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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1968 §1 idF 1974/796;Betreff
I gegen Bundesminister für Inneres vom 7. November 1989, Zl. 221.678/6-III/13/88, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 16. November 1987 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ab und sprach (ebenso wie die erste Instanz) aus, daß die Beschwerdeführerin nicht Flüchtling im Sinne des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen (AsylG) im Sinne der Genfer Konvention ist.
Die belangte Behörde ging davon aus, daß die Beschwerdeführerin, eine jugoslawische Staatsangehörige, die am 23. September 1987 nach Österreich eingereist war und am 24. September 1987 Asylantrag gestellt hatte, bei ihrer ersten niederschriftlichen Vernehmung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 3. Oktober 1987 folgendes angegeben hatte:
Ihr Lebensgefährte sei in Jugoslawien wegen seiner politischen Betätigung von der Miliz gesucht worden und deswegen im September 1986 nach Österreich geflüchtet. Im August 1987 habe ihr Lebensgefährte sie telefonisch aufgefordert, Jugoslawien zu verlassen und zu ihm nach Österreich zu kommen. Sie selbst habe sich in Jugoslawien politisch nie betätigt und sei auch religiös nie verfolgt worden, sie habe Jugoslawien ausschließlich wegen ihres in Österreich lebenden Lebensgefährten verlassen und könne andere Gründe für ihre Flucht nicht angeben.
Demgegenüber schenkte die belangte Behörde dem Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin, wonach sie im August 1986 wegen der Flucht ihres Lebensgefährten (Gatten) von der "Staatssicherheit Jugoslawien" mißhandelt und bedroht worden sei, und deshalb nach Österreich habe flüchten müssen, keinen Glauben. Es entspreche nämlich der Erfahrung der belangten Behörde, daß Asylwerber gerade bei der ersten Einvernahme alle jene Angaben machten, die der Wahrheit am nächsten kämen.
Rechtlich vertrat die belangte Behörde, weil die Beschwerdeführerin bei ihrer ersten Vernehmung eine Verfolgung ihrer Person ausdrücklich verneint hatte, die Auffassung, es seien keinerlei Anhaltspunkte für eine Anerkennung der Beschwerdeführerin als Flüchtling gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Anspruch auf Asylgewährung verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Asylgesetz BGBl. Nr. 126/1968 in der Fassung BGBl. Nr. 796/1974 ist ein Fremder Flüchtling im Sinne dieses Bundesgesetzes, wenn nach dessen Bestimmungen festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschn. A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. Nr. 55/1955 unter Bedachtnahme auf das Protokoll BGBl. Nr. 78/1974 erfüllt und kein Ausschließungsgrund nach Art. 1 Abschn. C oder F der Konvention vorliegt.
Daß bei der Beschwerdeführerin die Voraussetzungen des Art. 1 Abschn. A Z. 1 der Konvention erfüllt wären, hat weder sie selbst behauptet noch sind dem angefochtenen Bescheid Umstände zu entnehmen, die in diese Richtung wiesen. Da die Behörde auch keine Ausschließungsgründe im Sinne des Art. 1 Abschn. C oder F der Konvention festgestellt hat, hatte der Verwaltungsgerichtshof nur zu prüfen, ob sich die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführerin aus Art. 1 Abschn. A Z. 2 der Flüchtlingskonvention ableiten läßt. Damit eine Person als Flüchtling im Sinne der genannten Bestimmung angesehen werden kann, ist u.a. Voraussetzung, daß sie sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, der Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb ihres Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Die Beschwerdeführerin wendet sich ausschließlich gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde und meint, es sei wegen der gegenüber den Behörden gebotenen Vorsicht nicht den ersten Angaben eines Asylwerbers, sondern vielmehr jenen zu folgen, die erst im weiteren Verfahren gemacht würden.
Damit irrt die Beschwerdeführerin. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu z.B. die hg. Erkenntnisse vom 8. November 1989, Zlen. 89/01/0287 bis 0291; vom 19. Oktober 1988, Zl. 88/01/0177; vom 5. Oktober 1988, Zl. 88/01/0146 uva., auf die zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) ist vielmehr eine Beweiswürdigung, wonach jenen Angaben, die ein Asylwerber unmittelbar nach seiner Einreise in das Bundesgebiet bei seiner ersten Vernehmung macht, gegenüber den davon abweichenden Behauptungen in seiner Berufung ein höherer Wahrheitsgehalt zuzubilligen ist, schlüssig. Da sohin bereits dem Inhalt der Beschwerde zu entnehmen war, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Im Hinblick darauf erübrigte sich auch ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 257 Abs. 6 referierte hg. Judikatur).
Schlagworte
freie BeweiswürdigungSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990010087.X00Im RIS seit
30.05.1990Zuletzt aktualisiert am
25.03.2009