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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
N gegen Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 20. September 1989, Zl. 308.448/1-III-3/88, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: A in X).
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf das hg. Vorerkenntnis vom 20. Oktober 1987, Zl. 86/04/0097, mit dem der Bescheid des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 6. September 1985 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden ist, wird hingewiesen. Mit dem Ersatzbescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 20. September 1989 wurde der Berufung der mitbeteiligten Partei insofern Folge gegeben, als der zweitbehördliche Bescheid (Abweisung des Genehmigungsansuchens der mitbeteiligten Partei) zur Gänze behoben und der erstbehördliche Bescheid teilweise durch einen neuen Wortlaut des Spruches ersetzt und ausgesprochen wurde, daß die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der bezeichneten Betriebsanlage (Tischlerwerkstätte am angeführten Standort) unter Zugrundelegung des Einreichplanes vom 10. Dezember 1982 und der Baubeschreibung nach Maßgabe der nachstehenden Betriebsbeschreibung (Spruchteil A) und unter Einhaltung der nachfolgenden Auflagen (Spruchteil B) erteilt werde.
In der Betriebsbeschreibung (Spruchteil A) finden sich unter anderem folgende Festlegungen:
"..... Für die an der Nordwest- bzw. Südwestseite des Zubaues vorgesehenen Fenster ist eine Zweifachverglasung mit einer Gesamtstärke von 35 mm (die einzelnen Scheiben sind 8 mm stark) vorgesehen. An der Südostseite des Zubaues ist eine zweiflügelige Holztüre mit einer Stärke von 8 cm geplant. Im oberen Teil dieser Tür soll in jedem Flügelteil ein Glaseinsatz in derselben Art wie die oben beschriebenen Fenster eingebaut
werden. ..... Die Durchführung von Farbspritzarbeiten erfolgt
nicht. ..... Im Betrieb sollen Instandsetzungsarbeiten an
Möbeln durchgeführt und Kleinmöbel aus Vollholz erzeugt werden. Die Betriebsanlage wird ausschließlich vom Konsenswerber (ohne mittätige Familienmitglieder und Arbeitnehmer) betrieben."
Im Spruchteil B wurden unter anderem folgende Auflagen vorgeschrieben:
"1) Die Betriebsanlage darf betrieben werden:
mit Maschinen:
montags bis freitags von 6.00 Uhr bis 21.00 Uhr, samstags
von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr;
ohne Maschinen:
montags bis samstags von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr. An Sonn- und Feiertagen hat Betriebsruhe zu herrschen.
2) Zulieferungen zur Betriebsanlage dürfen in der Zeit von 18.00 Uhr bis 6.00 Uhr nicht erfolgen."
"4) In den vorgesehenen Räumlichkeiten dürfen keine Spritzlackierarbeiten vorgenommen werden."
"9) Die Fenster sind nicht öffenbar einzubauen. Das Einfahrtstor der Werkstätte muß während der Betriebszeit geschlossen bleiben. Ausgenommen sind davon nur Arbeitspausen und Tätigkeiten, bei denen keinerlei Lärmemissionen verursacht werden und insbesondere auch die Lüftungsanlage nicht in Betrieb ist. Beim Aus- und Anliefern und dem dadurch bedingten Offenhalten des Tores müssen sämtliche maschinelle Einrichtungen ausgeschaltet sein."
"13) Die Verarbeitung von Farben mit organischen Lösungsmitteln im Betrieb ist untersagt."
"15) Die Durchführung von lärmerzeugenden Arbeiten im Freien ist untersagt."
