TE Vwgh Erkenntnis 1990/6/20 89/01/0350

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Veröffentlicht am 20.06.1990
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Index

L40004 Sonstige Polizeivorschriften Oberösterreich;
15 Rechtsüberleitung Unabhängigkeitserklärung Übergangsrecht
Rechtsbereinigung;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

Behörden-ÜG Art2 §4 Abs2;
PyhrnautobahnAufenthV Ried Traunkreis Wartberg Krems §1;
ÜG 1929 §15;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 89/01/0351

Betreff

N gegen Sicherheitsdirektion für das Land Oberösterreich vom 28. Jänner 1988, Zl. St-222/87, und vom 25. November 1987, Zl. St-76/4/87, je betreffend Übertretungen nach § 3 in Verbindung mit § 1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 21. Mai 1987, Zl. Sich-I-148/1987

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 21.180,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Beide angefochtenen Bescheide ergingen im Instanzenzug.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 8. Oktober 1987 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 51 VStG 1950 hinsichtlich des Schuldausspruches keine Folge, bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis betreffend die als erwiesen angenommene Tat, die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift und die anzuwendende Strafbestimmung und verhängte über den Beschwerdeführer anstelle der in erster Instanz ausgesprochenen primären Arreststrafe von fünf Tagen eine Geldstrafe von S 3.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall fünf Tage Arrest. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz wurde mit S 300,-- festgesetzt. Gemäß § 19a VStG 1950 wurde dem Beschwerdeführer die am 26. September 1987 in der Zeit von 15.50 Uhr bis 20.10 Uhr erlittene Vorhaft im Ausmaß von vier Stunden und zwanzig Minuten in diesem Betrag auf die Ersatzarreststrafe und im Betrag von S 108,33 auf die Geldstrafe angerechnet. Das erstinstanzliche Straferkenntnis hatte im Spruch gelautet:

"Der Beschuldigte hat sich am 26. September 1987 ca. von 12.00 bis 15.50 Uhr in Wartberg/Krems, Ried/Tr., ohne Bediensteter des mit der Bauführung betrauten Unternehmens zu sein, entgegen der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Kr. vom 21.5.1987, Zl. Sich-I-148/1978, auf dem Baugelände der Pyhrnautobahn aufgehalten.

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 3 i.V.m. § 1 der zitierten Verordnung, veröffentlicht unter anderem in der Amtlichen Linzer Zeitung vom 29.5.1987, Folge 22, Seite 22.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über ihn folgende Strafe verhängt: Arreststrafe von fünf Tagen gemäß Art. VII EGVG 1950 i.d.F. BGBl. Nr. 232/77. Die Vorhaft in der Dauer von vier Stunden und fünfzig Minuten wird angerechnet. Ferner hat er gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 25,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich S 50,-- angerechnet); der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher S 25,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG)."

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 9. Juni 1987 teilweise Folge und fällte den nachstehenden Spruch:

"Gemäß § 66 Abs. 4 AVG sowie § 51 VStG wird ihrer Berufung

teilweise FOLGE gegeben wie folgt:

I.

Der Spruch des Straferkenntnisses hat hinsichtlich des Punktes 1) zu lauten:

"Sie haben sich entgegen der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 21.5.1987, Zl. Sich-I-148/1987, in der Zeit vom 8.6.1987, 18.00 Uhr, bis 9.6.1987, 6.20 Uhr, in Wartberg/Krems nächst der Ortschaft Harmannsdorf auf dem Baugelände der Pyhrnautobahn aufgehalten.

Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 3 in Verbindung mit § 1 der zitierten Verordnung, veröffentlicht u. a. in der Amtlichen Linzer Zeitung vom 29.5.1987, Folge 22, Seite 22, begangen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über sie gemäß Art. VII EGVG 1950, in der Fassung BGBl. Nr. 232/1977, eine Geldstrafe von S 1.500,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Arreststrafe von 72 Stunden verhängt.

Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz beträgt daher S 150,--. Gemäß § 19a VStG wird ihnen die am 9.6.1987 in der Zeit von 6.20 bis 13.00 Uhr erlittene Vorhaft im Ausmaß von sechs Stunden vierzig Minuten in diesem Ausmaß auf die Ersatzarreststrafe und im Betrag von S 138,89 auf die Geldstrafe angerechnet."

Gemäß § 65 VStG entfällt in diesem Punkt ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens.

II.

Ihrer Berufung zu Punkt 2) des Straferkenntnisses wird

hingegen zur Gänze Folge gegeben.

Das angefochtene Straferkenntnis wird in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 lit. b VStG eingestellt.

Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens in erster und zweiter Instanz."

Das erstinstanzliche Straferkenntnis hatte in seinem Spruch

gelautet:

"Der Beschuldigte hat sich

1) am 8.6.1987, 18.00 Uhr, bis 9.6.1987, 6.20 Uhr, in Wartberg/Krems auf dem Baugelände der Pyhrnautobahn zwischen Bau-km. 6,5 und 8,5 nächst der Ortschaft Harmannsdorf aufgehalten, obwohl der Aufenthalt auf Grund der Verordnung der BH-Kirchdorf/Krems vom 22.5.1987, Zl. Sich-I-148/1987, verboten ist.

2) am 8.6.1987 in Wartberg/Krems in das Baugelände der Pyhrautobahn 1 Fahrrad und 1 Schlafsack eingebracht, obwohl dies auf Grund der o.a. Verordnung verboten ist.

