TE Vwgh Erkenntnis 1990/6/7 90/18/0047

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Veröffentlicht am 07.06.1990
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Index

27/02 Notare;

Norm

NO 1871 §117a Abs3;

Betreff

N gegen Präsident des Oberlandesgerichtes Wien vom 7. Juli 1989, Zl. Jv 6436-13/89, betreffend Verweigerung der Eintragung in die Liste der Notariatskandidaten.

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 7. Juli 1989 wurde die Eintragung des Beschwerdeführers in die Liste der Notariatskandidaten im wesentlichen wegen dessen mangelnder Befähigung und Eignung zur Ausübung des Notariats sowie der unzureichenden Ausbildungsmöglichkeit beim ausbildenden Notar unter Berufung auf § 117 a Abs. 3 der Notariatsordnung verweigert.

Die mangelnde Befähigung und Eignung des Beschwerdeführers zur Ausübung des Notariats nahm die Berufungsbehörde entsprechend der Begründung ihres Bescheides deshalb an, weil er zwar im Jahre 1977 die Notariatsprüfung "(mit dem mäßigsten positiven Kalkül "gut")" abgelegt und damit eine wesentliche formale Voraussetzung für eine spätere Ernennung zum Notar erfüllt habe, dennoch aber die von der Notariatskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland geltend gemachten Bedenken gegen seine Befähigung und Eignung zur Ausübung des Notariats berechtigt seien. Im erstinstanzlichen Bescheid sei in diesem Zusammenhang auf eine ganze Reihe wenig schmeichelhafter Aussagen mehrerer Notare, bei denen der Beschwerdeführer vorübergehend tätig gewesen sei, verwiesen worden. Auch das Protokoll der Kammer vom 6. September 1988 enthalte nach eigener Darstellung des Beschwerdeführers die Namen etlicher Notare in verschiedenen Bundesländern, bei denen er unterzukommen versucht habe, um zumeist schon nach relativ kurzer Zeit unter recht undurchsichtigen Umständen wieder aus deren Kanzleien auszuscheiden. Wenn sich auch diese kurzfristigen Dienstgeber aus verständlichen Gründen gehütet hätten, ausdrücklich nachteilige Äußerungen über den Beschwerdeführer abzugeben, so ergebe doch der Inhalt der Kammerakten in seiner Gesamtheit, daß die Dienstleistungen des Beschwerdeführers in den verschiedenen Notariaten recht unterdurchschnittlich gewesen seien. Bei dieser Sachlage gebe wirklich nichts zu der Vermutung Anlaß, daß der im

47. Lebensjahr stehende Beschwerdeführer, der im letzten Jahrzehnt nur wenige Monate Notariatspraxis aufweise, ab sofort eine wesentlich ersprießlichere Dienstleistung erbringen werde.

