TE Vwgh Erkenntnis 1990/6/7 90/18/0013

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Veröffentlicht am 07.06.1990
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Index

L81003 Immission Luftreinhaltung Schwefelgehalt im Heizöl
Smogalarm Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

LRG NÖ 1986 §15 Abs1;
LRG NÖ 1986 §24 Abs2 Z6;
VStG §44a lita;
VStG §7;
VStG §9;

Betreff

N gegen Landeshauptmann von Niederösterreich vom 9. November 1989, Zl. R/3-U-142/7, betreffend Übertretung des Niederösterreichischen Luftreinhaltegesetzes

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Tulln erließ unter dem Datum des 13. Juli 1989 folgendes Straferkenntnis gegen den Beschwerdeführer:

"Sie haben als Verantwortlicher der Firma XY und Z mit dem Sitz in XXX, A-Gasse 2, folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Zeit: In der Zeit vom Mai 1988 bis September 1988

Ort: XXX, gegenüber dem Firmengelände A-Gasse Nr. 2.

Tatbeschreibung: Sie haben es zu verantworten, daß in einem Container (bestehend aus einem Gitterrost) Abfälle verbrannt werden, obwohl dies verboten ist.

Übertretungsnorm: § 15 Abs. 1 in Verbindung mit § 24 Abs. 3 Z. 6 des Nö Luftreinhaltegesetzes.

Strafnorm: § 24 Abs. 3 Z. 6 des Nö Luftreinhaltegesetzes.

Die über Sie verhängte Geldstrafe: S 3.000,--.

Ersatzarreststrafe: 14 Tage.

Vorgeschriebener Kostenbeitrag S 300,--.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1950.

Wird nicht berufen, so müssen Sie die vorgeschriebenen Beträge innerhalb von drei Wochen nach der Zustellung des Straferkenntnisses bezahlen.

Hinweis: Wenn Sie dieser Aufforderung nicht nachkommen, müssen Zwangsmaßnahmen ergriffen werden."

Der Berufung des Beschwerdeführers gegen dieses Straferkenntnis gab der Landeshauptmann von Niederösterreich mit Bescheid vom 9. November 1989 insofern statt, als die angefochtene Entscheidung im Spruch wie folgt abgeändert wurde:

"Sie haben bis Anfang September 1988 über einen längeren Zeitraum von mehreren Monaten regelmäßig ca. alle 14 Tage Abfälle im Freien, und zwar in einem Behälter gegenüber dem Betrieb ihrer Firma in XXX, A-Gasse 2, verbrannt.

Im übrigen wird das Straferkenntnis bestätigt.

Gemäß § 64 VStG 1950 haben Sie einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens im Ausmaß von S 300,-- zu leisten. Der einzuzahlende Geldbetrag beträgt daher S 3.600,--.

Im Falle der Uneinbringlichkeit tritt an die Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von vier Tagen."

