Index
L37169 Kanalabgabe Wien;Norm
Kanalanlagen- und EinmündungsgebührenG Wr §10 litc;Beachte
Besprechung in: ÖStZB 1991, 360;Betreff
A u B gegen Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 29. September 1986, Zl. MDR - L 4/86, betreffend Vorschreibung einer Kanaleinmündungsgebühr
Spruch
Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen. Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Die Erstbeschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Zweitbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid vom 26. April 1985 schrieb der Magistrat der Stadt Wien den Beschwerdeführern gemäß § 7 Abs. 1 des Gesetzes vom 21. Oktober 1955 über Kanalanlagen und Einmündungsgebühren, LGBl. für Wien Nr. 22 (im folgenden: Wr KEGebG) anläßlich der Errichtung einer Produktionshalle auf ihrer Liegenschaft im
23. Bezirk, eine Kanaleinmündungsgebühr in der Höhe von
S 82.440,-- (S 74.045,46 Entgelt und 10 % USt in Höhe von S 7.494,54) vor. Die Berechnung der Gebühr ergebe sich aus folgenden Bemessungsgrundlagen: Einheitssatz 725, Frontlängen 117,42 m, Bebauungsfaktor 0,10, Bauklasse I, bebaute Fläche
1.100 m2; KEG-Berechnung:
1/2x (117,42 + 0,10 x 1.100) x725 = 82.439,75.
Gegen diesen Bescheid richtet sich eine vom Zweitbeschwerdeführer unterfertigte Berufung, die als Berufungswerber den Zweitbeschwerdeführer "und Miteigentümer" anführt. Die Berufung wendet sich gegen die Höhe der vorgeschriebenen Kanaleinmündungsgebühr. Die Beschwerdeführer hätten auf dem Grundstück nn1, EZ n1, KG Inzersdorf eine neue Betriebsstätte errichtet. Das Nebengrundstück EZ n2 und n3 KG Inzersdorf stehe ebenfalls in ihrem Eigentum. Es sei die Neuerrichtung einer Schmutzwasserableitung und einer Regenwasserableitung erforderlich gewesen. Die Ableitung des Schmutzwassers sei über die bestehende Anlage der EZ n2 und n4 vorgenommen worden. Für das Regenwasser hätten sich 3 Varianten angeboten: a) Die Einleitung in einen bestehenden Regenwasserkanal der EZ n3 und n4, b) Ansuchen um Bewilligung der Einleitung in den jenseits der X-Straße liegenden, diese begleitenden Regenwasserkanal und c) Einleitung der Regenwässer in einen auf der Bauliegenschaft zu errichtenden Sickerschacht. Dem Wunsche der MA 30 entsprechend sei die Variante c) gewählt worden. Die Beschwerdeführer seien in Vorgesprächen informiert worden, daß bei Wahl dieser Variante nur die halbe Kanalgebühr zu entrichten sei.
1.2. Mit Bescheid vom 29. September 1986 wies die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien die Berufung des Zweitbeschwerdeführers als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Dem "Berufungswerber" stehe es frei, ein Ansuchen um Ermäßigung der Gebühr an den zuständigen Gemeinderatsausschuß zu richten.
Darüberhinaus heißt es in der Begründung des Bescheides:
"Gemäß § 7 Abs. 1 des Gesetzes über Kanalanlagen und Einmündungsgebühren ist für den erstmaligen, unmittelbaren oder mittelbaren Anschluß an einen Straßenkanal eine Kanaleinmündungsgebühr zu entrichten. Gemäß § 8 leg. cit. setzt sich die Kanaleinmündungsgebühr aus der Frontgebühr und der Flächengebühr zusammen, wobei als Frontlänge die Summe der Baulinien bzw. der Straßenfluchtlinien gilt. Ein Bauplatz wurde nicht geschaffen. Ein erst zu schaffender zukünftiger Bauplatz wird eine Frontlänge von insgesamt 117,42 m aufweisen. Eine Möglichkeit, den zukünftigen Bauplatz anders zu gestalten, ist im konkreten Fall nicht gegeben. Die Berücksichtigung der Frontlängen dieses fiktiven Bauplatzes findet in § 7 Abs. 3 des Gesetzes über Kanalanlagen und Einmündungsgebühren Deckung, wonach einem Bauplatz sonstige bebaute Gründe gleichzuhalten sind, das ist im gegenständlichen Fall die von der Produktionshalle eingenommene Fläche von 1.100 m2 zuzüglich der zugehörigen Freiflächen, für die die gärtnerische Gestaltung vorgesehen ist.
