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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AuslBG §3 Abs1;Betreff
U-GmbH gegen Landesarbeitsamt Wien vom 9. April 1990, Zl. IIc/6702 B, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vermeidung entbehrlicher Wiederholungen wird zur Vorgeschichte auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1988, Zl. 88/09/0047, verwiesen. Mit diesem wurde der seinerzeit angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; maßgebend hiefür war im wesentlichen, daß die für das seinerzeitige Verfahren entscheidenden Fragen, nämlich,
1. ob das von der beschwerdeführenden Partei für den benötigten Arbeitnehmer aufgestellte Anforderungsprofil sachlich gerechtfertigt ist und
2. ob eine Ersatzkraftstellung wenigstens einer ganz bestimmten, den sachlichen Erfordernissen entsprechend qualifizierten Arbeitskraft stattgefunden hat,
mangels näherer Darlegung unbeantwortet geblieben sind.
Im Zuge des weiteren Verfahrens ging die belangte Behörde daran, diese Fragen aufzuklären, indem sie der beschwerdeführenden Partei mit Schreiben vom 15. März 1989 zunächst die ursprünglich beantragte Tätigkeit - nämlich Spezialisolierer mit Einschulungskenntnissen - in Erinnerung brachte, ihr den im Laufe des Verfahrens wiederholt modifizierten Tätigkeitsbereich sowie das dafür angeblich notwendige Anforderungsprofil sowohl des beantragten Ausländers als auch der zugewiesenen Ersatzkräfte vorhielt und ihr schließlich auftrug, das Anforderungsprofil an die zu besetzende Stelle zu konkretisieren und insbesondere auch bekanntzugeben, wofür die (in der Berufung vorgebrachten, jedoch nicht nachgewiesenen) Maurerkenntnisse erforderlich seien, für welche Tätigkeiten der beantragte Ausländer tatsächlich eingesetzt werden solle und ob der beantragte Auländer eine Maurerausbildung absolviert habe. Gleichzeitig wurde die beschwerdeführende Partei - zur Überprüfung des objektiv notwendigen Bedarfes einer Baustoffgroßhandelsfirma an einem Spezialisolierarbeiter - ersucht, ihre Gewerbeberechtigung(en) vorzulegen.
In der Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei vom 16. März 1989 gab diese an, Gegenstand ihres Betriebes sei der Handel mit Waren aller Art, die Ausführung aller Bau- und Bauhilfsarbeiten und die Montage und Vornahme von Spezialarbeiten im gesamten Bauwesen. Die Firma sei im Handelsregister des Handelsgerichtes Wien registriert. Der beantragte ausländische Arbeitnehmer werde benötigt um den Geschäftskunden Abdichtungsprodukte vorzuführen, wofür die bisher geltend gemachten Berufsvoraussetzungen notwendig seien. Auf die Frage des Vorliegens einer Maurerausbildung beim beantragten Ausländer ging die beschwerdeführende Partei nicht ein.
Mit Schreiben vom 18. April 1989 teilte die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei mit, daß die vom ausländischen Arbeitnehmer auszuübende Tätigkeit - Vorführen von Abdichtungsprodukten vor Geschäftskunden - ausgezeichnete Deutschsprachenkenntnisse erfordere, deren Vorhandensein beim beantragten Ausländer durch geeignete Unterlagen oder auch durch persönliche Vorsprache des Genannten während der Amtsstunden nachgewiesen werden solle. Weiters wies die belangte Behörde darauf hin, daß für die nunmehr beschriebene Vorführtätigkeit geeignete Ersatzkräfte zur Verfügung stünden und verlangte unter Hinweis auf die die beschwerdeführende Partei treffende Mitwirkungsverpflichtung erneut die Vorlage der angeforderten Unterlagen.
