TE Vwgh Erkenntnis 1990/6/21 89/12/0132

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Veröffentlicht am 21.06.1990
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Index

63/05 Reisegebührenvorschrift;

Norm

RGV 1955 §4;
RGV 1955 §73;

Betreff

Dr. W gegen Bundesminister für Unterricht, Kunst und Sport vom 28. April 1989, Zl. 164.258/5-I/14a/89, betreffend Reisegebühren

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Professor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist die Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule X.

Nach dem Vorbringen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und unter Berücksichtigung der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens nahm der Beschwerdeführer über dienstlichen Auftrag in der Zeit vom

11. bis 15. April 1988 in Wien an einem Seminar teil. Den Teilnehmern wurde seitens des Veranstalters (- im Sinne des § 73 RGV 1955 -) Quartier und Verpflegung unentgeltlich zur Verfügung gestellt.

Der Beschwerdeführer brachte im Verwaltungsverfahren vor, daß das zur Verfügung gestellte Quartier bei seinem Eintreffen schon ausgebucht gewesen sei, wodurch er in ein Ersatzquartier weit entfernt vom Ort des Seminars habe eingewiesen werden müssen. Durch diesen organisatorischen Mangel bedingt seien ihm Kosten für innerstädtische Massenbeförderungsmittel in Wien von der Unterkunft zum Seminarort entstanden, die den anderen Kollegen erspart geblieben seien.

Mit Reiserechnung vom 19. April 1988 machte der Beschwerdeführer insgesamt S 1.115,-- als Fahrtkosten geltend, von denen S 816,-- anerkannt wurden.

Über seinen Antrag auf bescheidmäßige Absprache entschied die Dienstbehörde erster Instanz dahingehend, daß dem Beschwerdeführer für die Teilnahme an dem genannten Seminar kein höherer Betrag als S 816,-- als Reisekostenvergütung zuerkannt werde.

Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gemäß §§ 4 und 20 Abs. 1 Z. 1 RGV 1955 ab. Zur Begründung wird nach Wiedergabe des Verfahrensablaufes weiter dargelegt:

Der Beschwerdeführer bekämpfe die Ablehnung seines Anspruches auf Fahrtkosten innerhalb des Seminarortes Wien; er vermeine, daß § 4 RGV 1955 eine hinreichende Deckung für die Flüssigmachung dieser Gebühren darstelle.

Zunächst sei festzustellen, daß die Dienstbehörde erster Instanz zu Recht die Ablehnung dieser Gebührenansprüche auf § 4 RGV 1955 gestützt habe. Die Ziffer 1 dieser Bestimmung sehe nämlich die Reisekostenvergütung vor. Durch diese Vergütung sollten somit sämtliche Fahrtauslagen des Dienstnehmers für die Strecke zwischen seiner Dienststelle und dem Ort der Dienstverrichtung abgegolten werden. Der Beschwerdeführer begehre demgegenüber den Ersatz jener Fahrtauslagen, die ihm im Ort der Dienstverrichtungsstelle für die Strecke von seiner Unterkunft zur Dienstverrichtungsstelle erwachsen seien. Diese Kosten könnten daher, weil sie sich ausschließlich auf den Ort der Dienstverrichtungsstelle beschränkten, nicht gemäß § 4 Z. 1 RGV 1955 angesprochen werden.

Der Beschwerdeführer vermeine weiters, im § 4 Z. 2 RGV 1955 eine hinreichende Deckung für seinen Gebührenanspruch zu erkennen. Die Ziffer 2 des § 4 RGV 1955 gelte aber im Rahmen der Reisezulage all jene Kosten ab, die zur Bestreitung des Mehraufwandes für Verpflegung und Unterkunft sowie zur Deckung anderer Reiseauslagen erwachsen würden. Unter diesem Titel könnten daher keine Fahrtauslagen abgegolten werden. Vielmehr diene die Reisezulage unter anderem zur Abgeltung jener Reiseauslagen, die mit der Reisebewegung in unmittelbarem Zusammenhang stünden (z.B. die Kosten der Gepäcksaufbewahrung).

Schließlich verweise der Beschwerdeführer auch auf § 20 Abs. 1 Z. 1 RGV 1955, welche Bestimmung gleichfalls zur Begründung seines Gebührenanspruches herangezogen werden könnte. Diese Bestimmung regle den Kostenersatz bei Dienstverrichtungen im Dienstort, setze daher voraus, daß der Beamte im Dienstort außerhalb der Dienststelle Dienstverrichtungen vorzunehmen habe. Demgegenüber mache der Beschwerdeführer Ansprüche geltend, die die Abgeltung jener Fahrtauslagen anstrebten, die ihm im Ort der Dienstverrichtungsstelle erwachsen seien. Da es sich sohin bei den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Ansprüchen um keinen Kostenersatz für Dienstverrichtungen im Dienstort handle, sei auch seinem diesbezüglichen Berufungsbegehren der Erfolg zu versagen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Reisekostenvergütung nach den §§ 5, 6 RGV 1955, in eventu nach § 20 desselben Gesetzes, durch unrichtige Anwendung dieser Normen und des § 4 leg. cit. sowie der Vorschriften über die Bescheidbegründung verletzt.

