Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
N gegen Landeshauptmann von Wien vom 29. September 1989, Zl. MA 63-K 82/88/Str., betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973.
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner in Beschwerde gezogenen Spruchpunkte II. und III. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.710,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien
- Magistratisches Bezirksamt für den 2. Bezirk - vom 6. Oktober 1988 wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:
"Sie haben als Filialgeschäftsführer der A-AG am 7.1.1988 insofern nicht für die Einhaltung der in Betriebsanlagenbescheiden vorgeschriebenen Auflagen gesorgt, als
1) entgegen Punkt 4) des Betriebsanlagenbescheides vom 9.9.1982, MBA 2 - BA 3772/1/82, die Mindestbreite des Hauptverkehrsweges weniger als 1,25 m betrug;
2) entgegen Punkt 7) des Betriebsanlagenbescheides vom 9.9.1982, MBA 2 - BA 3772/1/82, der Abstellplatz der Einkaufswagen nicht durch Pforten, Geländer und dergleichen so abgegrenzt war, sodaß die abgestellten Einkaufswägen nicht selbst abrollen können;
3) entgegen Punkt 8) des Betriebsanlagenbescheides vom 9.9.1982, MBA 2 - BA 3772/1/82, durch das Aufstellen einer dritten Kassa von dem vor den Kassen befindlichen Stauraum kein jederzeitiges Erreichen des Ausganges gewährleistet war;
4) entgegen Punkt 17) des Betriebsanlagenbescheides vom 9.9.1982, MBA 2 - BA 3772/1/82, in der Hauseinfahrt leere und gefüllte Gittercontainer abgestellt waren;
5) entgegen Punkt 25) des Betriebsanlagenbescheides vom 9.9.1982, MBA 2 - BA 3772/1/82, im jeweils obersten Regalfach zweier Regale jeweils ca. 25 Stück Druckgaspackungen übereinandergestapelt wurden;
6) entgegen Punkt 31) des Betriebsanlagenbescheides vom 9.9.1982, MBA 2 - BA 3772/1/82, die Türe vom Lager in das interne Stiegenhaus mittels eines Keiles offengehalten und die Türe zum Maschinenraum insoferne nicht brandhemmend gemäß ÖNORM B 3850 eingerichtet war, als sie nicht selbstschließend eingerichtet war;
7) entgegen Punkt 35) des Betriebsanlagenbescheides vom 9.9.1982, MBA 2 - BA 3772/1/82, der Ausgang aus dem Verkaufsraum im Bereich des Hintertraktes durch einen Gitterkorb, gefüllt mit Sektflaschen sowie durch Speiseöldosen, verstellt war;
8) entgegen Punkt 43) des Betriebsanlagenbescheides vom 9.9.1982, MBA 2 - BA 3772/1/82, im internen Stiegenhaus große Mengen an Waren gelagert wurden;
9) entgegen Punkt 46) des Betriebsanlagenbescheides vom 9.9.1982, MBA 2 - BA 3772/1/82, in Abständen von 2-3 m über dem Hauptverkehrsweg ca 70 x 30 cm große, leicht brennbare Kartonschilder als Dekoration angebracht waren;
10) entgegen Punkt 48) des Betriebsanlagenbescheides vom 9.9.1982, MBA 2 - BA 3772/1/82, die Kontrolle der Sicherheitsbeleuchtung auf ihre einwandfreie Funktion zuletzt im August 1986 erfolgte.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 367 Ziffer 26 der Gewerbeordnung 1973, BGBl. Nr. 50/1974, in Verbindung mit § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1950 bzw. § 370 der Gewerbeordnung 1973 und im Zusammenhalt mit obzitierten Bescheidpunkten."