Zur Begründung wurde insbesondere auf die Ergebnisse des Augenscheins vom 13. Mai 1985 und die mündliche Verhandlung vom 14. Mai 1985 hingewiesen. Der in diesem Zusammenhang wiedergegebene Befund des gewerbetechnischen und des ärztlichen Amtssachverständigen enthält unter anderem die Aussage, daß nach Auskunft der "Fenstererzeugungsfirma" das mittlere Schalldämmaß der Scheiben 36 dB betragen soll. In diesem Befund wurde weiters ausgeführt, daß sich die Umgebung um die geplante Betriebsanlage als ländliches Dorfgebiet darstelle. Südöstlich der Betriebsanlage stehe in ca. 100 m Entfernung das Haus N. Zur Beurteilung der Umgebungssituation seien in ca. 22 m Entfernung von der Südost-Wand des geplanten Zubaues auf dem Grundstück Nr. 562, KG Y, (Familie N) Schallpegelmessungen und subjektive Hörproben vorgenommen worden (im weiteren wurden die Ergebnisse der Schallpegelmessungen wiedergegeben). Auf einem Meßplatz ca. 10 m westlich vom Haus N seien Schallpegelwerte um 38 dB gemessen worden. Diese Schallpegelwerte seien durch das monotone Wasserrauschen des St. Marienbaches bestimmt worden. Subjektiv sei die Grundgeräuschsituation an beiden Meßplätzen durch ein deutlich wahrnehmbares monotones Wasserrauschen, herrührend von einem hinter dem Haus N befindlichen fließenden Gewässer (Y-Bach), gekennzeichnet gewesen. Entsprechend der geringeren Entfernung des Meßplatzes II von diesem Gewässer sei dort das Wasserrauschen wesentlich stärker hörbar gewesen und habe dort dominierenden Charakter gehabt. Aus der Grundgeräuschsituation herausragende Geräuschphänomene seien gelegentliche Verkehrsgeräusche von auf den im Westen und Nordosten vorbeiführenden Straßen fahrenden Pkw bzw. Mopeds, Traktorlärm in unterschiedlicher Lautstärke, herrührend von einem auf dem Feld südwestlich der geplanten Betriebsanlage befindlichen Traktor, das einmalige "Vorbeireiten eines Pferdes", gelegentliches Hundegebell sowie aus einem in der Nachbarschaft befindlichen Haus deutlich verständliche Stimmen und Musik eines in der ersten Phase der Meßperiode betriebenen Fernsehgerätes gewesen. Der gewerbetechnische Amtssachverständige habe sodann nachstehendes Gutachten erstattet:
"Aus den nunmehr geänderten Projektsunterlagen ergibt sich, daß für die beim Haus B auftretenden Lärmeinwirkungen die Ausführung der Fenster maßgebend ist. Bei der derzeit geplanten Fensterausführung werden Schallpegelwerte um 32 dB erwartet. Auf dem Grundstück der Nachbarn N auf dem im Befund beschriebenen Meßplatz werden Schallpegelwerte um 46 dB erwartet; für diese Schallpegelwerte ist die Ausführung des Tores maßgeblich. Bei dem Wohnhaus N sind keine Lärmeinwirkungen von der geplanten Betriebsanlage (Werkstätte) zu erwarten."
Gestützt auf das Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen führte der ärztliche Amtssachverständige gutächtlich aus:
"Die ärztliche Beurteilung stützt sich auf die Berücksichtigung insbesondere folgender Punkte:
Die Größe des Betriebes, die Betriebszeiten und den Vergleich der bisherigen Geräuschsituation bei den Nachbarn mit der durch das Hinzukommen der Betriebsanlage laut den vorstehenden Berechnungen des gewerbetechnischen Amtssachverständigen zu erwartenden Geräuschsituation.
Bezüglich der Größe des Betriebes muß noch festgehalten werden, daß es sich um einen Kleinbetrieb mit einem Mindestausmaß an Geräteausstattung sowie einer Arbeitskraft handelt. Das bedeutet, daß zunächst lärmerzeugende Arbeiten, wie Schneiden, Schleifen, Fräsen und Hobeln zumindest nicht gleichzeitig stattfinden, und daß diese Arbeiten entsprechend dem Arbeitsaufkommen in einer Tischlerei auch nur einen Bruchteil der Gesamtarbeiten ausmachen werden. Dies bedeutet gleichzeitig, daß es sich um keinen Dauerlärm handelt, wodurch zumindest die Möglichkeit von Ruhepausen angenommen werden kann. Die Betriebszeiten werden vom Konsenswerber mit Montag bis Freitag 6.00 Uhr bis 21.00 Uhr und Samstag 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr angegeben. Ausdrücklich handelt es sich dabei um jene Zeiten, in denen mit sogenannten lärmerregenden Maschinen und Geräten gearbeitet wird. Nach einer Untersuchung des österreichischen Statistischen Zentralamtes begibt sich die überwiegende Mehrzahl der Österreicher um 22.00 Uhr bzw. nach 22.00 Uhr zu Bett und steht um 6.00 Uhr auf. Im konkreten Fall bedeutet das, auf die Schlafgewohnheiten des Durchschnittsbürgers abgestellt, daß einer der wesentlichsten Punkte für die Beeinträchtigung des Wohlbefindens oder einer Gesundheitsgefährdung durch die Beschränkung der Betriebszeiten auf den angegebenen Zeitraum nicht zum Tragen kommt, die Schlafphasen daher nicht gestört werden.
