TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/29 90/14/0039

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Veröffentlicht am 29.05.1990
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Index

20/08 Urheberrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §38 Abs4;
UrhG §14 Abs2;
UrhG §24;
UrhG §33 Abs1;
UrhG §5;

Betreff

N gegen Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat III) vom 28. Dezember 1989, Zl. 1/29/4-BK/Hd-1989, betreffend Einkommensteuer für 1987:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid hat der Beschwerdeführer als Architekt Planungsarbeiten (Vorentwurf und Entwurf) zu einem Bauwerk für einen Auftraggeber geleistet und diesem das Recht eingeräumt, diese Planung selbst oder durch Dritte weiterbearbeiten zu lassen. Für die urheberrechtlich geschützte Leistung des Entwurfs erhielt er vom Auftraggeber ein Honorar von S 80.000,--. Dieser Betrag war für die eigentümliche geistige Schöpfung auf dem Gebiet der Baukunst bei Beachtung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise dem wahren wirtschaftlichen Gehalt entsprechend.

Der Beschwerdeführer begehrte für diesen Betrag die Anwendung des Hälftesteuersatzes gemäß § 37 Abs. 1 und § 38 Abs. 4 EStG 1972.

Die belangte Behörde versagte mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid diese Begünstigung nur deshalb, weil der Auftraggeber oder Dritte die Vervielfältigung "nicht ohne weitere Bearbeitung" vornehmen habe können. Die unterschiedlichen geographischen Lagen, Geländegegebenheiten, Zufahrtsmöglichkeiten etc. erlaubten es nicht, die Bauwerke "exakt" nach dem vom Beschwerdeführer erstellten Plan auszuführen. Wegen der Unmöglichkeit der exakten Verbreitung des Planes, d.h. ohne weitere Bearbeitung, könne nicht von einer Verbreitung im Sinne des § 16 UrhG und daher auch nicht von der Einräumung eines Werknutzungsrechtes im Sinne des § 24 UrhG gesprochen werden. Der Hälftesteuersatz sei deshalb nicht anwendbar.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid, wie der Gesamtheit des Beschwerdevorbringens zu entnehmen ist, in seinem Recht auf Anwendung des Hälftesteuersatzes auf die erwähnten Einkünfte des Streitjahres verletzt. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb die Bescheidaufhebung.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem Beschwerdeführer ist darin beizupflichten, daß die

belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat:

Das Vervielfältigungsrecht umfaßt bei Plänen und Entwürfen zu Werken der bildenden Künste, zu denen gemäß § 3 Abs. 1 UrhG auch die Baukunst zählt, gemäß § 15 Abs. 4 UrhG auch das ausschließliche Recht, das Werk danach auszuführen (ein Werk der Baukunst nach einem Plan oder Entwurf auszuführen oder ein solches Werk nachzubauen, ist gemäß § 42 Abs. 4 UrhG stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig). Dieses Vervielfältigungsrecht des Urhebers erstreckt sich auch auf Bearbeitungen seines Werkes, weil gemäß § 14 Abs. 2 UrhG der Urheber einer Bearbeitung diese auf die ihm vorbehaltene Art nur verwerten darf, soweit ihm der Urheber des bearbeiteten Werkes das ausschließliche Recht dazu erteilt hat. Der Urheber kann demnach nicht nur verbieten, daß andere das Werk in seiner ursprünglichen Gestalt vervielfältigen, gewerbsmäßig verbreiten usw., er kann vielmehr die entsprechende Benutzung der Bearbeitung untersagen. Das gilt auch für Benutzungsarten, die für das Werk in seiner ursprünglichen Gestalt nicht in Frage kommen (vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 154; Rintelen, Urheberrecht und Urhebervertragsrecht, 81). Auch das sogenannte Bearbeitungsrecht im Sinne des § 14 Abs. 2 UrhG zählt daher zu den Verwertungsrechten.

Nach der Auslegungsregel des § 33 Abs. 1 UrhG bezieht sich die Gewährung des Rechtes, ein Werk zu benutzen, nicht auf Bearbeitungen. Im vorliegenden Fall kann ausgehend von dem von der belangten Behörde festgestellten und gemäß § 41 Abs. 1 VwGG für den Verwaltungsgerichtshof maßgeblichen Sachverhalt aber kein Zweifel daran bestehen, daß die Einräumung der Rechte durch den Beschwerdeführer an den Auftraggeber auch die Bearbeitung seines Werkes umfaßte.

Die belangte Behörde durfte daher die Frage, ob die Verwertung eines Urheberrechtes im Sinne des § 38 Abs. 4 EStG 1972 vorliegt, nicht deshalb verneinen, weil die Verwertung aus den von ihr angeführten Gründen nur in Form von Bearbeitungen und nicht in exakter Ausführung der Pläne und Entwürfe des Beschwerdeführers möglich gewesen sei.

Der Beschwerdeführer wird daher durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des Beschwerdepunktes in seinen Rechten verletzt, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zur Aufhebung dieses Bescheides führen mußte.

Bei diesem Ergebnis hatte sich der Gerichtshof mit der Frage nicht auseinanderzusetzen, wie sich diese Einkünfte von den übrigen Einkünften des Beschwerdeführers unterscheiden und ob daher Nebeneinkünfte im Sinne des § 38 Abs. 4 EStG 1972 erzielt wurden.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206. Gemäß § 59 VwGG konnte ein den Antrag übersteigender Schriftsatzaufwand nicht zuerkannt werden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990140039.X00

Im RIS seit

29.05.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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