TE Vwgh Erkenntnis 1990/6/21 90/12/0158

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Veröffentlicht am 21.06.1990
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art140 Abs7;
GehG 1956 §20 Abs1 idF 1972/214;
GehG 1956 §20 Abs2 idF 1972/214;

Betreff

N gegen Kärntner Landesregierung vom 6. März 1990, Zl. SchA-65801/59/1990, betreffend Aufwandsentschädigung

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer steht als Hauptschuloberlehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Kärnten. Seine Dienststelle ist die Hauptschule X.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers vom 2. Oktober 1989 auf Rückerstattung der Kosten der Leihgebühr für ein Paar Alpinskier in der Höhe von S 400,--, welche der Beschwerdeführer für die Zeitdauer des Schulskikurses der Hauptschule Y vom 9. Jänner bis 15. Jänner 1989 benützt habe, gemäß § 20 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 (GG) keine Folge. Begründet wurde die Entscheidung damit, daß der geltend gemachte Aufwand nicht als dienstlich notwendiger Mehraufwand im Sinne des § 20 Abs. 1 GG anzusehen sei. Ein solcher dienstlich notwendiger Mehraufwand für Bekleidung und Ausrüstungsgegenstände sei nur dann gegeben, wenn die normale Bekleidung oder Ausrüstung, deren Anschaffung jedem Bediensteten zumutbar sei, im Hinblick auf die Art des Dienstes nicht genüge, sondern eine besondere Bekleidung oder Ausrüstung erforderlich sei, um eine ordnungsgemäße Dienstverrichtung zu gewährleisten. Der Beschwerdeführer sei unter anderem geprüfter Lehrer für Leibeserziehung und schon in den vergangenen Jahren wiederholt als Begleitlehrer oder Leiter für Schulskikurse eingeteilt worden. Es sei daher davon auszugehen, daß er auch als Privater den alpinen Skisport aktiv ausübe und es daher für ihn erforderlich gewesen sei, die entsprechenden Ausrüstungs- und Bekleidungsgegenstände anzuschaffen. Einem solchen Lehrer entstehe daher bei Teilnahme an einem Schulskikurs kein dienstlich notwendiger Mehraufwand; es sei durchaus zumutbar, daß er die für den Skilauf erforderliche Ausrüstung unentgeltlich beistelle.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wendet der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften unter anderem ein, er habe schon im Verwaltungsverfahren darauf hingewiesen, daß er auch privat Skier samt Zubehör nicht kaufe, sondern nur ausleihe. Wäre die belangte Behörde davon ausgegangen, so hätte sie in rechtlicher Hinsicht zum Ergebnis kommen müssen, daß der Aufwand an Leihgebühr von S 400,--, den der Beschwerdeführer als Leiter des Schulskikurses habe tragen müssen, als ein ausschließlich aus dienstlichen Gründen entstandener Mehraufwand im Sinne des § 20 Abs. 1 GG zu werten sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 20 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (GG), in der Fassung der 24. Novelle, BGBl. Nr. 214/1972, lautet:

"(1) Der Beamte hat Anspruch auf Ersatz des Mehraufwandes, der ihm in Ausübung des Dienstes oder aus Anlaß der Ausübung des Dienstes notwendigerweise entstanden ist.

(2) Der Ersatz des Mehraufwandes, der einem Beamten durch eine auswärtige Dienstverrichtung oder eine Versetzung entsteht, wird durch ein besonderes Bundesgesetz geregelt."

Der Verfassungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 1. März 1990, G 316/89, (Kundmachung im BGBl. Nr. 224/1990) § 20 Abs. 2 GG als verfassungswidrig auf und sprach aus, daß die Aufhebung mit Ablauf des 28. Februar 1991 in Kraft tritt. Da der dem Beschwerdefall zugrundeliegende Tatbestand jedoch vor der Aufhebung verwirklicht wurde und es sich um keinen Anlaßfall handelt, ist die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Gesetzesstelle im Beschwerdefall gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG weiterhin anzuwenden.