Zu den Lärmimmissionen bei den Nachbarn:
Aus den Berechnungen des gewerbetechnischen Amtssachverständigen ergibt sich für das Haus N keine Lärmimmission. Das heißt gleichzeitig, daß für diese keine medizinisch nachteiligen Folgen zu erwarten sind. ... Für den als Meßplatz I bezeichneten Standort, der derzeit in einem Getreideacker liegt, ergibt sich eine Schallimmission bei der im Projekt bezeichneten Torausführung von 46 dB. Zur Beurteilung dieses Wertes sei insbesondere auf folgende Punkte verwiesen: Es handelt sich bei diesem Standort ganz offensichtlich nicht um einen für ständigen Aufenthalt genützten und benützbaren Ort. Weiters liegt die zu erwartende Schallimmission von der Betriebsanlage in jenem Schallpegelbereich, der von anderen Quellen (Kfz-Verkehr, Rasenmäher, Traktorlärm etc.) an diesem Ort erzeugt wird. Verwiesen wird auch auf die bereits obenstehend erfolgten Ausführungen über die Größe des Betriebes und insbesondere die anzunehmende Dauer der Geräuschentwicklung insgesamt. Erfahrungsgemäß kann bei diesen nur kurzzeitig möglichen Einwirkungen und unter Berücksichtigung der Höhe der Lärmimmissionen eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens oder darüber hinausgehend eine Gesundheitsgefährdung beim gesunden, normal empfindenden Menschen nicht begründet werden."
Nach Ergehen des Erkenntnisses vom 20. Oktober 1987 habe der gewerbetechnische Amtssachverständige im fortgesetzten Verfahren eine mit 13. Mai 1988 datierte Äußerung abgegeben. Die darin enthaltenen Ausführungen wurden u. a. wie folgt wiedergegeben:
"Aufgrund der Aktenlage sollen in der Betriebsanlage folgende Maschinen oder Geräte verwendet werden: Furnierpresse, Bandschleifmaschine, Feinschnittsäge, kombinierte Säge-, Fräs- und Hobelmaschine und eine Ständerbohrmaschine. Hiebei muß betont werden, daß von einer Furnierpresse keine wie immer gearteten Lärmemissionen ausgehen.
Bei den übrigen Maschinen handelt es sich um solche Maschinen, die in der Regel in Tischlereien benutzt werden. Die genannten Maschinen stellen maschinelle Einrichtungen dar, deren Bedienung menschlicher Hilfe bedarf (sie sind keine wie immer automatisch bedienbaren Einrichtungen). Nachdem - wie dies auch aus dem Bezugsakt hervorgeht - lediglich nur eine Person, nämlich der Betriebsinhaber, diese Einrichtungen verwendet, kann er als Einzelperson jeweils nur eine Maschine betreiben. Irgendwelche Vorschreibungen, daß jeweils nur eine Maschine in Betrieb genommen werden kann, sind daher schon deswegen aus sachlichen Gründen nicht erforderlich."
