TE Vwgh Beschluss 1990/6/22 AW 90/04/0047

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Veröffentlicht am 22.06.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §103 Abs1 litb Z2;
GewO 1973 §13;
GewO 1973 §87 Abs1 Z1;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der A, der gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 11. Jänner 1990, Zl. 311.649/1-III/4/90, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 11. Jänner 1990 wurde der Beschwerdeführerin die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes "Berater in Versicherungsangelegenheiten gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 2 GewO 1973" im Standort T, X-Straße, gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 13 Abs. 3 und 4 GewO 1973 entzogen. Dieser Ausspruch wurde im wesentlichen unter Bezugnahme auf § 13 Abs. 3 und 4 GewO 1973 damit begründet, daß die Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung nicht gegeben wären, weil es auf Grund der im Gesetz näher bezeichneten qualifizierten Verursachung durch einen Dritten (§ 13 Abs. 3 GewO 1973) zu der bereits im erstinstanzlichen Bescheid angeführten Konkursabweisung (6 Nc 680/87 des Kreisgerichtes T) gekommen sei, habe die Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht, obwohl sie zuletzt nochmals mit Schreiben vom 4. Dezember 1989 aufgefordert worden sei, für den Fall, daß eine Verursachung durch Konkurs usw. eines Dritten behauptete werden sollte, diesbezüglich konkrete Angaben unter Anschluß von (zweckdienlichen) Beweismitteln zu machen. Einer solchen Mitwirkung hätte es - im Falle des Vorliegens entsprechender Umstände - aber schon deshalb bedurft, weil die Behörde mangels sonstiger Unterlagen und Auskunftspersonen (wie beispielsweise des Masseverwalters im Fall eines eröffneten Konkurses) diesbezüglich auf vom Schuldner zu bezeichnende Beweismittel angewiesen sei. Die Beschwerdeführerin habe sich jedoch in dieser Hinsicht verschwiegen; die amtswegigen Erhebungen hätten ebenfalls keinen Hinweis in dieser Richtung ergeben. Was die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1973 beträfen, sei aus den Exekutionsakten des Bezirksgerichtes T festgestellt worden, daß in den Jahren 1986 bis 1988 (unter Außerachtlassung der zugunsten der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bewilligten Verfahren, allfälliger Doppelbetreibungen sowie aus Zuständigkeitsgründen gemäß § 44 JN überwiesener Verfahren) 14 Exekutionsverfahren in das Vermögen der Beschwerdeführerin bewilligt worden seien. Die ziffernmäßige Gesamtsumme dieser in Exekution gezogenen Forderungen habe S 237.472,74 s. A. betragen. Nach der Aktenlage sei es in drei Verfahren zu einer Einstellung gemäß § 39 Abs. 1 Z. 6 EO zufolge gänzlicher Berichtigung der betriebenen Forderungen s. A. gekommen; die ziffernmäßige Gesamtsumme der berichtigten Forderungen habe S 1.550,-- s. A. betragen. Die übrigen elf Verfahren seien ergebnislos verlaufen, d. h. es sei weder zu einer Einstellung der Forderung s. A. noch zu einer pfandweisen Beschreibung von Fahrnissen gekommen; die ziffernmäßige Gesamtsumme der uneinbringlich gebliebenen Forderungen habe S 235.922,74 s. A. betragen. Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft habe mit Schreiben vom 23. Dezember 1988 über Anfrage einen Beitragsrückstand in der Höhe von S 47.173,60 mitgeteilt. Mit Schreiben vom 11. Jänner 1989 seien der Beschwerdeführerin diese Ermittlungsergebnisse zur Kenntnis gebracht und sie aufgefordert worden, binnen vierwöchiger Frist eine Stellungnahme hiezu abzugeben. In weiterer Folge habe die Beschwerdeführerin am 16. Februar 1989 persönlich im Bundesministerium vorgesprochen und die Berichtigung dreier exekutiv betriebener Forderungen durch Vorlage der Zahlscheine bzw. des Einstellungsbeschlusses unter Beweis gestellt; hiebei handle es sich jedoch um jene Verfahren, deren Einstellung bereits vom Gericht bekanntgegeben worden sei. Ein weiterer Einstellungsbeschluß (E 5679/88) habe lediglich die Einstellung der Exekution durch Pfändung und Verkauf hinsichtlich der Gegenstände PZ 1 und 2 des Pfändungsprotokolles E 5679/88 des Bezirksgerichtes T betroffen. Darüberhinaus sei noch eine Ratenzahlungsvereinbarung mit der betreibenden Partei A-Bank AG vorgelegt worden, derzufolge auf die exekutiv betriebene Forderung in Höhe von S 184.260,-- s. A. bzw. S 17.343,-- s. A. zunächst sechs monatliche Raten in Höhe von je S 1.000,-- bezahlt werden sollten. Die Bezahlung der ersten Rate am 19. Oktober 1988 sei ebenfalls unter Beweis gestellt worden. Eine Erfolgsrechnung für das Jahr 1988 sei ebenfalls beigebracht worden; diese habe Betriebseinnahmen in Höhe von S 123.575,-- ausgewiesen, wovon