TE Vwgh Erkenntnis 1990/6/7 90/18/0023

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Veröffentlicht am 07.06.1990
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §24 Abs3 litb;
VStG §25 Abs2;
VwGG §28 Abs1 Z2;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

N gegen Wiener Landesregierung vom 2. Jänner 1990, Zl. MA 70-9/103/89/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Berufungsbescheid der Wiener Landesregierung vom 2. Jänner 1990 wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug für schuldig erkannt, er habe am 24. Oktober 1988 von 8.00 Uhr bis 9.25 Uhr in Wien 8, Maria-Treu-Gasse Nr. 7 einen Pkw mit bestimmtem niederösterreichischen Kennzeichen vor einer Ein- und Ausfahrt einer Garage geparkt. Er habe hiedurch die Übertretung nach § 24 Abs. 3 lit. b der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) begangen; es wurde eine Geld- und Ersatzarreststrafe verhängt. In der Begründung des Bescheides wurde unter anderem ausgeführt, nach den Angaben des Meldungslegers G habe der Lenker den Pkw Marke Mazda 323, mit roter Farbe, mit bestimmtem niederösterreichischen Kennzeichen, am Tatort zur Tatzeit vor der Ein- und Ausfahrt der Garage abgestellt. Der Tatort sei eindeutig vor dem Hause Nr. 7 der Maria-Treu-Gasse gewesen, die ursprünglich unrichtige Angabe ONr. 8 habe der Meldungsleger um ca. 10.00 Uhr des Tattages im Wachzimmer korrigiert. Bei einer zweiten Vernehmung habe der Meldungsleger zur Frage, ob ein anderes Fahrzeug vor der Garage gestanden sei, infolge der seit der Anzeigeerstattung verstrichenen langen Zeit keine näheren Angaben machen können. Hingegen habe die Aufforderin E als Zeugin bestimmt angeführt, daß der "angezeigte" Pkw Marke Mazda mit niederösterreichischem Kennzeichen genau vor der Garageneinfahrt des genannten Hauses gestanden sei; diese Zeugin habe auch eine Handskizze (ergänze: mit der eindeutigen Bezeichnung Maria-Treu-Gasse Nr. 7) angefertigt, aus der die Abstellposition des Fahrzeuges des Beschwerdeführers genau vor der Garageneinfahrt zweifelsfrei zu entnehmen sei. Durch das vorschriftswidrig abgestellte Fahrzeug sei - obwohl für den Tatbestand nach § 24 Abs. 3 lit. b StVO nicht erforderlich - eine konkrete Behinderung zweier Firmenfahrzeuge an der Ausfahrt aus der Garage eingetreten. Die Behörde folge den Angaben der beiden Zeugen (des Meldungslegers und der Aufforderin). Die entgegenstehende Behauptung des Beschwerdeführers, sein Pkw sei nicht vor der Garagen-, sondern vor der Hauseinfahrt gestanden, werde nicht als richtig angenommen. Daher sei die Tat als erwiesen anzunehmen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit infolge "Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, unrichtiger Anwendung der §§ 37, 39 Abs. 2, 45 Abs. 2 sowie 46 AVG" 1950 erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die gegen einen Bescheid der Wiener Landesregierung in Sachen der Straßenverkehrsordnung erhobene Beschwerde bezeichnete zwar unrichtigerweise den Landeshauptmann von Wien als belangte Behörde (so Seite 1 und 2 der Beschwerde), doch schadet dieser offenkundige Irrtum nicht und ist auch nicht Anlaß für ein Verbesserungsverfahren (so die Erkenntnisse verstärkter Senate vom 19. Dezember 1984, Slg. N.F. Nr. 11625/A und vom 21. März 1986, Slg. N.F. Nr. 12088/A). Es war daher entgegen dem Antrag der belangten Behörde die Beschwerde nicht zurückzuweisen.

Sie erweist sich im übrigen als nicht begründet.

Sie bekämpft im wesentlichen die Richtigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. N.F. Nr. 8619/A) schließt die auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendende Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG 1950 eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, das heißt, ob sie u.a. den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, weshalb wesentliche Mängel der Sachverhaltsfeststellung einschließlich der Beweiswürdigung zur Aufhebung des Bescheides führen. Ob aber der Akt einer Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, daß z.B. eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof auf Grund seiner eingeschränkten Prüfungsbefugnis in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).

Die gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor: Es ist unerfindlich, was die Vornahme eines Ortsaugenscheines zur Wahrheitsfindung hätte beitragen können, kann doch die - nach den Angaben des Beschwerdeführers einerseits, denen der Zeugen andererseits strittige - Position des Pkws des Beschwerdeführers ohne Würdigung der einander widersprechenden Personalbeweise nicht rekonstruiert werden. Es ist auch unerfindlich, was eine Gegenüberstellung des Beschwerdeführers mit den Zeugen hätte bringen sollen, standen doch der Beschwerdeführer und die Zeugen einander zur Tatzeit und am Tatort nicht gegenüber und geht es auch nicht darum, daß die Zeugen eine bestimmte Person - z.B. den Beschwerdeführer - hätten wiedererkennen sollen. Ein abstraktes Recht auf Gegenüberstellung von Personen, die einander widersprechende Aussagen gemacht haben, besteht im Verwaltungsverfahren nicht (Erkenntnis vom 8. Juli 1988, Zl. 88/18/0074 und die weiter dort genannte Judikatur).

Einer Anfrage an die Baupolizei und/oder die Magistratsabteilung 48 bedurfte es deshalb nicht, weil der Begriff der Haus- und Grundstückseinfahrt im Sinne des § 24 Abs. 3 lit. b StVO unabhängig von bau- oder straßenverwaltungsbehördlichen Genehmigungen zu verstehen ist (Erkenntnis vom 18. Jänner 1980, Zl. 2564/79 und die weiter dort genannte Judikatur; Benes-Messiner, Straßenverkehrsordnung8, Anmerkung 11 zu § 24 StVO).

Da es der Beschwerde somit nicht gelungen ist, die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

Schlagworte

Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Unmittelbarkeitsprinzip Gegenüberstellungsanspruch Fragerecht der Parteien VwRallg10/1/2freie BeweiswürdigungBeweismittel Zeugenbeweis GegenüberstellungMängelbehebungSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Gegenüberstellung Fragerecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990180023.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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