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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;Betreff
N gegen Bundespolizeidirektion Villach vom 5. September 1989, Zl. Fr-1999/75, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Villach vom 19. Juli 1976 war gegen den nunmehrigen Beschwerdeführer, einen italienischen Staatsbürger, gemäß § 3 Abs. 1 und 2 lit. b in Verbindung mit § 4 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. 75/1954, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet Österreich erlassen und dieses damit begründet worden, daß der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 19. März 1976 wegen des Verbrechens nach den §§ 15, 202 Abs. 1, 201 Abs. 1 StGB (Notzucht, versuchte Nötigung zum Beischlaf) zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren rechtskräftig verurteilt worden wäre. Dieser Bescheid ist nach Ausweis der Akten in Rechtskraft erwachsen.
Nach Verbüßung seiner Strafe wurde der Beschwerdeführer am 3. September 1979 (nach Italien) außer Landes geschafft.
2. Mit an die Bundespolizeidirektion Villach gerichteter Eingabe vom 7. April 1989 stellte der Beschwerdeführer, vertreten durch einen Rechtsanwalt, den Antrag auf Aufhebung des über ihn verhängten unbefristeten Aufenthaltsverbotes. Begründet wurde dieser Antrag damit, daß seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes 13 Jahre vergangen seien und er sich während dieses Zeitraumes wohlverhalten habe; ferner damit, daß er in S den Beruf eines Holzgroßhändlers ausübe und sich der Schwerpunkt seiner Geschäftstätigkeit auf Österreich beziehe, woraus folge, daß die Geschäftsabwicklung bzw. Verkaufsverhandlungen einen zeitweisen Aufenthalt in Österreich erforderlich machten; schließlich damit, daß er seit längerer Zeit mit einer in Landskron wohnhaften (namentlich genannten) Frau befreundet sei und diese persönliche Beziehung auch einen wichtigen Grund darstelle, um wieder nach Österreich einreisen zu können.
Zu diesem Antrag teilte die genannte Behörde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 8. August 1989 mit, daß das Aufenthaltsverbot nicht aufgehoben werden könne, "da die Strafe des Landesgerichtes Klagenfurt noch nicht getilgt ist".
In seiner dazu abgegebenen Äußerung vom 24. August 1989 nahm der Beschwerdeführer dahingehend Stellung, daß es seiner Meinung nach im vorliegenden Zusammenhang nicht auf die Tatsache der noch nicht erfolgten Tilgung der gerichtlichen Verurteilung ankomme. Im übrigen wiederholte er die im Antrag vom 7. April 1989 vorgetragenen Argumente die seiner Ansicht nach für die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes sprächen.
3. Mit Bescheid vom 5. September 1989 wies die Bundespolizeidirektion Villach (die belangte Behörde) den Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes gemäß § 8 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. 75/1954, (FrPolG) ab und sprach aus, daß das Aufenthaltsverbot aufrecht bleibe.
Die belangte Behörde - so die Begründung - sei der Ansicht, daß die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt hätten, nicht weggefallen seien. Die vom "Landesgericht" ausgesprochene Strafe sei noch nicht getilgt. Der Grund für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei noch vorhanden. Auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf seine wirtschaftlichen Beziehungen zu Österreich und seine freundschaftlichen Beziehungen zu einer Österreicherin vermöge die Behörde zu keiner anderen Auffassung zu bewegen. Die öffentlichen Interessen, die aufgrund der Bestrafung des Beschwerdeführers zu wahren seien, seien schwerwiegender als die vom Beschwerdeführer geltend gemachten wirtschaftlichen und "freundschaftlichen" Interessen.
4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde jedoch mit Beschluß vom 26. Februar 1990, B 1215/89, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend und begehrt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
5. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 8 FrPolG ist das Aufenthaltsverbot von der Behörde, die es erlassen hat, auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe für seine Erlassung weggefallen sind.