Zur Begründung der Annahme, daß beim ausbildenden Notar eine unzureichende Ausbildungsmöglichkeit gegeben sei, verwies die Berufungsbehörde auf die diesbezüglichen Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid. Danach sei die nunmehrige Tätigkeit des Beschwerdeführers bei Notar Dr. S. bereits von Haus aus nicht auf eine ordentliche Ausbildung des Beschwerdeführers zum Notar gerichtet gewesen. Hiezu ergebe sich aus der Aussage dieses Notars bei seiner Anhörung durch die Notariatskammer am 6. Dezember 1988, daß er den Beschwerdeführer nur aus Mitleid genommen habe, weil dieser arbeitslos gewesen sei und ihm leid getan habe. Diese Anstellung habe von Haus aus nur vorübergehend sein, ein halbes oder höchstens ein Jahr dauern und beendet werden sollen, sobald Notar Dr. S. sein Personal eingearbeitet und eingeschult habe. Die Ausbildung des Beschwerdeführers bei diesem Notar habe ausschließlich darin bestanden, daß Notar Dr. S. dem Beschwerdeführer das Verlassenschaftsverfahren beigebracht habe, nachdem er gesehen habe, daß dieser nicht voll einsetzbar gewesen sei. Darüberhinaus sei aber der Beschwerdeführer von Dr. S. nicht ausgebildet worden. Diesen Feststellungen in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides sei der Beschwerdeführer in seinem Rechtsmittel mit der Begründung entgegengetreten, daß ein echtes Ausbildungsverhältnis bestanden und Notar Dr. S. dem Beschwerdeführer mitgeteilt habe, daß eine Ausbildung in der Form, daß man ihm sagen müsse, wie die Akten zu bearbeiten seien, nicht erforderlich sei, weil er nach abgelegter Notariats- und Rechtsanwaltsprüfung selbständig arbeiten könne. Nach Meinung der Berufungsbehörde sei Notar Dr. S. von der Notariatskammer am 6. Dezember 1988 ausführlich zu allen relevanten Fragen angehört worden. Eine ergänzende Einvernahme könne unterbleiben, da der Beschwerdeführer in der Berufung nicht aufgezeigt habe, welche ergänzenden Fragen zu stellen seien. Für die hier vorzunehmende Beurteilung, ob eine unzureichende Ausbildungsmöglichkeit und damit ein wichtiger Grund für die Verweigerung der Eintragung in das Verzeichnis der Notariatskandidaten im Sinne des § 117 a Abs. 3 der Notariatsordnung vorliege, sei auf den anmeldenden Notar abzustellen. Dieser Grund liege in seiner Person bzw. in den Gegebenheiten seiner Kanzlei (Wagner, Notariatsordnung, 3. Aufl., Anm. 9.1 zu § 117 a). Nach § 118 Abs. 1 leg. cit. sei der Notariatskandidat in allen Bereichen der notariellen Tätigkeit zu verwenden. Der Notar habe den Notariatskandidaten nicht nur zu seiner und seiner Kanzleientlastung zu verwenden, sondern ihm alle erforderlichen notariellen Kenntnisse zu vermitteln, das Berufs- und Standesrecht nahezubringen und ihn zur strikten Einhaltung desselben anzuhalten (Wagner, a. a. O., Anm. 1.1 zu § 118). Im vorliegenden Fall ergebe sich aus folgenden Umständen, daß eine ausreichende Ausbildungsmöglichkeit für den Beschwerdeführer nicht gegeben sei: Notar Dr. S. habe dem Beschwerdeführer Gelegenheit geben wollen, sich wieder in das Notariat einarbeiten zu können. Der Beschwerdeführer sei fast ausschließlich im Gerichtskommissariat tätig gewesen, und zwar bei der Vorbereitung der Protokolle. Er habe manchmal Grundbuchsgesuche, nicht jedoch Verträge entworfen. Bei der vorbereitenden Tätigkeit bei Abhandlungen seien auch Erbteilungsübereinkommen ausgenommen gewesen. Nach Ansicht des Notars Dr. S. habe der Beschwerdeführer Abhandlungen, Erbteilungen oder Verträge selbständig und vollständig durchführen können. Notar Dr. S. wolle jedoch allein arbeiten und habe deshalb den Beschwerdeführer nur vorübergehend angestellt. Er habe erklärt, den Beschwerdeführer nicht selbständig arbeiten und ihn substituieren zu lassen. Nach seiner Einschätzung brauche der Beschwerdeführer mindestens vier bis fünf Jahre, um als Notar selbständig arbeiten zu können. Notar Dr. S. habe weiters erklärt, er würde derzeit keinen Kandidaten brauchen; er habe auch gar nicht die Zeit, ihn auszubilden. Im Hinblick auf die Anzeige des Notars Dr. S. gemäß § 117 Abs. 3 der Notariatsordnung, daß der Beschwerdeführer mit Ablauf des 28. Februar 1989 als Notariatskandidat aus seiner Amtskanzlei austrete, sei der Beschwerdeführer mit Schreiben des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 29. Mai 1989 um Mitteilung ersucht worden, ob er in der Zwischenzeit eine Tätigkeit als Notariatskandidat in der Kanzlei eines Notars aufgenommen habe bzw. hiefür konkrete Pläne bestünden. Hierauf habe der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10. Juni 1989 mitgeteilt, es sei standesbekannt und werde ihm auch immer wieder gesagt, daß alle Versuche, eine Anstellung als Notariatskandidat zu bekommen, nicht realisierbar seien, solange eine positive Erledigung dieses Verfahrens nicht erfolgt sei. Er strebe jedoch nach wie vor die Anstellung bei einem Notar an. Aus diesen auch vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Umständen ergebe sich, daß für ihn weder zur Zeit seiner Tätigkeit bei Dr. S. - und damit zur Zeit der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides - noch nunmehr, wo ihm überhaupt kein Ausbildungsposten bei einem Notar angeboten worden sei, eine ausreichende, umfassende Ausbildung im Sinne des § 118 Abs. 1 der Notariatsordnung gewährleistet sei. Die Begründung eines echten Ausbildungsverhältnisses sei jedoch Voraussetzung für die Eintragung in die Kandidatenliste. Im vorliegenden Fall könne auf Grund des Umstandes, daß der Beschwerdeführer nicht imstande sei, ein Amt - zumindest für kurze Zeit - selbständig zu führen, keineswegs davon ausgegangen werden, daß seine Ausbildung bereits als beendet anzusehen sei und er der Anleitung durch den Ausbildungsnotar nicht mehr bedürfe. In dem Fehlen einer ausreichenden Ausbildungsmöglichkeit liege aber ebenfalls ein wichtiger Grund für die Verweigerung der Eintragung in das Verzeichnis der Notariatskandidaten (§ 117 a Abs. 3 der Notariatsordnung), weshalb der Berufung im Ergebnis ein Erfolg habe versagt bleiben müssen.

Mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 28. November 1989, Zl. B 985/89-4, wurde die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - gemäß § 34 Abs. 2 VwGG ergänzte - Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde, welche erklärt hat, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand zu nehmen, erwogen:

Die Abs. 1 bis 3 des § 117 a der Notariatsordnung haben nachstehenden Wortlaut:

"(1) Die Notariatskammer hat ein Verzeichnis über sämtliche Notariatskandidaten ihres Sprengels zu führen.

(2) Auf die Anzeige des Notars (§ 117 Abs. 2) darf als Notariatskandidat in dieses Verzeichnis nur eingetragen werden, wer nachweist, daß er österreichischer Staatsbürger, von ehrenhaftem Vorleben ist und das Studium der Rechtswissenschaften zurückgelegt hat. Außerdem darf er an dem Tag, mit dem seine erstmalige Eintragung wirksam würde, das 35. Lebensjahr nicht vollendet haben; eine neuerliche Eintragung in ein Verzeichnis nach dem 35. Lebensjahr ist nur zulässig, wenn der Betreffende bereits insgesamt mindestens ein Jahr als Notariatskandidat in einem Verzeichnis eingetragen gewesen ist.

(3) Auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 2 kann die Eintragung aus einem wichtigen Grund verweigert werden; solche sind besonders mangelnde Vertrauenswürdigkeit, anstößiger oder liederlicher Lebenswandel, zerrüttete Vermögensverhältnisse oder unzureichende Ausbildungsmöglichkeit."

Wie der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung zu entnehmen ist, hat die belangte Behörde die Eintragung des Beschwerdeführers in das Verzeichnis der Notariatskandidaten u. a. mit der Begründung verweigert, daß für den Beschwerdeführer bei Notar Dr. S. im Sinne des Abs. 3 der eben wiedergegebenen Gesetzesstelle nur eine unzureichende Ausbildungsmöglichkeit bestanden habe.

