdrahterzeugung) der mitbeteiligten Partei unter Zugrundelegung der korrigierten Beschreibung und des "Einreichplanes über das Aufstellen der Holzbearbeitungsmaschine zur Holzdrahterzeugung ..." vom 17. April 1986 gemäß § 81 GewO 1973 unter Vorschreibung der in den Spruch aufgenommenen Auflagen genehmigt werde. Zur Begründung wurde der Gang des Verwaltungsverfahrens dargelegt, insbesondere wurden Verlauf und Inhalt der Augenscheinsverhandlung vom 15. Dezember 1987, das Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen vom 10. Februar 1988, das Gutachten des ärztlichen Amtssachverständigen vom 28. Februar 1988, die Ergänzung dieses Gutachtens vom 27. April 1988 und die vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten in der Begründung des Bescheides vom 8. August 1988 angestellten Überlegungen wiedergegeben. Ferner wurde auf das hg. aufhebende Erkenntnis vom 23. Mai 1989, Zl. 88/04/0342, hingewiesen. Zur Begründung wurde weiters ausgeführt, hinsichtlich der seinerzeitigen Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 8. August 1988 in Punkt 10 der Auflagen sei durch genaue Beschreibung der Normadressat in dieser Auflage - nämlich der Betriebsinhaber - unzweifelhaft erfaßt worden. Nunmehr sei eindeutig der Betriebsinhaber verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß bei den zu Verladearbeiten abgestellten Kfz der Motor abzustellen sei, um etwaige Lärm- bzw. Geruchsbelästigungen der Nachbarn hintanzuhalten. Die Anbringung einer entsprechenden Hinweistafel sei zur höheren Akzeptanz der Maßnahmen des Betriebsinhabers zweckdienlich und deshalb geboten. Die Vorschreibung von Punkt 5 der Auflagen sei im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zu Recht gerügt worden, weil im behobenen Bescheid ein maximaler Wert von "50 mg/m3 Abluft" festgelegt worden sei. Tatsächlich könne jedoch den Einreichunterlagen bzw. der Betriebsbeschreibung entnommen werden, daß die maximale Staubemission der Schlauchfilter vor dem Spänebunker "5 mg/m3 Abluft" nicht überschreite. Auf diese Grundlage seien die Sachverständigengutachten gestützt worden. Zur Verdeutlichung sei deshalb der Auflagenpunkt 5 vorgeschrieben worden, wobei die seinerzeitige Fehlherhaftigkeit nunmehr korrigiert worden sei. Die Vorschreibung des Punktes 12 der Auflagen (Zeitbeschränkung) sei erforderlich, um allfällige Lärmimmissionen bei den Nachbarn, die durch Manipulationen vor der Betriebsanlage beim Holzverladen entstehen könnten, hintanzuhalten. Diese Manipulationen seien in ihrer Geräuschcharakteristik different gegenüber den an- und abschwellenden Verkehrsgeräuschen. Zwar seien diese Geräusche insgesamt, wie den Sachverständigengutachten zu entnehmen sei, nicht geeignet, während der Werktage von 7.00 Uhr bis 18.00 Uhr und samtags von 7.00 Uhr bis 12.00 Uhr die Nachbarn zu beeinträchtigen oder zu belästigen; wohl sei aber häufig zu Zeiten der relativen Ruhe - und dies entspreche nun einmal den Erfahrungen des täglichen Lebens -, somit während der Abend- und Nachtstunden sowie zum Wochenende, ein erhöhtes Ruhebedürfnis gegeben. Es sei deshalb dem Vorschlag des technischen Amtssachverständigen zur Zeitbeschränkung zu folgen gewesen, welchem auch der ärztliche Amtssachverständige nicht widersprochen habe. Da die klirrenden und polternden Geräusche der Holzbloche bei Verladetätigkeiten zwar Impulscharakter hätten, die Impulse aber nur unwesentlich über den niedrigsten, durch Verkehrslärm verursachten Lärmspitzen lägen (um 2 dB/A), habe einer Genehmigung im Hinblick darauf, daß eine Zeitbeschränkung vorgeschrieben worden sei, zugestimmt werden können. Dies umso mehr, als eine Belästigung oder Beeinträchtigung der Nachbarn in Zeiten relativer Ruhe jedenfalls durch Verladevorgänge durch diese Auflage habe