Der Bundesminister gehe davon aus, daß infolge Behebung des Bescheides vom 6. September 1986 durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Oktober 1987 das gegenständliche Verfahren gemäß § 77 GewO 1973 nicht rechtskräftig abgeschlossen sei und daher die materiell-rechtlichen Bestimmungen der Gewerberechtsnovelle 1988 anzuwenden seien. Im Sinne dieser Bestimmungen sei vorerst zu prüfen, ob das Errichten und Betreiben der Betriebsanlage an ihrem Standort im Zeitpunkt der Entscheidung über den Genehmigungsantrag durch Rechtsvorschriften verboten sei. Wie bereits im Sachverhalt angeführt, weise das Betriebsgrundstück die Widmung "gemischtes Baugebiet" gemäß § 16 Abs. 7 OÖ ROG auf, welche laut telefonischer Auskunft der Marktgemeinde Z nach wie vor gültig sei. Gemäß § 16 Abs. 7 leg. cit. seien als gemischte Baugebiete solche Flächen vorzusehen, die für nicht wesentlich störende Betriebe, im übrigen aber nur für Bauten und Anlagen bestimmt seien, die in Wohngebieten oder in Kerngebieten (Abs. 6) errichtet werden dürfen. Ein ausdrückliches Verbot des Errichtens von Betriebsanlagen sei in dieser Bestimmung nicht ausgesprochen, die Widmung "gemischtes Baugebiet" werde vielmehr dahin definiert, daß für diese Kategorie nicht wesentlich störende Betriebe vorgesehen seien. Die Einschränkung "nicht wesentlich störend" habe die Gewerbebehörde, die als Bundesbehörde die landesrechtlichen Flächenwidmungsvorschriften nicht anzuwenden, sondern nur zu überprüfen habe, ob das Errichten oder Betreiben einer konkreten Betriebsanlage durch (anderweitige) Rechtsvorschriften ausdrücklich verboten sei, im Rahmen der Prüfung des § 77 Abs. 1, zweiter Satz, GewO 1973 nicht weiter zu untersuchen. Es sei daher im Gegensatz zum Vorbringen des Beschwerdeführers festzustellen, daß das Errichten oder Betreiben der konkreten Betriebsanlage im in Aussicht genommenen Standort nicht durch Rechtsvorschriften verboten sei. Eine darüber hinausgehende Bedeutung (insbesondere hinsichtlich der Zumutbarkeit von nicht als gesundheitsgefährdend erkannten Immissionen) hätten die Belange der Flächenwidmung nach der nunmehr geltenden Rechtslage nicht mehr. Es sei daher in weiterer Folge zu prüfen, ob durch die gegenständliche Betriebsanlage eine Gefährdung des Gewerbeinhabers sowie von Nachbarn vermieden werde und bejahendenfalls, ob die von der Betriebsanlage ausgehenden Belästigungen der Nachbarn nach dem Maßstab des § 77 Abs. 2 GewO 1973 zumutbar seien. Wie der gewerbetechnische Amtssachverständige der Behörde dritter Instanz in seinem im Rahmen der Augenscheinsverhandlung vom 14. Mai 1985 erstatteten Gutachten - in weiterer Folge vom Verwaltungsgerichtshof unbemängelt - ausgeführt habe, seien für das Wohnhaus N keine Lärmeinwirkungen von der geplanten Betriebsanlage zu erwarten. Daher habe der ärztliche Amtssachverständige schlüssig ausführen können, daß auch keinerlei Auswirkungen auf den menschlichen Organismus, nämlich weder in Form einer Gefährdung der Gesundheit noch einer Beeinträchtigung des Wohlbefindens, zu erwarten seien. Für den als Meßplatz bezeichneten Standort - ein Getreideacker und daher kein für den ständigen Aufenthalt geeigneter Ort - sei die zu erwartende Schallimmission von 46 dB auch im Bereich des Umgebungsgeräuschpegels, möge er nun durch Hundegebell, das Krähen eines Hahnes, das Gehen eines Pferdes im Schritt (44 bis 48 dB), durch das Vorbeifahren eines Traktors in 400 m Entfernung oder durch einen Rasenmäher verursacht werden (während das Vorbeifahren auf der Bezirksstraße und auf der V--Gemeindestraße höhere Schallpegel verursacht habe). Auch dazu habe der ärztliche Amtssachverständige gutächtlich ausgeführt, daß nicht mit einer Beeinträchtigung des Wohlbefindens oder einer Gefährdung der Gesundheit durch Lärmimmissionen durch die gegenständliche Betriebsanlage zu rechnen sei. Dies gelte jeweils allerdings nur für die Tagzeit, da für die Zeit nach 22.00 Uhr ein besonderer Schutz und Ruheanspruch vor Lärmimmissionen gegeben sei, zumal dies jene Zeit sei, die vom Durchschnittsmenschen (auf den die Beurteilung der Gewerbeordnung abzustellen sei) gewöhnlich zum Schlafen verwendet werde. Die mitbeteiligte Partei habe selbst angegeben, nur zur Tagzeit, jedenfalls nicht in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr, die Anlage betreiben zu wollen. Dies sei in Form einer Auflage rechtsverbindlich festgehalten worden. Zusammenfassend könne daher festgehalten werden, daß durch das Projekt der Betriebsanlage, wie es in der Betriebsbeschreibung festgehalten worden sei, bei Einhaltung der im Spruch vorgeschriebenen Auflagen eine Gefährdung der Gesundheit von Nachbarn vermieden werde und zu keinen unzumutbaren Immissionen führe.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Sie und die mitbeteiligte Partei erstatteten je eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in den durch die Gewerbeordnung 1973 bestimmten Nachbarrechten verletzt.