Hiefür wurden über den Beschwerdeführer gemäß § 367 Einleitungssatz GewO 1973 Geldstrafen im Gesamtausmaß von S 42.000,-- sowie Ersatzarreststrafen im Gesamtausmaß von 42 Tagen verhängt. Zur Begründung wurde ausgeführt, gemäß der im Spruch zitierten Gesetzesstelle begehe derjenige eine Verwaltungsübertretung, der die in Betriebsanlagenbescheiden vorgeschriebenen Auflagen nicht einhalte. Der im Spruch näher ausgeführte Sachverhalt sei auf Grund der Anzeige der MA 36 und den zusätzlichen Erhebungen als erwiesen anzusehen. Dem Beschwerdeführer sei mittels Beschuldigten-Ladungsbescheides Gelgenheit zur Rechtfertigung geboten worden. Der Äußerung des Beschwerdeführers sei entgegenzuhalten, daß der Täter bei der angelasteten Tat glaubhaft zu machen hätte, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Diese Glaubhaftmachung sei aber durch sein Vorbringen nicht erreicht worden. Es sei deshalb sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite als erwiesen anzusehen.
Über eine dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers erkannte der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 29. September 1989 dahin, daß das erstbehördliche Straferkenntnis in den Punkten 1), 3), 4) sowie 9) und 10) zur Gänze und in Punkt 6) insoweit behoben werde, als dem Beschwerdeführer in diesem Punkt angelastet werde, daß die Tür vom Lager in das interne Stiegenhaus nicht brandhemmend gewesen sei, weil sie mittels eines Keiles offengehalten worden sei. Das Straferkenntnis werde überdies insoweit behoben und das Verfahren in dieser Hinsicht gemäß § 45 Abs. 1 lit. a VStG 1950 eingestellt, als dem Beschwerdeführer zur Last gelegt worden sei, durch das in den genannten Punkten umschriebene Verhalten die Auflagen der Punkte 4), 8), 17), 46), 48) und 31) des Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes für den 2. Bezirk vom 9. September 1982, MBA 2 - Ba 3772/1/82, verletzt zu haben und deswegen über ihn Strafen verhängt worden seien (Spruchpunkt I.). Weiters wurde ausgesprochen, daß im Punkt 8) gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 das erstbehördliche Straferkenntnis behoben und die Angelegenheit in diesem Punkt zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verwiesen worden sei (Spruchpunkt II.). Des weiteren wurde im Spruchpunkt III.) ausgesprochen, daß das erstbehördliche Straferkenntnis in den Punkten 2), 5), 6) teilweise sowie 7) gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 mit der Maßgabe bestätigt werde, daß sein Spruch zu lauten habe:
"Sie haben es als von der A-AG für die Ausübung des auf den Kleinhandel beschränkten Handelsgewerbes in der weiteren Betriebsstätte in Wien 2. bestellter und der Behörde angezeigter Filialgeschäftsführer zu verantworten, daß am 7. Jänner 1988 beim Betrieb der gewerblichen Betriebsanlage in Wien 2. gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 GewO 1973 in Bescheiden vorgeschriebene Auflagen nicht eingehalten worden seien, als
a) entgegen Punkt 7) des Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes für den 2. Bezirks vom 9. September 1982, MBA 2 - Ba 3772/1/82, der Abstellplatz der Einkaufswagen nicht durch Pfosten, Geländer und dergleichen so abgegrenzt war, daß die abgestellten Einkaufswagen nicht selbst abrollen können,
b) entgegen Punkt 25) des zitierten Bescheides im jeweils obersten Regalfach zweier Verkaufsregale je ca. 25 Stück Druckgaspackungen übereinandergestapelt waren,
c) entgegen Punkt 31) des zitierten Bescheides die Türe zum Maschinenraum nicht brandhemmend gemäß der ÖNORM B 3850 ausgeführt war, weil sie nicht als selbstschließend eingerichtet war, und
d) entgegen Punkt 35) des zitierten Bescheides der Ausgang aus dem Verkaufsraum im Bereich des Hintertraktes durch einen Gitterkorb, gefüllt mit Sektflaschen, sowie durch Speiseöldosen verstellt war."
