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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AuslBG §4 Abs1;Betreff
A & R KG gegen Landesarbeitsamt Vorarlberg vom 13. Februar 1990, Zl. III/6702, betreffend Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei, die eine Tischlerei betreibt, beantragte am 11. September 1989 beim Arbeitsamt Bludenz für den am 25. Mai 1967 geborenen jugoslawischen Staatsangehörigen P die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung als Hilfsarbeiter.
Mit Bescheid vom 18. September 1989 wurde dieser Antrag gemäß § 4 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) aus öffentlichen Interessen abgelehnt, weil in Anbetracht des hohen Gastarbeiteranteiles in Vorarlberg einem weiteren Zustrom an ausländischen Gastarbeitern nicht mehr zugestimmt werden könne.
Die von der beschwerdeführenden Partei erhobene Berufung, mit der im wesentlichen geltend gemacht wurde, daß am inländischen Arbeitsmarkt keine geeigneten Ersatzkräfte verfügbar seien, wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Zur Begründung wird nach Darstellung des Verfahrensablaufes und der Rechtslage weiter ausgeführt:
Nach § 4 Abs. 1 AuslBG sei die Beschäftigungsbewilligung an zwei Voraussetzungen geknüpft, nämlich
1. daran, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulasse UND
2. wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstünden. Bei Fehlen auch nur eines dieser beiden Tatbestandselemente sei den Arbeitsämtern die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung verwehrt.
Im vorliegenden Fall stünden der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung wichtige öffentliche Interessen entgegen: Derzeit betrage der Ausländeranteil bei der vorarlberger Wohnbevölkerung rund 13 % und bei den im Land unselbständig Beschäftigten 14,2 %. Zum Jahresende 1989 seien in Vorarlberg 7.474 Personen mehr als Ende 1988 gemeldet gewesen. Einen so großen Bevölkerungszuwachs hätte es seit 1972 nicht mehr gegeben. Die Erhöhung des Jahres 1989 resultiere nur zu einem geringen Teil aus dem natürlichen Bevölkerungswachstum, wesentlich sei die Zuwanderung aus dem Ausland. Die Zuwanderung erfolge vornehmlich aus der Türkei und aus Jugoslawien. So habe die Zahl der in Vorarlberg gemeldeten türkischen Staatsbürger von 15.752 Ende 1988 auf 19.013 im Dezember 1989 zugenommen, was eine anteilsmäßige Erhöhung von 20,7 % betrage. Die prozentuelle Erhöhung bei den jugoslawischen Staatsangehörigen habe binnen Jahresfrist 15,9 % betragen. Diese große Zahl von Ausländern habe zu einer großen Belastung der Einrichtungen der Infrastruktur in Vorarlberg geführt. In Anbetracht der drohenden Überlastung der Infrastruktur sei ein weiterer Zuzug von Ausländern nicht mehr vertretbar.
Einer Zulassung von weiteren Ausländern auf den Vorarlberger Arbeitsmarkt stünden wegen der zu befürchtenden negativen Auswirkungen für die Vorarlberger Bevölkerung wichtige öffentliche Interessen entgegen.
Die beschwerdeführende Partei macht in ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen. Im Beschwerdefall ist das Ausländerbeschäftigungsgesetz in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 231/1988 anzuwenden.
Da im Beschwerdefall unbestritten ist, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung zuläßt, ist ausschließlich zu prüfen, ob die belangte Behörde zutreffend davon ausgehen durfte, daß die zweite Tatbestandsvoraussetzung des § 4 Abs. 1 AuslBG der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung entgegenstand oder nicht.
Mit dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich der Unzulässigkeit der Berücksichtigung angeblicher fremdenpolizeilicher Belange im Zusammenhang mit § 4 Abs. 1 AuslBG im Hinblick auf den Entfall des § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 31. Mai 1990, Zl. 90/09/0021, eingehend auseinandergesetzt und dargelegt, daß es im Grunde des § 4 Abs. 1 AuslBG zulässig ist, die Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung auf einen zu hohen Ausländeranteil, der zu einer extremen Belastung der Infrastruktur bzw. des Wohnungsmarktes führt, zu stützen. Auf dieses Erkenntnis und die dort weiters angeführte Rechtsprechung wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Ebenso wie in dem vorher genannten Erkenntnis vom 31. Mai 1990 kommt aber auch im Beschwerdefall dem Beschwerdevorbringen insofern Berechtigung zu, als es eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht. Es stellt nämlich einen Begründungsmangel dar, daß sich die belangte Behörde bei Darlegung der ihrer Rechtsansicht nach der beantragten Bewilligung entgegenstehenden wichtigen öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen auf allgemeine, für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachprüfbare Feststellungen über Zustände und Verhältnisse im Land Vorarlberg zurückgezogen hat. Ohne die von der Behörde hiebei in abstrakter und nicht belegter Form vorgebrachten Erwägungen auf ihre Richtigkeit hin in Zweifel ziehen zu wollen, wäre es doch Aufgabe der belangten Behörde gewesen, entsprechend ihrer aus den §§ 58, 60 und 67 AVG 1950 erfließenden Verpflichtung, ihren Bescheid zureichend, in einer der nachprüfenden Rechtskontrolle zugänglichen Art zu begründen und daher konkret und in substantieller Weise im einzelnen darzulegen und aufzuzeigen, auf welche tatsächlichen ökonomischen, demoskopischen oder sonstigen rechtserheblichen Daten bzw. Fakten sie ihren Bescheid gründet. Dieser Verpflichtung hat die belangte Behörde im Beschwerdefall nicht entsprochen; die in der Gegenschrift zum Teil nachgeholten Begründungselemente vermögen diesen Mangel nicht hinreichend zu sanieren.
Da nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei Vermeidung des aufgezeigten Begründungsmangels zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert sind, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990090057.X00Im RIS seit
25.06.1990