Im Plandokument 4970 ist parallel zur X-Straße eine Baulinie eingetragen, die in der südlichen Grenze des gegenständlichen bebauten Grundstückes verläuft und eine Länge von 26 m aufweist. Eine weitere Baulinie verläuft laut PD 4970 in der südöstlichen Grenze der gegenständlichen Liegenschaft. Eine Überprüfung, inwieweit die Festsetzung dieser Baulinien rechtmäßig war, kommt der Abgabenberufungskommission nicht zu.
Laut Mitteilung der Magistratsabteilung 30 ist der öffentliche Schmutzwasserkanal und der Regenwasserkanal von der gegenständlichen Liegenschaft 29 m entfernt, es war somit der Einheitssatz voll zu berechnen. Da die Ermittlung der Kanaleinmündungsgebühr auch rechnerisch richtig erfolgte, war die Berufung als unbegründet abzuweisen."
1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf richtige Berechnung der Höhe der Kanalanschlußgebühr verletzt.
1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Der erstinstanzliche Abgabenbescheid ist nach dem Inhalt seines Spruches, dessen persönlicher Geltungsbereich aus der Zustellverfügung erschlossen werden muß, an beide Beschwerdeführer gerichtet. Dieser Bescheid wurde laut Rückschein dem Zweitbeschwerdeführer als Postbevollmächtigtem für RSb-Briefe zugestellt. Die Berufung nennt im Kopf den Zweitbeschwerdeführer und "Miteigentümer" (worunter, wie sich aus dem Bauakt ergibt, die Erstbeschwerdeführerin zu verstehen ist), ist jedoch ohne einen Hinweis auf ein Vollmachtsverhältnis nur vom Zweitbeschwerdeführer unterfertigt. Die belangte Behörde hat im Spruch des angefochtenen Bescheides lediglich über die Berufung des Zweitbeschwerdeführers abgesprochen und diese abgewiesen. Der Spruch läßt über diesen normativen Inhalt des Bescheides keinen Zweifel offen. Daher kommt der - verfehlten - Zustellverfügung, in der auch die Erstbeschwerdeführerin z. Hd. des Zweitbeschwerdeführers genannt ist, für die Auslegung des Bescheides keine Bedeutung zu. Auch in der Begründung des Bescheides ist von "dem Berufungswerber" (Einzahl) die Rede. Da somit der angefochtene Bescheid über die Berufung der Erstbeschwerdeführerin jedenfalls nicht abgesprochen hat, war ihre Beschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Die Prüfung der Frage, ob die Berufung auch der Erstbeschwerdeführerin zuzurechnen gewesen wäre - diesfalls wäre über sie noch nicht entschieden - ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
2.2.1. In Ausführung des Beschwerdepunktes, daß dem Zweitbeschwerdeführer eine zu hohe Kanalanschlußgebühr vorgeschrieben worden sei, werden die Feststellungen der belangten Behörde bekämpft, daß der jenseits der X-Straße gelegene Regenwasserkanal von der Liegenschaft 29 m entfernt sei. Aus den Plandokumenten ergebe sich, daß die Entfernung mehr als 30 m betrage. Es bestehe daher keine Einleitungsverpflichtung.
