TE Vwgh Erkenntnis 1990/6/13 89/03/0052

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Veröffentlicht am 13.06.1990
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs2a idF 1986/105;
StVO 1960 §5 Abs4;

Betreff

N gegen Steiermärkische Landesregierung vom 28. November 1988, Zl. 11-75 Pu 22-88, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 28. November 1988 in der Fassung des Berichtigungsbescheides dieser Behörde vom 31. März 1989 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 28. Oktober 1987 um 08.25 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw in Graz auf der Babenbergerstraße bis zum Haus Babenbergerstraße Nr. 35 in vermutlich alkoholbeeinträchtigtem Zustand gelenkt und sich dort um 08.50 Uhr nach Aufforderung eines Organes der Straßenaufsicht geweigert, sich einem bei der Bundespolizeidirektion Graz tätigen Arzt vorführen zu lassen, obwohl eine Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt den Verdacht der Beeinträchtigung durch Alkohol ergeben hatte. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 4 lit. a StVO begangen. Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b leg. cit. wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 8.000,-- (Ersatzarreststrafe eine Woche) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet ein, die belangte Behörde habe sein Vorbringen, daß er vom Straßenaufsichtsorgan vor die Alternative gestellt worden sei, entweder die Atemluftuntersuchung vorzunehmen oder sich dem Amtsarzt vorführen zu lassen, übergangen. Er habe von diesem Wahlrecht im Sinne der Fragestellung durch die Vornahme der Atemluftüberprüfung Gebrauch gemacht, weshalb die Bestrafung wegen der Weigerung, sich einem bei der Bundespolizeidirektion Graz tätigen Arzt vorführen zu lassen, rechtswidrig sei. Dem angefochtenen Bescheid sei auch nicht zu entnehmen, ob der Beschwerdeführer nach Durchführung der Atemluftuntersuchung neuerlich aufgefordert worden sei, zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt vorgeführt zu werden. Dazu komme, daß offen sei, zu welchem Arzt tatsächlich der Beschwerdeführer hätte vorgeführt werden sollen, zumal ein "bei der Bundespolizeidirektion Graz tätiger Arzt" nicht auch "ein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender" sei. Den Zeugenaussagen könne zu dieser Frage nichts entnommen werden.

Diesem Einwand kommt keine Berechtigung zu.

Wohl ist es richtig, daß sich weder die erste Instanz noch die belangte Behörde mit der vom Beschwerdeführer zwar nicht von Anbeginn, aber schon während des erstinstanzlichen Verfahrens und insbesondere in der Berufung aufgestellten Behauptung, er sei vom Straßenaufsichtsorgan vor die Wahl gestellt worden, entweder den Alkotest durchzuführen oder sich einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt vorführen zu lassen, nicht auseinandersetzte. Dennoch ist dieser Mangel nicht wesentlich. Abgesehen davon, daß sich für die Richtigkeit dieser Behauptung in den Verwaltungsstrafakten keinerlei Anhaltspunkte finden - weder der Anzeige noch den Aussagen der beiden als Zeugen vernommenen Polizeibeamten ist zu entnehmen, daß dem Beschwerdeführer ein Wahlrecht zwischen der Atemluftprobe und der Vorführung zum Arzt eingeräumt worden wäre -, wäre selbst bei Zutreffen dieser Behauptung für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen, weshalb es diesbezüglich auch keiner weiteren Ermittlungen, etwa durch eine neuerliche Befragung der Polizeibeamten, bedurfte. Denn die Aufforderung des Straßenaufsichtsorganes, entweder die Atemluftprobe vorzunehmen oder sich zum Amtsarzt vorführen zu lassen, könnte in Hinsicht auf den Inhalt der im Zusammenhang anzuwendenden Bestimmung des § 5 StVO, deren Kenntnis einem besonders geschulten und von der Behörde zur Durchführung der Atemluftprobe ermächtigten Organ zuzubilligen ist und die auch der Beschwerdeführer als geschulter Kraftfahrzeuglenker kennen muß, nur dahin verstanden werden, daß das Straßenaufsichtsorgan von der Durchführung der Atemluftprobe und einer allenfalls sich darauf stützenden Vorführung zum Amtsarzt Abstand nimmt, wenn sich der Beschwerdeführer (gleich) dem Amtsarzt vorführen läßt. Eine solche Aufforderung würde jedoch nicht - wie der Beschwerdeführer offenbar meint - zu dem Schluß berechtigen, daß (allein) mit der Durchführung des Alkotests unabhängig von seinem Ausgang der Aufforderung des Straßenaufsichtsorganes entsprochen wäre, es damit sein Bewenden hätte und der so Aufgeforderte selbst bei positivem Alkotest, der den Verdacht der Beeinträchtigung durch Alkohol ergeben hat, nicht (mehr) einen im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung vorgeführt werden dürfte. Dies würde in einem solchen Fall nicht nur den Sinn der Durchführung der Atemluftprobe überhaupt in Frage stellen, sondern wäre auch mit den diesbezüglichen Regelungen des § 5 StVO unvereinbar. Ausgehend davon war aber der Beschwerdeführer nach dem mit ihm durchgeführten und unbestritten positiv verlaufenen Alkotest, der den Verdacht der Beeinträchtigung des Beschwerdeführers durch Alkohol ergeben hat, selbst bei Zutreffen seiner Behauptung, daß er alternativ vor die Wahl gestellt worden sei, entweder "zu blasen" oder zum Amtsarzt mitzukommen, verpflichtet, sich dem Arzt vorführen zu lassen. Mit dem Einwand, die belangte Behörde habe sich nicht mit dem vorstehend angeführten Einwand auseinandergesetzt, vermag daher der Beschwerdeführer keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufzuzeigen.