Der in § 20 Abs. 1 GG normierte Grundsatz wird durch die Vorschrift des Absatzes 2 dieses Paragraphen in der Weise eingeschränkt, daß der Ersatz eines Mehraufwandes im Sinne des Absatzes 1, der einem Beamten durch eine auswärtige Dienstverrichtung oder eine Versetzung entsteht, nur nach Maßgabe der Regelung eines besonderen Bundesgesetzes, worunter die auf die Stufe eines Bundesgesetzes erhobene Reisegebührenvorschrift 1955 (RGV) zu verstehen ist, zusteht. Sieht die RGV den Ersatz eines durch eine auswärtige Dienstverrichtung oder eine Versetzung erwachsenen Mehraufwandes nicht vor, so gebührt dem Beamten kein Ersatz dieses Mehraufwandes (vgl. unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. März 1986, Zl. 85/12/0048, Slg. Nr. 12.070/A, und des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März 1990, G 316/89). Da dem Beschwerdeführer der von ihm geltend gemachte Aufwand durch eine auswärtige Dienstverrichtung, nämlich die Leitung des obgenannten Schulskikurses entstanden ist, die RGV aber den Ersatz eines derartigen Aufwandes nicht vorsieht, gebührt ihm hiefür, unabhängig davon, ob es sich um einen Mehraufwand im Sinne des § 20 Abs. 1 GG handelt, kein Ersatz.

Der Beschwerdeführer ist dieser ihm mit Berichterverfügung vom 10. Mai 1990 bekanntgegebenen Rechtsauffassung mit folgenden Erwägungen entgegengetreten: Die Anwendbarkeit des § 20 Abs. 2 GG hänge von zwei Voraussetzungen ab, nämlich daß es um einen Mehraufwand gehe, der erstens infolge einer auswärtigen Dienstverrichtung entstehe und zweitens einem Beamten erwachse. Die "Auswärtigkeit" müsse charakterisierendes und unterscheidendes Merkmal sein. Resultiere der Mehraufwand hingegen "aus der Art der Dienstverrichtung deren eigentlicher Natur gemäß", so treffe das nicht zu. Die Abgrenzung sei demgemäß ganz eindeutig dadurch zu ziehen, daß dann, wenn die Dienstverrichtung ohne den Aufwand überhaupt nicht denkbar sei, also der Aufwand sich nicht als Folge der "Auswärtigkeit" darstelle, sondern ihrem Wesen immanent sei, der gesetzliche Tatbestand nicht erfüllt erscheine. Daß der Aufwand dem Beamten erwachse, müsse als typisches - dem Regelfall entsprechendes - Merkmal verstanden werden. Gehe es nämlich um die eigentlichen Arbeitsmittel, die für eine Dienstverrichtung unbedingt erforderlich seien, so setze der Gesetzgeber zweifellos als Regelfall voraus, daß sie dem Beamten vom Dienstgeber zur Verfügung gestellt würden und ihm dafür von vornherein keinerlei "Aufwand erwächst". Würden dem Beamten ausnahmsweise solche Arbeitsmittel nicht zur Verfügung gestellt und schaffe er sie deshalb "notwendigerweise" selbst an, so müsse er umsomehr Anspruch auf Ersatz des ihm so entstandenen Mehraufwandes haben. Umsoweniger sei es daher gerade in diesem Fall denkbar, daß der Gesetzgeber diesen Anspruch auf irgendeine Weise beschränke oder einer besonderen Gesetzgebung habe vorbehalten wollen, die ihrem Wesen nach auf Dienstreisen (auswärtige Dienstverrichtungen) abgestellt sei.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag diesen Erwägungen nicht beizupflichten, da § 20 Abs. 2 GG derartige Unterscheidungen nicht vorsieht. Danach kommt es nur darauf an, ob einem Beamten durch eine auswärtige Dienstverrichtung oder eine Versetzung ein Mehraufwand entstanden ist, gleichgültig ob die auswärtige Dienstverrichtung ohne den Aufwand denkbar ist oder nicht und ob es sich um einen regelmäßigen oder nur ausnahmsweise erwachsenen Aufwand handelt. Daß die RGV den Ersatz eines konkreten Mehraufwandes nicht vorsieht, spricht nicht gegen diese Auslegung, sondern wurde vom Verfassungsgerichtshof als Grund der Verfassungswidrigkeit des § 20 Abs. 2 GG angesehen.

Da somit schon der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990120158.X00

Im RIS seit

16.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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