Der Beschwerdeführer habe hiedurch die Rechtsvorschriften des § 367 Z. 26 GewO 1973 in Verbindung mit den zitierten Auflagen des Bescheides vom 9. September 1982,
MBA 2 - Ba 3772/1/82, verletzt und es würden wegen dieser Verwaltungsübertretung über ihn zu a) bis d) Geldstrafen von je S 1.000,-, zusammen S 4.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen Ersatzfreiheitsstrafen zu a) bis d) von je 24 Stunden, zusammen 96 Stunden, gemäß § 367 Einleitungssatz GewO 1973 und § 16 Abs. 2 VStG 1950 verhängt. Die weiteren Aussprüche betreffen die Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens sowie die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Strafvollzuges. Zur Begründung wurde ausgeführt, ein Organ der Magistratsabteilung 36 (Technische Gewerbeangelegenheiten und Feuerpolizei) habe am 7. Jänner 1988 die Betriebsanlage in Wien 2. überprüft und dabei festgestellt, daß eine Reihe von Auflagen des rechtskräftigen Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes für den 2. Bezirk vom 9. September 1982, MBA 2 - Ba 3772/1/82, nicht eingehalten worden seien. Auf Grund dieses Sachverhaltes habe die Erstbehörde gegen den Beschwerdeführer als den für die Ausübung des auf den Kleinhandel eingeschränkten Handelsgewerbes der A-AG in der weiteren Betriebsstätte in Wien 2. bestellten und der Gewerbebehörde angezeigten Filialgeschäftsführer nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens das mit Berufung bekämpfte Straferkenntnis erlassen. In der Berufung werde das Straferkenntnis seinem gesamten Umfang nach angefochten und vorgebracht, es seien nicht die zur rechtlichen Beurteilung notwendigen Feststellungen getroffen worden, woraus sich eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens und eine unrichtige rechtliche Beurteilung ergebe. Darüber hinaus werde zu Punkt 1) des Straferkenntnisses vorgebracht, daß die Behörde nicht festgestellt habe, in welchen Bereichen des Betriebes sich Verengungen des Hauptverkehrsweges ergeben hätten, außerdem fehle eine Konkretisierung der diese Verengung bewirkenden Gegenstände. Allein die Angabe, daß es sich um Getränkekisten und Sonderplazierungen gehandelt habe, lasse diesen Tatvorwurf nicht nachvollziehen. In weiterer Folge wird im angefochtenen Bescheid nach Begründungsdarlegungen zum Ausspruch laut Punkt I.) zum Spruchpunkt II. ausgeführt, im Punkt 8) des erstbehördlichen Straferkenntnisses werde gegen den Beschwerdeführer der Vorwurf erhoben, es seien entgegen der Auflage im Punkt 43) des Genehmigungsbescheides im internen Stiegenhaus große Mengen an Waren gelagert worden. Nach dem Punkt 43) des Genehmigungsbescheides dürften Verbindungswege weder verstellt noch eingeengt werden. Es sei nicht geklärt worden, ob das in Rede stehende interne Stiegenhaus überhaupt als Verbindungsweg im Sinne des Punktes 43) des Bescheides zu verstehen sei. Das erstbehördliche Straferkenntnis sei daher in Ansehung dieses Vorwurfes gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 zu beheben, und die Angelegenheit zur Klärung der noch offenen Frage, welche in mündlicher Verhandlung mit dem Beschwerdeführer und dem gewerbetechnischen Amtssachverständigen zu erfolgen habe, an die Behörde erster Instanz zu verweisen, welche hierüber einen neuen Bescheid zu erlassen habe. Zum Spruchpunkt III. wurde ausgeführt, nach der Auflage im Punkt 7) des Genehmigungsbescheides seien nächst den Ausgängen Abstellplätze für Einkaufswagen anzulegen und durch Pfosten, Geländer und dgl. so abzugrenzen, daß abgestellte Einkaufswagen nicht selbst abrollen könnten. In der Berufung werde dazu vorgebracht, daß der Abstellplatz für die Einkaufswagen auf Anweisung des Beschwerdeführers gemäß dem