ausgeschlossen werden können. Der letzte Punkt einer im Bescheid vom 28. August 1988 erkannten Rechtswidrigkeit, nämlich die rechtliche Beurteilung, ob ein Verfahren gemäß § 77 GewO 1973 oder gemäß § 81 leg. cit. vorliege, sei im seinerzeitigen Bescheid nicht behandelt worden. Nach der Aktenlage handle es sich beim rechtlichen Altbestand der Betriebsanlage um keine "genehmigte Anlage" im Sinne des § 81 GewO 1973. Wie den Verfahrensakten entnommen werden könne, sei diese Anlage (Altbestand) bereits vom Vater des Konsenswerbers betrieben worden. Weiters sei in unzweifelhafter Weise - etwa durch Äußerungen der Nachbarn - belegt, daß diese Anlage (Altanlage) auf Grund des Umfanges der Tätigkeiten keiner nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1859 (§ 25 bzw. § 34 GewO 1859) erforderlichen Genehmigungspflicht unterlegen gewesen sei. Im Sinne der Übergangsbestimmungen der Gewerbeordnung 1973 sei deshalb davon auszugehen gewesen, daß die Änderung der Anlage gemäß § 81 GewO 1973 zu Recht erfolgt sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Sie stellte den Antrag, die Beschwerde, soweit sie von der Erstbeschwerdeführerin eingebracht wurde, mangels rechtlicher Beschwer als unzulässig zurückzuweisen und im übrigen abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer erachten sich - abgesehen von ihrem Hinweis auf ihre Rechtsstellung nach verfahrensrechtlichen Regelungen - verletzt in dem Recht auf
1. Schutz vor Gefährdung des Lebens und der Gesundheit nach § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973;
2. Schutz vor Belästigung durch Geruch, Lärm, Staub, Erschütterung, Rauch und auf sonstige Weise nach § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 und
3. Schutz vor Gefährdung des Eigentums nach § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973.
Sie machen in Ausführung dieser Beschwerdepunkte unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens betreffend die für die Beurteilung der Lärmimmissionen maßgebenden Umstände und die Frage der Feuersgefahr, der Staubimmissionen und der Abgasimmissionen geltend. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes wenden sich die Beschwerdeführer gegen die Vorschreibungen in den Auflagen Punkt 5 und Punkt 12. Sie tragen ferner in Ausführung der bezeichneten Beschwerdepunkte unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides vor, der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem aufhebenden Erkenntnis vom 23. Mai 1989, Zl. 88/04/0342, zu Recht darauf hingewiesen, daß im ersten Rechtsgang vollkommen ungeklärt geblieben sei, ob es sich um die Neuerrichtung einer Anlage oder um die Änderung einer bestehenden Betriebsanlage handle. Die belangte Behörde führe nunmehr im neuen Bescheid aus, daß die alte Anlage auf Grund des Umfangs der Tätigkeiten keine Genehmigung nach der Gewerbeordnung 1859 gebraucht habe. Wenn sie dann allerdings meine, aus den Übergangsbestimmungen der Gewerbeordnung 1973 schließen zu können, daß eben eine Änderung der Anlage vorliege, so sei sie offensichtlich im Irrtum. Sei nach dem Rechtsstand der Gewerbeordnung 1859 keine genehmigungspflichtige Anlage vorgelegen gewesen, so handle es sich eben jetzt um die Neuerrichtung einer Anlage und nicht bloß um die Änderung. Allein aus diesem Grund sei der Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben. Dazu komme noch, daß ein Einmann-Betrieb ohne Sägemaschinen, Fräsen und Hobelmaschinen usw. mit der neugebauten Sägehalle (die Fläche sei 15-16 mal so groß wie die ursprüngliche kleine Werkstätte) und laufende Anlieferung von großem Blochholz und Abtransport der Schnittwaren mit Traktoren, LKW usw. nicht identifiziert und als einfache Anlagenänderung bezeichnet werden könne, ein weiterer wesentlicher Aufhebungsgrund.