2.2.2. Der Zweitbeschwerdeführer scheint sich dabei auf die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 und 2 Wr KEGebG in der Fassung LGBl. Nr. 2/1970 zu beziehen, welche lauten:
"(1) Von Baulichkeiten auf Bauplätzen müssen alle Abwässer (§ 1 Absatz 2) unterhalb der Verkehrsflächen in den Kanal geleitet werden, wenn der Bauplatz von einem bei der Bauführung bereits bestehenden Straßenkanal ohne Verbindung über eine andere Liegenschaft nicht mehr als 30 m entfernt ist. Dieselbe Verpflichtung zur Einmündung tritt ein, wenn der Straßenkanal nach Errichtung der Baulichkeit hergestellt wird. Ist nur ein Schmutzwasserkanal vorhanden, so besteht die Verpflichtung zur Einmündung nur hinsichtlich der Schmutzwässer, ist nur ein Regenwasserkanal vorhanden, so besteht diese Verpflichtung nur hinsichtlich der Regenwässer. Sobald die Verpflichtung zur Einmündung erfüllt ist, sind die bisherigen Anlagen zur Ableitung der Schmutz- oder Regenwässer zu beseitigen.
(2) Von Baulichkeiten auf einer sonstigen bebauten Fläche, die von einem Straßenkanal ohne Verbindung über eine andere Liegenschaft nicht mehr als 30 m entfernt ist, kann die Behörde die Einleitung der Regen- und Schmutzwässer in den Straßenkanal und die Beseitigung der bestehenden Anlagen zur Ableitung solcher Abwässer verlangen, soweit öffentliche, insbesondere gesundheitliche Rücksichten, solche Maßnahmen erfordern."
Es kann im gegebenen Zusammenhang mit der vorgebrachten Verfahrensrüge dahingestellt bleiben, ob die eben wiedergegebenen Bestimmungen über die Verpflichtung zur Einleitung überhaupt einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Gebührenpflicht nach § 7 Abs. 1 leg. cit. aufweisen, wonach für den erstmaligen unmittelbaren oder mittelbaren Anschluß an einen Straßenkanal eine Kanaleinmündungsgebühr zu entrichten ist. Eine Auseinandersetzung mit dieser Frage ist an dieser Stelle (vgl. aber unten Punkt 2.4.2.) deswegen entbehrlich, weil dem Zweitbeschwerdeführer das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (§ 41 VwGG) entgegengehalten werden muß. Mit Schreiben vom 12. Juni 1986 forderte nämlich die belangte Behörde den Zweitbeschwerdeführer auf, unter anderem zu folgendem Sachverhalt Stellung zu nehmen:
"Da über Mitteilung der Magistratsabteilung 30 vom 28. 3. 1985 der öffentliche Schmutzwasserkanal und der Regenwasserkanal von der gegenständlichen Liegenschaft 29 m entfernt liegt, war der Einheitssatz voll zu berechnen. Es steht ihnen frei, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Schreibens eine Äußerung abzugeben."
Der Zweitbeschwerdeführer hat sich zu dieser Frage nicht geäußert, insbesondere auch nicht in seinem Schreiben vom 27. Juli 1986. Hat nun der Zweitbeschwerdeführer, wie hier, trotz gebotener Gelegenheit im Verwaltungsverfahren an der Feststellung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt und die ihm vorgehaltenen Ermittlungsergebnisse der Behörde unwidersprochen gelassen, so kann er Mängel der darauf fußenden Feststellungen vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht mehr mit Erfolg geltend machen.
2.3.1. In der Beschwerde wird weiters ausgeführt, die Beschwerdeführer hätten mit Eingabe vom 27. Juli 1986 mitgeteilt, daß der Hallenbau sowohl die Baulinie als auch die Straßenfluchtlinie berühre. Entsprechende Urkunden seien vorgelegt worden. Diese Eingabe sei im Hinblick auf den Vorhalt der belangten Behörde vom 12. Juni 1986 erstattet worden, in welcher die Behauptung aufgestellt worden sei, daß die Produktionshalle weder von Baulinien noch von Straßenfluchtlinien berührt werde. Diese Feststellung sei aktenwidrig und stimme mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht überein.
