TE Vwgh Beschluss 1990/6/6 89/12/0183

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Veröffentlicht am 06.06.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/06 Dienstrechtsverfahren;

Norm

BDG 1979 §75 Abs3;
BDG 1979 §75 Abs4 Z2;
DVG 1984 §1 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

N gegen Bundesminister für Landesverteidigung vom 12. Mai 1989, Zl. 342942/56-2.8/89, betreffend Karenzurlaub-Anrechnung

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Anfechtung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Kommissär in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist das Bundesministerium für Landesverteidigung, bei dem er als Referent für Wehrpolitik diensteingeteilt ist.

Mit Eingabe vom 22. März 1989 beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung eines Karenzurlaubes gemäß § 75 Abs. 1 BDG 1979 für die Zeit vom 1. Juni 1989 bis einschließlich 31. März 1990. Der Beschwerdeführer begründete dies damit, daß er in dieser Zeit die Gerichtspraxis ableisten wolle, um so die bisher fehlende Erfahrung im judiziellen Bereich zu erwerben. Gleichzeitig ersuchte der Beschwerdeführer zu verfügen, daß die gemäß Abs. 2 mit der Gewährung des Karenzurlaubes verbundenen Folgen nicht eintreten, weil andere als private Gründe für seinen Antrag auf Gewährung eines Karenzurlaubes maßgebend gewesen seien. Insbesondere verwies der Beschwerdeführer auf die mit seinem Arbeitsplatz verbundenen Aufgaben und führte aus, daß die Gerichtspraxis zur besseren Beurteilung der rechtlichen Probleme in diesem Zusammenhang nötig sei.

Wie den Akten des Verwaltungsverfahrens zu entnehmen war, befürwortete der Vorgesetzte des Beschwerdeführers dessen Antrag, weil durch die vom Beschwerdeführer angestrebte Ausbildung eine Verbesserung der dienstlichen Möglichkeiten zu erwarten sei, und beantragte die belangte Behörde unter einem allgemeinen Hinweis auf die zu erwartende effizientere Wahrnehmung dienstlicher Aufgaben durch den Beschwerdeführer die Zustimmung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen zur Gewährung des Karenzurlaubes und zur Anrechnung der Zeit des Karenzurlaubes im Sinne des Abs. 3 der genannten Bestimmung.

Mit Bescheid vom 2. Mai 1989 wurde dem Beschwerdeführer auf seinen Antrag gemäß § 75 Abs. 1 BDG 1979 vorerst im eigenen Wirkungsbereich der belangten Behörde für die Zeit vom 1. Juni 1989 bis 31. August 1989 ein Karenzurlaub gewährt.

Seitens des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen wurde die Zustimmung zum Karenzurlaub des Beschwerdeführers im beantragten Umfang erteilt, der in Aussicht genommenen Maßnahme nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 aber aus folgenden Gründen nicht zugestimmt:

"Den do. Ausführungen ist zu entnehmen, daß der Genannte mit Schreiben vom 22. März 1989 selbst um Gewährung des Karenzurlaubes zur Absolvierung der Gerichtspraxis angesucht hat. Für seine Verwendung ist die Absolvierung der Gerichtspraxis weder vorgeschrieben noch erforderlich. Außerdem ist Kmsr. Dr. N nach den ho. Unterlagen bereits seit 15. Oktober 1984 im Büro für Wehrpolitik tätig. Auf Grund dieser Umstände lassen sich für den Karenzurlaub ausschließlich private Interessen des Bediensteten erkennen. Daß andere Interessen des Beamten maßgebend sind und berücksichtigungswürdige Gründe vorliegen, wird in den Referatsausführungen nicht dargelegt. Dementsprechend kann eine Verfügung gemäß § 75 Abs. 3 BDG 1979 nicht in Betracht kommen."

Daraufhin erging der angefochtene Bescheid, mit dem dem Beschwerdeführer für die Zeit vom 1. September 1989 bis 31. März 1990 gemäß § 75 Abs. 1 BDG 1979 ein Karenzurlaub gewährt wurde; dem weiteren Antrag des Beschwerdeführers, gemäß § 75 Abs. 3 leg. cit. zu verfügen, daß die gemäß Abs. 2 der genannten Bestimmung mit der Gewährung des Karenzurlaubes verbundenen Folgen nicht eintreten, wurde aber keine Folge gegeben.

