TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/30 90/01/0028

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Veröffentlicht am 30.05.1990
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Index

L46109 Tierhaltung Wien;

Norm

TierschutzG Wr 1987 §15 Abs3 Z3;

Betreff

P gegen Wiener Landesregierung vom 3. November 1989, Zl. MA 58-P 5/88/Str, betreffend Bestrafung nach dem Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetz

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Kriegsinvalidenrentner, war bis 14. Juli 1988 gewerberechtlich befugter Tierhändler. Die Gewerberechtigungen zum Kleinhandel mit Kleintieren wurden dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 28. Juni 1988 entzogen. Dieser Bescheid ist am 14. Juli 1988 in Rechtskraft erwachsen.

Mit Straferkenntnis vom 24. Oktober 1988 sprach das Magistratische Bezirksamt für den 6./7. Bezirk gegen den Beschwerdeführer aus:

"Sie haben am 18.6.1988 in Wien X, Weingarten, im Freien Giftschlangen, nämlich eine Puffotter (Länge ca. 50 cm, Dicke ca. 5 cm) in einem Käfig - bestehend aus einem äußerst schadhaften Holzrahmen mit Glasseitenteilen in der Größe von ca. 80 x 40 x 60 cm - der mit einem Vorhängeschloß versehen war, und eine Sandviper in einem aus einem Metallrahmen bestehenden Käfig mit Glasseitenteilen, der nicht gesichert bzw. versperrt war, gehalten, obwohl das Halten von diesen gefährlichen Wildtieren aus Gründen der Sicherheit im Gebiet der Stadt Wien verboten ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 28 Abs. 2 Z. 6 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes (LGBl. für Wien Nr. 39/1987) in Verbindung mit § 3 der

1. Wiener Tierschutz- und Tierhalteverordnung (LGBl. für Wien Nr. 48/1987).

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende

Strafe verhängt:

......

Die beschlagnahmte Sandviper wird gemäß § 29 Abs. 2 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes für verfallen erklärt."

Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde über Berufung des Beschwerdeführers den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 mit der Maßgabe, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wie folgt zu lauten hat:

"Der Beschuldigte Herr P hat am 18. Juni 1988 in Wien X, Weingarten, im Freien Giftschlangen, und zwar eine Puffotter und eine Sandviper gehalten, obwohl das Halten von diesen gefährlichen Wildtieren aus Gründen der Sicherheit im Gebiet der Stadt Wien verboten ist und hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 2 Z. 6 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes, LGBl. für Wien Nr. 39/1987, in Verbindung mit § 3 der 1. Wiener Tierschutz- und Tierhalteverordnung, LGBl. für Wien Nr. 48/1987, begangen.

........

Die beschlagnahmte Sandviper wird gemäß § 29 Abs. 1 des zitierten Gesetzes für verfallen erklärt."

Dazu führte die belangte Behörde begründend im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe vorgebracht, er sei als Tierhändler befugt, Giftschlangen zu halten. Unbefugte hätten zum Weingarten keinen Zutritt. Die Anzeige wegen Verdachtes nach § 88 StGB sei von der Staatsanwaltschaft am 30. August 1988 zurückgelegt worden. Bei den Schlagen des Beschwerdeführers handle es sich um Giftschlangen, die zufolge § 3 der ersten Wiener Tierschutz- und Tierhalteverordnung als gefährlich im Sinn des § 16 Abs. 2 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes anzusehen seien. Die Haltung solcher gefährlicher Wildtiere sei gemäß § 16 Abs. 1 leg. cit. ausgenommen der im § 15 Abs. 3 Z. 1 bis 7 genannten Personen und Einrichtungen verboten und als Verwaltungsübertretung mit Strafe bedroht. Der Beschwerdeführer sei zwar zur Tatzeit berechtigt gewesen, das Gewerbe "Kleinhandel mit Kleintieren, Tierfutter und Utensilien zur Wartung von Kleintieren sowie mit Sämereien, Pflanzen, Düngemittel und Blumenerde mit Ausnahme von Kunstdünger" im Standort Wien Y, sowie das Gewerbe "Kleinhandel mit Kleintieren, Tierfutter und Utensilien zur Wartung von Kleintieren" im Standort Wien Z auszuüben. Der Beschwerdeführer habe jedoch Ende 1981 sein Geschäft in Wien Y aufgegeben und die diesbezügliche Gewerbeberechtigung ruhen gelassen. Die Wiederbetriebsmeldung eines Kleinhandels mit Kleintieren ab 1. April 1983 mit Verlegung des Standortes von Wien Y nach Wien V sei vom Beschwerdeführer bei der Kammer der gewerblichen Wirtschaft, Sektion Handel am 14. April 1983 erstattet worden. Die Verlegung des Betriebes sei jedoch mit Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den 6./7. Bezirk vom 29. April 1985 untersagt worden.

