TE Vwgh Beschluss 1990/6/6 90/12/0114

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Veröffentlicht am 06.06.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/06 Dienstrechtsverfahren;

Norm

AVG §6 Abs1;
AVG §73 Abs1;
BDG 1979 §54 Abs1;
DVG 1984 §2;
DVV 1981 §1 Abs1 Z24 idF 1985/079;
DVV 1981 §2 Z10;
VwGG §27;

Betreff

N gegen Bundesminister für Wissenschaft und Forschung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit betreffend Kollegiengeldabgeltung

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als wissenschaftlicher Beamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das Institut für Bürgerliches Recht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität X.

In seiner am 13. Februar 1990 zur Post gegebenen, am 14. Februar 1990 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde gemäß Artikel 132 B-VG machte der Beschwerdeführer gegenüber dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Verletzung der Entscheidungspflicht mit der Behauptung geltend, die Erledigung seiner Anträge auf Kollegiengeldabgeltung für verantwortliche Mitarbeit in Lehrveranstaltungen ab dem Wintersemester 1986/87 bis einschließlich Wintersemester 1988/89 sei jedenfalls "seit seiner letzten Aufforderung am 2. August 1989 anhängig". Da die belangte Behörde die gemäß § 27 VwGG eingeräumte Frist von sechs Monaten überschritten habe und zudem auch keine Gründe ersichtlich seien, die die Verzögerung der Antragserledigung rechtfertigen könnten - der Ablehnungsbescheid für das Sommersemester 1989 könne von der Begründung her für alle anderen (noch offenen) Anträge auf Kollegiengeldabgeltung nicht präjudiziell sein - erachte er sich in seinem subjektiven Recht auf Entscheidung über zulässige Anträge innerhalb der vom Gesetz dafür vorgesehenen Frist verletzt.

Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Februar 1990, glaubhaft zu machen, daß die in § 27 VwGG bezeichnete Frist abgelaufen sei (§ 28 Abs. 3 VwGG) legte der Beschwerdeführer sein Schreiben vom 5. Juli 1989, das laut Eingangsstempel am 2. August 1989 bei der Universitätsdirektion der Universität X eingelangt ist, dem Verwaltungsgerichtshof vor. Dieses an die Quästur der Universität X gerichtete Schreiben hat folgenden Wortlaut:

"Es wird um bescheidmäßige Erledigung des beiliegenden Antrags zur Berechnung des Kollegiengeldes für verantwortliche Mitarbeit an einer Lehrveranstaltung für das Sommersemester 1989 sowie auch für alle seit dem Jahr 1987 unerledigten Anträge ersucht."

Ferner legte der Beschwerdeführer (formularmäßige) Anträge zur Berechnung des Kollegiengeldes für die verantwortliche Mitwirkung an bestimmten Lehrveranstaltungen - beginnend mit dem Wintersemester 1986/87 - vor, die in der Regel jeweils am Ende des betreffenden Semesters (so stammt z.B. der erste Antrag für das Wintersemester 1986/87 vom 30. Jänner 1987) gestellt wurden. Die Richtigkeit der Angaben des Beschwerdeführers ist jeweils vom Leiter der Lehrveranstaltung bestätigt. Diese Anträge sind (wie zum Teil aus dem Eingangsstempel, aber auch aus dem oben wiedergegebenen Schreiben des Beschwerdeführers hervorgeht) unbestritten der Quästur der Universität X zugeleitet worden.

Über Ersuchen des Verwaltungsgerichtshofes teilte die belangte Behörde unter Aktenvorlage mit Schreiben vom 27. April 1990 mit, der an die Quästur der Universität X gerichtete Antrag des Beschwerdeführers vom 5. Juli 1989, dem ausschließlich die für das Sommersemester 1989 maßgebliche Unterlage angeschlossen gewesen sei, sei der belangten Behörde mit Schreiben des Rektors der Universität X vom 30. August 1989, eingelangt im Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung am 8. September, zur bescheidmäßigen Feststellung zugeleitet worden. Auf die weitere Frage des Verwaltungsgerichtshofes, ob der Beschwerdeführer sonstige die Angelegenheit betreffende Anträge auf bescheidförmige Absprache über seine geltend gemachten Kollegiengeldabgeltungsansprüche (Zeitraum: Wintersemester 1986/87 bis einschließlich Wintersemester 1988/89) gestellt habe, antwortete die belangte Behörde, der Beschwerdeführer habe wohl ein Ersuchen um Rechtsauskunft an das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung betreffend seinen Anspruch auf Kollegiengeldabgeltung gerichtet. Ihm sei mitgeteilt worden, daß ihm - solange eine entsprechende gesetzliche Grundlage im Gehaltsgesetz 1956 fehle - KEINE Kollegiengeldabgeltung gebühre. Bei der belangten Behörde als der zur (bescheidförmigen) Feststellung des (vom Beschwerdeführer geltend gemachten) Anspruches zuständigen Behörde seien jedenfalls Anträge für die jeweiligen Semester NICHT eingelangt.