Auflagepunkt 7) des Bescheides ausgestaltet worden sei. Es seien am Boden Pfosten angebracht und es sei gleichzeitig auch ein Geländer montiert worden. Ein selbständiges Abrollen der abgestellten Einkaufswagen sei unmöglich. Die betreffenden Arbeiten seien nach den mitvorgelegten Rechnungskopien am 30. April und am 16. Dezember 1986 vorgenommen worden. Das Organ der Magistratsabteilung 36, welches am 7. Jänner 1988 die Erhebung im Betrieb in Wien 2. durchgeführt habe, habe dazu angegeben, daß zwar Pfosten und ein Geländer angebracht worden seien, diese Vorrichtungen aber durch die Art und Weise ihrer Anbringung ein selbständiges Abrollen der Einkaufswagen nicht verhindern hätten können, weil das Geländer zu hoch angebracht sei und keine Abstopeinrichtungen vorhanden seien. Der Beschwerdeführer sei dieser Äußerung der Magistratsabteilung 36 nicht entgegengetreten. Die erkennende Behörde könne daher davon ausgehen, daß die Tatbestandsmäßigkeit des dem Beschwerdeführer im Punkt 2) des Straferkenntnisses angelasteten Verhaltens außer Zweifel stehe. Dem Vorwurf im Punkt 5) des erstbehördlichen Straferkenntnisses, daß im jeweils obersten Regalfach zweier Regale jeweils ca. 25 Stück Druckgaspackungen übereinandergestapelt gewesen seien, halte der Beschwerdeführer entgegen, die Behörde habe nicht festgestellt, ob es sich um ein Verkaufs- oder ein Lagerregal gehandelt habe und ob die übereinandergestapelten Druckgaspackungen lose übereinandergestanden seien oder sich noch in einer Transportverpackung befunden hätten. Tatsächlich habe es sich um eine sogenannte Lagerplatte gehandelt, worunter man die Abschlußplatte eines in sich geschlossenen Regales verstehe, wobei die feuerhemmende Hinterseite und die beiden feuerhemmenden Seitenteile um ca. 25 cm hinaufgezogen seien. Diese Lagerfläche sei nach oben und nach vorne hin offen. Die Lagerplatte befinde sich in einer Höhe von ca. 2 m vom Fußbodenniveau und eigne sich daher für die Selbstbedienung durch die Kunden nicht. Angeboten zum Verkauf und zur Selbstbedienung würden die Druckgaspackungen ausschließlich in den darunterliegenden Fächern. Die Lagerung der Druckgaspackungen auf der Lagerplatte erfolge regelmäßig in der Transportverpackung, d.h. entweder in Kartons oder in einer Schrumpffolie eingeschweißt. Dadurch ergebe sich eine hohe Stabilität der Packung und es sei gewährleistet, daß diese weder herabrollen noch herabfallen könne. Die Magistratsabteilung 36 habe dazu festgestellt, daß sich die beiden Regale im Verkaufsraum befunden hätten und in einem Selbstbedienungsladen Regale im Verkaufsraum daher als Verkaufsregale zu betrachten seien. Außerdem seien die übereinandergestapelten Druckgaspackungen lose übereinandergeschlichtet gewesen. Bezüglich des Vorrätighaltens von Druckgaspackungen in Transportverpackungen gelte überdies Punkt 27) des Betriebsanlagenbescheides. Auch dieser Feststellung der Magistratsabteilung 36 sei der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten, sodaß die erkennende Behörde auch in dieser Hinsicht von der Tatbestandsmäßigkeit habe ausgehen können. Die ÖNORM B 3850 verlange von einer brandhemmenden Türe, daß sie von selbst ins Schloß fallend eingerichtet sei. Der Beschwerdeführer habe zugestanden, daß die Tür zum Maschinenraum im Keller nicht mit einer Selbstschließeinrichtung ausgestattet gewesen sei. Der Punkt 6) des Straferkenntnisses sei daher in Ansehung dieses Tatvorwurfes in der Schuldfrage zu bestätigen gewesen. Nach der Auflage im Punkt 35) des Genehmigungsbescheides sei als Notausgang der Ausgang aus dem Verkaufsraum im Bereich des Hintertraktes einzurichten, zu bezeichnen und zu erhalten, wobei ein unverstellter, ausreichend beleuchteter