ein Rohertrag in Höhe von S 47.424,55 (für das Jahr 1988 brutto) der Beschwerdeführerin verblieben sei. Abschließend sei ersucht worden, die Frist zur Beibringung der restlichen Zahlungsbelege bis 31. Dezember 1989 zu erstrecken. Im ergänzenden Ermittlungsverfahren sei aus den Akten des Bezirksgerichtes Z festgestellt worden, daß im Jahr 1989 (unter Außerachtlassung der gemäß § 44 NJ überwiesenen sowie der noch nicht vollzogenen Verfahren) weitere fünf Exekutionsverfahren in das Vermögen der Beschwerdeführerin bewilligt worden seien. Die ziffernmäßige Gesamtsumme dieser in Exekution gezogenen Forderungen habe S 502.174,10 s. A. betragen. Nach der Aktenlage seien diese Verfahren samt und sonders ins Leere gegangen, d. h. es sei weder zu einer pfandweisen Beschreibung von Fahrnissen noch zu einer Einstellung der Exekution (insbesondere zufolge Berichtigung der betriebenen Forderung s. A.) gekommen. Mit Schreiben vom 4. Dezember 1989 sei dieses ergänzende Ermittlungsergebnis der Beschwerdeführerin neuerlich zur Kenntnis gebracht und sie aufgefordert worden, binnen vierwöchiger Frist eine Stellungnahme hiezu abzugeben. Unter einem sei darauf hingewiesen worden, daß von einem allfälligen Gläubigerinteresse nur dann ausgegangen werden könne, wenn die Befriedigung der zuvor genannten Gläubiger bereits im Zuge der Stellungnahme durch Vorlage von Bescheinigungsmitteln unter Beweis gestellt würde. Am 2. Jänner 1990 habe die Beschwerdeführerin wiederum persönlich bei der Behörde vorgesprochen und habe vorerst angegeben, daß der Auszug aus den ihr vorgehaltenen Exekutionsverfahren aus den Jahren 1986 bis 1989 mit Ausnahme des Verfahrens E 3669/89 dem Grunde und der Höhe nach richtig sei. Im zuletzt genannten Verfahren sei eine Zahlung in Höhe von S 7.000,-- behauptet, jedoch kein Beleg vorgelegt worden, sodaß sich die unberichtigt aushaftende Forderung der betreibenden Gläubigerin auf S 50.000,-- s. A. reduziere. Im übrigen habe die Beschwerdeführerin angegeben, daß nach wie vor sämtliche in Exekution gezogenen Forderungen (mit Ausnahme der drei Verfahren aus dem Jahre 1989, in welchem das Gericht bereits die Einstellung gemäß § 39 Abs. 1 Z. 6 EO mitgeteilt gehabt habe) weiterhin unberichtigt aushafteten, da ihr die finanziellen Mittel zur Berichtigung fehlten. Ihr Einkommen sei nämlich stark gesunken. Im Dezember 1989 habe sie beispielsweise nur S 3.000,-- brutto ins Verdienen gebracht. Hinsichtlich des Verfahrens E 8177/89 (betreibende Partei B-Bank GesmbH wegen S 440.407,95 s. A.) sei noch vorgebracht worden, daß es sich hiebei um einen Kredit in Höhe von S 500.000,-- gehandelt habe, welcher als Eigenmittelersatz zur Bausparkassenfinanzierung eines Hausverkaufes aufgenommen worden sei; in weiterer Folge sei das Haus versteigert worden, da die Beschwerdeführerin die anfallenden Raten nicht hätte berichtigen können. In diesem Zusammenhang habe die Beschwerdeführerin die Meinung vertreten, daß nicht sie den restlich aushaftenden Kredit zurückzahlen müßte, sondern vielmehr die seinerzeitige Verkäuferin des Hauses, welche den Kredit vermittelt habe. Selbst wenn man der - offenkundig unrichtigen - Rechtsansicht der Beschwerdeführerin hinsichtlich des in Rede stehenden Kredites folgen wollte, zeige sich, daß sie daneben Forderungen von über S 300.000,-- gegen sich gelten lassen müsse und das exekutive Andrängen der Gläubiger zum Großteil erfolglos geblieben sei. Es seien somit weder Umstände vorgebracht worden, die der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 13 Abs. 3 zweiter Halbsatz GewO 1973 entgegenstünden, noch habe ein dieser Maßnahme entgegenstehendes Gläubigerinteresse erweislich gemacht werden können. Es habe sich vielmehr herausgestellt, daß die Beschwerdeführerin Forderungen in der Höhe von über S 300.000,-- (abgesehen vom angeführten Bausparkredit) gegen sich gelten lassen müsse und daß eine wesentliche Abtragung beim erhobenen Sachverhalt auch nicht erwartet werden könne. Es bestehe demnach kein Anhaltspunkt dafür, daß die wirtschaftliche Lage der Beschwerdeführerin nunmehr derart beschaffen wäre, daß erwartet werden könnte, daß sie (auch) den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten in Hinkunft werde nachkommen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zu hg. Zl. 90/04/0134 protokollierte Beschwerde, mit der der Antrag verbunden ist, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, da der Beschwerdeführerin ansonsten ein ungerechtfertigt großer wirtschaftlicher Nachteil erwachsen würde, da sie mangels der Gewerbeberechtigung ihren Beruf nicht ausüben und somit die Schulden nicht tilgen könnte. Diese würden im Gegenteil noch wesentlich höher werden.

