TE Vwgh Beschluss 1990/6/22 88/17/0009

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Veröffentlicht am 22.06.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §19 Abs1;
AVG §56;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs2;

Betreff

A gegen Bürgermeister der Gemeinde Schachendorf vom 14. Dezember 1987, Zl. JJ-V-3/10-1987, betreffend einen Ladungsbescheid in Angelegenheit einer Kanalanschlußgebühr

Spruch

Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

Der Beschwerdeführer hat der Gemeinde Schachendorf Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Ladungsbescheid vom 14. Dezember 1987 wurde der Beschwerdeführer vom Bürgermeister der Gemeinde Schachendorf im Zuge des Vorstellungsverfahren betreffend die endgültige Kanalanschlußgebühr zwecks Gewährung des Parteiengehörs bzw. eventueller Stellungnahme geladen, am 28. Dezember 1987 um 9.00 Uhr persönlich in das Gemeindeamt zu kommen. Der Beschwerdeführer müsse damit rechnen, daß eine Zwangsstrafe von S 1.000,-- für die Nichtbeachtung der Ladung verhängt werde. Verwendet wurde das Formular 2 zu § 19 AVG (Ladungsbescheid).

1.2. Gegen diesen Ladungsbescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten, entgegen § 19 AVG persönlich vorgeladen worden zu sein, obwohl sein persönliches Erscheinen nicht notwendig gewesen sei, und auf Beachtung des § 7 AVG (Befangenheit des Bürgermeisters) verletzt. Die Gewährung des Parteiengehöres hätte auch schriftlich erfolgen können, wobei der Beschwerdeführer auch seine Stellungnahme schriftlich hätte abgeben können.

1.3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, auf welche der Beschwerdeführer replizierte.

1.4. Da sich aus den Verwaltungsakten ergab, daß der Beschwerdeführer der Ladung Folge geleistet hatte, richtete der Verwaltungsgerichtshof am 14. März 1990 folgende Aufforderung an den Beschwerdeführer:

"In Ihrer Beschwerdesache gegen den Ladungsbescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Schachendorf vom 14. Dezember 1987, Zl. JJ-V-3/10-1987, werden Sie aufgefordert, die in der Beschwerde enthaltene Rechtsverletzungsbehauptung (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG - Beschwerdepunkt) insofern zu präzisieren, als dargetan werden möge, welche RECHTSpositionen von Ihnen als Beschwerdeführer NACH dem 28. Dezember 1987, an welchem Tag Sie der Ladung Folge geleistet haben, und damit im Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung noch als aufrecht durch den angefochtenen Ladungsbescheid verletzt behauptet werden. Erwüchse Ihnen durch die allfällige 'Aufhebung' des angefochtenen Ladungsbescheides nach einem der Tatbestände des § 42 Abs. 2 VwGG eine über eine bloß feststellende Wirkung hinausgehende VERÄNDERUNG der RECHTLICHEN Position? Dabei sind etwa eine Verbesserung der tatsächlichen Ausgangsposition für ein allfälliges Amtshaftungsverfahren oder wirtschaftliche Reflexwirkungen hier nicht gemeint."

Auf die Säumnisfolge nach § 34 Abs. 2 VwGG wurde hingewiesen. Ungeachtet dessen ließ der Beschwerdeführer die gesetzte Frist zur Mängelverbesserung ungenützt verstreichen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. b VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

2.1. Gemäß § 34 Abs. 2 VwGG sind Beschwerden, bei denen die Vorschriften über die Form und den Inhalt (§§ 23, 24, 28, 29) nicht eingehalten wurden, zur Behebung der Mängel unter Anberaumung einer kurzen Frist zurückzustellen; die Versäumung dieser Frist gilt als Zurückziehung.

2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hatte davon auszugehen, daß die belangte Behörde - in Anwendung des § 19 AVG 1950 im Vorstellungsverfahren betreffend ein Abgabenverfahren (vgl. § 87 Abs. 1 der Burgenländischen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 37/1965) - als ersuchte Behörde einen Ladungsbescheid erlassen hat. Da dieser auch die Androhung eines Zwangsmittels enthält, liegt ein verfahrensrechtlicher Bescheid ("Ladungsbescheid" im Sinne der §§ 18 Abs. 5 und 56 AVG 1950) und nicht bloß eine einfache Ladung vor (vgl. die bei RINGHOFER, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, 1987, 291, wiedergegebene Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zu § 19 AVG; siehe übrigens auch die dem entsprechenden Rechtsprechungshinweise bei STOLL, Bundesabgabenordnung, Handbuch5, 1980, 212 zu § 91 BAO, dem wiederum im wesentlichen § 68 der Burgenländischen Landesabgabenordnung entspricht).

Während des Beschwerdeverfahrens sind nach Vorlage der Verwaltungsakten, aus denen sich ergibt, daß der Beschwerdeführer der Ladung tatsächlich Folge geleistet hat, Zweifel an der Rechtsverletzungsmöglichkeit des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung entstanden.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges. Nach § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG hat die Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof die bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte) zu enthalten. Der Beschwerdeführer wurde daher zur Präzisierung des Beschwerdepunktes, d.h. seiner Behauptung, durch den Bescheid in seinen Rechten VERLETZT ZU SEIN, aufgefordert. Es ist nämlich nach der Verfassungslage und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz Sache des Beschwerdeführers, eine derartige Behauptung aufzustellen. Da der Verwaltungsgerichtshof zwar keine aufrechte Rechtsverletzung des Beschwerdeführers erkennen, es aber nicht ausschließen konnte, daß es im Bereich der gesamten Rechtsordnung Rechtspositionen des Beschwerdeführers gibt, in denen er durch den angefochtenen Ladungsbescheid noch aufrecht betroffen sein könnte, und um ihm Gelegenheit zu einer solchen Behauptung zu geben, wurde die zitierte Aufforderung an ihn gerichtet.

Wegen der dargestellten Unterlassung der auftragsgemäßen Mängelverbesserung gilt jedoch die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 2 zweiter Satz VwGG als zurückgezogen. Das Verfahren war gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.

2.3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie 51 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Androhungen Aufforderung Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1988170009.X00

Im RIS seit

22.06.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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