Weg ins Freie gewährleistet sein müsse. Nach der Feststellung der Magistratsabteilung 36 sei dieser Notausgang am 7. Jänner 1988 durch einen mit Sektflaschen gefüllten Gitterkorb sowie durch Speiseöldosen verstellt gewesen. Auch eine nur kurzfristige Abstellung von Sektflaschen und Öldosen habe die Verstellung des Notausganges zur Folge gehabt, was im Gefahrenfall zu einer Gefährdung der im Betrieb beschäftigten Personen führen könne. Es habe sich daher erübrigt, auf das Vorbringen, daß der Ausgang noch immer über die notwendige Breite verfügt habe, einzugehen, weil ein Notausgang in der gesamten Breite nicht verstellt werden dürfe. Der Vorwurf im Punkt 7) des erstbehördlichen Straferkenntnisses bestehe daher gleichfalls zu Recht. Zusammenfassend ergebe sich daher, daß in den Fällen, in denen die Berufungsbehörde nicht mit der Einstellung vorgegangen sei, die Tatbestandsmäßigkeit außer Zweifel stehe und der Beschuldigte nicht habe glaubhaft machen können, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften, denen er zuwidergehandelt habe, kein Verschulden treffe, weshalb das erstbehördliche Straferkenntnis in diesen Fällen mit den vorgenommenen Änderungen, zu denen die Berufungsbehörde nach § 66 Abs. 4 AVG 1950 berechtigt gewesen sei, dem Grunde nach zu bestätigen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht, nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung bestraft zu werden, sowie weiters in dem Recht auf Durchführung eines gesetzmäßigen Strafverfahrens verletzt. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften in Ansehung des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides vor, im Punkt 8) des erstbehördlichen Straferkenntnisses werde ihm vorgeworfen, es seien - entgegen der Auflage im Punkt 43) des Genehmigungsbescheides - im internen Stiegenhaus große Mengen an Waren gelagert worden. Punkt 43) des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides laute: "Verbindungswege dürfen weder verstellt noch eingeengt werden." Nun habe die Berufungsbehörde richtig erkannt, daß im erstbehördlichen Verfahren nicht geklärt worden sei, ob es sich bei diesem internen Stiegenhaus um einen "Verbindungsweg" im Sinne des Punktes 43) gehandelt habe oder nicht, und habe aus diesem Grund das Straferkenntnis behoben und die Sache zur Durchführung der Verhandlung und Entscheidung an die Behörde erster Instanz verwiesen. Dadurch sei die Bestimmung des § 66 AVG 1950 verletzt worden, wonach die Behörde notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens selbst vorzunehmen oder durch die Behörde erster Instanz durchführen zu lassen habe. Die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 AVG 1950 seien nicht gegeben gewesen. Eine einfache Besichtigung an Ort und Stelle hätte zur Klärung der offenen Frage genügt. Des weiteren wird zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides ausgeführt, im Punkt 7) des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides sei verfügt:
"Nächst den Ausgängen seien Abstellplätze für Einkaufswagen anzulegen und durch Pfosten, Geländer und dergleichen so abzugrenzen, daß abgestellte Einkaufswagen nicht selbst abrollen können." Im gesamten bisherigen Verfahren sei ihm nicht angelastet worden, daß es sich tatsächlich um einen derartigen Abstellplatz für Einkaufswagen "nächst den Ausgängen" handle, sodaß hier die Tatbeschreibung unvollständig bzw. mit der Bescheidauflage nicht in Einklang stehend sei. Gemäß § 44 a VStG 1950 habe ein Erkenntnis, das nicht auf Einstellung laute, u.a. die als erwiesen angenommene Tat und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden sei, genau zu bezeichnen. Dies habe die Behörde im gegenständlichen