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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Individualantrag auf Aufhebung des §10 Abs2 Z4 UStG 1972; Erwirkung eines Festsetzungsbescheides nach §21 Abs3 UStG 1972 zumutbar (unter Hinweis auf VfSlg. 8433/1978); Mangel der AntragslegitimationSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. Die antragstellende Gesellschaft betreibt ein Unternehmen, dessen Gegenstand der Groß- und Kleinhandel mit im Inland erzeugtem Wein ist. Mit dem auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG gestützten Antrag begehrt die Einschreiterin, §10 Abs2 Z4 Umsatzsteuergesetz 1972, BGBl. 223, idF des Abgabenänderungsgesetzes 1986, BGBl. 562, wegen eines Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot als verfassungswidrig aufzuheben.
Die angefochtene Bestimmung lautet:
"(2) Die Steuer ermäßigt sich auf 10 von Hundert für
..............................................................
4. die Lieferungen und den Eigenverbrauch von Wein aus frischen Weintrauben (Nummer 22.05 B des Zolltarifes), der innerhalb eines landwirtschaftlichen Betriebes im Inland erzeugt wurde, soweit der Erzeuger den Wein im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes liefert oder für Eigenverbrauchszwecke entnimmt. Dies gilt nicht für die Lieferungen und den Eigenverbrauch von Wein, der aus erworbenen Trauben (Maische) oder erworbenem Most (Sturm) erzeugt wurde oder innerhalb der Betriebsräume, einschließlich der Gastgärten, ausgeschenkt wird (Buschenschank). Im Falle der Übergabe eines landwirtschaftlichen Betriebes im ganzen an den Ehegatten sowie an Abkömmlinge, Stiefkinder, Wahlkinder oder deren Ehegatten oder Abkömmlinge gilt auch der Betriebsübernehmer als Erzeuger des im Rahmen der Betriebsübertragung übernommenen Weines, soweit die Steuerermäßigung auch auf die Lieferung dieses Weines durch den Betriebsübergeber anwendbar gewesen wäre;".
Zur Antragslegitimation führt die einschreitende Gesellschaft insbesondere folgendes aus:
"§10 Abs2 Z. 4 UStG wird für die Antragstellerin ohne Erlassung eines Bescheides wirksam, weil
aa)
ein Bescheid gemäß §21 Abs3 UStG nur dann erlassen wird, wenn die Antragstellerin die Steuererklärung gar nicht oder unvollständig abgibt oder die von ihr durchgeführte Berechnung unrichtig ist; ein derartiger Bescheid wird somit als ex post-Kontrolle für die Antragstellerin nur dann unmittelbar wirksam, wenn sie die Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes nicht oder nicht richtig befolgt hat und
bb)
ein Veranlagungsbescheid gemäß §21 Abs4 bzw. Abs5 UStG für die Antragstellerin ebenfalls nur dann unmittelbar wirksam wird, wenn diese die Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes nicht richtig angewendet oder sich verrechnet hat; nur in diesem Fall verpflichtet der Veranlagungsbescheid die Antragstellerin zur Bezahlung einer (Rest-) Steuerschuld bzw. berechtigt sie, eine Gutschrift
zu***** berücksichtigen.
Die Antragstellerin ist daher grundsätzlich allein aufgrund der Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes zur Entrichtung der Umsatzsteuer in der von §10 Abs1 UStG bestimmten Höhe verpflichtet. Das Umsatzsteuergesetz selbst und insbesondere sein 'Kernstück', nämlich §10 UStG (der die Höhe der Umsatzsteuer festlegt), haben somit die Konkretisierungsstufe eines Bescheides, weil die Pflicht der Antragstellerin, Umsatzsteuer zu zahlen, durch das Gesetz in Art und Ausmaß bereits derart eindeutig bestimmt ist, wie dies üblicherweise erst durch verwaltungsbehördlichen Akt geschieht.
........
Der Antragstellerin steht kein anderer zumutbarer Weg der Rechtsverfolgung zur Verfügung:
a) Es ist der Antragstellerin nicht zumutbar, den grob gleichheitswidrigen Zustand, nämlich selbst 20 % Umsatzsteuer abführen zu müssen, während andere Betriebe, die ebenfalls - und womöglich den gleichen - Wein verkaufen, nur 10 % Umsatzsteuer zu entrichten haben, zu dulden, weil sie hiemit durch jede Weinlieferung, die sie ausführt und von der sie 20 % des erhaltenen Entgelts als Umsatzsteuer abzuführen hat, in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung verletzt wird.
Es ist der Antragstellerin daher nicht zuzumuten, beständig Verletzungen ihrer verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechte hinnehmen zu müssen, ohne sich dagegen sofort und unmittelbar zur Wehr setzen zu können.
b) Will die Antragstellerin diese Eingriffe in ihr verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Gleichbehandlung hingegen nicht dulden und führt sie nur 10 % statt 20 % des erhaltenen Entgelts als Umsatzsteuer ab, so riskiert sie bzw. ihr Geschäftsführer ein Finanzstrafverfahren, was nach der Judikatur des VfGH (VfSlg. 8396, 9253 u.a.) jedenfalls nicht zumutbar ist."
II. Der Antrag ist nicht zulässig.
Der VfGH hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt eingenommen, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 10481/1985).
Der VfGH bezweifelt nicht, daß die bekämpfte Gesetzesvorschrift die Rechtssphäre der Antragstellerin aktuell berührt. Ihr wäre jedoch zumutbar, einen Festsetzungsbescheid nach §21 Abs3 UStG 1972 in jener Weise zu erwirken, die im Beschluß VfSlg. 8433/1978, S. 342 f, dargelegt ist. Da diese Entscheidung eine im grundsätzlichen völlig gleichgelagerte Gesetzesprüfungssache betrifft, kann sich der Gerichtshof darauf beschränken, auf die auch für den vorliegenden Fall sinngemäß zutreffende Begründung seines bezogenen Beschlusses zu verweisen.
Der Individualantrag war sohin wegen fehlender Antragslegitimation zurückzuweisen.
Dies konnte nach §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren beschlossen werden.
Schlagworte
Umsatzsteuer, SteuersätzeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:G117.1987Dokumentnummer
JFT_10128993_87G00117_00