TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/30 90/01/0078

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Veröffentlicht am 30.05.1990
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

F gegen Bundesminister für Inneres vom 24. Jänner 1990, Zl. 288.769/2-III/13/90, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge erhob der Beschwerdeführer, ein tschechoslowakischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 28. Dezember 1989, mit dem festgestellt worden war, beim Beschwerdeführer lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ab und führte begründend aus, der Beschwerdeführer habe bei seiner niederschriftlichen Befragung durch die Sicherheitsbehörde als Gründe für sein Asylansuchen angegeben, er sei im Jahre 1978 von der Staatspolizei verhört worden, weil er in seiner Jugend an der Gründung einer Bewegung gegen ungerechte Behandlung mitgewirkt habe. Er sei aber weder bestraft noch politisch verfolgt worden. In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid habe der Beschwerdeführer sein Vorbringen dahin ergänzt, daß er wegen Kontakten zu Personen der Charta 77 oft von der Polizei verhört worden sei. Weil der Beschwerdeführer sich geweigert habe, der Polizei Informationen zu geben, habe man ihm seinen Reisepaß entzogen. Trotz der Änderungen in seinem Heimatland sei eine Verbesserung der Lebensbedingungen nicht gewährleistet, weil viele Politiker des alten Regimes noch Funktionen bekleideten. Dieses Vorbringen wertete die belangte Behörde als unglaubwürdig, weil Asylwerber erfahrungsgemäß bei ihrer ersten Einvernahme der Wahrheit am nächsten kommende Angaben machten und der Beschwerdeführer bei dieser Gelegenheit keine konkreten Verfolgungshandlungen habe nennen können und ausdrücklich angegeben habe, keinen Verfolgungen ausgesetzt gewesen zu sein. Angesichts der im Heimatland des Beschwerdeführers erfolgten politischen Änderungen bestehe kein Anlaß an den Angaben des Beschwerdeführers vor der Behörde erster Instanz zu zweifeln. Wohlbegründete Furcht liege aber nicht vor, wenn zwar der Wunsch des Asylwerbers nach Leben in Freiheit bestehe, er aber keiner konkreten Verfolgung ausgesetzt gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und auf ein gesetzmäßiges Asylverfahren verletzt. Insbesondere habe es die belangte Behörde unterlassen, sich von der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers durch eine persönliche Einvernahme zu überzeugen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126/1968, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Asylgesetz), in der Fassung BGBl. Nr. 796/1974, ist ein Fremder Flüchtling im Sinne dieses Bundesgesetzes, wenn nach dessen Bestimmungen festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, unter Bedachtnahme auf das Protokoll, BGBl. Nr. 78/1974, erfüllt und daß bei ihm kein Ausschließungsgrund nach Art. 1 Abschnitt C oder F dieser Konvention vorliegt. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Konvention bestimmt, daß als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Der belangten Behörde ist beizupflichten, wenn sie die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Argumente nicht als Verfolgung im Sinne der Genfer Konvention gewertet hat. Vielmehr stellten derartige Schwierigkeiten im Heimatland des Beschwerdeführers Unbillen dar, denen weite Bevölkerungsschichten und insbesondere Nichtmitglieder der kommunistischen Partei ausgesetzt waren. In Anbetracht der bereits im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides eingetretenen tiefgreifenden politischen Änderungen im Heimatland des Beschwerdeführers kann der belangten Behörde aber auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Vorbringen des Beschwerdeführers auch deshalb als für die Aufzeigung eines tauglichen Asylgrundes nicht geeignet angesehen hat, weil nunmehr Benachteiligungen wegen eines Naheverhältnisses zu Personen der Charta 77 als ausgeschlossen gelten können. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde nicht ihn selbst, sondern die über sein erstinstanzliches Vorbringen hinausgehenden Angaben als nicht glaubwürdig angesehen. Zur Prüfung der Glaubwürdigkeit in dieser Hinsicht bedurfte es aber keiner weiteren persönlichen Einvernahme des Beschwerdeführers.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990010078.X00

Im RIS seit

30.05.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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