Fall unterlassen. Eine nachträgliche Ergänzung außerhalb der Verjährungsfrist bzw. eine nachträgliche Heilung sei nicht möglich. Gemäß Punkt 25) des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides sei angeordnet: "Auf Verkaufsregalen hat die Aufbewahrung von Druckgaspackungen so zu erfolgen, daß diese nicht herabfallen oder herabrollen können. In einem Fach dürfen sie nicht übereinandergestapelt werden." Er habe sich dahingehend verantwortet, daß es sich bei dem gegenständlichen Regal nicht um ein Verkaufsregal gehandelt habe, sondern, daß diese Ware in einem sogenannten Lagerfach bzw. auf einer Lagerplatte gelagert gewesen sei, die auch schon auf Grund der Tatsache, daß sie sich ca. 2 m überhalb des Fußbodenniveaus befinde, kein Verkaufsregal, in dem Waren für den Kunden zur Selbstbedienung angeboten würden, darstelle. Die Beanstandung habe sich nicht auf ein Verkaufsregal bezogen, in dem die Ware angeboten worden sei. Das diesbezügliche Verkaufsregal sei in der gegenständlichen Filiale ganz anders situiert gewesen. Sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im erstinstanzlichen Straferkenntnis habe die Anlastung, daß die Lagerung dieser Druckgaspackungen in einem Verkaufsregal erfolgt wäre, gefehlt. Die nunmehr außerhalb der Verjährungsfrist durch die Berufungsbehörde vorgenommene Ergänzung sei daher unzulässig. Im bis dahin durchgeführten Verfahren sei immer nur von einem "Regalfach" die Rede gewesen. Der Punkt 31) des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides laute wie folgt: "Folgende einflügelige Türen sind brandhemmend gem.
ÖNORM B 3850 auszuführen: Die Türe vom Lager ins interne Stiegenhaus, die Türe vom Lagerraum in den Papierlagerraum und im Keller die drei Schleusenraumtüren." Mit dem angefochtenen Bescheid werde jedoch keine der in diesem Punkt des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides genannten Türen beanstandet, sondern "die Tür zum Maschinenraum", sodaß hier eine Konformität zum Betriebsanlagengenehmigungsbescheid nicht gegeben sei. Im übrigen sei die Auflage des Bescheides so formuliert, daß die Tür brandhemmend auszuführen sei. Im gegenständlichen Fall werde jedoch beanstandet, daß die Schließvorrichtung der Türe nicht den Vorschriften für brandhemmend ausgeführte Türen entspreche. Punkt 35) des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides laute: "Als Notausgang im Sinne der allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung ist einzurichten, zu bezeichnen und zu erhalten: Der Ausgang aus dem Verkaufsraum im Bereich des Hintertraktes." Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens war der Notausgang zweifellos in diesem Sinn eingerichtet und auch bezeichnet und erhalten. Richtigerweise hätte die Behörde, wenn überhaupt etwas anzulasten wäre, hier anzulasten gehabt, daß der Notausgang durch einen Gitterkorb verstellt gewesen sei, was jedoch keine Verletzung gegen den oben genannten Punkt 35) des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides, sondern allenfalls ein Verstoß gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften dargestellt hätte. Des weiteren sei ihm die im angefochtenen Bescheid angeführte Stellungnahme nicht ordnungsgemäß zur Äußerung zugestellt worden. Obwohl er in diesem Verfahren durch seinen Rechtsbeistand Dr. B vertreten gewesen sei, habe die Behörde die genannte Stellungnahme an ihn selbst zugestellt. Er sei naturgemäß davon ausgegangen, daß auch an seinen Rechtsvertreter eine entsprechende Verständigung ergangen sei, was jedoch nicht der Fall gewesen sei, sodaß eine Äußerung oder Stellungnahme seinerseits bzw. durch seinen Rechtsvertreter nicht erfolgt sei, weil letzterem die in Rede