2.3.2. Der Beschwerdeführer nimmt damit auf die ohne Kenntnis des Aktenvorganges unverständlichen Ausführungen des angefochtenen Bescheides über das Bestehen von Baulinien auf dem Grundstück bezug. Damit hat es folgende Bewandtnis: Gemäß § 9 Abs. 2 Wr KEGebG in der Fassung LGBl. Nr. 45/1984 ist bei Bauherstellungen auf nicht unter Abs. 1 (betreffend kleingärtnerisch genutzte Grundflächen) fallende Grundflächen ohne Bau- oder Straßenfluchtlinien keine Frontgebühr, jedoch die doppelte Flächengebühr zu berechnen. Der erstinstanzliche Abgabenbescheid ist vom Vorhandensein von Baulinien bzw. Straßenfluchtlinien ausgegangen. Erst der belangten Behörde sind im Zuge des Berufungsverfahrens Zweifel daran gekommen, die unter anderem im Schreiben vom 12. Juni 1986 ihren Niederschlag fanden. Dem ist der Zweitbeschwerdeführer bereits mit Schreiben vom 27. Juli 1986 entgegengetreten. Im angefochtenen Bescheid ist die belangte Behörde sodann wieder zur Berechnungsmethode des Erstbescheides zurückgekehrt. Die vom Zweitbeschwerdeführer in der Beschwerde gerügte "Feststellung" (gemeint im Schreiben der belangten Behörde vom 12. Juni 1986) hat in den angefochtenen Bescheid nicht Eingang gefunden. Was die Nichtanwendbarkeit des § 9 Abs. 2 leg. cit. anbelangt, besteht somit zwischen den Verfahrensparteien kein Auffassungsunterschied.
2.4.1. In der Beschwerde heißt es weiters, anläßlich der Vorbesprechung mit der zuständigen Magistratsabteilung 30 sei zur Vermeidung einer Untertunnelung der hochfrequentierten X-Straße vereinbart worden, daß die Schmutzwässer über die bestehende Anlage der EZ n2 und n3 abgeleitet würden und die Einleitung der Regenwässer durch einen auf der Bauliegenschaft zu errichtenden Sickerschacht erfolge. Da nur eine Teilkanalisation vorliege, hätte gemäß den §§ 9 und 10 Wr KEGebG lediglich ein Einheitssatz von 50 % angerechnet werden dürfen.
2.4.2. Der Zweitbeschwerdeführer ist damit im Ergebnis im Recht. Folgende gesetzliche Bestimmungen regeln den Fall der Teilkanalisation:
§ 7 Wr KEGebG bestimmt:
"(1) Für den erstmaligen unmittelbaren oder mittelbaren Anschluß an einen Straßenkanal ist eine Kanaleinmündungsgebühr zu entrichten.
(2) Bei nachträglicher Änderung der Verhältnisse ist in den im § 10 aufgezählten Fällen eine Ergänzungsgebühr zu entrichten.
(3) Die Gebührenberechnung geht vom Bauplatz aus. Einem Bauplatz sind hinsichtlich der Gebührenberechnung auch sonstige bebaute Gründe gleichzuhalten."
§ 9 Abs. 3 leg. cit. (Absatzbezeichnung in der Fassung LGBl. Nr. 45/1984) normiert:
"(3) Besteht bloß ein Schmutzwasserkanal oder bloß ein Regenwasserkanal (Teilkanalisation), so werden nur 50 v.H. des Einheitssatzes angerechnet."