Unzutreffend ist ferner der Vorwurf gegen die Tatumschreibung im Sinne des § 44a VStG, weil vollkommen offen bliebe, zu welchem Arzt der Beschwerdeführer tatsächlich hätte vorgeführt werden sollen. Dem von der belangten Behörde bestätigten Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ist in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu entnehmen, daß sich der Beschwerdeführer geweigert hat, einem bei der Bundespolizeidirektion Graz tätigen Arzt vorgeführt zu werden. Da die Organe der Straßenaufsicht gemäß § 5 Abs. 4 StVO berechtigt sind, die in lit. a angeführten Personen einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung vorzuführen, bleibt der weitere Einwand des Beschwerdeführers, daß nicht jeder bei der Bundespolizeidirektion Graz tätige Arzt auch ein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender sei, unverständlich. Die Tat ist aber entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers auch nach Zeit und Ort hinreichend konkretisiert.

Der Beschwerdeführer bestreitet ferner - wie schon im Verwaltungsstrafverfahren -, daß er zu dem in der Anzeige angeführten Zeitpunkt ein Fahrzeug gelenkt habe. Er habe sich um 8.45 Uhr im Landesinvalidenamt aufgehalten und sei dort längere Zeit gewesen. Er könne daher nicht - wie es in der Anzeige heiße - schon um 8.30 Uhr zu dem zum Teil rechtswidrig abgestellten Fahrzeug seines Onkels, auf den er dort habe warten wollen, zurückgekehrt und angehalten worden sein. Auch habe er mit dem Fahrzeug nicht wegfahren wollen. Gerade die Anbringung eines Lenkerverständigungszettels durch den Polizeibeamten beweise, daß er gar nicht in Verdacht gestanden sei, alkoholisiert ein Fahrzeug gelenkt zu haben.

Auch diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Mit der Frage, ob der Beschwerdeführer das Fahrzeug seines Onkels lenkte und im Tatortbereich abstellte, bevor er sich in das Landesinvalidenamt begab, hat sich bereits die Erstbehörde, auf deren diesbezügliche Begründung von der belangten Behörde ausdrücklich verwiesen wurde, eingehend und schlüssig auseinandergesetzt, ohne daß dem der Beschwerdeführer Stichhältiges entgegenzusetzen vermochte. Daß der Beschwerdeführer nicht schon beim ersten Kontakt mit dem Beamten die Lenkereigenschaft bestritt, sondern erst etwa ein halbes Jahr nach dem Vorfall sich damit rechtfertigte, daß er das Fahrzeug nicht gelenkt habe, läßt allein schon die Annahme der belangten Behörde, daß es sich bei dieser Rechtfertigung um eine Schutzbehauptung des Beschwerdeführers handle, als berechtigt erscheinen. Vor allem aber konnte sich die belangte Behörde in dieser Frage, ohne daß ihr eine Rechtswidrigkeit anzulasten ist, auf die von ihr in der Begründung ihres Bescheides angeführten Zeugenaussagen der Polizeibeamten stützen. Da der Beschwerdeführer, als er vom Polizeibeamten angehalten wurde, Alkoholsierungssymptome aufwies, war der Polizeibeamte berechtigt, den Beschwerdeführer aufzufordern, den Alkotest durchzuführen und, da dieser den Verdacht der Beeinträchtigung durch Alkohol ergeben hat, sich einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt vorführen zu lassen. Daß der Beschwerdeführer nicht (mehr) beabsichtigte, das Fahrzeug in Betrieb zu nehmen, ist bei diesem Sachverhalt rechtlich ohne Belang. Der Lenkerverständigungszettel wurde vom Polizeibeamten zu einem Zeitpunkte ausgestellt, als noch kein persönlicher Kontakt mit dem Beschwerdeführer stattfand, weshalb diese Verständigung auch keinen Beweis dafür darstellt, "daß der Beschwerdeführer gar nicht in Verdacht stand, alkoholisiert ein Fahrzeug gelenkt zu haben".