stehende Aufforderung nicht zugekommen sei. Schließlich wird vorgebracht, er habe sich dahin verantwortet, daß er in seiner Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer und Filialinspektor neun Filialen zu betreuen habe, die er laufend auf die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften kontrolliere, und daß in der Filiale selbst an Ort und Stelle ein Filialleiter eingesetzt sei, was sich auch aus dem Akteninhalt ergebe. Der Filialleiter in der gegenständlichen Filiale sei C. Er habe seiner Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 zweiter Satz VStG 1950 nachweislich zugestimmt. Wenn die belangte Behörde die von ihm beantragten weiteren Beweise durchgeführt hätte, wäre im übrigen auch klar hervorgekommen, daß sie örtlich unzuständig sei. Er führe seine Tätigkeit nicht an Ort und Stelle in der einzelnen Filiale aus, sondern von der Zentrale der A-AG in X. Tatort für die ihm zur Last gelegten Unterlassungen sei daher der Ort seiner Tätigkeit, d.i. X, sodaß die einschreitende Behörde unzuständig gewesen sei.
Was zunächst die geltend gemachte örtliche Unzuständigkeit der Erstbehörde anlangt, so ist - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 23. Mai 1989, Zl. 88/04/0344, unter Bezugnahme auf das dort angeführte weitere hg. Erkenntnis dargetan hat - darauf hinzuweisen, daß dadurch, daß § 367 Z. 26 GewO 1973 auf die in den Betriebsanlagengenehmigungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Aufträge verweist, das jeweilige, in einem solchen Bescheid enthaltene Gebot oder Verbot Teil des Straftatbestandes wird. Ausgehend davon kann aber in Ansehung des hier in Betracht zu ziehenden Straftatbestandes, der auf beim Betrieb der Anlagen einzuhaltende Auflagen abgestellt ist, entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht angenommen werden, daß die in Rede stehende Verwaltungsübertretung - bei Zutreffen der sonstigen Voraussetzungen - nicht am Standort der Betriebsanlage begangen worden sei, weshalb auch kein Hinweis auf eine andere gemäß § 27 Abs. 1 VStG 1950 örtlich zuständige Behörde als die im vorliegenden Verfahren in dieser Funktion eingeschrittene besteht. Sofern sich aber der Beschwerdeführer in Ansehung der in Rede stehenden Betriebsanlage auf die Bestellung des C zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 zweiter Satz VStG 1950 beruft, so ist dem - wie die belangte Behörde auch schon in der Gegenschrift zum Ausdruck brachte - entgegenzuhalten, daß sich die Bestimmung des § 9 Abs. 1 und die daraus folgende des Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ausschließlich auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit der zur Vertretung nach außen Berufenen bezieht, die nur dann zur Anwendung kommt, soferne die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen. Gemäß § 370 Abs. 2 GewO 1973 sind, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde (§ 39), Geld- und Arreststrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen. Nach Abs. 4 gelten u.a. die Bestimmungen des Abs. 2 sinngemäß für den Fall der Anzeige oder der Genehmigung der Bestellung eines Filialgeschäftsführers gemäß § 47 hinsichtlich der Betriebsstätte, für die er verantwortlich ist. Im Verwaltungsverfahren ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer bestellter und der Behörde angezeigter Filialgeschäftsführer für die in Rede stehende weitere Betriebsstätte sei. Bei Zutreffen dieser in der Beschwerde nicht ausdrücklich bestrittenen Annahme - der Beschwerdeführer bezeichnet sich als "gewerberechtlicher Geschäftsführer und Filialinspektor" - könnte ihn aber eine Bezugnahme auf § 9 Abs. 2 VStG 1950 im Sinne der obigen Darlegungen nicht exkulpieren.