Nach dieser Bestimmung, die ihren Inhalt nur aus dem Zusammenhalt mit § 3 leg. cit. (nunmehr idF der Novelle BGBl. Nr. 575/1987) gewinnt, hat sich die Behörde mit der Frage auseinanderzusetzen, ob sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes jene Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen anderseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben, und daran anschließend diese Interessen gegeneinander abzuwägen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 1990, Zl. 90/19/0158).
2.1. Entgegen der Ansicht der Beschwerde hat die belangte Behörde nicht zu Unrecht darauf Bedacht genommen, daß die für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes über den Beschwerdeführer maßgebend gewesene rechtskräftige Verurteilung wegen §§ 15, 202 Abs. 1, 201 Abs. 1 zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht getilgt war, steht doch damit - dafür, daß die Verurteilung durch ein außerordentliches Rechtsmittel beseitigt worden wäre, findet sich in den Akten kein Anhaltspunkt und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet - fest, daß diese Verurteilung nach wie vor aufrecht ist; dies mit Folge, daß sie nach der derzeit geltenden Rechtslage, näherhin gemäß § 3 Abs. 2 Z. 1 FrPolG in der Fassung BGBl. Nr. 575/1987, als "bestimmte Tatsache" im Sinne des § 3 Abs. 1 leg. cit. zu werten wäre und solcherart - vorbehaltlich einer zuungunsten des Beschwerdeführers ausgehenden Interessenabwägung nach § 3 Abs. 3 leg. cit. - die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertigen würde. Die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen maßgeblichen Umstände haben sich demnach insoweit seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht zugunsten des Beschwerdeführers geändert.
Was die Behauptung des Beschwerdeführers er habe sich in den vergangenen 14 Jahren wohlverhalten, anlangt, so kann dahingestellt bleiben, ob dieses Vorbringen zutrifft. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, würde dies das Gewicht der für die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen nicht entscheidend verringern.
2.2. Die Beschwerde irrt auch, wenn sie meint, die belangte Behörde habe die vom Beschwerdeführer im Verfahren geltend gemachten privaten (familiären und beruflichen) Interessen nicht mit den für die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen gegeneinander abgewogen. Wenn auch die Begründung des angefochtenen Bescheides, mit dem die belangte Behörde zu dem Schluß kam, daß die einschlägigen öffentlichen Interessen (Schutz der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit) die ins Treffen geführten Privatinteressen überwiegen würden, mangelhaft erscheint, so ist dieser Mangel jedenfalls nicht wesentlich. Denn zur behaupteten Beeinträchtigung der Berufsausübung hat der Beschwerdeführer, indem er in seinem Aufhebungs-Antrag vom 7. April 1989 darauf hinwies, daß bisher andere Personen für ihn die Verkaufsverhandlungen in Österreich geführt hätten und seine Geschäftspartner zu ihm nach Italien gekommen seien, selbst deutlich zum Ausdruck gebracht, daß das gegen ihn wirksame Aufenthaltsverbot zwar gewisse Erschwernisse in der Ausübung seines Berufes als Holzhändler mit sich bringt, ihn jedoch keineswegs daran hindert, seine berufliche Tätigkeit - auch schwerpunktmäßig - in Österreich zu entfalten. Von einer Beeinträchtigung des "beruflichen Fortkommens" i.S. des § 3 Abs. 3 Z. 3 FrPolG kann somit nicht die Rede sein. Was schließlich das Vorbringen des Beschwerdeführers anlangt, er sei seit längerer Zeit mit einer Österreicherin "befreundet" und habe den Wunsch, sie bisweilen auch in Österreich zu besuchen, so hat die belangte Behörde diesem privaten Interesse zu Recht nicht ein Gewicht beigemessen, welches das nach wie vor bestehende öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes aufwiegen könnte.
3. Bei diesem Ergebnis ist sämtlichen Verfahrensrügen in bezug auf unzureichende Ermittlung des Sachverhaltes und Nichtbeachtung von Beweisanträgen zur Darlegung des Vorhandenseins und des Gewichtes der vom Beschwerdeführer geltend gemachten privaten Interessen der Boden entzogen, weshalb auf die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen nicht weiter eingegangen zu werden brauchte.
4. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990190244.X00Im RIS seit
18.06.1990