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66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;Norm
ASVG §113 Abs1;Betreff
N-GmbH gegen Landeshauptmann von Steiermark vom 19. Juni 1989, Zl. 5-226 Si 73/11-87, betreffend Beitragszuschlag (mitbeteiligte Partei: Steiermärkische Gebietskrankenkasse)
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 13. Juli 1987 sprach die mitbeteiligte Steiermärkische Gebietskrankenkasse gemäß § 410 Abs. 1 Z. 7 in Verbindung mit den §§ 49 Abs. 1 und 2, 54 Abs. 1 und 68 Abs. 1 ASVG in der jeweils geltenden Fassung und § 62 Abs. 2 AlVG aus, daß auf Grund der Feststellungen, die anläßlich der am 10. Juni 1986 gemäß § 42 ASVG in der "Firma" der Beschwerdeführerin in Wien n, X-gasse 49-51, durchgeführten Beitragsprüfung gemacht worden seien, von den Messeprämien, die im Zeitraum von Juni 1982 bis Dezember 1985 an die in der Beitragsnachverrechnungsanzeige vom 23. Jänner 1987, Blatt 1 (Zeilen 5 bis 30) und Blatt 2 (Zeilen 1 bis 16) angeführten Dienstnehmer zur Auszahlung gelangt seien, Sonderbeiträge von der Differenz zwischen den gemeldeten und den tatsächlich gebührenden höheren Sonderzahlungen hätten nachverrechnet werden müssen. Die Beschwerdeführerin sei deshalb verpflichtet, die mit der Beitragsnachverrechnung vom 23. Jänner 1987 unter Berücksichtigung der Berichtigungen vom 5. und 24. Juni 1987 in der Höhe von S 81.813,03 vorgeschriebenen Sonderbeiträge zur Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung sowie den Zuschlag zum IESG an die mitbeteiligte Partei zu entrichten. Die Beitragsnachverrechnung vom 23. Jänner 1987 in Verbindung mit den Berichtigungen vom 5. und 24. Juni 1987 bilde einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Einspruch mit der Begründung, daß es sich bei den Messeprämien nicht um Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG gehandelt habe.
Mit Bescheid vom 20. Jänner 1988 sprach die mitbeteiligte Partei aus, daß die Beschwerdeführerin die Bestimmungen über die Meldepflicht (§§ 33 und 34 ASVG) verletzt habe, weshalb ihr gemäß § 113 Abs. 1 ASVG ein Beitragszuschlag von S 21.300,-- vorgeschrieben werde. Nach der Bescheidbegründung sei anläßlich der am 10. Juni 1986 gemäß § 42 ASVG durchgeführten Beitragsprüfung festgestellt worden, daß die Beschwerdeführerin unterlassen habe, a) in 4 Fällen die Versicherungsanmeldung zu erstatten und b) in 42 Fällen das Entgelt in beitragspflichtiger Höhe zu melden bzw. der Beitragsbemessung zugrunde zu legen.
In dem gegen den zuletzt genannten Bescheid erhobenen Einspruch brachte die Beschwerdeführerin vor, sie habe es auf Grund eines Versehens lediglich unterlassen, in den in der Beitragsnachverrechnung vom 23. Jänner 1987 unter den Punkten 1 bis 4 angeführten Fällen von Aushilfen die Versicherungsanmeldung zu erstatten. Die in den anderen 42 Fällen offensichtlich gemeinten Messeprämien seien als laufendes Entgelt gemeldet worden. Entgegen der Auffassung der mitbeteiligten Partei stellten sie keine Sonderzahlungen dar.
Mit Bescheid vom 19. September 1988 gab die belangte Behörde dem Einspruch der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der mitbeteiligten Partei vom 13. Juli 1987 keine Folge und bestätigte diesen Bescheid mit der Begründung, daß die Wertung der Messeprämien als Sonderzahlungen gemäß § 49 Abs. 2 ASVG dem Gesetz entspreche. Der Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 22. September 1988 zugestellt.
Mit dem der Beschwerdeführerin am 21. Juni 1989 zugestellten angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der mitbeteiligten Partei vom 20. Jänner 1988 keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid mit der Ergänzung, daß der verhängte Beitragszuschlag den Bestimmungen des § 113 Abs. 1 Z. 1 und 3 ASVG unterstellt werde. Begründend wurde ausgeführt, daß sich auf Grund der in der Begründung des Bescheides der belangten Behörde vom 19. September 1988 festgestellten Umstände zweifelsfrei ergebe, daß die Beschwerdeführerin seinerzeit den ihr obliegenden Meldeverpflichtungen durch Nichtmeldung der Messeprämien als Sonderzahlungen nicht nachgekommen sei, weshalb die Verhängung des Beitragszuschlages dem Grunde nach völlig zu Recht erfolgt sei. Es folgen Ausführungen zur Höhe des Beitragszuschlages.