Mit Schriftsatz vom 25. April 1989 verwies die beschwerdeführende Partei im wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen und wertete die Vorgangsweise der belangten Behörde als Schikane. Abschließend teilte sie noch mit, daß für die beantragte Stelle befähigte, geeignete und gewillte Ersatzkräfte gewünscht würden, bisher allenfalls tatsächlich erschienene Ersatzkräfte aber die Anstellungserfordernisse nicht erfüllt hätten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung der beschwerdeführenden Partei neuerlich keine Folge gegeben. Zur Begründung wird nach Wiedergabe der Rechtslage, allgemeinen Überlegungen zur Lage des Arbeitsmarktes und nach Bezugnahme auf das genannte Vorerkenntnis im wesentlichen weiter ausgeführt: Bei der Überprüfung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beschäftigungsbewilligung sei zunächst zu prüfen, für welche Beschäftigung konkret die Bewilligung beantragt worden sei und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes diese konkrete Beschäftigung zulasse. Die beschwerdeführende Partei habe den genannten Ausländer als "Spezialisolierer mit Einschulungskenntnissen" beantragt. Im Zuge des bisherigen Verfahrens sei das geforderte Anforderungsprofil an die zu besetzende Stelle mehrmals modifiziert bzw. abgeändert worden. Eine zugewiesene Ersatzarbeitskraft sei von der beschwerdeführenden Partei mit der Begründung abgelehnt worden, sie habe nicht die Fachkenntnisse über zementgebunde Abdichtungen gegen Feuchtigkeit vorweisen können. In der Berufung habe die beschwerdeführende Partei ausgeführt, daß der beantragte Ausländer bei Dachsanierungen als Isolierer und zusätzlich als Maurer eigesetzt werden solle. Gerade diese Berufskombination sei unabdingbar. Im Zuge des Ersatzkraftstellungsverfahrens habe die beschwerdeführende Partei weiters verlangt, daß die Ersatzkraft Kenntnisse über Schlemmisolierungen und hydraulische Abbindungssysteme für den Baustelleneinsatz besitzen müßte.
In weiterer Folge stellt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides den vorher bereits wiedergegebenen Verfahrensablauf mit dem Schriftwechsel zur Konkretisierung des Anforderungsprofiles dar.
Letztlich stellt die belangte Behörde fest, daß die beschwerdeführende Partei nicht hinreichend am Verfahren mitgewirkt habe. Die von der beschwerdeführenden Partei verlangte Maurerausbildung und die Spezialkenntnisse für Schlemmisolierungen und hydraulische Abbindungssysteme, die die beschwerdeführende Partei als Einstellungserfordernis von den Ersatzkräften verlangt habe, hätten für den beantragten Ausländer nicht nachgewiesen werden können. Das Ausbildungsprofil, das von den Ersatzkräften verlangt werde, müsse aber auch vom beantragten ausländischen Arbeitnehemr erfüllt sein; es sei sachlich nicht gerechtfertigt, durch Anstellungserfordernisse, die für den beantragten Ausländer nicht nachgewiesen seien, die Möglichkeit einer Ersatzkraftstellung von vornherein einzuengen bzw. auszuschließen.
Die von der beschwerdeführenden Partei zuletzt vorgenommene Konkretisierung der auszuübenden Tätigkeit - Vorführung von Abdichtungsprodukten für Geschäftskunden - sei der nunmehrigen Entscheidung zugrundegelegt worden. Zum einen seien die Kenntnisse des beantragten Ausländers hinsichtlich des von der beschwerdeführenden Partei für den zu besetzenden Arbeitsplatz erstellten Anforderungsprofiles nicht nachgewiesen worden. Zum anderen seien für die letztlich maßgebende Tätigkeit im Kundenverkehr, insbesondere für die Erklärungen, sehr gute Deutschsprachkenntnisse unabdingbar, die jedoch für den beantragten Ausländer ebenfalls nicht nachgewiesen worden seien. Darüber hinaus weiche die letztlich beantragte "Vorführtätigkeit" von der antragsgegenständlichen Tätigkeit eines Spezialisolierers mit Einschulungskenntnissen und den Berufungsausführungen, wonach der beantragte Ausländer als Isolierer bei Dachsanierungen und zusätzlich auch als Maurer arbeiten hätte sollen, derart ab, daß nicht mehr von der Gleichheit der Verwaltungssache, die noch der erstinstanzlichen Entscheidung zugrunde gelegen sei, gesprochen werden könne. Die nunmehr bekanntgegebene Tätigkeit sei vielmehr dem Berufsbild eines Baustoffverkäufers bzw. -vertreters zuzuordnen.