Der Beschwerdeführer wendet weiters ein, daß eine Vorführung zum Amtsarzt auch von der Rechtmäßigkeit der Atemluftuntersuchung abhänge. Nun sei die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt gemäß § 5 Abs. 2a StVO seit der 13. StVO-Novelle grundsätzlich dergestalt neu geregelt, als Atemluft nicht (mehr) in Promille gemessen bzw. überprüft werden könne, sondern in der nunmehr im § 5 Abs. 1 StVO getrennten Maßeinheit von mg/l (die ja mit Promille BAW nicht ident sein könne). Daß das beim Beschwerdeführer verwendete Untersuchungsgerät tatsächlich nicht die Atemluft auf Alkoholgehalt in mg/l messe bzw. der Markierungsring auf 0,4 mg/l "geeicht" sei, sei schon durch die mehr als 25 Jahre alte Verordnung in sich selbst widerlegt, sei doch am Alkoteströhrchen ein Markierungsring anzubringen, der ausdrücklich einen Blutalkoholwert in Promille überprüfe. Daß das verwendete Gerät den Atemalkohol überhaupt in mg/l "überprüft" oder eine entsprechende Umrechnungstabelle der Betriebsanleitung des Alkotests vom Erzeuger beigelegt worden sei, habe weder vom Meldungsleger noch von der belangten Behörde offengelegt werden können.

Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage. Gemäß § 5 Abs. 2a StVO in der Fassung der 13. StVO-Novelle, BGBl. Nr. 105/1986, ist die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt entweder a) mit einem Gerät, das nur den Verdacht der Beeinträchtigung durch Alkohol ergibt, oder

b) mit einem Gerät, das den Alkoholgehalt der Atemluft mißt und entsprechend anzeigt, vorzunehmen. Die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt ist demnach auch nach der 13. StVO-Novelle mit einem Gerät, das nicht den Alkoholgehalt der Atemluft mißt, sondern lediglich der Feststellung dient, ob ein begründeter Verdacht einer Alkoholisierung vorliegt, zulässig. Insoweit trat durch die 13. StVO-Novelle keine Änderung der Rechtslage ein (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. September 1988, Zl. 88/03/0042). Dementsprechend bestimmt § 4 der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 12. März 1987 über Atemalkoholmeßgeräte, BGBl. Nr. 106 in der Fassung BGBl. Nr. 390/1988, daß die Verordnung des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau vom 1. Jänner 1961, BGBl. Nr. 3, über die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt unberührt bleibt.

Dadurch, daß die belangte Behörde zwar die Berufung des Beschwerdeführers abwies, ihr aber doch im Strafausspruch Folge gab, wurde der Beschwerdeführer in keinem Recht verletzt.

Mit dem Einwand schließlich, daß auch dem angefochtenen Bescheid die konkreten Umstände des nunmehrigen Strafausspruches - von der belangten Behörde wurde die Strafe auf die gesetzliche Mindeststrafe von S 8.000,-- (eine Woche Ersatzarrest) herabgesetzt - nicht entnommen werden könnten und selbst die herabgesetzte Strafe "scheinbegründet und unüberprüfbar" sei, werden vom Beschwerdeführer keine Umstände geltend gemacht, die ein Unterschreiten der Mindeststrafe im Sinne des § 20 VStG in der Fassung der Novelle vom 21. Oktober 1987, BGBl. Nr. 516, erfordert und gerechtfertigt hätten.

Die zur Gänze unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung Alkoholisierungssymptome Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung Alkotest Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung ärztliche bzw klinische Untersuchung Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989030052.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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