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35/02 Zollgesetz;Norm
MOG 1985 §20;Betreff
M gegen Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft vom 30. November 1989, Zl 17.254/53-I C 7/89, betreffend Importausgleich
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 2.760 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Ehegattin des Beschwerdeführers betreibt in der Nähe der Zollgrenze eine Gastwirtschaft, in der der Beschwerdeführer nach seinen Behauptungen als Schankgehilfe beschäftigt ist.
Im Zug eines gegen den Beschwerdeführer eingeleiteten Finanzstrafverfahrens nahm das Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz am 29. Feber 1988 eine Hausdurchsuchung vor, anläßlich derer ua folgende, im Kühlhaus der Gastwirtschaft gelagerte, aus Ungarn eingeführte Waren beschlagnahmt wurden:
14,73 kg Butter ZtNr 0405
9,80 kg Trappista-Käse
in Laiben über 1 kg ZtNr 0406 90 191 A 6
5,40 kg Käse in Laibform ZtNr 0406 90 192 A 3
6,40 kg Käse in Laibform ZtNr 0406 90 192 A 3
Unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 22 Abs 3 Marktordnungsgesetz 1985 - MOG, BGBl Nr 210/1985, ersuchte das Zollamt Wien den Milchwirtschaftsfonds den Importausgleichssatz für die eben angeführten Waren zu bestimmen, wobei es darauf hinwies, daß die Waren dem Zollamt nicht gestellt worden seien, weswegen eine Zollvorschreibung nach den zollgesetzlichen Vorschriften zu erfolgen habe.
Mit insgesamt vier Bescheiden vom 11. Oktober 1988 bestimmte der Milchwirtschaftsfonds - Importausgleichsausschuß für die genannten Waren den Importausgleichssatz in der Höhe des Unterschiedes zwischen einem jeweils näher genannten Schillingbetrag für 100 kg Verzollungsgewicht und dem niedrigeren Zollwert, für Käse mindestens jedoch in Höhe von 23 von Hundert des Zollwertes, wobei er zur Begründung auf die einschlägigen Bestimmungen des § 20 MOG verwies.
Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer Berufung, wobei er zunächst ausführte, er sei schon jahrelang nicht mehr in Ungarn gewesen. Er habe daher die streitgegenständlichen Waren auch nicht nach Österreich bringen können. Es spreche eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, daß die Waren aus Ungarn nach Österreich gebracht worden seien. Ob und inwieweit hiefür bereits Eingangsabgaben entrichtet worden seien, entziehe sich seiner Kenntnis. In der von seiner Ehegattin betriebenen Gastwirtschaft übernachteten immer wieder Mitglieder ungarischer Fußballmannschaften. Diese ausländischen Gäste seien nicht sehr finanzkräftig und brächten daher Proviant zur Eigenversorgung mit. Gegen Ende des Jahres 1987 bzw zu Beginn des Jahres 1988 hätten einige Mannschaften in kurzen Zeitabständen immer wieder in der Gastwirtschaft genächtigt. Die ausländischen Gäste hätten die Absicht gehabt, im März 1988 nochmals nach Österreich zu reisen. Sie hätten ihn daher ersucht, die streitgegenständlichen Waren im Kühlhaus zu lagern, um sich so den Rücktransport nach Ungarn zu sparen. Nachdem jedoch am 29. Feber 1988 eine Hausdurchsuchung vorgenommen worden sei, hätten seine Ehegattin und er beschlossen, keine ungarischen Fußballmannschaften mehr einzuquartieren. Da er annehmen habe können, daß die ausländischen Gäste allfällige Zoll- und Marktordnungsvorschriften eingehalten hätten, habe er die Lagerung der streitgegenständlichen Waren aus Gefälligkeit erlaubt. Er sei niemals Eigentümer dieser Waren geworden. Es könne daher keine Rede davon sein, daß für ihn eine Zollschuld entstanden sei. Es bestünde daher keine Rechtsgrundlage, ihm Importausgleiche für Butter und Käse vorzuschreiben.
In Beantwortung einer Anfrage der belangten Behörde teilte der Bundesminister für Finanzen mit Schreiben vom 28. Feber 1989 mit, daß das gegen den Beschwerdeführer eingeleitete Finanzstrafverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Nach dem derzeitigen Verfahrensstand sei jedoch die Importausgleichsschuld für den Beschwerdeführer nach § 174 Abs 3 lit a zweiter Halbsatz ZollG entstanden.