Die belangte Behörde sprach sich in ihrer Äußerung vom 11. Juni 1990 gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung mit der Begründung aus, bei der Schaffung der Bestimmungen über die Entziehung einer Gewerbeberechtigung aus Insolvenzgründen habe der Gesetzgeber offensichtlich im Auge gehabt, der Gewerbebehörde die Möglichkeit zu geben, eine sich zum Schaden anderer Personen und damit der Volkswirtschaft auswirkende Gewerbeausübung zu unterbinden. Somit stünden ihrer Ansicht nach zwingende öffentliche Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegen, da auf Grund des von der Beschwerdeführerin zugestandenen und der nunmehr angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes nicht nur keine erhebliche Verminderung des gesamten Schuldenstandes habe angenommen werden können, sondern vielmehr bei Ausübung des verfahrensgegenständlichen Gewerbes ein weiteres Anwachsen der Verbindlichkeiten zu befürchten sei.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die aufschiebende Wirkung auf Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde betreffenden Verfahren die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen. Auch vermag er die im angefochtenen Bescheid enthaltenen, bei der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde angestellten Erwägungen in diesem Provisorialverfahren nicht etwa von vornherein als unschlüssig zu erkennen. Damit hat aber der Verwaltungsgerichtshof zunächst entsprechend der sachverhaltsbezogenen Annahme der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid von der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen der im Spruch des angefochtenen Bescheides bezogenen Gesetzesstellen auszugehen. Bei dieser Sach- und Rechtslage hatte daher der Verwaltungsgerichtshof unter weiterer Berücksichtigung der auch nach dem Vorbringen im Aufschiebungsantrag nicht auszuschließenden Gefahr, daß auch weiterhin finanzielle Verbindlichkeiten nicht rechtzeitig erfüllt werden können, vom Zutreffen des gemäß § 30 Abs. 2 VwGG rechtserheblichen Tatbestandes zwingender öffentlicher Interessen auszugehen, die der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstehen (vgl. hiezu u. a. den hg. Beschluß vom 11. September 1989, Zl. AW 89/04/0039). Im Hinblick darauf war nicht zu prüfen, ob mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für die Beschwerdeführerin ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden ist.

Aus den dargelegten Gründen war dem Antrag nicht stattzugeben.

Schlagworte

Entscheidung über den Anspruch Interessenabwägung Verfahrensrecht Zwingende öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:AW1990040047.A00

Im RIS seit

22.06.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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