Der Beschwerdeführer tritt dieser Auffassung in der vorliegenden Beschwerde mit dem Argument entgegen, daß er in der Kanzlei des genannten Notars alle einem Notariatskandidaten zufallenden juristischen Arbeiten verrichtet habe, und nicht einzusehen sei, daß zwar bei ihm, nicht aber bei den vor seiner Anstellung in dieser Kanzlei tätigen Notariatskandidaten der Verweigerungsgrund der mangelnden Ausbildungsmöglichkeit gegeben gewesen sei, zumal der Arbeitsumfang der Kanzlei gar keine Änderung erfahren habe.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der in Rede stehende Grund für die Verweigerung der Eintragung in das Verzeichnis der Notariatskandidaten auch bei den vor der Tätigkeit des Beschwerdeführers bei dem erwähnten Notar beschäftigt gewesenen Notariatskandidaten gegeben war, weil es für die Frage der Rechtmäßigkeit der von der belangten Behörde getroffenen Entscheidung allein darauf ankommt, ob sie zu Recht davon ausgegangen ist, daß für den Beschwerdeführer bei diesem Notar keine ausreichende Ausbildungsmöglichkeit gegeben war. Eine derartige Annahme ist aber unter Zugrundelegung der schon erwähnten - ausführlichen - Aussage des Notars Dr. S. vom 6. Dezember 1988 gerechtfertigt, aus der sich u. a. ergibt, daß der Beschwerdeführer bei diesem Notar "fast ausschließlich im Gerichtskommissariat tätig" gewesen sei, und zwar "bei der Vorbereitung der Protokolle". Wie schon erwähnt, habe er manchmal Grundbuchsgesuche, jedoch nicht Verträge entworfen, wobei bei der vorbereitenden Tätigkeit bei Abhandlungen auch Erbteilungsübereinkommen ausgenommen gewesen seien. Der genannte Notar wolle allein arbeiten und habe deshalb den Beschwerdeführer nur vorübergehend angestellt und erklärt, den Beschwerdeführer nicht selbständig arbeiten und ihn nicht substituieren zu lassen. Ferner habe der Notar erklärt, derzeit keinen Kandidaten zu brauchen und auch gar nicht die Zeit für eine Ausbildung des Beschwerdeführers zu haben.

Dem § 117 a Abs. 3 der Notariatsordnung kann nicht entnommen werden, daß jenen Beweggründen Bedeutung zukommt, die für die mangelnde Bereitschaft des Notars maßgebend waren, den Beschwerdeführer auszubilden, weil es lediglich auf die tatsächliche Möglichkeit der ausreichenden Ausbildung ankommt, von der aber jedenfalls dann nicht die Rede sein kann, wenn, wie im Beschwerdefall, der zur Ausbildung allein berufene Notar - aus welchen Gründen immer - zu einer derartigen Ausbildung gar nicht bereit ist und, wie sich aus der erwähnten, am 6. Dezember 1988, also etwa sechs Monate nach Beginn der Beschäftigung des Beschwerdeführers bei diesem Notar durchgeführten Befragung des Letztgenannten ergibt, eine solche Ausbildung in der Tat auch nicht stattgefunden hat, also, wie schon die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit Recht gemeint hat, in der Person des anmeldenden Notars gelegene Umstände für die unzureichende Ausbildungsmöglichkeit sprechen.

In Erwiderung auf die erstmals in der Beschwerde vorgebrachte Behauptung des Beschwerdeführers, in der Kanzlei des Notars Dr. S. alle einem Notariatskandidaten zufallenden juristischen Arbeiten verrichtet zu haben, ist festzuhalten, daß der Verwaltungsgerichtshof darauf wegen des sich aus § 41 Abs. 1 VwGG ergebenden Neuerungsverbotes nicht einzugehen hat. Ferner ist darauf hinzuweisen, daß die geltend gemachten Verfahrensmängel im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG nicht wesentlich sind und daher auch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führen können, weil der Beschwerdeführer nicht zu erkennen gegeben hat, inwiefern die belangte Behörde im Zusammenhang mit der vorstehend erörterten Frage der beim Notar Dr. S. nicht bestandenen Möglichkeit einer ausreichenden Ausbildungsmöglichkeit zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Bescheid gekommen wäre, wenn ihm "Akteneinsicht in sämtliche Kammerakte" und in seinen "Personalakt beim Oberlandesgericht Linz" gegeben sowie u. a. der genannte Notar ungeachtet der bereits erfolgten eingehenden Befragung vom 6. Dezember 1988 nochmals vernommen worden wäre.

Die belangte Behörde ist also frei von Rechtsirrtum davon ausgegangen, daß bei dem in Rede stehenden Notar keine ausreichende Ausbildungsmöglichkeit für den Beschwerdeführer bestanden hat, womit aber klargestellt ist, daß die Eintragung in das Verzeichnis der Notariatskandidaten schon aus diesem Grunde zu Recht verweigert worden ist, sodaß auch nicht mehr untersucht zu werden braucht, ob der weitere, von der belangten Behörde herangezogene Abweisungsgrund eine derartige Verweigerung gerechtfertigt hat.

Die Beschwerde war daher schon aus den aufgezeigten Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne noch auf das übrige Beschwerdevorbringen eingehen zu müssen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990180047.X00

Im RIS seit

19.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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