Ferner verweise die belangte Behörde weiterhin auf die angeblich historisch gewachsene Situation. Sie gehe dabei bis an die Grenze des Widerspruches mit ihren eigenen Ausführungen und dem Akteninhalt. Eine Betätigung, die keinerlei Auswirkungen auf ihre Umwelt habe und daher auch nicht der Gewerbeordnung unterliege, mit einem Betrieb zu vergleichen, der mit modernen Maschinen die entsprechenden Emissionen von sich gebe und die Umwelt entsprechend beeinflusse, gleichzusetzen, entspreche wohl nicht ganz dem üblichen und auch hier anzuwendenden Verständnis. Die belangte Behörde stütze sich bei ihrer Genehmigung auch auf die entsprechende Flächenwidmung. Selbst wenn aber eine solche historisch gewachsene Situation vorliege (dies sei hier nicht der Fall), so widerspräche die Erteilung der Genehmigung dem Flächenwidmungsplan, wenn man ihn entsprechend den Grundsätzen auslege, die sich der Oberösterreichischen Raumordnung entnehmen ließen. Folge man dem Grundsatz, daß Verordnungen im Zweifel gesetzeskonform, insbesonders konform mit den Grundsätzen der Ermächtigungsnorm auszulegen seien, so sei insbesonders § 15 Abs. 8 des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes zu beachten. Danach sei der Flächenwidmungsplan so auszulegen, daß eine möglichst funktionelle räumliche Gliederung des Gemeindegebietes und ein möglichst wirksamer Umweltschutz erreicht werde. Diese Gesetzesbestimmung selbst sei im Sinn der verfassungskonformen Auslegung im Licht des Grundrechtes auf Gesundheit, auf Eigentum und auf Umweltschutz im Zweifel zugunsten des Schutzes dieser Güter zu interpretieren. Liege, wie in diesem Fall, eine kleine Enklave "Bauland-Mischgebiet" - vor wenigen Jahren geschaffen, wobei den Betroffenen die Möglichkeit, rechtzeitig Einspruch gegen die Änderung der Flächenwidmung zu erheben, entzogen worden sei - inmitten von "Grünland" und "Wochenend-", das heiße Erholungsgebiet, so sei die entsprechende Definition des Bauland-Mischgebietes wesentlich enger auszulegen als bei einem geschlossenen Gebiet gleicher Widmung. Eine solche Auslegung ergebe, daß die beantragte Anlage angesichts ihrer Beeinträchtigung des Erholungswertes und der subjektiven Rechte der Anrainer und der Interessen der Besucher und der restlichen ortsansässigen, am Fremdenverkehr orientierten Wirtschaft unzulässig sei. Hiezu komme noch, daß in Z ein Gewerbegebiet in Ortsnähe, zwischen U und V gelegen, gegeben sei, wo jetzt noch Platz für 1 bis 2 Sägewerke vorhanden sei, sodaß eine gewissenhafte Gemeinde die Errichtung des Sägewerkes in Z, selbst dann, wenn dieses Sägewerk vom Bürgermeister, allerdings in seiner Eigenschaft als Baumeister, gebaut worden sei, nie hätte genehmigt werden dürfen. Die Änderung der Flächenwidmung, die im Zusammenhang mit dem Sägewerk vorgenommen worden sei, sei bei richtiger Auslegung gesetzwidrig und widerspreche auch dem Sinn des gesetzlich gegebenen Uferschutzes und insbesondere der Erhaltung des Erholungsgebietes, das für die wirtschaftliche Lage der Bewohnerschaft von besonderer Bedeutung sei.
Abgesehen vom Aufhebungsantrag im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGG stellten die Beschwerdeführer weiters den Antrag, hinsichtlich des bezeichneten Flächenwidmungsplanes ein entsprechendes Verordnungsprüfungsverfahren "beim Verfassungsgerichtshof einzuleiten".
Gemäß Art. VI Abs. 4 der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, - in diesem Umfang gemäß Abs. 1 leg. cit. in Kraft getreten mit 1. Jänner 1989 - sind die das Verfahren betreffend Betriebsanlagen und die Zuständigkeit zur Durchführung dieser Verfahren regelnden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auf im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes noch nicht abgeschlossene Verfahren betreffend Betriebsanlagen nur dann anzuwenden, wenn diese Verfahren in diesem Zeitpunkt in erster Instanz anhängig sind. Art. I Z. 240 und 242 (§ 356 Abs. 1 und 3 und § 359 b) überdies nur dann, wenn in diesem Zeitpunkt noch keine Augenscheinsverhandlung anberaumt und den Nachbarn bekanntgegeben worden ist.
Ausgehend davon sind daher nach dem dargestellten Ablauf des in Rede stehenden Betriebsanlagenverfahrens zwar die Bestimmungen der §§ 74, 77 und 81 GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988 (der Tag der Erlassung des angefochtenen Ersatzbescheides war der 10. November 1989), die Bestimmungen des § 356 GewO 1973 hingegen in ihrer Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988 anzuwenden.
Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen oder sonstigen Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, (Z. 1) das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; .... oder (Z. 2) die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder in anderer Weise zu belästigen.