Der § 4 der Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl. Nr. 133, die gemäß § 92 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 als Bundesgesetz in Geltung steht, lautet:

"1. Bei Dienstreisen gebührt dem Beamten:

1. Die Reisekostenvergütung; sie umfaßt die Kosten der Beförderung der Person und des notwendigen Reise- und Dienstgepäcks mit einem Massenbeförderungsmittel für die Strecke zwischen der Dienststelle und dem Ort der Dienstverrichtung, die Kosten der Benützung anderer Beförderungsmittel, sowie die Entschädigung für Wegstrecken (Kilometergeld);

2. die Reisezulage; sie dient der Bestreitung des Mehraufwandes für Verpflegung und Unterkunft sowie zur Deckung der Reiseauslagen, für die in den folgenden Bestimmungen keine besondere Vergütung festgesetzt ist, und umfaßt die Tagesgebühr und die Nächtigungsgebühr."

Nach § 1 Abs. 1 RGV 1955 haben die Beamten Anspruch auf Ersatz des Mehraufwandes, der ihnen durch bestimmte auswärtige Dienstverrichtungen entsteht. Eine Dienstreise liegt nach § 2 Abs. 1 RGV 1955 dann vor, wenn sich ein Beamter zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstauftrages an einen außerhalb des Dienstortes gelegenen Ort begibt und die Wegstrecke von der Dienststelle zu diesem Ort mehr als zwei Kilometer beträgt.

Nach § 73 RGV idF des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 658/1983 entfällt bei der Teilnahme an Ausbildungs- und Fortbildungsveranstaltungen bei unentgeltlicher Beistellung der Verpflegung bzw. der Nächtigungsmöglichkeit der Anspruch auf Tages- bzw. auf Nächtigungsgebühr.

Der Verwaltungsgerichtshof geht auf Grund des Beschwerdevorbringens in Verbindung mit der Berufung des Beschwerdeführers davon aus, daß zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Frage des Ersatzes der dem Beschwerdeführer erwachsenen Kosten für die Benützung innerstädtischer Massenbeförderungsmittel während seines Aufenthaltes in Wien strittig ist.

Im Beschwerdefall ist sachverhaltsmäßig wesentlich, daß dem Beschwerdeführer im Rahmen der Organisationsgewalt der Behörde eine Unterkunft zugewiesen worden ist, für die er zwar kein Entgelt zu leisten hatte, mit deren Benützung während der Zeit seiner Dienstreise aber zwingend Kosten für die Inanspruchnahme innerstädtischer Massenbeförderungsmittel verbunden waren.

Ausgehend davon darf der 1983 eingefügten Regelung des § 73 RGV 1955 bezogen auf den Beschwerdefall und in Verbindung mit den §§ 1 und 4 RGV 1950 aus Gründen der Sachgerechtigkeit und unter Beachtung der Verpflichtung zu einer verfassungskonformen Interpretation nicht die Bedeutung unterstellt werden, daß damit auch der Ersatz von dem Beamten zwangsläufig und unvermeidlich entstandenen Kosten, die ihre grundsätzliche Deckung sowohl in der Zweckbestimmung des § 1 RGV 1955 als auch im § 4 RGV 1955 finden, ausgeschlossen werden sollte. Es ist vielmehr auf Grund des Wortlautes und der im § 73 RGV 1955 hergestellten Beziehung zur unentgeltlich zur Verfügung gestellten Unterkunft angezeigt, davon auszugehen, daß der Gesetzgeber durch diese Regelung nur einen Ersatz für die kostenlos beigestellte Unterkunft (also eine Begünstigung) vermeiden wollte. Nach § 73 RGV ist daher ein Anspruch auf Nächtigungsgebühr ausgeschlossen, nicht ist aber damit verwehrt - sofern kein Anspruch auf Reisezulage besteht - derartige Kosten wie im Beschwerdefall, die ansonsten durch die Reisezulage pauschal abgedeckt wären, auf Grundlage des § 4 iVm § 73 RGV 1955 zu vergüten.

Da die belangte Behörde nicht von dieser Rechtsauffassung ausgegangen ist und dem Beschwerdeführer den Ersatz der ihm zwangsläufig erwachsenen, im Beschwerdefall strittigen Kosten verweigert hat, mußte der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989120132.X00

Im RIS seit

21.06.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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