Die belangte Behörde brachte dem Beschwerdeführer den Inhalt des eben erwähnten Schreibens zur Kenntnis, worauf dieser ausführte, es sei zwar richtig, daß das gegen ihn eingeleitete Finanzstrafverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Nichtsdestoweniger widerstreite die Mutmaßung, für ihn sei "die Importausgleichsschuld entstanden", der im Finanzstrafverfahren geltenden Unschuldsvermutung. Unbeschadet dessen ergebe sich aus dem Verfahrensstand im Finanzstrafverfahren keineswegs, daß für ihn die Importausgleichsschuld für die streitgegenständlichen Waren entstanden sei. Die bekämpften Bescheide seien daher ersatzlos aufzuheben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen ab, wobei sie nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 20 MOG, idF BGBl Nr 578/1987, zur Begründung im wesentlichen ausführte, der Beschwerdeführer sei von der Abgabenbehörde deswegen als Zollschuldner im Sinn des § 174 Abs 3 lit a zweiter Halbsatz ZollG bezeichnet worden, weil er die streitgegenständlichen Waren an sich gebracht habe, obwohl ihm deren Zollhängigkeit bekannt oder nur infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt gewesen sei. Da der Beschwerdeführer - wie in der Berufung ausgeführt - die Lagerung der streitgegenständlichen Waren im Kühlraum der Gastwirtschaft erlaubt und diese damit an sich gebracht habe, ohne zu prüfen, ob bei der Einfuhr derselben allfällige Zoll- und Marktordnungsvorschriften eingehalten worden seien, sei zur Bemessung der Zollschuld der jeweilige Importausgleichssatz zu bestimmen gewesen. In den Medien und auch in der öffentlichen Diskussion sei die Einfuhr - insbesondere der Schmuggel - von Milchprodukten und anderen Lebensmitteln aus Ungarn im Hinblick auf die Auswirkungen für die österreichische Milchwirtschaft vehement kritisiert worden. Da bei einem Gewerbetreibenden überdies ein gesteigerter Sorgfaltsmaßstab anzulegen sei, habe angenommen werden können, daß sich der Beschwerdeführer bewußt gewesen sei oder bewußt sein habe müssen, Waren, für die nicht die erforderlichen Abgaben entrichtet worden seien, an sich gebracht zu haben. In Übereinstimmung mit dem Bundesminister für Finanzen werde daher die Auffassung vertreten, daß die Zollschuld für den Beschwerdeführer kraft Gesetzes entstanden sei. Gegen die Höhe des jeweils festgelegten Importausgleichssatzes seien keine Einwendungen erhoben worden und entspreche diese der Sach- und Rechtslage.
In der Beschwerde wird sowohl inhaltliche Rechtswirdigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
In ihrer Gegenschrift beantragt die belangte Behörde, die Beschwerde möge als unbegründet kostenpflichtig abgewiesen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 20 Abs 1 MOG, idF BGBl Nr 578/1987, unterliegen die streitgegenständlichen Waren anläßlich ihrer Einfuhr in das Zollgebiet an Stelle des Zolles einem Importausgleich.
Zufolge Abs 2 dieser Gesetzesstelle hat der Fonds mit Bescheid zu bestimmen, daß der Importausgleich in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem vom Zollamt zu ermittelnden Zollwert (Wertzollgesetz 1980, BGBl Nr 221) der Ware und dem vom Fonds für eine bestimmte Mengeneinheit in diesem Bescheid festzustellenden höheren Inlandspreis (Abs 4) einer gleichartigen Ware zu erheben ist; ist der Inlandspreis nicht höher als der Zollwert, so ist kein Importausgleich zu erheben.
Als Inlandspreis einer Ware gilt nach Abs 4 dieser Gesetzesstelle idF BGBl Nr 210/1985 der behördlich bestimmte Abgabepreis der Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebe oder, falls ein solcher nicht bestimmt ist, der vom Fonds nach den Grundsätzen der behördlichen Preisbestimmung kalkulierte Großhandelseinstandspreis abzüglich eines Pauschbetrages für die Importspesen sowie für die allenfalls in diesen Preisen enthaltenen inländischen Lieferungs- und Veräußerungskosten und Handelsspannen.
Zufolge Abs 5 dieser Gesetzesstelle kann der Fonds abweichend von Abs 2 bei Käse einen Importausgleichssatz von bis zu 23 von Hundert des Zollwertes bestimmen.
Gemäß § 22 Abs 1 MOG ist der Importausgleich grundsätzlich von den Zollämtern nach den für Zölle geltenden Rechtsvorschriften zu erheben.