Nach § 77 Abs. 1 GewO 1973 ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die Betriebsanlage darf nicht für einen Standort genehmigt werden, in dem das Errichten oder Betreiben der Betriebsanlage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Genehmigungsantrag durch Rechtsvorschriften verboten ist.
Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 zumutbar sind, ist im Grunde des § 77 Abs. 2 GewO 1973 danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.
Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf nach § 81 Abs. 1 GewO 1973 auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen.
Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens "dieses Bundesgesetzes" (Gewerbeordnung 1973 in der Stammfassung) errichteten Betriebsanlagen, die nach den bisher geltenden Vorschriften nicht genehmigungspflichtig waren und nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes genehmigungspflichtig wären, bedürfen im Grunde der - durch die Gewerberechtsnovelle 1988 unverändert gebliebenen - Bestimmung des § 376 Z. 11 Abs. 2 GewO 1973 keiner Genehmigung gemäß § 74 Abs. 2; § 79 und § 81 finden sinngemäß Anwendung.
Gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 sind im Verfahren nach Abs. 1 dieser Gesetzesstelle (u.a. Verfahren über ein Ansuchen um Genehmigung der Änderung einer ... Betriebsanlage) nur Nachbarn, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, Parteien, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.
Nach § 359 Abs. 4 GewO 1973 steht das Recht der Berufung außer den Genehmigungswerbern den Nachbarn zu, die Parteien sind.
Im vorliegenden Fall hatte die Rechtsvorgängerin der Erstbeschwerdeführerin in der am 13. November 1986 fortgesetzten Augenscheinsverhandlung für sich beansprucht, unter anderem vor Brand geschützt zu werden. Die Rechtsvorgängerin der Erstbeschwerdeführerin hatte somit nicht nur unter dem Gesichtspunkt einer Gefährdung der Gesundheit, sondern auch unter dem Gesichtspunkt einer Gefährdung ihres Eigentums Einwendungen erhoben. Mit dem Ableben der Rechtsvorgängerin der Erstbeschwerdeführerin ging deren subjektives Recht auf Abwehr einer Gefährdung ihres Eigentums auf die nunmehrige Erstbeschwerdeführerin (Verlassenschaft) über. Insoweit sich die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift auf den hg. Beschluß vom 12. Februar 1990, Zl. AW 89/04/0076, beruft, verkennt sie, daß im vorliegenden Fall die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nur hinsichtlich der behaupteten Gefahr einer Gesundheitsschädigung, nicht jedoch hinsichtlich einer Eigentumsgefährdung beantragt worden war. Im Hinblick auf den dargelegten Rechtsübergang steht der vorliegenden Beschwerde auch insoweit, als sie von der Erstbeschwerdeführerin erhoben wurde, der Mangel der Berechtigung zur Erhebung nicht entgegen. Der in der Gegenschrift der belangten Behörde erhobene Einwand der mangelnden Beschwerdeberechtigung ist - unbeschadet dessen, daß sich die Erstbeschwerdeführerin als juristische Person auf die Gefahr einer Gesundheitsschädigung oder einer unzumutbaren Belästigung nicht berufen kann und der Verwaltungsgerichtshof daher auf das betreffende Beschwerdevorbringen, insoweit es namens der Erstbeschwerdeführerin vorgetragen wurde, nicht einzugehen hat - nicht begründet.
Die belangte Behörde legte dem angefochtenen Bescheid zugrunde, daß das Grundstück, auf dem sich die Betriebsliegenschaft der mitbeteiligten Partei befindet, im Flächenwidmungsplan als "Bauland-Mischgebiet" ausgewiesen sei. Mit dem in der Beschwerde enthaltenen Hinweis auf eben diesen Umstand können die Beschwerdeführer nicht die Verletzung eines subjektiven Rechtes dartun, weil sich aus der Bestimmung des zweiten Satzes des § 77 Abs. 1 leg. cit. über die Unzulässigkeit einer Betriebsanlagengenehmigung im Hinblick auf Verbotsnormen kein subjektives Nachbarrecht ergibt (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom 6. Februar 1990, Zlen. 89/04/0089, 89/04/0090).