Der Beschwerde kommt aber jedenfalls im Hinblick auf folgende Überlegungen Berechtigung zu:
§ 44 a lit. a VStG 1950 normiert das Erfordernis der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat. Nach § 44 a lit. a VStG 1950 ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2) die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, d.h. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Ausführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- und Verbotsnormen ersetzt werden können. Eine Umschreibung des Tatbildes in der Begründung allein widerspricht den Bestimmungen des § 44 a lit. a VStG 1950 (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkentnnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11.466/A).
Gemäß § 367 Z. 26 GewO 1973 begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung, wer in Bescheiden vorgeschriebene Auflagen oder Aufträge nicht einhält. Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. in seinem Erkenntnis vom 2. Oktober 1989, Zl. 89/04/0050, unter Hinweis auf die weitere dort zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dargetan hat, wird dadurch, daß § 367 Z. 26 GewO 1973 auf die in den Betriebsanlagengenehmigungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Aufträge verweist, das jeweilige, in einem solchen Bescheid enthaltene Gebot oder Verbot Teil des Straftatbestandes, was voraussetzt, daß derartige Auflagen so klar gefaßt sein müssen, daß sie dem Verpflichteten jederzeit die Grenzen seines Verhaltens und damit die Einhaltung der Auflagen zweifelsfrei erkennen lassen.
Im Hinblick darauf entspricht der angefochtene Bescheid - wie auch schon das erstbehördliche Straferkenntnis - insofern nicht dem oben dargestellten Sprucherfordernis des § 44 a lit. a VStG 1950, als er in Ansehung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Auflagen keine wörtliche Anführung enthält, durch die schon aus dem Spruch die Zuordnung des Tatverhaltens zu der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung ALLER TATBESTANDSMERKMALE ermöglicht wird. Der bloße Hinweis auf ziffernmäßig bezeichnete Auflagen des in Rede stehenden
Betriebsanlagengenehmigungsbescheides ist im Sinne der obigen Darlegungen nicht als ausreichend anzusehen, da sich die entsprechende Tatzuordnung in Ansehung der in Betracht kommenden Tatbestandsmerkmale aus dem Spruch des Straferkenntnisses - unabhängig von in diesem Zusammenhang erforderlichen Begründungsdarlegungen - selbst ergeben muß.
Was abgesehen davon in Ansehung des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides, dessen Ausspruch nach § 66 Abs. 2 AVG 1950 anlangt, so ist weiters darauf zu verweisen, daß § 66 Abs. 2 AVG 1950 bloße Begründungsmängel bzw. die Ergänzung des Verfahrens durch Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen nicht schon allein die Behörde berechtigen, eine kassatorische Entscheidung im Sinne dieser Gesetzesstelle zu fällen. Daß aber in Ansehung des hier betroffenen erstbehördlichen Ausspruches die Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch die Erstbehörde unter Abstandnahme von einer allfälligen durch die Berufungsbehörde in diesem Zusammenhang im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG 1950 vorzunehmenden Beweisergänzung unvermeidlich wäre, läßt sich aus der diesbezüglichen Begründung des angefochtenen Bescheides nicht entnehmen.
Für das fortgesetzte Verfahren wird noch darauf hingewiesen, daß nach der Aktenlage auf dem dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Berufungsschriftsatz eine Fertigung nicht ersichtlich ist.
Schon auf Grund dieser Erwägungen belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid in dem in Beschwerde gezogenen Umfang mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es einer weiteren Erörterung des hiemit nicht im Zusammenhang stehenden Beschwerdevorbringens bedurfte. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)Mängel im SpruchAndere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Gewerberecht"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatort"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild)"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff TatzeitSpruch Begründung (siehe auch AVG §58 Abs2 und §59 Abs1 Spruch und Begründung) Tatvorwurf Beschreibung des in der BegründungRechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4Spruch DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989040249.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
17.07.2009