Ein Bescheid nach § 20 MOG darf nach § 22 Abs 3 leg cit vom Zollamt der Erhebung des Importausgleiches nur dann zugrunde gelegt werden, wenn derjenige, an den der Bescheid ergangen ist, bei der Abfertigung zum freien Verkehr Warenempfänger, ansonsten Abgabenschuldner oder Haftungspflichtiger im Sinne der für Zölle geltenden Rechtsvorschriften ist. Bei der Abfertigung zum freien Verkehr bildet der Bescheid eine im Sinne der zollgesetzlichen Vorschriften erforderliche Unterlage zur Warenerklärung. In den übrigen Fällen hat das Zollamt, wenn ihm ein Bescheid nicht vorliegt, dem Fonds alle für die Erlassung eines Bescheides erforderlichen Mitteilungen zu machen; der Fonds hat den Bescheid dem Zollamt zur Kenntnis zu bringen.
Die Zollämter sind nach Abs 4 der zuletzt erwähnten Gesetzesstelle bei der Erhebung des Importausgleiches an die Bescheide nach § 20 MOG gebunden.
Der Beschwerdeführer verkennt die Rechtsnatur eines nach § 20 MOG erlassenen Bescheides. In einem derartigen Bescheid wird nämlich nur der Importausgleichssatz für eine bestimmte Menge von Erzeugnissen aus Milch festgestellt, der sodann der Erhebung des Importausgleiches zugrunde gelegt wird. Über die Frage, ob und inwieweit Erzeugnisse aus Milch eingeführt wurden und hiefür die Zollschuld entstanden ist, spricht ein derartiger Bescheid nicht ab. Vielmehr ist darüber - wie von der belangten Behörde in der Gegenschrift zu Recht ausgeführt - vom zuständigen Zollamt abzusprechen. Im Zollverfahren wird daher festzustellen sein, ob hinsichtlich der streitgegenständlichen Waren für den Beschwerdeführer die Zollschuld nach § 174 Abs 3 lit a zweiter Tatbestand ZollG entstanden ist. Das Zollamt kann jedoch erst dann einen Eingangsabgabenbescheid erlassen, wenn ein Bescheid nach § 20 MOG vorliegt. Zum Zweck der Erlassung eines Bescheides nach der zuletzt erwähnten Gesetzesbestimmung hat das Zollamt dem Fonds alle erforderlichen Mitteilungen zu machen. Die dem Fonds seitens des Zollamtes zur Verfügung gestellten Unterlagen müssen allerdings ausreichend sein, um eine bestimmte Person als möglichen Zollschuldner ansehen zu können. Im gegenständlichen Fall spricht nach der Mitteilung des Bundesministers für Finanzen vom 28. Feber 1989 nichts dagegen, den Beschwerdeführer als möglichen Zollschuldner anzusehen. Ob der Beschwerdeführer tatsächlich Zollschuldner geworden ist, wird - wie bereits ausgeführt - vom Zollamt im Zollverfahren festzustellen sein. Die Frage, ob und inwieweit für den Beschwerdeführer eine Zollschuld entstanden ist, stellt für den Fonds auch keine Vorfrage dar, weil der Bescheid über die Höhe des jeweiligen Importausgleichssatzes dann keine Wirkung entfaltet, wenn keine Zollschuld entstanden ist. Der angefochtene Bescheid stellt - wie sich aus § 22 Abs 4 MOG ergibt - für die Vorschreibung der Eingangsabgaben eine Grundlage dar, weswegen alle Einwendungen des Beschwerdeführers betreffend das Entstehen der Zollschuld in diesem Zusammenhang ins Leere gehen.
Allein die Behauptung des Beschwerdeführers, der jeweilige Importausgleichssatz sei für jeweils 100 kg der streitgegenständlichen Waren erfolgt, obwohl stets nur ein minimaler Bruchteil dieser Menge beschlagnahmt worden sei, steht der Zurückweisung der Beschwerde entgegen. Aber auch mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Denn nach § 20 Abs 2 MOG ist der Importausgleichssatz nach einer bestimmten Mengeneinheit festzustellen. Im Zusammenhang mit Abs 5 dieser Gesetzesstelle erblickt der Verwaltungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit in dem Umstand, daß der jeweilige Importausgleichssatz für jeweils 100 kg bestimmt wurde. Denn anläßlich der Vorschreibung der Eingangsabgaben durch das Zollamt ist die tatsächliche Menge der eingeführten Ware maßgeblich.
Da der angefochtene Bescheid nur insoweit zu überprüfen war, als der jeweilige Importausgleichssatz richtig festgestellt worden ist, erübrigt sich ein Eingehen auf die vom Beschwerdeführer gerügte Verletzung von Verfahrensvorschriften, zu der er behauptet, es wäre nicht festgestellt worden, ob für ihn die Zollschuld entstanden sei.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl Nr 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990160010.X00Im RIS seit
27.04.2001