TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/30 89/01/0118

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Veröffentlicht am 30.05.1990
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Index

L37129 Benützungsabgabe Gebrauchsabgabe Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

GebrauchsabgabeG Wr 1966 §1 Abs1 idF 1982/013;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §1 Abs2 idF 1982/013;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §16 Abs2 idF 1982/013;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 TPA7 idF 1982/013;
VStG §44a litb;
VStG §44a Z2 impl;

Betreff

R gegen Wiener Landesregierung vom 5. Jänner 1989, Zl. MDR-R2/88/Str, betreffend Übertretung des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.470,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsbescheid bestätigte die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz vom 21. Dezember 1987 und legte der Beschwerdeführerin als Berufungswerberin gemäß § 64 Abs. 2 VStG 1950 einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 150,-- auf.

Das erstinstanzliche Straferkenntnis hatte gelautet:

"Sie haben vom 17. September 1986 bis 8. Oktober 1986 durch einen Pkw, Marke X, ohne behördliches Kennzeichen, den öffentlichen Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, vor der Liegenschaft in Wien 18, Y-Gasse 2, ohne Gebrauchserlaubnis benützt.

Sie habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 2 des Gebrauchsabgabegesetzes vom 8. Juli 1966 LGBl. für Wien Nr. 20 in der derzeit geltenden Fassung.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie gemäß § 16 Abs. 2 des zitierten Gesetzes eine Geldstrafe von S 1.500,-- verhängt, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von 52 Stunden.

Ferner haben Sie gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 150,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d. s. 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 1.650,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG)."

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde zunächst wörtlich folgendes aus:

"Nach § 16 Abs. 2 des Gebrauchsabgabegesetzes 1966, LGBl. für Wien Nr. 20, sind Übertretungen der Gebote und Verbote dieses Gesetzes, in denen keine Handlung oder Unterlassung liegt, durch welche die Abgabe verkürzt oder der Verkürzung ausgesetzt wird, als Verwaltungsübertretung mit Geld bis zu S 30.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu einem Monat zu bestrafen.

Als solche Übertretung gilt auch die Abstellung eines kennzeichenlosen Fahrzeuges ohne erforderliche Gebrauchserlaubnis, wenn eine solche Erlaubnis im Hinblick auf einen Versagungsgrund gar nicht erteilt werden könnte und somit eine Abgabe weder verkürzt noch der Verkürzung ausgesetzt wurde."

In der Sache selbst lastete die belangte Behörde der Beschwerdeführerin im wesentlichen an, daß ihr das auf öffentlichem Gemeindegrund ohne Gebrauchserlaubnis abgestellte Fahrzeug zur Tatzeit faktisch zur Verfügung gestanden sei. Sie hätte auch damit rechnen müssen, daß mangels Versicherungsleistung die Kennzeichen des Fahrzeuges eingezogen würden. Sie sei nach Entfernung der Kennzeichen, wovon sie unverzüglich Kenntnis erlangt habe, untätig geblieben. Es sei ihr zumutbar gewesen, das Fahrzeug auf einen Privatgrund abtransportieren zu lassen. Die Beschwerdeführerin habe daher die ihr angelastete Verwaltungsübertretung "als Täterin im Sinne des § 5 VStG 1950 zu gewärtigen".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf, nicht nach § 1 Abs. 1 und § 16 Abs. 2 Wiener Gebrauchsabgabegesetz bestraft zu werden, beschwert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1 Abs. 1 des Gebrauchsabgabegesetzes 1966, LGBl. für Wien Nr. 20, in der Fassung der Novelle LGBl. für Wien Nr. 13/1982 lautet:

"Für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich des Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes ist vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn der Gebrauch über die widmungsmäßigen Zwecke dieser Fläche hinausgehen soll."

§ 1 Abs. 2 leg. cit. bestimmt:

"Die im angeschlossenen Tarif angegebenen Arten des Gebrauches von öffentlichem Gemeindegrund (Abs. 1) gehen über die widmungsmäßigen Zwecke hinaus."

