TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/29 88/04/0352

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Veröffentlicht am 29.05.1990
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §1 Abs2;
GewO 1973 §1 Abs5;

Betreff

N gegen Landeshauptmann von Tirol vom 9. November 1988, Zl. IIa-20.202/1, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973,

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck sprach mit Bescheid vom 25. Mai 1988 aus, daß die Beschwerdeführerin es als Obfrau des Vereines "A" zu verantworten habe, daß durch den genannten Verein in der Zeit vom 1. Oktober 1986 bis 10. November 1987 in Innsbruck,das konzessionierte Gastgewerbe in der Betriebsart Cafehaus ausgeübt worden sei, ohne daß der genannte Verein über eine hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung im Sinne des § 189 Abs. 1 Z. 2 bis 4 GewO 1973 verfügt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 189 Abs. 1 Z. 2 bis 4 GewO 1973 begangen habe. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- (Ersatzarreststrafe drei Tage) verhängt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, auf Grund der Ausführungen im Bericht des Städtischen Erhebungsamtes vom 14. August 1987 sowie auf Grund der Ausführungen der Beschwerdeführerin anläßlich ihrer Einvernahme am 26. Jänner 1988 stehe unbestritten fest, daß durch den gegenständlichen Verein während der im Spruch angeführten Zeit in Innsbruck, der Ausschank von Getränken gegen Entgelt stattgefunden habe, und daß dieser Ausschank auf Name, Rechnung und Gefahr des in Rede stehenden Vereines stattgefunden habe. Der Rechtfertigung der Beschwerdeführerin dahingehend, daß die gegenständliche Tätigkeit nicht auf Gewinn gerichtet gewesen sei, sei entgegenzuhalten, daß gemäß § 1 Abs. 5 GewO 1973 die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, auch dann vorliege, wenn der Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteile den Mitgliedern einer Personenvereinigung zufließen solle. Wie die Beschwerdeführerin selbst angebe und auch aus den von ihr zur Verfügung gestellten Buchhaltungsunterlagen hervorgehe, seien durch die in Rede stehende Tätigkeit auch tatsächlich Erträge erzielt und es seien diese Erträge zur Deckung der mit der Erreichung des Vereinszweckes verbundenen Unkosten verwendet worden und somit zumindest mittelbar den Mitgliedern des Vereines zugute gekommen. In Anbetracht dieser Erwägungen sei die gegenständliche Tätigkeit durch den Verein gewerbsmäßig ausgeübt und habe es daher die Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft als Obfrau desselben den ihr angelasteten Tatbestand der unbefugten Gewerbeausübung in objektiver Hinsicht verwirklicht, da der gegenständliche Verein über keine Gastgewerbekonzession verfüge.