Auszugehen ist davon, daß die Gebührenpflicht an den erstmaligen tatsächlichen Anschluß an einen Straßenkanal anknüpft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1962, Zl. 523/61, Slg. N.F. Nr. 2744/F). Besteht dieser Straßenkanal, an den der Anschluß erfolgt, bloß als Schmutzwasserkanal oder bloß als Regenwasserkanal, dann ist dieser Fall unzweifelhaft dem § 9 Abs. 3 leg. cit. zu unterstellen. Es liegt eine Teilkanalisation vor, die zur Halbierung des Einheitssatzes führt. Wird eine solche Teilkanalisation in eine Vollkanalisation umgewandelt, ist gemäß § 10 lit. c leg. cit. eine Ergänzungsgebühr zu entrichten.
Zu prüfen ist nun die Anwendung des § 9 Abs. 3 leg. cit. auf den Fall, daß - wie sich im Beschwerdefall aus der Aktenlage ergibt - auf der einen Seite des Grundstückes ein bloßer Schmutzwasserkanal verläuft, an den der Anschluß erfolgt, und auf der anderen Seite (ostwärts) ein Regenwasserkanal besteht, an den ein Anschluß nicht vorgenommen wird. Auch dieser Fall ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes der Sonderbestimmung des § 9 Abs. 3 leg. cit. zu unterstellen. Diese Bestimmung ist nämlich im Zusammenhalt mit § 7 Abs. 1 leg. cit. zu sehen. Bedenkt man diesen systematischen Zusammenhang, dann kommt es auch für die Teilkanalisation auf den tatsächlichen Anschluß an, nämlich darauf, ob der Kanal, an den der Anschluß erfolgt, als bloße Teilkanalisation ausgebildet ist. Nicht entscheidend ist
-
entgegen der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift vertretenen Auffassung - somit, ob - im Beispielsfall - ein Regenwasserkanal an sich besteht, ohne daß das Grundstück daran angeschlossen wäre. Denn diesfalls "besteht" für das Grundstück
-
konkret der Ableitung von dessen Abwässern dienend - eben bloß ein Schmutzwasserkanal, sodaß nur der halbe Einheitssatz anzurechnen ist. Sollte das Grundstück nachträglich auch an einen Regenwasserkanal (die zweite Teilkanalisation) angeschlossen werden, so wäre dieser Fall, bezogen auf das gegenständliche Grundstück, wie der Fall der Umwandlung in eine Vollkanalisation zu werten und dem § 10 lit. c Wr KEGebG zu unterstellen.
Wie eben dargetan, ist nach dem System des Gesetzes für die Gebührenpflicht der tatsächliche Anschluß maßgebend (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1962). Auf die Anschlußpflicht kommt es nicht an. Es ist daher für die Gebührenpflicht an sich und die Höhe des Einheitssatzes gemäß § 9 Abs. 3 leg. cit. unbeachtlich, ob eine Pflicht zur Einleitung der Niederschlagswässer in den Regenwasserkanal in der X-Straße bestünde. Bemerkt wird allerdings im gegebenen Zusammenhang, daß auch von einer derartigen Verpflichtung nach der Aktenlage keine Rede sein kann, da es sich um eine Baulichkeit auf einer sonstigen Fläche (also nicht auf einem Bauplatz; vgl. dazu Seite 5 des Baubewilligungsbescheides vom 5. August 1985) handelt und eine Anschlußverpflichtung in einem solchen Fall gemäß dem oben unter Punkt 2.2. zitierten § 2 Abs. 2 Wr KEGebG - anders als im Fall der ex-lege-Verpflichtung nach § 2 Abs. 1 leg. cit. - nur durch einen an bestimmte Voraussetzungen gebundenen Bescheid verfügt werden kann.
Der Gebührenbemessung wurde somit zu Unrecht der volle Einheitssatz zugrundegelegt.
2.5. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet hat.
Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
2.6. Die Kostenentscheidungen gründen sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1, 4 und 5 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1986170197.X00Im RIS seit
22.06.1990