Mit Beschluß vom 26. September 1989, Zl. B 840/89, trat der Verfassungsgerichtshof die von der Beschwerdeführerin gegen den zuletzt genannten Bescheid erhobene Beschwerde, deren Behandlung er ablehnte, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde hält die Beschwerdeführerin ihre Auffassung aufrecht, daß es sich bei den gegenständlichen Messeprämien nicht um Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG handle.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall relevanten Bestimmungen des § 113 Abs. 1 ASVG lauten:
"Beitragszuschläge können den in § 111 genannten Personen (Stellen) in folgenden Fällen vorgeschrieben werden:
1. Wenn eine Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht erstattet worden ist oder wenn das Entgelt nicht gemeldet worden ist, kann ein Beitragszuschlag bis zum Doppelten jener Beiträge, die auf die Zeit ab Beginn der Pflichtversicherung bis zur Feststellung des Fehlens der Anmeldung bzw. bis zur Feststellung des Entgelts durch den Versicherungsträger entfallen, vorgeschrieben werden.
...
3. Wenn ein zu niedriges Entgelt gemeldet worden ist, kann ein Beitragszuschlag bis zum Doppelten der Differenz zwischen den Beiträgen, die sich aus dem zu niedrig gemeldeten Entgelt ergeben, und den zu entrichtenden Beiträgen vorgeschrieben werden.
..."
Die belangte Behörde hat mit dem den Bescheid der mitbeteiligten Partei ergänzenden Spruch des angefochtenen Bescheides den verhängten Beitragszuschlag "den Bestimmungen des § 113 Abs. 1 Z. 1 und 3 ASVG unterstellt", und zwar sachverhaltsbezogen wohl die Nichtmeldung der in den Punkten 1 bis 4 der Beitragsnachverrechnung vom 23. Jänner 1987 angeführten Aushilfskräfte dem § 113 Abs. 1 Z. 1 und die Nichtmeldung der genannten Messeprämien als Sonderzahlungen dem § 113 Abs. 1 Z. 3 ASVG. Die Beschwerdeführerin bestreitet den erstgenannten Meldeverstoß nicht, wohl aber den letzteren, dies mit der Begründung, es habe sich bei den Messeprämien nicht um Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG gehandelt, weshalb der ihr vorgeworfene Meldeverstoß nicht zu Recht bestehe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 22. Mai 1990, Zl. 89/08/0227, den Bescheid der belangten Behörde vom 19. September 1988 mit der Begründung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben, daß die strittigen Messeprämien als Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG, aber nicht als Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2 leg. cit. anzusehen seien und daher die Beschwerdeführerin nicht verpflichtet sei, die im Bescheid der mitbeteiligten Partei vom 13. Juli 1987 genannten Sonderbeiträge zu bezahlen. Auf die Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Stellten aber die strittigen Messeprämien keine Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG dar, so verstieß die Beschwerdeführerin durch die Nichtmeldung dieser Prämien als Sonderzahlungen nicht gegen die sie gemäß § 34 Abs. 1 ASVG an sich treffende Verpflichtung, Sonderzahlungen zu melden (vgl. zu letzterem die Erkenntnisse vom 23. Mai 1985, Zl. 82/08/0151, und Zl. 83/08/0169).
Der Wahrnehmung dieser dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Rechtswidrigkeit steht nicht der Umstand entgegen, daß mit dem im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch dem Rechtsbestand angehörenden rechtskräftigen Bescheid der belangten Behörde vom 19. September 1988 die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Entrichtung von Sonderbeiträgen von den strittigen Messeprämien ausgesprochen worden war. Denn die Wertung der Messeprämien als Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG oder als Sonderzahlung im Sinne des § 49 Abs. 2 ASVG bildete in keinem der beiden Verfahren die Hauptfrage; ein Bindungsproblem konnte schon deshalb nicht entstehen.
Der angefochtene Bescheid war daher (und zwar mangels von Feststellungen darüber, welcher Teil des verhängten Beitragszuschlages auf die Meldeverstöße nach § 113 Abs. 1 Z. 1 und § 113 Abs. 1 Z. 3 ASVG entfallen, zur Gänze) gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren auf Stempelgebührenersatz war zufolge der bestehenden sachlichen Abgabenfreiheit nach § 110 ASVG abzuweisen.
Schlagworte
Entgelt Begriff PrämienEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989080299.X00Im RIS seit
19.06.1990