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens wurden dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme mit dem Hinweis übermittelt, der Verwaltungsgerichtshof gehe vorläufig davon aus, daß sein Antrag vom 5. Juli 1989 an ein unzuständiges Organ (nämlich die Quästur der Universität X) gerichtet gewesen sei und erst durch die Weiterleitung seitens des Rektors am 8. September 1989 bei der zur Entscheidung hierüber zuständigen Behörde eingelangt sei. Habe die Frist nach § 27 VwGG erst zu diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen, sei diese bis zur Einbringung der Säumnisbeschwerde des Beschwerdeführers noch nicht verstrichen gewesen.

Mit Schreiben vom 21. Mai 1990 brachte der Beschwerdeführer vor, er habe alle seine Anträge an die Quästur der Universität X gerichtet und habe diese auch nur dort (zuständige Stelle laut Formular) einbringen können. Soweit mit dem "unzuständigen Organ" der Rektor gemeint werde, müsse folgendes klargestellt werden: Es habe sich nicht um eine Weiterleitung von bei einem "unzuständigen Organ" eingebrachten Anträgen gehandelt, sondern um eine Aufforderung an das zuständige Ministerium, die Angelegenheit endlich zu erledigen. Wenn der Dienstgeber Bund schwer durchschaubare Behördenorganisationen schaffe, dürfe dies nicht zu Lasten der Dienstnehmer gehen und es müßten Anträge dort als rechtsgültig eingebracht gelten, wo sie laut Dienstanweisung einzubringen seien. Daß für die Genehmigung eines Antrags eine andere Stelle zuständig sein solle als für die Ablehnung, sei vollends uneinsichtig. Im übrigen habe die "zuständige Behörde" jedenfalls seit seinem Telefonat vom 17. Juni 1987 mit Frau Dr. K (Mitarbeiterin in der zuständigen Abteilung der belangten Behörde) von der Angelegenheit Kenntnis und sie wäre zur Aktenanforderung in der Lage, ja sogar verpflichtet gewesen. Sie habe es aber weder für notwendig gehalten, seiner Bitte nach einer fundierten rechtlichen Abklärung - die Meinung eines Sachbearbeiters könnte hiefür nicht maßgeblich sein - nachzukommen, noch sei sie der in einem weiteren Telefongespräch gemachten Aufforderung auf bescheidmäßige Feststellung für den Fall des Beharrens auf der Anspruchsablehnung gefolgt. Dieses Gespräch könne der Leiter der Quästur bestätigen.

Gemäß § 27 VwGG kann Säumnisbeschwerde erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Auf Grund des Ermittlungsverfahrens, vor allem der über die Ergänzungsaufforderung des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Februar 1990 durch den Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen (siehe oben) sowie der Angaben der belangten Behörde geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß der Beschwerdeführer erstmals mit seinem ausdrücklich an die Quästur der Universität X gerichteten Schreiben vom 5. Juli 1989 (eingelangt bei der Universitätsdirektion am 2. August 1989) den Antrag auf "bescheidmäßige Erledigung" unter anderen aller seiner seit dem Jahr 1987 unerledigten Anträge - diese betreffen unbestritten die Berechnung des Kollegiengeldes für die verantwortliche Mitarbeit des Beschwerdeführers bei bestimmten Lehrveranstaltungen ab dem Wintersemester 1986/87 an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität X - gestellt hat. Hingegen hat der Beschwerdeführer durch seine in seinem Schreiben vom 21. Mai 1990 erstmals vorgebrachte Behauptung, er habe telefonisch bei der belangten Behörde ein Ansuchen um bescheidförmige Erledigung betreffend seinen Kollegiengeldabgeltungsanspruch eingebracht, den Ablauf der im § 27 VwGG bezeichneten Frist nicht glaubhaft gemacht.

