TE Vfgh Beschluss 1987/11/27 B777/87, B803/87

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Veröffentlicht am 27.11.1987
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art144 Abs1

Leitsatz

Das Unterlassen einer Amtshandlung für sich allein ist noch nicht als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren, der gemäß Art144 B-VG bekämpfbar wäre (s. auch VfSlg. 9508/1982)

Spruch

I. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

II. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit seinem nicht von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterfertigten, auf Art144 B-VG gestützten und an den VfGH gerichteten Schreiben vom 29. Juli 1987 zog der Einschreiter Mag. F G in Beschwerde:

a)

die Erledigung des Bundesministers für Justiz vom 15. Juni 1987, GZ 902.690/1-III 4/87, des Inhalts, daß kein Anlaß zur Ergreifung aufsichtsbehördlicher Verfügungen bestehe (protokolliert zur hg. AZ B777/87), und

b)

die Nichtgewährung von Akteneinsicht durch Organe des Bundesministeriums für Justiz am 2. Juli 1987 (hg. AZ B803/87).

Unter einem wurde die Bewilligung der Verfahrenshilfe für diese Rechtssachen begehrt.

2.1. Nach Art144 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen letztinstanzliche Bescheide von Verwaltungsbehörden (Art144 Abs1 Satz 1 B-VG) und gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person (Art144 Abs1 Satz 2 B-VG).

2.2. Derartige Verwaltungsakte bekämpft der Beschwerdeführer jedoch überhaupt nicht:

Denn zum einen fehlt, wie der VfGH schon wiederholt aussprach, der Mitteilung einer Behörde, daß sie zu aufsichtsbehördlichen Verfügungen keinen Anlaß finde (s. Punkt 1. lita), jeder rechtsgestaltende oder rechtsfeststellende Inhalt: Ein derartiger Verwaltungsakt ist daher kein Bescheid iS des Art144 Abs1 B-VG (VfSlg. 5885/1969, 10023/1984). Diese rechtliche Qualität der Antwort der Behörde bleibt auch dann unverändert, wenn es zur Nennung der Gründe kam, die dazu führten, daß die Anregung der Partei - zur Ausübung des Aufsichtsrechts - nicht aufgegriffen wurde (VfSlg. 9095/1981).

Zum anderen liegt kein nach Art144 Abs1 B-VG beim VfGH bekämpfbarer Verwaltungsakt vor, soweit sich der Bf. (bloß) gegen das Unterbleiben der Gewährung einer erbetenen Akteneinsicht, also gegen die Untätigkeit von Organen des Bundesministeriums für Justiz wendet (s. Punkt 1. litb), weil - wie der VfGH in ständiger Rechtsprechung festhielt (vgl. zB VfSlg. 6384/1971, 9813/1983) - das Unterlassen einer Amtshandlung für sich allein noch nicht als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren ist, der gemäß Art144 B-VG bekämpfbar wäre (s. auch VfSlg. 9508/1982).

2.3. Da somit die vom Einschreiter beabsichtigte Rechtsverfolgung offenbar aussichtslos ist, mußte der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für sämtliche Beschwerden - als unbegründet - abgewiesen werden (§63 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG 1953).

2.4. Die Beschwerden selbst waren - angesichts der zu Punkt

2.2. beschriebenen Sach- und Rechtslage - wegen Unzuständigkeit des VfGH als unzulässig zurückzuweisen.

3. Diese Beschlüsse wurden gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG 1953 bzw. §19 Abs3 Z2 lita VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt.

Schlagworte

VfGH / Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:B777.1987

Dokumentnummer

JFT_10128873_87B00777_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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