Sofern aber die Beschwerdeführer den "Antrag" stellen, beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 139 Abs. 1 B-VG den Antrag auf Aufhebung der Verordnung (Flächenwidmungsplan) wegen Gesetzwidrigkeit zu stellen, so stünde einer derartigen Antragstellung allein schon der Umstand entgegen, daß es sich bei der Prüfung des Vorliegens einer Verbotsnorm im Sinne des § 77 Abs. 1, zweiter Satz, GewO 1973 nicht um die Beurteilung einer Vorfrage im Sinne des § 38 AVG 1950 handelt. Nach der im zweiten Satz des § 77 Abs. 1 GewO 1973 enthaltenen Anordnung hat die Gewerbebehörde vielmehr in Ansehung der konkreten, vom Antrag erfaßten Betriebsanlage, und zwar bezogen auf den in Betracht kommenden Standort, zu prüfen, ob sich aus einer Rechtsvorschrift ein Verbot des Errichtens oder Betreibens dieser Anlage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Genehmigungsantrag ergibt. Derartige "Rechtsvorschriften", die genereller oder individueller Art sein können, sind aber von der Verwaltungsbehörde entsprechend den vorstehenden Darlegungen nicht zu vollziehen, sondern von ihr im Sachverhaltsbereich zu berücksichtigen (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom 14. November 1989, Zl. 89/04/0047).
In Ansehung der Frage, ob auf die Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei die Bestimmungen des § 77 GewO 1973 in ihrem (ursprünglichen) Anwendungsbereich betreffend die Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer gewerblichen Betriebsanlage oder die Bestimmungen des § 376 Z. 11 Abs. 2 in Verbindung mit § 81 GewO 1973 anzuwenden sind, begnügte sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid im wesentlichen mit dem Satz, es sei in unzweifelhafter Weise - etwa durch Äußerungen der Nachbarn - belegt, daß diese Anlage (Altbestand) auf Grund des Umfanges der Tätigkeiten keiner nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1859 (§ 25 bzw. § 34 GewO 1859) erforderlichen Genehmigungspflicht unterlegen gewesen sei. Allein schon aus diesem Satz zog die belangte Behörde die rechtliche Schlußfolgerung, im Sinne der Übergangsbestimmungen der Gewerbeordnung 1973 sei deshalb davon auszugehen gewesen, daß die Änderung der Anlage gemäß § 81 GewO 1973 zu Recht erfolgt sei. Hiezu ist zunächst zu bemerken, daß die belangte Behörde im gegebenen Zusammenhang eine Darstellung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und der bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen unterließ (§ 60 AVG 1950. Welche bestimmten Tatsachen wurden belegt? Worin liegt in Ansehung des "Umfanges der Tätigkeiten" der für die Rechtsanwendung maßgebende Sachverhalt?) Darüberhinaus ließ die belangte Behörde in Ansehung der Altanlage jede Bezugnahme auf das in § 376 Z. 11 Abs. 2 GewO 1973 enthaltene Tatbestandselement "und nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes genehmigungspflichtig wären" vermissen. Schon aus diesem Grund ist der angefochtene Bescheid, der auf die Bestimmung des § 81 GewO 1973 gestützt wurde, ohne daß die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit dieser Bestimmung tatbestandsmäßig hinreichend abgeklärt wurden, seinem Inhalte nach rechtswidrig.
Unabhängig von dieser, von der belangten Behörde nicht der Rechtsordnung entsprechend gelösten Frage der Anwendbarkeit des § 81 GewO 1973 liegt eine - wegen der Eigenschaft der Erstbeschwerdeführerin als juristische Person nur die Zweit- und Viertbeschwerdeführerin und den Drittbeschwerdeführer betreffende - Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides deshalb vor, weil die belangte Behörde ihren Bescheid jedenfalls hinsichtlich der den Lärmschutz betreffenden Auflage Punkt 12 nicht auf die zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgebende Rechtslage gründete. Sie stützte sich in Ansehung der von ihr vorgeschriebenen Auflage Punkt 12 auf den "Vorschlag des technischen Amtssachverständigen zur Zeitbeschränkung, welchem auch der ärztliche Amtssachverständige nicht widersprach". Diese Gutachten wurden im Jahre 1988, also noch zur Zeit der Anwendbarkeit der Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 in ihrer Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988, erstattet. Der angefochtene Bescheid läßt, obwohl er erst im Jahre 1989, also nach dem Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1988, erlassen wurde, in Ansehung des Schutzes vor Lärm keine auf die Neufassung des § 77 GewO 1973 abgestellten Sachverhaltsfeststellungen und keine dementsprechende Rechtsanwendung erkennen. Auch dies belastet den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes und nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
Schlagworte
Gewerberecht Nachbar RechtsnachfolgerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989040262.X00Im RIS seit
29.05.1990