Gegenstand des Antrags des Beschwerdeführers vom 5. Juli 1989 ist eine DIENSTRECHTSANGELEGENHEIT im Sinne des § 2 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29, weil er seinem Inhalt nach (rechtsverbindliche Absprache über den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Kollegiengeldabgeltungsanspruch) eine Feststellung bzw. Verfügung in Angelegenheiten der Geldbezüge (das sind alle in Geld ausgedrückten Leistungen aus dem Dienstverhältnis) im Sinn des § 1 Abs. 1 Z. 24 der Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981 (DVV 1981), BGBl. Nr. 162 in der Fassung der Verordnung, BGBl. Nr. 79/1985, betrifft. Die sachliche Zuständigkeit der belangten Behörde als Behörde erster und letzter Instanz ergibt sich aus § 2 Abs. 2 DVG, da zum einen die im § 1 Abs. 1 Z. 24 DVV 1981 umschriebenen Angelegenheiten nicht den im § 2 Z. 10 dieser Verordnung genannten Universitäten als nachgeordneten Dienstbehörden übertragen wurden und zum anderen eine abweichende Zuständigkeitsbestimmung (§ 2 Abs. 1 DVG) nicht getroffen wurde. Haushaltsrechtliche Vorschriften (vgl. insbesondere das Bundeshaushaltsgesetz, BGBl. Nr. 213/1986, und die Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 27. Juli 1987 betreffend Übertragung von Aufgaben nach § 5 Abs. 2 Z. 4 des Bundeshaushaltsgesetzes, BGBl. Nr. 438) betreffen nicht den Gegenstand der im Beschwerdefall betroffenen Angelegenheit und sind daher für die Ermittlung der Zuständigkeit im Beschwerdefall ohne Bedeutung (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Februar 1989, Zl. 88/12/0020). Der Beschwerdeführer hätte daher seine Eingabe vom 5. Juli 1989 an die belangte Behörde als die zur Erlassung des beantragten Bescheides zuständige Behörde zu richten gehabt.

Da der Beschwerdeführer sein Ansuchen jedoch an die Quästur der Universität X (dies gilt auch für seine formularmäßigen Anträge auf Berechnung des von ihm geltend gemachten Kollegiengeldanspruches) und nicht an die belangte Behörde gerichtet hat, kann diese Behörde frühestens von dem Zeitpunkt an als angerufen gelten, ab dem das zur zuständigen Entscheidung an sie weitergeleitete Anbringen bei ihr einlangte. Nur wenn das Anbringen an die belangte Behörde gerichtet gewesen wäre, hätte die sechsmonatige Frist des § 27 VwGG von dem Tag an zu laufen begonnen, an dem das Anbringen des Beschwerdeführers bei jener Stelle einlangte, bei der es gemäß § 54 Abs. 1 BDG 1979 einzubringen gewesen wäre. Nach § 54 Abs. 1 BDG 1979 hat der Beamte Anbringen, die sich auf sein Dienstverhältnis oder auf seine dienstlichen Aufgaben beziehen, bei seinem unmittelbaren Dienstvorgesetzten einzubringen. Dieser hat das Anbringen unverzüglich an die zuständige Stelle weiterzuleiten (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Jänner 1968, Zl. 1613/86 = VwSlg. Nr. 7277/A zur vergleichbaren Rechtslage nach § 27 Abs. 1 der Dienstpragmatik). Angerufen war daher die belangte Behörde nach den angeführten Bestimmungen erst mit dem Zeitpunkt, in dem die Eingabe des Beschwerdeführers vom 5. Juli 1989 nach Weiterleitung gemäß § 6 AVG 1950 bei ihr einlangte.

Der Beschwerdeführer hat seine beim Verwaltungsgerichtshof am 14. Februar 1990 eingelangte Säumnisbeschwerde daher noch vor Ablauf der Frist von sechs Monaten (§ 27 VwGG) erhoben.

Aus diesem Grund war die Säumnisbeschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Schlagworte

Binnen 6 MonatenWeiterleitung an die zuständige Behörde auf Gefahr des Einschreiters

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990120114.X00

Im RIS seit

22.02.2002

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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