TE Vwgh Erkenntnis 1990/6/21 90/12/0131

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Veröffentlicht am 21.06.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59;
VVG §10 Abs1;
VVG §10 Abs2 lita;
VVG §10 Abs2 litb;
VVG §10 Abs2;
VVG §4 Abs2;

Betreff

N gegen Salzburger Landesregierung vom 12. Jänner 1990, Zl. 16/01-1238/3-1990, betreffend Zurückweisung einer Berufung gegen einen Bescheid über die Vorauszahlung der Kosten einer Ersatzvornahme und gegen eine Vollstreckungsverfügung

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens hat die Beschwerdeführerin seit Jahren auf einer ihr gehörenden Liegenschaft unberechtigt Haus- und Sperrmüll abgelagert. Mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 27. November 1984 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, den im Bereich des ihr gehörenden Objektes abgelagerten Haus- und Sperrmüll binnen drei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Da die Beschwerdeführerin dieser Aufforderung nicht nachkam, wurde die Androhung der Ersatzvornahme mit der Auflage, daß sie bis zum 1. März 1986 der Verpflichtung nachzukommen habe, ausgesprochen.

Auf Ersuchen der Beschwerdeführerin wurde diese Beseitigungsfrist mehrmals - zuletzt bis zum 10. Oktober 1988 - erstreckt.

Da die Beschwerdeführerin ihrer Verpflichtung aber trotzdem nicht nachkam, wurde gemäß § 4 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1950 nach vorheriger Androhung die Ersatzvornahme verfügt und ein Bescheid über die Vorauszahlung der Kosten dieser Ersatzvornahme erlassen.

Dagegen richtete die Beschwerdeführerin folgenden als Berufung bezeichneten Schriftsatz (in der folgenden Zitierung sind offensichtliche Rechtschreibfehler im Interesse der Lesbarkeit berichtigt): "Es ist mir nicht bewußt bis 10. Oktober es wurde mir die Zeit gegeben bis 19. Oktober bis im späten nachmittag haben wir die ganze Müll weggeräumt es ist mir auch nicht bewußt wenn andere Eisenteile im Freien haben und bei mir unter Dach ist und noch .... unleserlich .... wenn die Landmaschinen draußen nicht stehen dürfen, muß ich halt eine Scheune bauen."

Auf Grund der inhaltlichen Gestaltung dieses Berufungsschreibens ging die belangte Behörde davon aus, daß sowohl gegen den Bescheid über die Vorauszahlung der Kosten einer Ersatzvornahme als auch gegen die Vollstreckungsverfügung Berufung erhoben worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde diese Berufung als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wird nach Wiedergabe des Verfahrensablaufes und der Rechtslage im wesentlichen weiter ausgeführt, daß die von der Beschwerdeführerin bekämpften behördlichen Maßnahmen Vollstreckungsverfügungen darstellten. Gegen diese könne nur aus den im § 10 Abs. 2 VVG 1950 genannten Gründen Berufung erhoben werden. Wie dem Berufungsschreiben zu entnehmen gewesen sei, habe die Beschwerdeführerin keinen der im § 10 Abs. 2 VVG 1950 genannten Berufungsgründe geltend gemacht, was die Zurückweisung der Berufung notwendig gemacht habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des VVG 1950 von Bedeutung:

§ 2. (1) Bei Handhabung der in diesem Gesetz geregelten Zwangsbefugnisse haben die Vollstreckungsbehörden an dem Grundsatz festzuhalten, daß jeweils das gelindeste noch zum Ziele führende Zwangsmittel anzuwenden ist.

(2) Geldleistungen dürfen nur insoweit zwangsweise eingebracht werden, als dadurch der notdürftige Unterhalt des Verpflichteten und der Personen, für die er nach dem Gesetze zu sorgen hat, nicht gefährdet wird.

§ 4. (1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

(2) Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Falle dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag auf Vorauszahlung ist vollstreckbar.

§ 10. (1) Auf das Vollstreckungsverfahren finden, soweit sich aus dem gegenwärtigen Gesetz nicht anderes ergibt, die Vorschriften des I. und IV. Teiles und hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die Vorschriften der §§ 58 Abs. 1 und 61 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes sinngemäß Anwendung.

(2) Die Berufung gegen eine nach diesem Gesetz erlassene Vollstreckungsverfügung kann nur ergriffen werden, wenn

a)

die Vollstreckung unzulässig ist oder

b)

die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder

c)

die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz

nicht zugelassen sind oder mit der Vorschrift des § 2 im Widerspruch stehen.

In der Beschwerde wird vorgebracht, daß "mit dem angefochtenen Bescheid und den vorangegangenen Bescheiden" die Ersatzvornahme zur Beseitigung des Haus- und Sperrmülls" im Bereich des Objektes X Nr. 9" angeordnet worden sei. "Dieser Bescheid" widerspreche den Vorschriften des § 59 AVG, weil es unklar sei, worauf sich die Ersatzvornahme beziehe. Mangels Bestimmbarkeit des Inhaltes seien "die Bescheide" nicht vollstreckbar.

Diesem Vorbringen ist primär zu entgegnen, daß der als Berufung bezeichnete und von der Behörde auch so gewertete Schriftsatz der Beschwerdeführerin (bei der Behörde eingelangt am 29. Dezember 1989) mit dem angefochtenen Bescheid zurückgewiesen worden ist und die Beschwerde daher auf diesen Umstand abzustellen gehabt hätte. Dementgegen macht die Beschwerde unter Bezugnahme auf § 59 AVG 1950 als Rechtsverletzung geltend, daß - offenbar die erstinstanzlichen Bescheide, die mit Berufung bekämpft worden waren - nicht dem Bestimmtheitsgebot des § 59 AVG 1950 entsprochen hätten.

Diese genannte Bestimmung ist aber nach § 10 Abs. 1 VVG 1950 im Vollstreckungsverfahren nur insoweit anwendbar, als sich dies aus dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz selbst ergibt. Die Rechtsprechung wertet die Unbestimmtheit des Titelbescheides oder einer Vollstreckungsverfügung zwar in diesem Sinne als Fälle der Unzulässigkeit der Vollstreckung nach § 10 Abs. 2 lit. a VVG 1950, die Beschwerdeführerin hat aber diese Frage (Unbestimmtheit) nicht in ihrer Berufung geltend gemacht. Die auf Grund des Berufungsschriftsatzes erkennbaren Berufungsgründe (Frist noch nicht abgelaufen, Müll mit Einschränkungen weggeräumt) werden aber - abgesehen davon, daß diese Behauptung der Beschwerdeführerin in den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens keine Deckung findet - in der Beschwerde nicht mehr geltend gemacht.

Hinsichtlich des Auftrages zur Kostenvorauszahlung hat sich die belangte Behörde zwar zu Unrecht auf § 10 Abs. 2 VVG 1950 berufen (vgl. Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Juni 1989, Zl. 84/05/0035). Trotzdem ist die Beschwerdeführerin aber dadurch schon deshalb nicht in ihren Rechten verletzt worden, weil auch diesbezüglich im vorher dargestellten Sinne kein rechtlich relevantes Vorbringen im Berufungsschriftsatz der Beschwerdeführerin enthalten war.

Letztlich stellt das Beschwerdevorbringen unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren eine im verwaltungsrechtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar.

Mangels einer im Rahmen des Beschwerdepunktes relevanten Rechtswidrigkeit war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990120131.X00

Im RIS seit

21.06.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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