TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/29 90/05/0077

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Veröffentlicht am 29.05.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §69 Abs1 litb;
VwGG §35 Abs1;

Betreff

N gegen Bauoberbehörde für Wien vom 1. März 1990, Zl. MDR-B II-2/90, betreffend die Abweisung eines Wiederaufnahmeantrages in einer Bausache.

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 19. Jänner 1989 hatte der Wiener Magistrat dem Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung für die Abtragung einer abgehängten Zwischendecke über seinem Lokal in Wien, X-Platz 1, sowie die Einziehung einer neuen Massivdecke zur Schaffung eines Billard-Clubraumes erteilt. Gleichzeitig war gemäß § 40 Abs. 1 des Wiener Garagengesetzes festgestellt worden, daß die Anzahl der zu schaffenden Pflichtstellplätze um zwei hinter der gesetzlichen Stellplatzverpflichtung zurückbleibt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Eingabe vom 18. Mai 1989 beantragte der Beschwerdeführer beim Wiener Magistrat die Wiederaufnahme des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens mit der Begründung, daß bereits bei der Errichtung des Hauses eine Zwischendecke baubehördlich bewilligt gewesen sei, sodaß er lediglich den Altbestand zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes wiederhergestellt habe. Da er zum Zeitpunkt seiner Antragstellung keine Einsicht in die ursprünglichen Baupläne gehabt habe, sei ihm dieser Umstand erst jetzt zur Kenntnis gelangt, weshalb die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 gegeben seien. Er stellte den Antrag, die Wiederaufnahme zu bewilligen und festzustellen, daß die Anzahl der Pflichtstellplätze nicht um zwei Stellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurückbleibe.

Mit Bescheid vom 22. November 1989 wies der Magistrat der Stadt Wien den Antrag auf Wiederaufnahme ab. Der dagegen eingebrachten Berufung gab die Bauoberbehörde für Wien mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge. In der Begründung ihres Bescheides verwies die Berufungsbehörde zunächst darauf, die Behörde erster Instanz habe schon dargetan, daß die ursprüngliche Baubewilligung vom 23. März 1899 tatsächlich eine Zwischendecke ausgewiesen habe, diese Zwischendecke aber auf Grund der Baubewilligungen vom 22. Oktober 1910 und 23. Februar 1913 wieder entfernt worden sei. Die Bauoberbehörde für Wien stellte sich sodann auf den Standpunkt, daß im Hinblick auf die bei der Baubehörde aufliegenden Unterlagen keinesfalls davon ausgegangen werden könne, daß eine neue Tatsache oder ein neues Beweismittel hervorgekommen sei, das im Baubewilligungsverfahren ohne Verschulden der Partei nicht hätte geltend gemacht werden können. Auch habe die Behörde erster Instanz zutreffend die Ansicht vertreten, daß angesichts der später erteilten Baubewilligungen aus den Jahren 1910 und 1913 in Ansehung der Zwischendecke die Baubewilligung vom 23. März 1899 belanglos geworden sei. Der Bescheid aus dem Jahre 1899 stelle somit auch keine Tatsache und kein Beweismittel dar, das allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Verfahrensergebnis voraussichtlich einen im Hauptinhalt anders lautenden Spruch herbeigeführt hätte.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Wiederaufnahme des mit rechtskräftigem Bescheid vom 19. Jänner 1989 abgeschlossenen Verfahrens verletzt.

Über diese Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Nach § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, daß die Kenntnis vom Inhalt des ursprünglichen Baubewilligungsbescheides aus dem Jahre 1899 keine neue Tatsache und kein neues Beweismittel im Sinne des § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 darstellt, war doch diese Baubewilligung hinsichtlich der hier maßgebenden Zwischendecke für die Beurteilung des konsensgemäßen Zustandes rechtlich nicht erheblich, weil auf Grund später erteilter Baubewilligungen diese Zwischendecke entfernt worden war. Im übrigen hat aber auch die belangte Behörde zutreffend die Auffassung vertreten, es sei nicht davon auszugehen, daß die Existenz dieses Baubewilligungsbescheides ohne Verschulden des Beschwerdeführers im Baubewilligungsverfahren nicht hätte geltend gemacht werden können. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch den Ausführungen in der Beschwerde nicht zu folgen, daß in der Herbeiführung des ursprünglichen Zustandes keine Neuschaffung von Nutzflächen zu erblicken sei; tatsächlich wurde durch die nunmehrige Errichtung einer Massivdecke gegenüber dem bisherigen Konsens eine Änderung bewirkt, welche als Neuschaffung von Nutzflächen zu beurteilen ist. Die belangte Behörde hat sohin zu Recht die Auffassung vertreten, daß die Voraussetzungen für eine Bewilligung der Wiederaufnahme nicht vorlagen.

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990050077.X00

Im RIS seit

29.05.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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