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L37059 Anzeigenabgabe Wien;Norm
AnzeigenabgabeG Wr 1983 §9;Betreff
N gegen Wiener Landesregierung vom 5. Mai 1988, Zl. MDR-B 31/88/Str betreffend Verwaltungsübertretung nach dem Wiener Anzeigenabgabegesetz 1983
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.380,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 5. Mai 1988 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe "als zur Vertretung nach außen Berufene (Geschäftsführerin) der A-Gesellschaft mbH die Abrechnung über die von der Gesellschaft in den Monaten September 1985 bis November 1985 und Jänner 1986 bis August 1986 für die Vornahme oder Verbreitung von Anzeigen aller Art vereinnahmten Entgelte von S 3,846.930,-- dem Magistrat bis 3. Oktober 1986 nicht vorgelegt und den sich dannach ergebenden Abgabebetrag bis 3. Oktober 1986 nicht gezahlt" und "hiedurch die Anzeigenabgabe um den Betrag von S 384.693,-- bis 3. Oktober 1986 fahrlässig verkürzt". Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 9 Abs. 1 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG 1950 begangen. Nach § 9 Abs. 1 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983 wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von S 190.000,-- (Ersatzarreststrafe ein Monat) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung bestraft zu werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Mit Beschluß vom 19. Jänner 1990, Zl. A 2/90, hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, § 9 Abs. 1 UND 2 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983, LGBl. Nr. 22, idF der Novelle LGBl. Nr. 29/1984, als verfassungswidrig aufzuheben, in eventu auszusprechen, daß diese Gesetzesstelle verfassungswidrig war.
Mit Erkenntnis vom 1. März 1990, G 20/90-5 u.a., hat der Verfassungsgerichtshof u.a. aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles § 9 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983, LGBl. Nr. 22, in der Fassung des Gesetzes, LGBl. Nr. 29/1984, als verfassungswidrig aufgehoben. Er hat ferner ausgesprochen, daß die Aufhebung mit Ablauf des 31. Dezember 1990 in Kraft tritt und frühere Gesetzesbestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Hat der Verfassungsgerichtshof wie im vorliegenden Fall ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben, so ist diese Gesetzesstelle gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht, was mit dem genannten Erkenntnis vom 1. März 1990 aber nicht geschehen ist, auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit AUSNAHME DES ANLASSFALLES weiterhin anzuwenden. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist nach Art. 140 Abs. 7 dritter Satz das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit AUSNAHME DES ANLASSFALLES anzuwenden.
Da der Beschwerdefall neben anderen Anlaßfall für das in Rede stehende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes war, ist die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesstelle somit im vorliegenden Fall nicht mehr anzuwenden. Infolgedessen entbehrt aber der angefochtene Bescheid, mit dem die Beschwerdeführerin einer Verletzung des § 9 Abs. 1 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983 in der zitierten Fassung schuldig erkannt und deswegen bestraft worden war, einer gesetzlichen Grundlage.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Veordnung BGBl. Nr. 206/1989; insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1988170138.X00Im RIS seit
22.06.1990