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L65504 Fischerei Oberösterreich;Norm
ABGB §1460;Betreff
Gemeinde T gegen Oberösterreichische Landesregierung vom 2. Oktober 1989, Zl. N-400003-1058-I/Ko-1989, betreffend Eintragung eines Fischereirechtes in das Fischereibuch (mitbeteiligte Partei: B)
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde angeordnet, daß gemäß § 7 Abs. 9 des O.ö. Fischereigesetzes 1983, LGBl. Nr. 60, (FG 1983) im Fischereibuch für den politischen Bezirk S unter der ONr. 75b die Eintragung des Fischereirechtes des Mitbeteiligten betreffend den A-Bach der Hammerschmiede in M Nr. 8 vorzunehmen sei. Nach der Begründung gehe aus dem von der Fischereibehörde erster Instanz durchgeführten Ermittlungsverfahren, das im Berufungsverfahren keinerlei Widerspruch erfahren habe, hervor, daß der Mitbeteiligte die Hammerschmiede mit allen Rechten und Pflichten, die die Vorbesitzer gehabt hätten, erworben habe. Nach der eidesstättigen Erklärung des früheren Eigentümers der Hammerschmiede in M Nr. 8 hätten die Besitzer der Hammerschmiede in dem zu dieser gehörigen A-Bach das Fischereirecht ausgeübt. Die belangte Behörde gehe davon aus, daß das Fischereirecht am A-Bach der Hammerschmiede von deren Eigentümern und deren Vorfahren ersessen worden sei und daß der Mitbeteiligte als jetziger Eigentümer der Hammerschmiede auch dieses Fischereirecht miterworben habe. Demgegenüber seien seitens der Beschwerdeführerin Aussagen von Fischereipächtern im L-Bach vorgelegt worden, in denen jedoch lediglich bezeugt worden sei, daß im A-Bach der Hammerschmiede in M Nr. 8 von den Pächtern des L-Baches gefischt worden sei. Eine Feststellung, daß dadurch das Fischereirecht im genannten Gewässer der Beschwerdeführerin zustehe, lasse sich daraus jedoch nicht ableiten. Wenn überhaupt, könnte eine allfällige Ersitzung des Fischereirechtes im A-Bach nur durch die Pächter des L-Baches, die ja die ununterbrochene und unwidersprochene Ausübung der Fischerei seit längstens 1. April 1958 behauptet hätten, eingetreten sein. Ein Anspruch darauf werde allerdings von den Fischereipächtern nicht geltend gemacht, sodaß angenommen werden könne, daß diese auch nicht Eigentümer des Fischereirechtes im A-Bach der Hammerschmiede in M Nr. 8 seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie der Mitbeteiligte eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorweg sei bemerkt, daß der in der Gegenschrift der belangten Behörde vorgetragene Einwand, daß die Beschwerde vom GemeindeAMT T erhoben worden sei, dem mangels Rechtspersönlichkeit keine Beschwerdeberechtigung zukomme, nicht begründet ist, weil die Beschwerde zumindest am Ende mit "Gemeinde T" gefertigt ist. Damit ist die Person der Beschwerdeführerin aber hinreichend deutlich bezeichnet.
Gemäß § 7 Abs. 9 FG 1983 in der Fassung vor der O.ö. Fischereigesetz-Novelle 1990, LGBl. Nr. 16, muß jeder Eintragung im Fischereibuch ein darauf bezüglicher Bescheid der Behörde vorausgehen, der den Wortlaut der Eintragung festsetzt. Für diese Entscheidung stellt die Frage, wer in welchem Umfang Fischereiberechtigter eines Fischwassers ist, eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG 1950 dar, die, wenn - wie hier - die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens nicht gegeben sind, von der Behörde selbst zu beurteilen ist (vgl. zuletzt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1989, Zl. 89/03/0245).
Bei der Beurteilung dieser Frage ist im Beschwerdefall die Übergangsbestimmung des Punktes 1 (zu § 1) des § 50 FG 1983 zu berücksichtigen. Diese Bestimmung sieht vor, daß die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes (1. Jänner 1984) bestehenden Fischereirechte durch dieses Gesetz in ihrem Bestand und ihrem räumlichen Umfang nicht berührt werden. Sie steht daher der Begründung von Fischereirechten nach dem FG 1983 entgegen, die mit Fischereirechten kollidieren würden, welche am 1. Jänner 1984 auf Grund der Rechtslage nach dem Fischereigesetz vom 2. Mai 1895, LGuVBl. Nr. 32/1896, (FG 1895) bestanden haben. § 4 Abs. 2 FG 1895 ordnete an, daß das Recht der Fischerei in jenen Wasserstrecken oder Wasserflächen, in welchen bisher der freie Fischfang ausgeübt werden durfte, künftighin 1. in künstlichen Wasseransammlungen oder Gerinnen den Besitzern dieser Anlage; 2. in natürlichen Gewässern der Gemeinde, in deren Gebiet das Gewässer sich befindet, zusteht. Gemäß § 4 Abs. 3 leg. cit. ist es nach diesen Bestimmungen auch mit der im § 5 bezeichneten Ausnahme (Entstehen eines neuen Wasserlaufes in einem natürlichen Gewässer durch die Eröffnung eines Durchstiches) zu beurteilen, wem das Recht der Fischerei in neu entstehenden Wasseransammlungen oder Wasserläufen gebührt. Unter künstlichen, im Gegensatz zu natürlichen Gerinnen sind gemäß § 3 Abs. 1 leg. cit. solche Anlagen zu verstehen, in welchen das durch eine hiezu bestimmte ständige Vorrichtung (Teilungswerk, Wehr u.dgl.) von seinem Laufe abgelenkte Wasser zu einem besonderen Benützungszwecke fortgeleitet wird. Nach Abs. 3 der genannten Bestimmung ist hingegen das durch Regulierungsbauten (Leitwerke, Durchstiche u. dgl.) befestigte oder in seiner Richtung veränderte Gerinne eines natürlichen Wasserlaufes nicht als künstliches Gerinne anzusehen.