Gegen diesen Bescheid wandte sich die beschwerdeführende Partei vorerst an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit seinem Beschluß vom 26. September 1989 ablehnte und diese antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.
Mit der für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde begehrt die beschwerdeführende Partei kostenpflichtige Aufhebung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist die Beschäftigungsbewilligung, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Nach dieser Gesetzesstelle ist die Beschäftigungsbewilligung - unbeschadet der weiteren, im § 4 Abs. 3 AuslBG aufgezählten Voraussetzungen - an zwei Voraussetzungen geknüpft, nämlich
1. daran, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt, UND
2. wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Bei Fehlen auch nur eines dieser beiden Tatbestandselemente ist den Arbeitsämtern die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung verwehrt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. unter Hinweis auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, beispielsweise das Erkenntnis vom 18. Februar 1988, Zl. 87/09/0289 und vom 1. September 1988, Zl. 88/09/0044) darf bei der Auslegung des § 4 Abs. 1 AuslBG nicht außer acht gelassen werden, daß die vom Gesetzgeber angesprochenen wichtigen öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen erst dann zum Tragen kommen, wenn feststeht, für welche Beschäftigung konkret die Bewilligung beantragt wurde und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes diese konkrete Beschäftigung zuläßt. Das wird immer dann der Fall sein, wenn nicht feststeht, daß für die Beschäftigung wenigstens ein bestimmter Inländer oder im gegebenen Zusammenhang ein einem Inländer gleichgestellter oder begünstigt zu behandelnder Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, diese Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben.
Diese Beweisführung erübrigt sich jedoch dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft ohne zwingenden Grund von vornherein abgelehnt wird (vgl. auch dazu das Erkenntnis vom 1. September 1988, Zl. 88/09/0044, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Auf das Verfahren in Angelegenheiten des AuslBG ist nach Art. II Abs. 2 lit. D Z. 30 EGVG das AVG 1950 anzuwenden. Die Berufungsbehörde hat gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in der Regel in der Sache selbst zu entscheiden; das bedeutet, daß sie sich mit der vorliegenden Verwaltungssache grundsätzlich in gleicher Weise wie die Behörde erster Instanz zu befassen hat. Verfahrensgegenstand ist aber die Verwaltungssache, die zunächst der ersten Instanz vorgelegen ist (vgl. beispielsweise Erkenntnis vom 9. Oktober 1969, Zl. 784/68, Slg. N.F. 7655/A). Die Berufungsbehörde darf sachlich nicht über mehr entscheiden, als Gegenstand der Entscheidung der unteren Instanz war.
Mit Erkenntnis vom 20. Oktober 1988, Zl. 88/09/0092, hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, daß Modifikationen im Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle im Berufungsverfahren zulässig sind, daß diese Modifikationen aber nicht zu einer Gesamtänderung des Berufsbildes führen dürfen; letzterenfalls wäre der Gegenstand der Entscheidung der ersten Instanz verlassen worden, was dazu führt, daß dieser Gegenstand auch nicht Sache der Berufungsentscheidung im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG 1950 sein kann.
Im Beschwerdefall ist der erstinstanzlichen Entscheidung der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als "Spezialisolierer mit Einschulungskenntnissen" zugrunde gelegen. Dieses Berufsbild hat im Zuge des weiteren Verfahrens einige Ergänzungen bzw. Abänderungen erfahren. Abgesehen von der unter Verletzung der die beschwerdeführende Partei treffenden Mitwirkungsverpflichtung von ihr unbewiesen gebliebenen Frage, ob der beantragte Ausländer selbst die von der beschwerdeführenden Partei verlangten Qualifikationen besitzt oder nicht, teilt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der belangten Behörde, daß die Vorführung von Abdichtungsprodukten für Geschäftskunden eher dem Berufsbild eines Baustoffverkäufers bzw. -vertreters zuzuordnen ist. Damit ist aber eine Änderung des Verfahrensgegenstandes eingetreten und es ist bereits aus diesem Grunde die Abweisung der Berufung zu Recht erfolgt.
Die Beschwerde mußte gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden konnte.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht verlautbarte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Änderung von Anträgen und Ansuchen im Berufungsverfahren Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989090143.X00Im RIS seit
31.05.1990