Er trägt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, im gegenständlichen Verfahren, in dem die Zumutbarkeit von Immissionen auf das Grundstück des Beschwerdeführers hätte geprüft werden müssen, sei nicht mit der entsprechenden Sorgfältigkeit vorgegangen werden. Auf Seite 10 des angefochtenen Bescheides werde unter anderem ausgeführt, daß der gewerbetechnische Amtssachverständige nachstehendes Gutachten erstattet habe:
"Aus den nunmehr geänderten Projektsunterlagen ergibt sich, daß für die beim Haus B auftretenden Lärmeinwirkungen die Ausführung der Fenster maßgebend ist. Bei der derzeit geplanten Fensterausführung werden Schallpegelwerte um 32 dB erwartet."
Es handle sich bei dieser Formulierung um eine sehr vorsichtige und äußerst vage Beschreibung von einem Wert, der durch nichts bewiesen sei. Darüberhinaus ergebe sich aus dem vorgelegten Bescheid, daß hinsichtlich der Ausführung der Fenster (außer hinsichtlich des Umstandes, daß sie nicht öffenbar zu sein hätten) keine genauen Auflagen vorgeschrieben worden seien. Wie der Sachverständige daher zu dem von ihm angegebenen Wert gelangt sei, erscheine nicht nachvollziehbar. Die Frage der Lärmimmissionen auf das Grundstück des Beschwerdeführers sei jedoch im Hinblick auf die §§ 74 und 77 GewO 1973 von eminenter Bedeutung. Auffällig sei nämlich, daß bei den verschiedenen Lärmmessungen Werte erzielt worden seien, die über dem letztgenannten Wert lägen. Dabei seien jedoch Lärmereignisse gemessen worden, die nur kurzfristig und teilweise nur einmalig Lärm verursachen würden. Hundegebell, das Krähen eines Hahnes, das langsame Gehen eines Pferdes seien sicher nur kurzfristige Lärmereignisse und stellten keinen Dauerlärm dar. Hingegen sei davon auszugehen, daß durch den Betrieb einer Tischlerwerkstätte selbst für den
- unwahrscheinlichen - Fall des "Ein-Mann-Betriebes" auf Grund der Benützung verschiedenster Maschinen von einem Dauerlärm auszugehen sei. Die belangte Behörde habe daher die §§ 37 ff AVG 1950 nicht richtig angewendet, da in keiner Weise gesichert erscheine, daß die Lärmemissionen aus der geplanten Tischlerwerkstätte im Wohngebiet geringer seien als die anderen naturgemäß vorhandenen Lärmereignisse. Es werde nochmals darauf verwiesen, daß der Amtssachverständige in seinem Gutachten von einer bestimmten (nicht näher definierten) Ausführung der Fenster ausgehe, diese Ausführung jedoch in keiner Weise gesichert sei. Die Behörde habe auch ihrer Begründungspflicht gemäß § 60 AVG 1950 nicht Genüge getan, weil die Ausführungen des Sachverständigen im Hinblick auf die zu erwartenden Lärmemissionen des Tischlereibetriebes äußerst unklar und unbestimmt seien.