Der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Tirol mit Bescheid vom 9. November 1988 keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, im Hinblick auf die Bestimmung des § 1 Abs. 5 GewO 1973 sei es - unabhängig davon, ob es sich bei dem von der Beschwerdeführerin geführten Verein nun um eine Personenvereinigung im Sinne des Abs. 5 dieser Gesetzesstelle handle - für die Beurteilung der Gewerbsmäßigkeit der der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Tätigkeit ohne Bedeutung, ob nur Mitgliedern der Zutritt zum Klublokal möglich sei. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die Gewerbsmäßigkeit selbst dann nicht zu verneinen, wenn ein Verein die Tätigkeit auf seine Mitglieder beschränke. Desgleichen komme es bei der Beurteilung der Frage, ob die von einem Verein entfaltete Tätigkeit der Gewerbeordnung unterliege, nicht darauf an, ob diese Tätigkeit allenfalls mit dem in den Vereinsstatuten festgelegten Vereinszweck übereinstimme. Die fragliche Tätigkeit sei von der Erstbehörde zutreffend dem Gewerbebegriff des § 1 Abs. 2 GewO 1973 unterstellt worden. Das Berufungsvorbringen stehe dieser Rechtsansicht nicht entgegen, vielmehr werde bestätigt, daß Getränke gegen Entgelt ("freiwillige Spende") verabreicht würden und daß eine Gewinnabsicht (positive Vereinskasse) bestehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in dem gesetzlich gewährleisteten Recht, entgegen der Bestimmung des § 366 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 189 Abs. 1 Z. 2 bis 4 GewO 1973 nicht bestraft zu werden, sowie auf fehlerfreie Handhabung des bei der Festlegung der Strafe auszuübenden Ermessens gemäß § 19 VStG 1950 verletzt". Die Beschwerdeführerin bringt in Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, die Beschwerdeführerin habe im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens und auch in ihrer Berufungsschrift darauf hingewiesen, daß im konkreten Fall nur vereinsbezogene Tätigkeiten gepflogen worden seien und daß keine auf Gewinn oder sonstigen Ertrag gerichtete Absicht des Vereins vorliege. Deshalb wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, von Amts wegen entsprechende sach- und zweckdienliche Erhebungen durchzuführen, weil das Ergebnis des bislang vorliegenden Beweisverfahrens nicht ausreiche, um eine derartig von der belangten Behörde vorgenommene Entscheidung zu begründen. Die belangte Behörde hätte genaue Erhebungen, wie insbesondere Vorladung und Befragung von Zeugen und auch von Vereinsmitgliedern durchführen müssen, um ein umfassendes tatsächliches Bild zu bekommen. Der angefochtene Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil die belangte Behörde nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens die der Beschwerdeführerin zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht als erwiesen hätte annehmen dürfen. Die belangte Behörde führe zur Begründung ihrer Rechtsansicht lediglich einen Rechtssatz des Verwaltungsgerichtshofes an, doch sei dieser auf den gegenständlichen Sachverhalt nicht anzuwenden, weil die Beschwerdeführerin zwar in den Vereinsräumlichkeiten Getränke ausschenke, doch jedenfalls nicht in der Absicht, hier einen Umsatz bzw. Gewinn oder sonstigen Ertrag zu erzielen, sondern - da ja auch für einen Verein Getränkesteuer zu zahlen sei - um den regelmäßigen Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können. Außerdem würden regelmäßig Vereinsveranstaltungen geführt, welche ebenfalls finanziell zum Teil recht aufwendig seien. Ohne die Einholung von Spenden der Mitglieder wäre die Beschwerdeführerin als Obfrau des Vereines nicht in der Lage, vereinsbezogene Tätigkeiten durchzuführen. Auch ein Verein hätte gewisse kaufmännische Gesichtspunkte zu beachten. Es sei nicht so, daß jeder Verein von vornherein sämtliche Leistungen gratis zu erbringen habe. Im konkreten Fall würden die "getätigten" Leistungen der Mitglieder nur erbracht, um den Verein "finanziell über die Runden zu bringen". Die Leistungen stellten sich im wesentlichen so dar, daß Spenden bezahlt würden, daß für die allfällig ausgeschenkten Getränke eben Aufwendungsbeiträge kassiert würden. Dies sei auch in den Vereinsstatuten enthalten. Schon gar nicht werde die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr der Beschwerdeführerin ausgeführt und es erzielten auch sonstige Vereinsmitglieder überhaupt keinen Gewinn, noch würden finanzielle Mittel an Vereinsmitglieder ausgeschüttet. Völlig lebensfremd sei die Begründung des angefochtenen Bescheides, daß durch die "freiwillige Spende" die Entgeltlichkeit vorliege und daß die Gewinnabsicht dokumentiert werde durch eine "positive Vereinskasse". Schließlich habe die belangte Behörde auch das ihr gemäß § 19 VStG 1950 zustehende Ermessen bei der Festsetzung der Strafe rechtswidrig ausgeübt.

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z. 2) ohne die erforderliche Konzession ausübt.

Nach § 1 Abs. 1 GewO 1973 gilt dieses Bundesgesetz, soweit nicht die §§ 2 bis 4 anderes bestimmen, für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.

