TE Vwgh Erkenntnis 1990/6/20 89/01/0219

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Veröffentlicht am 20.06.1990
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Index

L70706 Theater Veranstaltung Steiermark;
L70716 Spielapparate Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
VeranstaltungsG Stmk 1969 §16;
VStG §7;

Betreff

N gegen Steiermärkische Landesregierung vom 6. April 1989, Zl. 2-398/I P 29-89/2, betreffend Übertretung des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom 28. Dezember 1988 erkannte die Bundespolizeidirektion Graz den Beschwerdeführer für schuldig, am 12. Jänner 1988 in einem näher bezeichneten Lokal als Veranstalter einer Hypnoseshow eine größere Anzahl von Personen aus dem Publikum als Medien geholt und mit diesen Medien Experimente auf dem Gebiet der Hypnose durchgeführt zu haben. Der Beschwerdeführer habe dadurch gegen § 16 Abs. 3 lit. a des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes, LGBl. Nr. 192/1969, in der Fassung LGBl. Nr. 29/1986, verstoßen. Gemäß § 37 Abs. 1 des Veranstaltungsgesetzes wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 1.200,-- (2 Tage Ersatzarreststrafe) verhängt. Begründend führte die Behörde aus, die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat sei durch die Zeugenaussagen der in Hypnose versetzten Personen, wie auch des Beschwerdeführers selbst, erwiesen. Der Beschwerdeführer sei einem Gendarmeriebericht zufolge als Veranstalter der Vorstellung anzusehen.

In der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, die Behörde habe es unterlassen festzustellen, ob die als Medien herangezogenen Personen tatsächlich in Hypnose versetzt gewesen seien. Der Beschwerdeführer sei nicht Veranstalter, sondern engagierter Künstler gewesen. Dies ergebe sich auch daraus, daß nicht der Beschwerdeführer selbst, sondern der Unternehmer des Lokals die Veranstaltung angemeldet und den "Eintritt eingehoben" habe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 6. April 1989 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 als unbegründet ab, änderte und "verbesserte" aber den Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses dahin, daß der Beschwerdeführer durch die im erstinstanzlichen Bescheid beschriebene Tätigkeit gemäß § 7 VStG 1950 Beihilfe zur Übertretung des § 16 Abs. 3 lit. a Veranstaltungsgesetz begangen habe. Dies begründete die belangte Behörde damit, daß der Einwand des Beschwerdeführers, nicht Veranstalter im Sinne des Veranstaltungsgesetzes zu sein, zu Recht bestehe. Der Beschwerdeführer sei aber bereits mehrfach von Beamten des Gendarmeriepostenkommandos T auf die Rechtswidrigkeit der von ihm durchgeführten Hypnoseshows hingewiesen worden. Durch die ihm vorgeworfene Tätigkeit habe der Beschwerdeführer vorsätzlich dem Veranstalter die Begehung der Verwaltungsübertretung erleichtert und so Beihilfe im Sinne des § 7 VStG 1950 geleistet. Die belangte Behörde als Berufungsbehörde sei verpflichtet gewesen, den insoweit fehlerhaften Spruch des erstinstanzlichen Bescheides zu ergänzen bzw. richtig zu stellen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht insbesondere geltend, daß ihm mit dem angefochtenen Bescheid ein völlig anderes Delikt als im Bescheid der ersten Instanz angelastet werde, weil die Voraussetzungen für Beihilfe andere seien, wie für die Tatbegehung durch den Täter selbst. Die insoweit ohne vorherige Anhörung des Beschwerdeführers erfolgte Abänderung des Bescheides verstoße gegen § 45 Abs. 3 AVG 1950.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall steht nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten fest, daß die belangte Behörde im Gegensatz zur Behörde erster Instanz den Beschwerdeführer nicht als der Übertretung gemäß § 16 Abs. 3 lit. a Veranstaltungsgesetz für schuldig erachtet, sondern ihm Beihilfe zur Begehung dieser Übertretung durch den Veranstalter zur Last gelegt hat. Damit hat die belangte Behörde als Berufungsbehörde die von der Erstbehörde als erwiesen angenommene Tat ausgewechselt und somit eine ihr nicht zustehende Befugnis in Anspruch genommen. Denn zur Auswechslung der als erwiesen angenommenen Tat ist die Berufungsbehörde gemäß dem auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findenden § 66 Abs. 4 AVG 1950 nicht berechtigt. Sache des Berufungsverfahrens und der Berufungsentscheidung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ist immer die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat (vgl. hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1983, Zlen. 83/06/0155, 0156, und die dort angeführte Vorjudikatur). Dadurch, daß die belangte Behörde die Begehung der angeführten Verwaltungsübertretung durch den Beschwerdeführer im Gegensatz zur Strafbehörde erster Instanz nicht mehr als erwiesen angenommen hat, und nunmehr - im übrigen ohne vorherige Anhörung des Beschwerdeführers - ihm Beihilfe zur Begehung dieser Übertretung anlastet, ist der Verstoß gegen das aus den angeführten gesetzlichen Vorschriften resultierende Verbot, die als erwiesen angenommene Tat im Berufungsverfahren auszuwechseln, offenkundig.

Der angefochtene Bescheid mußte daher wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Umfang der Abänderungsbefugnis Auswechslung des Rechtsgrundes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989010219.X00

Im RIS seit

26.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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