In der Begründung des Berufungsbescheides wurde unter anderem ausgeführt, es sei erwiesen, daß bestimmte gegenüber dem Betriebsgebäude des Beschwerdeführers in XXX aufgestellte, aus Gitterrosten und einem Dach bestehende Behälter laufend mit Abfallmaterial des Betriebes gefüllt worden seien und daß bis Anfang September 1988 dieses Abfallmaterial regelmäßig in Abständen von ca. 2 Wochen verbrannt worden sei. Es sei, dies im Gegensatz zur Ansicht des Beschwerdeführers, nicht erforderlich, daß der Beschwerdeführer beim Anzünden der Abfälle betreten oder beobachtet worden sei. Die Behälter dienten unbestrittenermaßen zur Aufnahme von Papier und ähnlichem Abfall aus dem Betrieb des Beschwerdeführers. Die Beschaffenheit der Behälter indiziere den Zweck einer regelmäßigen Verbrennung ihres Inhaltes. Für den Gebrauch der Behälter bloß zur Lagerung bis zu einer Papiersammlung oder anderweitigen Verwendung ergäben sich keine Anhaltspunkte. Abfälle würden etwa alle zwei Wochen mit deutlich spürbarer Rauch- und Geruchsentwicklung verbrannt, und zwar über einen längeren Zeitraum von mehreren Monaten bis Jahren. Es bestünden keine Hinweise, daß Außenstehende die Verbrennung vorsätzlich herbeiführten. Auch eine fahrlässige Entzündung oder eine Selbstentzündung könne ausgeschlossen werden. Daraus folge, daß die aus dem Betrieb des Beschwerdeführers stammenden Abfälle unter der Verantwortung des Beschwerdeführers verbrannt worden seien. Zur Verwirklichung des Tatbildes sei es unerheblich, ob die Abfälle regelmäßig oder auch nur in einzelnen Fällen vom Beschwerdeführer selbst oder in seinem Auftrag oder (im Einzelfall) auch nur mit seinem Wissen verbrannt worden seien. Es könne nicht angenommen werden, daß die regelmäßigen Verbrennungsvorgänge grundsätzlich ohne Willen des Beschwerdeführers stattgefunden hätten - der Beschwerdeführer sei auch in einem solchen Fall verantwortlich für die Einrichtungen und Vorgänge in seinem Betrieb. Daher habe der Beschwerdeführer die gegenständliche Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen

Rechtswidrigkeit des Inhalts erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 1 des Niederösterreichischen Luftreinhaltegesetzes, LGBl. Nr. 8100-1, ist das Verbrennen von Abfällen im Freien untersagt. Nach § 24 Abs. 2 Z. 6 leg. cit. begeht eine Verwaltungsübertretung und ist in bestimmter Weise zu bestrafen, wer Abfälle im Freien entgegen den Bestimmungen des § 15 verbrennt.

Die belangte Behörde irrt, wenn sie annimmt, die Verwirklichung des Tatbestandes des Verbrennens von Abfällen im Freien durch den Beschwerdeführer müsse nicht im eigentlichen Sinn erwiesen werden - wie die belangte Behörde meint, z.B. durch Betretung oder Beobachtung durch Zeugen. Die allgemeine Wendung, das Verbrennen sei unter Verantwortung des Beschwerdeführers erfolgt, genügt nicht zur Herstellung des Tatbestandes, da es sich beim Beschwerdeführer um eine natürliche Person und um keine juristische Person oder Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit handelt, so daß die Bestimmungen des § 9 VStG 1950 unanwendbar sind. Eine natürliche Person kann den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung aber nur entweder als unmittelbarer Täter oder in der Begehungsform der Anstiftung oder der Beihilfe begehen. Bestimmte Feststellungen in dieser Richtung fehlen aber.

Die belangte Behörde unterlag einem weiteren Rechtsirrtum dahin, die Umschreibung der Tatzeit "... bis Anfang September 1988 über einen längeren Zeitraum" sei gesetzmäßig. Eine solche Umschreibung läßt nämlich die Frage des Beginnes der strafbaren Handlungen völlig offen, so daß auch die Frage einer allfälligen Verfolgungsverjährung nicht beantwortet werden kann.

Der Verwaltungsgerichtshof versteht die Abänderung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses durch den Berufungsbescheid dahin, daß anstelle der Worte: "Sie haben als Verantwortlicher ..." bis zu den Worten "A-Gasse Nr. 2" der oben zitierte Satz der belangten Behörde tritt. Unverändert aufrecht blieb demnach die sogenannte "Tatbeschreibung" durch die erste Instanz, wonach der Beschwerdeführer es zu verantworten habe, daß am Tatort Abfälle verbrannt würden. Die Begründung liefert keinen Hinweis dafür, in welcher der oben genannten rechtlichen Formen (unmittelbare Täterschaft, Anstiftung, Beihilfe) der Beschwerdeführer dies zu verantworten habe.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206. Das Mehrbegehren an Stempelgebühren war abzuweisen, weil als Beilage nur der aus einem Bogen bestehende angefochtene Bescheid vorzulegen war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990180013.X00

Im RIS seit

07.06.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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