Der Beschwerdeführer trägt weiters unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides vor, hinsichtlich der Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 sei das Ausmaß der Zumutbarkeit je nach der Lage der Betriebsanlage verschieden. Nun sei festgestellt worden, daß die Tischlerei der mitbeteiligten Partei in einem Wohngebiet errichtet werden solle. Mit der Betriebsanlage verbunden sei die Einrichtung von Maschinen, wie Furnierpresse, Bandschleifmaschine, Feinschnittsäge, kombinierte Säge-, Fräs- und Hobelmaschine sowie Ständerbohrmaschine. Es solle daher ein vollwertiger Tischlereibetrieb eingerichtet werden, wenngleich die mitbeteiligte Partei immer wieder darzustellen versucht habe, daß es sich lediglich um einen "Ein-Mann-Betrieb" handeln sollte. Aus der Tätigkeit per se ergebe sich, daß zumindest eine, wenn nicht mehrere Maschinen gleichzeitig in Tätigkeit gesetzt würden. Aus den Auflagen ergebe sich weiters, daß gewisse Tätigkeiten zwar nicht innerhalb der Betriebsgebäude, jedoch unter Umständen im Freien durchgeführt werden könnten (siehe Punkt 4. der Auflagen: Spritzlackierarbeiten; Punkt 13:
Verarbeitung von Farben mit organischen Lösungsmitteln). Es seien daher Immissionen auf dem Grundstück des Beschwerdeführers verschiedenster Natur gegeben, die über das zumutbare Maß hinausgingen. Dies selbst dann, wenn man von den Lärmpegelmessungen der belangten Behörde ausgehe und auch von den (im obigen bezweifelten Wert) von 32 dB für die Tischlereimaschinen. Wie aus Seite 7 des angefochtenen Bescheides hervorgehe, sei das Grundstück des Beschwerdeführers mit der Widmung im Flächenwidmungsplan "Wohngebiet" ausgewiesen. Es sei daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Immissionen von den tatsächlichen Verhältnissen an Ort und Stelle auszugehen. Es komme daher in erster Linie auf die Flächenwidmung an, wobei hier die tatsächlich gemessenen Grundgeräuschpegel in ihrer Wertigkeit in den Hintergrund träten. Es sei daher bei der Anwendung des § 77 Abs. 2 letzter Satz GewO 1973 grundsätzlich von der Widmung jener Liegenschaft auszugehen, von der der Nachbar seine Parteistellung ableite.
Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.
Im Grunde des § 77 Abs. 1 GewO 1973 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988) ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71 a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 1 Z. 2 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die Betriebsanlage darf nicht für einen Standort genehmigt werden, in dem das Errichten oder Betreiben der Betriebsanlage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Genehmigungsantrag durch Rechtsvorschriften verboten ist. ... Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 zumutbar sind, ist nach § 74 Abs. 2 GewO 1973 danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normalempfindendes Kind und auf einen gesunden, normalempfindenden Erwachsenen auswirken.
Die Auswirkungen der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei sind für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nur insoweit von Bedeutung, als der Beschwerdeführer selbst als Nachbar von diesen Auswirkungen betroffen ist. Nach dem in der (fortgesetzten) Augenscheinsverhandlung vor der Erstbehörde am 27. März 1984 erstatteten Einwendungsvorbringen des Beschwerdeführers betreffend befürchtete Immissionen in Form von Lärm, Staub und Geruch bezog sich die vom Beschwerdeführer erworbene Parteistellung als Nachbar auf den Bereich seiner Liegenschaft. Insoweit sich der Beschwerdeführer in der vorliegenden Beschwerde auf die Lärmeinwirkungen beim Haus B beruft, kann er somit nicht in seinen Rechten verletzt sein.