Gemäß § 1 Abs. 2 leg. cit. - in der hier anzuwendenden Fassung VOR der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, - wird eine Tätigkeit dann gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke diese bestimmt ist. Nach Abs. 5 dieses Paragraphen liegt die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, auch dann vor, wenn der Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil den Mitgliedern einer Personenvereinigung zufließen soll.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang bereits in seinem Erkenntnis vom 24. März 1976, Slg. N. F. Nr. 9023/A, dargetan hat, erweist "Entgelt" allein noch nicht, daß mit der Betätigung ein Ertrag oder sonstiger wirtschaftlicher Vorteil herbeigeführt werden soll, daß die Betätigung also in Gewinnabsicht unternommen wird. Im besonderen wird das dann nicht zutreffen, wenn durch das Entgelt nur die - damit im Zusammenhang stehenden - Unkosten ganz oder lediglich zum Teil gedeckt werden sollen. Ob die dieser Absicht der Kostendeckung dienende Gebarung eine kaufmännische ist, ist in diesem Zusammenhang bedeutungslos.

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. Februar 1980, Slg. N. F. Nr. 10.048/A, dargetan, daß bei der Beurteilung der Frage, ob die von einem nach dem Vereinsgesetz 1951 konstituierten Verein entfaltete Tätigkeit der Gewerbeordnung unterliegt, es nicht darauf ankommt, inwieweit der Verein nach dem Vereinsgesetz und nach seinen Statuten befugt ist, Tätigkeiten in der Absicht auszuüben, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, sondern darauf, inwieweit eine solche Absicht tatsächlich besteht. Ist die Gebarung eines derartigen Vereines mit dem Bemühen verbunden, Auslagen gering zu halten oder unter Umständen zu vermeiden und im übrigen dahin ausgerichtet, Einnahmen durch Leistungen der Mitglieder oder durch Spenden lediglich in der Höhe der aus der Verwirklichung der ideellen Vereinszwecke zwangsläufig erwachsenden Auslagen zu erzielen, so handelt es sich um ein Bestreben, welches von der Absicht, "einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen", zu unterscheiden ist. Wenn daher auch bei einem Sachverhalt wie im letztangeführten Fall schon allein aus den angeführten Gründen eine "Gewinnerzielungsabsicht" überhaupt nicht in Betracht kommt, so kann aber nicht daraus geschlossen werden, daß etwa beim Fehlen des Merkmales "Deckung für die aus der Verwirklichung des ideellen Vereinszweckes zwangsläufig erwachsenden Auslagen zu erzielen", ohne weitere Prüfung vom Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht und somit einer gewerblichen Tätigkeit eines Vereines im Sinne des § 1 GewO 1973 auszugehen ist. Ungeachtet dessen mangelt danach aber auch nicht jeder Tätigkeit, deren Erträgnisse der Verminderung des Gesamtaufwandes eines Vereines dienen, schon etwa allein im Hinblick auf diese Eigenschaft die Gewerbsmäßigkeit (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. März 1983, Zl. 82/04/0160, u. a.).

Der belangten Behörde ist zwar darin beizupflichten, der Umstand, daß nur Mitglieder im Sinne der Vereinsstatuten den Ausschank von Getränken in Anspruch nehmen können, sei im Hinblick auf eine Absicht, einen Ertrag (oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil) zu erzielen, nicht geeignet, die Gewerbsmäßigkeit auszuschließen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Dezember 1983, Zl. 83/04/0189, und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung). Es erweist sich indes im Hinblick auf die oben dargestellte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides, dessen Begründung von der belangten Behörde übernommen wurde, dargestellte Ansicht als rechtswidrig, mit welcher sie die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, allein mit dem Argument bejahte, durch die in Rede stehende Tätigkeit seien tatsächlich Erträge erzielt worden und diese Erträge seien "zur Deckung der mit der Erreichung des Vereinszweckes verbundenen Unkosten verwendet worden und somit mittelbar den Mitgliedern des Vereines zugute gekommen".

Der angefochtene Bescheid ist daher schon aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung zu führen hatte, ohne daß es einer Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen bedurfte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Stempelgebührenersatz für nicht erforderliche Beilagen war nicht zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1988040352.X00

Im RIS seit

29.05.1990

Zuletzt aktualisiert am

28.06.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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