Rechtlich vertrat die belangte Behörde die Auffassung, daß die Haltung von gefährlichen Tieren außerhalb der Betriebsstandorte Y und Z jedenfalls im Rahmen der Gewerbeausübung (z.B. Lager) erfolgen müsse. Vor der Behörde erster Instanz habe der Beschwerdeführer am 22. Juni 1988 erklärt, daß er die beiden Giftschlangen zu rein privaten Zwecken zur Tatzeit in seinem Weingarten gehalten habe. Da es sich bei der Haltung der Giftschlangen im Weingarten somit nicht um eine "Haltung im Zusammenhang mit der Gewerbeausübung" handle, sei der Beschwerdeführer "im Anlaßfall" nicht als befugter Tierhändler anzusehen. Die zitierte Ausnahmebestimmung des Gesetzes habe daher nicht zur Anwendung zu kommen.

Zur subjektiven Tatseite wird in der Bescheidbegründung ausgeführt, der Beschwerdeführer habe keine tauglichen Entschuldigungsgründe dartun können. Da die Voraussetzungen für den Verfall nach § 17 VStG 1950 vorlägen, sei der diesbezügliche Ausspruch der Behörde erster Instanz rechtmäßig. Die Abänderung des Spruches sei erfolgt, um die Tat und die Strafsanktionsnorm zu präzisieren.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Abstandnahme von der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG erwogen:

Gemäß § 28 Abs. 2 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes, LGBl. Nr. 39/1987, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen, wer den Bestimmungen des III. Abschnittes über die Tierhaltung und den darauf gegründeten Verordnungen und Bescheiden zuwiderhandelt, und zwar insbesondere Z. 6 § 16 Abs. 1 und 2 (Haltung von gefährlichen Tieren).

Gemäß § 29 Abs. 1 dieses Gesetzes können bei Übertretungen u. a. in den Fällen des § 28 Abs. 2 Z. 5 und 6 Tiere, auf die sich das strafbare Verhalten bezogen hat, unter den Voraussetzungen des § 17 VStG 1950 für verfallen erklärt werden.

Gemäß § 16 Abs. 1 des Gesetzes ist das Halten von Wildtieren aus Gründen der Sicherheit verboten.

Nach Absatz 2 dieser Vorschrift hat die Landesregierung durch Verordnung zu bestimmen, welche Wildtiere wegen der von ihnen ausgehenden Gefahren für die körperliche Sicherheit von Menschen als gefährlich anzusehen sind.

Nach § 3 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 15. Dezember 1987 über ein Verbot der Haltung bestimmter Tierarten (1. Wiener Tierschutz- und Tierhalteverordnung), LGBl. Nr. 48, sind als gefährlich im Sinne des § 16 Abs. 2 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes anzusehen: "..... Giftschlangen, alle Arten ....."

Das Verbot der Haltung von gefährlichen Tieren nach § 16 des zitierten Gesetzes gilt gemäß Absatz 3 nicht für die im § 15 Abs. 3 Z. 1 bis 7 genannten Personen und Einrichtungen. Nach § 15 Abs. 3 Z. 3 gilt das Verbot der Haltung von Wildtieren nicht für befugte Tierhändler.

Der Beschwerdeführer war nach den Feststellungen der belangten Behörde bis zur Entziehung der Gewerbeberechtigung mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 28. Juni 1988, der am 14. Juli 1988 in Rechtskraft erwachsen ist, befugter Tierhändler. Daraus folgt bereits, daß auf ihn zur Tatzeit noch die genannte Ausnahmebestimmung des § 16 Abs. 3 in Verbindung mit § 15 Abs. 3 Z. 3 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes anzuwenden war.

Die von der belangten Behörde vertretene Rechtsmeinung, die Anwendung dieser Ausnahmevorschrift setze voraus, die Haltung von gefährlichen Tieren müsse örtlich im Rahmen der Gewerbeausübung erfolgen, findet im Gesetz keine Stütze. Da Strafbestimmungen grundsätzlich nicht ausdehnend auszulegen sind, kann weder aus der Tatsache, daß der Beschwerdeführer selbst diese Tiere für private Zwecke gehalten hat, noch aus der Art der Haltung der Vorwurf eines objektiv verwaltungsstrafrechtlich erfaßten Tatbestandes aufrecht erhalten werden.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, mußte der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwanderssatz beruht auf §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990010028.X00

Im RIS seit

30.05.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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