Die Begründung beschränkt sich auf folgende Ausführungen:

"Sie haben den in Rede stehenden Karenzurlaub zum Zwecke der Absolvierung der Gerichtspraxis beantragt, die aber für Ihre Verwendung weder vorgeschrieben noch erforderlich ist. Da für den Karenzurlaub sohin ausschließlich private Interessen maßgebend sind und keine anderen berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, konnte von der Ermessensbestimmung des § 75 Abs. 3 BDG 1979 kein Gebrauch gemacht werden."

Gegen diesen Bescheid richtet sich im Umfang der Abweisung die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 75 Abs. 1 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, kann dem Beamten auf sein Ansuchen ein Urlaub unter Entfall der Bezüge (Karenzurlaub) gewährt werden, sofern nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen. Die Zeit des Karenzurlaubes ist gemäß Abs. 2 der genannten Bestimmung für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, nicht zu berücksichtigen, soweit in den Besoldungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

Abs. 3 der genannten Bestimmung lautet:

"Sind für die Gewährung eines Karenzurlaubes andere als private Interessen des Beamten maßgebend und liegen berücksichtigungswürdige Gründe vor, so kann die zuständige Zentralstelle verfügen, daß die gemäß Abs. 2 mit der Gewährung des Karenzurlaubes verbundenen Folgen nicht oder nicht im vollen Umfang eintreten."

Demnach ist die Anwendung der Ausnahmeregelung des Abs. 3 an zwei Voraussetzungen geknüpft:

1. Es müssen für die Gewährung des Karenzurlaubes andere als private Interessen des Beamten maßgebend (überwiegend) sein und

2. es müssen berücksichtigungswürdige Gründe vorliegen.

Dem Beschwerdevorbringen kommt schon insofern Berechtigung zu, als die bloß aus zwei Sätzen bestehende Begründung des angefochtenen Bescheides den aus den Verfahrensbestimmungen resultierenden Begründungserfordernissen (vgl. §§ 58 Abs. 2 und 60 AVG 1950 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 DVG) nicht entspricht. Es ist zwar richtig, daß die Gerichtspraxis für die Verwendung des Beschwerdeführers nicht vorgeschrieben ist; ob sie aber bereits damit auch als nicht erforderlich für die Erfüllung der Dienstobliegenheiten bezeichnet werden kann, entbehrt sowohl entsprechender Feststellungen der Aufgaben des Beschwerdeführers und der Bedeutung der Gerichtspraxis für die Erfüllung derselben, als auch einer nachvollziehbaren Begründung. Die Schlußfolgerung der Behörde, daß ausschließlich private Interessen des Beschwerdeführers für die Gewährung des Karenzurlaubes maßgebend gewesen seien und keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorlägen, ist daher nicht nachvollziehbar. Selbst wenn ein sich ausschließender Gegensatz zwischen privaten und dienstlichen Interessen angenommen würde, kann insbesondere im Hinblick auf die Regelung des § 12 Abs. 2 Z. 4 lit. b des Gehaltsgesetzes 1956 die Anerkennung eines dienstlichen Interesses an der Gerichtspraxis nicht von vornherein in Abrede gestellt werden.

Im übrigen wird bemerkt, daß die Verweigerung der gesetzlich vorgesehenen Zustimmung durch andere Behörden zu der vom Beschwerdeführer beantragten Maßnahme nichts an den die belangte Behörde treffenden verfahrensrechtlichen Verpflichtungen ändert (vgl. in diesem Sinne beispielsweise den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. September 1970, Zl. 1143/70, Slg. N.F. Nr. 7849/A). Da auf Grund der fehlenden Sachverhaltsfeststellungen und der mangelnden Begründung des angefochtenen Bescheides für den Verwaltungsgerichtshof überhaupt nicht erkennbar war, wovon die belangte Behörde inhaltlich ausgegangen ist und er solcherart an der ihm zukommenden inhaltlichen Überprüfung des angefochtenen Bescheides gehindert war, mußte dieser wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufgehoben werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich im Rahmen des Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes angeführt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989120183.X00

Im RIS seit

06.06.1990

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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