Nach dieser Rechtslage kommt es für die Beurteilung des im Beschwerdefall strittigen Fischereirechtes - so dieses nicht bereits vor dem Inkrafttreten des FG 1895 erworben wurde - darauf an, ob es sich beim A-Bach um ein natürliches oder um ein künstliches Gerinne im Sinne des § 3 Abs. 1 FG 1895 handelt. In letzterem Falle wäre das Fischereirecht gemäß § 4 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. den Besitzern dieser Anlage zugestanden. Handelte es sich hingegen um ein natürliches Gewässer, so wäre das Fischereirecht gemäß Z. 2 der genannten Bestimmung der Gemeinde zugestanden. Ob der A-Bach die Merkmale eines künstlichen Gerinnes im Sinne des § 3 Abs. 1 leg. cit. aufgewiesen hat und gegebenenfalls im Zeitpunkt seiner Anlegung bzw. des Inkrafttretens des FG 1895 im Besitz der Rechtsvorgänger des Mitbeteiligten gestanden ist, läßt sich den Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde nicht eindeutig entnehmen. Der Annahme der belangten Behörde, daß die Rechtsvorgänger des Mitbeteiligten das Fischereirecht am A-Bach ersessen hätten, liegt offenbar zugrunde, daß das Fischereirecht ursprünglich jemandem anderen zugestanden ist (ein Recht, das einem schon gehört, kann man nicht ersitzen). Gegen wen die Rechtsvorgänger des Mitbeteiligten das Fischereirecht ersessen haben, geht aus der Begründung des angefochtenen Bescheides allerdings ebensowenig hervor wie die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen für die von der belangten Behörde angenommene Ersitzung. Ein vom Eigentum abgesondert in Erscheinung tretendes Fischereirecht war auch nach der vor dem Inkrafttreten des FG 1983 geltenden Rechtslage ein selbständiges dingliches Recht und konnte grundsätzlich durch Ersitzung erworben werden (vgl. SZ 47/88). Die Ersitzung erforderte zumindest (§ 1460 in Verbindung mit § 1477 ABGB) den wirklichen, redlichen und echten Besitz durch einen Zeitraum von dreißig bzw. in den Fällen des § 1472 ABGB vierzig Jahren. Zu einer verläßlichen Beurteilung, ob diese Voraussetzungen im Beschwerdefall zugunsten des Mitbeteiligten bzw. seiner Rechtsvorgänger erfüllt sind, reichen die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen nicht aus. Der Sachverhalt bedarf daher in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG).
Darüber hinaus verkannte die belangte Behörde die Rechtslage, wenn sie meinte, daß die Ausübung der Fischerei im A-Bach durch die Pächter des L-Baches nur eine allfällige Ersitzung des Fischereirechtes im A-Bach für die Pächter, nicht aber für die Beschwerdeführerin (Verpächterin des Fischereirechtes im L-Bach) bewirken könne. Sie übersieht dabei, daß Besitzausübung auch durch Stellvertreter, Gehilfen und Besitzmittler möglich ist. So kann der Pächter als Besitzmittler Ersitzungsbesitz für den Verpächter begründen, wobei die Dauer des den Sachbesitz des Verpächters vermittelnden Pachtverhältnisses gemäß § 1493 ABGB unter den dort normierten Voraussetzungen in die Ersitzungszeit einzurechnen ist (vgl. Schubert in Rummel, RZ 3 zu § 1460 ABGB; SZ 50/130). Wenn es die belangte Behörde auf Grund ihrer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht unterlassen hat, nach Aufnahme der von der Beschwerdeführerin zu ihrer im Verwaltungsverfahren aufgestellten Behauptung, daß das Fischereirecht im A-Bach "schon immer" von den Pächtern des L-Baches "ausgenützt" worden sei, angebotenen Beweise die zur Beurteilung einer allfälligen durch Besitzmittlung zustande gekommenen Ersitzung des strittigen Fischereirechtes für die Beschwerdeführerin erforderlichen Feststellungen zu treffen, so belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Da die Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes einer Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil an Schriftsatzaufwand ein höherer als der hiefür vorgesehene Pauschalbetrag nicht zugesprochen werden kann.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990190016.X00Im RIS seit
18.06.1990Zuletzt aktualisiert am
31.03.2010