TE Vwgh Erkenntnis 1990/6/13 89/03/0218

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Veröffentlicht am 13.06.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §99 Abs2 litc;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

N gegen Tiroler Landesregierung vom 22. Mai 1989, Zl. IIb2-V-7107/7-1989, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960

Spruch

Der Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 22. Mai 1989, der hinsichtlich seines Spruchteiles II als unangefochten unberührt bleibt, wird hinsichtlich seines Spruchteiles I einschließlich des Ausspruches über die Kosten des Strafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Das erstbehördliche Straferkenntnis vom 24. August 1988 enthält einen Spruch, der unter anderem wie folgt lautet:

    "Der Beschuldigte, ........ , hat am 11.07.1988, um

ca. 05.40 Uhr, den Pkw ...... auf der ....... -straße in

  ....... nördlicher Richtung gelenkt und bei km 12.7 unter

besonders gefährlichen Verhältnissen und mit besonderer

Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern folgende

Übertretungen begangen:

    1) Der Beschuldigte hat die im Ortsgebiet gesetzlich

zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h erheblich

überschritten;

    2) ........

    Der Beschuldigte hat dadurch Verwaltungsübertretung nach 1)

§ 20 (2) StVO i.V.m. § 99 (2) c StVO und 2) ...... begangen."

Gemäß § 99 Abs. 2 lit. c StVO wurde über den Beschwerdeführer zu 1) eine Geldstrafe in der Höhe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Tage und 8 Stunden) verhängt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Der angefochtene Bescheid enthält einen Spruch der unter

anderem wie folgt lautet:

"I) Hinsichtlich der im Punkt 1 vorgeworfenen Übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 wird der Berufung nur insoweit Folge gegeben, als die Geldstrafe gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 auf S 4.500,-- (Ersatzarrest 8 Tage) herabgesetzt wird.

II) Hinsichtlich der im Punkt 2) vorgeworfenen Übertretung nach § 20 Abs. 1 StVO 1960 wird der Berufung Folge gegeben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 lit. a VStG 1950 eingestellt."

Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, hinsichtlich der Übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO sei der Berufung insoweit Folge zu geben gewesen, als die Verhängung der Geldstrafe auf die Vorschrift des § 99 Abs. 3 lit. a StVO zu stützen gewesen sei, da keine spruchgemäßen Feststellungen darüber getroffen worden seien, worin die besonders gefährlichen Verhältnisse bestanden hätten. Der Vorwurf besonderer Rücksichtslosigkeit habe ebenfalls nicht aufrecht erhalten werden können, da als erwiesen anzusehen sei, daß sich zur Tatzeit außer dem Lenker des überholten Lkw keine weiteren Verkehrsteilnehmer im Tatortbereich befunden hätten.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

    Sofern die Behörde nicht eine geringere

Höchstgeschwindigkeit erläßt (§ 43 Abs. 2) oder eine höhere

Geschwindigkeit erlaubt (§ 43 Abs. 4), darf gemäß § 20 Abs. 2

StVO der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller

als 50 km/h ...... fahren.

    Nach § 99 Abs. 2 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung

und ist mit einer Geldstrafe von S 500,-- bis S 30.000,--

(Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden bis 6 Wochen) zu bestrafen,

(lit. c) wer als Lenker eines Fahrzeuges, z.B. ......... im

Hinblick auf eine allgemeine ..........

Geschwindigkeitsbeschränkung, unter besonders gefährlichen

Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber

anderen Straßenbenützern gegen die Vorschriften dieses

Bundesgesetzes ......... verstößt .........

Die unter § 99 Abs. 2 lit. c StVO fallenden Verwaltungsübertretungen stellen dem Tatbild nach einen qualifizierten Verstoß gegen die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung dar, die besonders gefährlichen Verhältnisse bzw. die besondere Rücksichtslosigkeit gehört somit zum Tatbild der betreffenden Verwaltungsübertretung (siehe unter anderem die hg. Erkenntnisse vom 11. Juni 1980, Zl. 459/80, und vom 11. Jänner 1984, Zl. 82/03/0100).

§ 44 a lit. a VStG 1950 bestimmt, daß der "Spruch" (§ 44 Abs. 1 Z. 6 leg. cit.), wenn er nicht auf Einstellung lautet, "die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten hat. D.h., daß die Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muß, daß kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist (siehe hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. N.F. Nr. 11894/A).

Nach § 44 a lit. b VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten.

Im vorliegenden Fall wurde im Spruch des Straferkenntnisses vom 24. August 1988 als Element der als erwiesen angenommenen Tat die Begehung "unter besonders gefährlichen Verhältnissen und mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern " angeführt (siehe hiezu im Spruch dieses Straferkenntnisses die auch für die unter Z. 1 mit den Merkmalen des Grunddeliktes nach § 20 Abs. 2 StVO umschriebene Tat maßgebende gemeinsame Einleitung des Spruches), als verletzte Verwaltungsvorschrift wurde "§ 20 (2) StVO i.V.m.

§ 99 (2) c StVO" bezeichnet.

Die belangte Behörde rückte in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon ab, einen Schuldspruch wegen Begehung "unter besonders gefährlichen Verhältnissen" zu treffen, und führte weiters aus, daß der Vorwurf besonderer Rücksichtslosigkeit ebenfalls nicht habe aufrecht erhalten werden können. Trotzdem unterließ sie es, im Spruch des angefochtenen Bescheides vorzusehen, daß im Spruch des - hinsichtlich des unter Punkt 1 angeführten, die Qualifikation laut gemeinsamer Einleitung mitumfassenden Schuldspruches im Verwaltungsrechtszug bestätigten - erstbehördlichen Straferkenntnisses die Worte "unter besonders gefährlichen Verhältnissen und mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern" zu entfallen hätten und daß als Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, nur § 20 Abs. 2 StVO anzuführen sei und daß das Zitat "i.V.m.

§ 99 (2) c StVO" zu entfallen habe. Mangels einer derartigen Anordnung im Spruch des angefochtenen Bescheides besteht zwischen diesem Spruch und der Begründung ein Widerspruch, der den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Es war daher im Wege der Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG vorzugehen, ohne daß auf das Beschwerdevorbringen im einzelnen einzugehen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens bezieht sich auf die Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes und betrifft ferner nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)Verwaltungsvorschrift Mängel im Spruch Divergenzen Spruch Begründung"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989030218.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.05.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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