Im angefochtenen Bescheid wurde hinsichtlich des Wohnhauses des Beschwerdeführers festgestellt, es seien keine Lärmeinwirkungen von der geplanten Betriebsanlage zu erwarten. Hinsichtlich des Meßplatzes I auf dem als Getreideacker verwendeten Grundstück des Beschwerdeführers wurde festgestellt, es sei von der geplanten Betriebsanlage ein in etwa auf dem Niveau des Umgebungslärms gelegener Lärmpegel von 46 dB zu erwarten. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß die im Tatsachenbereich gelegenen Grundlagen für diese Feststellungen von der belangten Behörde nicht hinlänglich ermittelt worden wären. Maßgebend für die Errichtung und den Betrieb der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei ist die im Spruchteil A des angefochtenen Bescheides enthaltene Betriebsbeschreibung, derzufolge die an der Nordwest- und an der Südwestseite des Zubaues vorgesehenen Fenster in Zweifachverglasung mit einer Gesamtstärke von 35 mm und einer Stärke der einzelnen Scheiben von 8 mm und die zweiflügelige Holztüre an der Südostseite des Zubaues in einer Stärke von 8 cm mit einem Glaseinsatz in jedem Flügelteil in derselben Art wie die beschriebenen Fenster auszuführen sind. Es ist nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde entsprechend den vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen herangezogenen Angaben des Fenstererzeugungsunternehmens von einem mittleren Schalldämmaß von 36 dB ausging und unter Heranziehung unter anderem dieses Wertes ausgehend von dem den vorgesehenen Maschinen entsprechenden Schallpegel im Maschinenraum (siehe hiezu das den Projektsunterlagen angeschlossene "Gutachten" vom 27. Jänner 1984) errechnet wurde, welche durch die Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei verursachten Schallereignisse im Nachbarschaftsbereich des Beschwerdeführers zu erwarten seien.
Soweit die Errichtung und der Betrieb der Betriebsanlage bereits durch die Betriebsbeschreibung (Spruchteil A des angefochtenen Bescheides) vorherbestimmt ist, bedurfte es nicht der Vorschreibung von Auflagen im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1973. Der Verwaltungsgerichtshof kann entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht finden, daß die Betriebsbeschreibung hinsichtlich der Ausführung der Fenster und der Holztüre ungenau wäre und deshalb eine Ergänzung durch Vorschreibung von Auflagen bedurft hätte.
Darüber hinaus durfte die belangte Behörde davon ausgehen, daß sich bereits aus der Betriebsbeschreibung verpflichtend (siehe hiezu auch die Strafsanktion nach § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973) ergibt, daß die Betriebsanlage ausschließlich von der mitbeteiligten Partei - im Wortlaut der Betriebsbeschreibung "vom Konsenswerber (ohne mittätige Familienmitglieder und Arbeitnehmer)" - betrieben werden darf. Es ist nicht als unschlüssig zu erkennen, wenn dementsprechend im angefochtenen Bescheid eine gleichzeitige Durchführung mehrerer lärmerregender Arbeiten ausgeschlossen wurde.
Die belangte Behörde durfte ferner davon ausgehen, daß schon nach der Betriebsbeschreibung Farbspritzarbeiten nicht durchgeführt werden. Darüberhinaus ergibt sich aus der Auflage 13 (Verbot der Verarbeitung von Farben mit organischen Lösungsmitteln "im Betrieb"), daß entsprechende Arbeiten im gesamten Betriebsgelände nicht durchgeführt werden dürfen. Weder der im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführte Einreichplan, noch die dort angeführte Baubeschreibung, noch die im Spruchteil A enthaltene Betriebsbeschreibung sieht die Durchführung von Arbeiten im Freien vor. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde für derartige Arbeiten somit auch keine gewerbebehördliche Genehmigung erteilt.
Nach der für die Prüfung des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf den Zeitpunkt seiner Erlassung maßgebenden Rechtslage waren hinsichtlich der Frage der Zumutbarkeit von Belästigungen die für die Widmung der Liegenschaften maßgebenden Vorschriften nicht zu berücksichtigen. Die betreffende Regelung der früheren Fassung des § 77 Abs. 2 GewO 1973 ist im Hinblick auf das Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1988 mit 1. Jänner 1989 außer Kraft getreten.
Aus den dargelegten Gründen ist die von der belangten Behörde getroffene Feststellung, daß von der geplanten Betriebsanlage im Bereich des Wohnhauses des Beschwerdeführers keine Lärmeinwirkungen, auf dem als Getreideacker verwendeten Grundstück hingegen ein in etwa auf dem Niveau des Umgebungslärms gelegener Lärmpegel von 46 dB zu erwarten sei, nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die Auffassung der belangten Behörde, es handle sich gemessen an den Tatbestandsmerkmalen des § 77 GewO 1973 nicht um über ein zumutbares Maß hinausgehende Lärmeinwirkungen, ist nicht rechtswidrig.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel SachverständigenbeweisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989040275.X00Im RIS seit
29.05.1990