Der zitierte Tarif (idF LGBl. für Wien Nr. 13/1982) bestimmt in seinem Abschnitt AZ 7:

"Für die Abstellung von Fahrzeugen ohne Kennzeichen sowie für länger als eine Woche dauernde Abstellung von fahrunfähigen Fahrzeugen je Fahrzeug und je begonnenem Monat 1.000 S."

§ 16 Abs. 2 des Gebrauchsabgabegesetzes 1966 idF der Novelle LGBl. für Wien Nr. 13/1982 lautete:

"Übertretungen der Gebote und Verbote dieses Gesetzes, in denen keine Handlung oder Unterlassung liegt, durch welche die Abgabe verkürzt oder der Verkürzung ausgesetzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geld bis S 30.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu einem Monat, zu bestrafen. Als solche Übertretungen gelten insbesondere die Nichteinhaltung von gemäß § 2 Abs. 2 auferlegten Verpflichtungen oder die Nichterfüllung einer Verpflichtung gemäß § 5 oder § 6."

Die Novelle des Gebrauchsabgabegesetzes vom 3. September 1987 LGBl. Nr. 41, ausgegeben am 6. November 1987,

gab dem § 16 Abs. 2 leg. cit. folgende Fassung:

"Die widmungswidrige Benützung von öffentlichem Gemeindegrund ohne Gebrauchserlaubnis durch

a) das Abstellen von Fahrzeugen ohne Kennzeichen ... ist als Verwaltungsübertretung mit Geldstrafe von S 1.000,-- bis S 50.000,-- zu bestrafen."

§ 1 VStG 1950 lautet:

"(1) Als Verwaltungsübertretung kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafen bedroht war.

(2) Die Strafe richtet sich nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre."

Gemäß § 44a lit. b VStG 1950 hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten.

Die belangte Behörde hat im Spruch des angefochtenen Bescheides (ebenso wie die Behörde erster Instanz) den der Beschwerdeführerin angelasteten Straftatbestand lediglich mit "§ 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 2 des Gebrauchsabgabegesetzes vom 8. Juli 1966 LGBl. für Wien Nr. 20 in der derzeit geltenden Fassung" umschrieben.

Aus dem ersten Absatz der Begründung wird deutlich, daß die belangte Behörde die Vorschrift des § 16 Abs. 2 leg. cit. in der Fassung der Novelle LGBl. für Wien Nr. 13/1982 angewendet hat, was mit Rücksicht auf die Tatzeit (17. September 1986 bis 8. Oktober 1986) und § 1 Abs. 2 VStG 1950 auch richtig war, weil § 16 Abs. 2 Gebrauchsabgabegesetz in der Fassung der Novelle LGBl. für Wien Nr. 41/1987 für die Beschwerdeführerin nicht die günstigere Norm wäre.

Ausgehend von der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Rechtslage vor der Novelle LGBl. für Wien Nr. 41/1987, also vom GebrauchsabgabeG in der Fassung der Novelle LGBl. für Wien Nr. 13/1982, zeigt sich aber, daß der der Beschwerdeführerin angelastete Straftatbestand in "§ 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 und TP (A) 7" des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes geregelt ist (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 29. November 1989, Zlen. 89/01/0116 und 89/01/0117, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Dadurch, daß die belangte Behörde - ebenso wie die Verwaltungsbehörde erster Instanz - dies entgegen § 44a lit. b VStG 1950 im Spruch ihres Bescheides nicht zum Ausdruck gebracht hat, hat sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 579 Abs. 3 referierte hg. Judikatur). Dies muß gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zur Aufhebung des Bescheides führen. Auf die übrigen Beschwerdeausführungen braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens hatte zu erfolgen, weil Verhandlungsaufwand nicht entstanden ist.

Schlagworte

Verwaltungsvorschrift Mängel im Spruch falsche Subsumtion der Tat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989010118.X00

Im RIS seit

13.02.2002

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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