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1)

§ 3 im Zusammenhalt mit § 1 sowie

2)

§ 3 im Zusammenhalt mit dem § 2 der Verordnung der BH-Kirchdorf/Krems vom 22.5.1987.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über ihn

folgende Strafe verhängt:

zu 1) S 2.000,--, Ersatzarrest von 8 Tagen,

zu 2) S 1.000,--, Ersatzarrest 4 Tage gemäß § 3 der zitierten Verordnung in Verbindung mit Art. VII EGVG 1950, BGBl. Nr. 172/50.

Die Vorhaft in der Dauer von 6,5 Stunde wird gemäß § 19a VStG 1950 angerechnet, dies entspricht einen Betrag von S 55,--.

Ferner hat er gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: 1) S 200,--, 2) S 100,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, daß sind 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich S 50,-- angerechnet); der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher S 3.245,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG)."

In der Begründung der angefochtenen Bescheide vertrat die belangte Behörde jeweils nach Wiedergabe der anzuwendenden Verordnung im wesentlichen folgende Rechtsauffassung: Die Verordnung sei ordnungsgemäß kundgemacht worden und der Berufungsbehörde stünde eine Prüfung der Gesetz- bzw. Verfassungsmäßigkeit dieser Verordnung nicht zu. Der Beschwerdeführer habe sich zu den angegebenen Tatzeiten auf dem Baugelände der Pyhrnautobahn aufgehalten und sei daher zu Recht bestraft worden. Im zweitangefochtenen Bescheid führte die belangte Behörde dazu noch aus, das vom Beschwerdeführer zum Gegenstand seines Berufungsvorbringens gemachte Grundrecht der freien Meinungsäußerung dürfe ebenso wie der verfassungsgesetzlich verankerte Grundgedanke des Umweltschutzes nur im Rahmen der Rechtsordnung ausgeübt werden und fänden die genannten Rechte überdies ihre Schranken dort, wo Grundrechte und -freiheiten anderer begännen.

Die übrigen Ausführungen der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden sind für die folgende Erledigung der beiden Beschwerden ohne Bedeutung und werden daher nicht wiedergegeben.

Gegen diese Bescheide richten sich die beiden vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerden, jeweils wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes "und/oder" Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich - kurzgefaßt - in seinem Recht darauf, nicht bestraft zu werden, verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

Die hier maßgeblichen Teile der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 21. Mai 1987 über das Verbot des Aufenthaltes im Baugelände der Pyhrnautobahn im Bereich der Gemeinden Ried im Traunkreis und Wartberg/Krems haben folgenden Wortlaut:

"Gemäß Art. II, § 4 Abs. 2, Verfassungsüberleitungsgesetz vom 7.12.1929, BGBl. Nr. 393/1929, im Zusammenhang mit § 15 Behördenüberleitungsgesetz, StGBl. Nr. 94/45, wird zum Schutz der gefährdeten körperlichen Sicherheit von Menschen oder des Eigentums verordnet:

§ 1

Der Aufenthalt insbesondere das Betreten und Verweilen von Personen auf dem Baugelände der Pyhrnautobahn, A9, zwischen Baukilometer 6,5 und 8,5 der kundgemachten Trasse im Bereich der Gemeinden Ried/Traunkreis und Wartberg/Krems, lt. Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom 23.10.1984, BGBl. Nr. 426, ist verboten.

Ausgenommen von diesem Verbot sind die Bediensteten der mit der Bauführung betrauten Unternehmen und Subunternehmen.

§ 3

Wer den Verboten gemäß §§ 1 und 2 zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und wird gemäß Art. VII, EGVG BGBl. Nr. 172/1950, von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems mit einer Geldstrafe bis zu S 3.000,-- oder mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen bestraft."

Gemäß § 44a lit. a VStG 1950 hat der Spruch eines Bescheides, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Dazu gehört u.a. die möglichst präzise Angabe des Tatortes (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens3 Seite 722 Abs. 2).

Da beide angefochtenen Bescheide (der erstangefochtene durch Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses) im Spruch die Tatorte nur mit den Worten "auf dem Baugelände der Pyhrnautobahn" bzw. "in Wartberg/Krems nächst der Ortschaft Harmannsdorf auf dem Baugelände der Pyhrnautobahn" bezeichnen, verstoßen sie angesichts des Umstandes, daß § 1 der oben zitierten Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems den Aufenthalt auf dem Baugelände der Pyhrnautobahn ausdrücklich nur zwischen Baukilometer 6.5 und 8,5 verboten hat, gegen § 44a lit. a VStG 1950. Durch die angefochtenen Bescheide wird nämlich spruchmäßig nicht klargestellt, daß sich der Beschwerdeführer jeweils im Bereich der verordneten Verbotszone aufgehalten hat.

Bereits dadurch hat die belangte Behörde ihre Bescheide mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu ihrer Aufhebung führen muß. Aus diesem Grund ist auch ein weiteres Eingehen auf die übrigen Beschwerdeargumente sowie auf die Frage des Anwendungsbereiches der zitierten Verordnung (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 16. März 1988, Zlen. 87/01/0232 und 0233, sowie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 20. Juni 1989, Zl. B 783/88-11) entbehrlich.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens hatte zu erfolgen, weil gemäß § 49 Abs. 1 VwGG der Schriftsatzaufwand pauschal zu honorieren ist (vgl. dazu z.B. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 695 vorletzter Absatz referierte hg. Judikatur).

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatort

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989010350.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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