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63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;Norm
BDG 1979 §112 Abs1 idF 1983/137;Betreff
N gegen Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 12. Feber 1990, GZ 95/9-DOK/89, betreffend Suspendierung
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Bezüglich des Sachverhaltes und des bisherigen Verfahrensablaufes wird, um Wiederholungen zu vermeiden auf das die beiden Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. November 1989, Zl. 89/09/0103, verwiesen, mit welchem der Bescheid der belangten Behörde vom 23. Juni 1989 betreffend die im Instanzenzuge bestätigte vorläufige Suspendierung des Beschwerdeführers wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden war. Der Gerichtshof hatte hierbei für bestimmend erachtet, daß die von der Dienstbehörde auszusprechende "vorläufige Suspendierung" nicht gleichzusetzen sei mit der von der Disziplinarkommission zu verfügenden ("endgültigen") Dienstenthebung. Sie stelle rechtlich ein "aliud" dar. Zufolge Nichtaufgreifens der von der Disziplinarbehörde erster Rechtsstufe erfolgten Bestätigung der "vorläufigen Suspendierung" des Beschwerdeführers vom Dienst habe die belangte Behörde ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Ersatzbescheid vom 12. Feber 1990 wurde der Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 24. Mai 1989 dahingehend abgeändert, daß der Beschwerdeführer gemäß § 112 Abs. 3 BDG 1979 vom Dienst suspendiert und im übrigen der erstinstanzliche Bescheid bestätigt wurde. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Sachverhaltes und Verwaltungsgeschehens ausgeführt, ohne den Ergebnissen des strafgerichtlichen Verfahrens bzw. des noch durchzuführenden Disziplinarverfahrens vorzugreifen, habe die Disziplinarbehörde bei der Beurteilung der Suspendierungsfrage abzuwägen, ob die Belassung des Beamten im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen als vertretbar anzusehen sei oder nicht. Voraussetzung hiefür sei das Bestehen eines begründeten Verdachtes auf das Vorliegen von Dienstpflichtverletzungen, die geeignet seien, das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes zu gefährden. Die Suspendierung sei keine Strafe, sondern eine sichernde Maßnahme, die ihren Zweck darin habe, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben des Beamten zu gewährleisten. Wie die Disziplinarbehörde erster Rechtsstufe ausgeführt habe, stehe der Beschwerdeführer im Verdacht, als Kassier und später als Leiter der Wirtschaftsbetriebe des Unterstützungsvereines der Angehörigen der Bundespolizeidirektion X ab dem Jahre 1982 ca. 400.000 S von Sparbüchern des Unterstützungsvereines, welche ihm anvertraut gewesen seien, sich mit dem Vorsatz zugeeignet zu haben, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, indem er Beträge, die er als Sterbefallsummen vorgetäuscht habe, behoben und für sich verwendet habe. Wie die Bundespolizeidirektion X diesbezüglich mitgeteilt habe, habe das Landesgericht X gegen den Beschwerdeführer wegen Verdachtes nach § 133 Abs. 1 und 2 StGB die gerichtliche Voruntersuchung eingeleitet. Der gegen den Beschwerdeführer bestehende dienststrafrechtliche Verdacht erscheine damit ausreichend erhärtet. Bei der Beurteilung der Art der Dienstpflichtverletzungen, der der Beschwerdeführer verdächtig sei, sei die belangte Behörde zu der Auffassung gelangt, daß die Anschuldigung derartiger gerichtlich strafbarer Handlungen einen außerordentlich schweren Vorwurf - gerade für einen Beamten der Sicherheitsexekutive - darstelle. Sollte sich dieser Verdacht bestätigen, so habe der Beschwerdeführer damit gerade jene Rechtsgüter verletzt, zu deren Schutz er als Exekutivbeamter nach den Gesetzen dieses Staates berufen sei. Die sich hieraus ergebende Beeinträchtigung des zwischen dem Beamten und der Verwaltung bestehenden Vertrauensverhältnisses lasse eine weitere Verwendung bis zu endgültigen Entscheidung des Strafgerichtes bzw. der Disziplinarbehörden erster Instanz nicht vertretbar erscheinen. Andernfalls wäre eine Schädigung des Ansehens der Behörde nicht zu vermeiden, zumal in der Öffentlichkeit der Eindruck entstünde, daß sich diese auf Organwalter stütze, denen nicht mehr das volle Vertrauen des Dienstgebers entgegengebracht werden könne. Wesentliche Interessen des Dienstes habe die belangte Behörde für den Fall der Weiterverwendung des Beschwerdeführers insoweit als gefährdet erachtet, als die Kenntnisnahme der Öffentlichkeit bezüglich der dem Beschwerdeführer angelasteten Anschuldigungen unweigerlich einen Verlust jenes Ansehens, das der Beschwerdeführer zur Ausübung seines Dienstes benötige, als auch eine Beeinträchtigung seiner Glaubwürdigkeit zur Folge hätte. Zu den Berufungsausführungen, wonach die Funktion des Beschwerdeführers als Leiter des Unterstützungsvereines nicht mit seiner dienstlichen Tätigkeit zusammenhänge und daher eine Dienstpflichtverletzung nicht vorliegen könne, sei die Feststellung zu treffen gewesen, daß nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 auch das außerdienstliche Verhalten des Beamten geeignet sein könne, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben des Beamten zu beeinträchtigen. Der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung scheine somit im vorliegenden Fall zweifelsfrei gegeben. Ob eine Bestrafung nach § 133 StGB möglich sein werde oder nicht, werde vom Strafgericht zu beurteilen sein. Diese Frage könne somit nicht Gegenstand des Suspendierungsverfahrens sein. Wie die Suspendierung selbst sei auch die Bezugskürzung eine vorbeugende Maßnahme, die dem Umstand Rechnung zu tragen habe, daß der Beamte während der Dauer der Suspendierung keine Dienstleistung erbringe. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, die Kürzung des Monatsbezuges stelle eine unbillige Härte dar, weil ihm durch das Gerichtsverfahren erhebliche finanzielle Belastungen erwachsen würden, sei darauf hinzuweisen, daß diesbezüglich weder ein Nachweis erbracht noch eine Konkretisierung erfolgt sei. Dem Beschwerdeführer sei insoweit beizupflichten, als jede Bezugskürzung eine Verminderung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Beamten zur Folge habe. Eine Gefährdung des Lebensunterhaltes des Beschwerdeführers, der nur für seine Ehegattin sorgepflichtig sei, sei bei Bedachtnahme auf die Höhe des Monatsbezuges des Beschwerdeführers (ungekürzt ca. 13.000 S monatlich) nicht gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgebracht werden.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Gerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten auf Nichtverfügung der Suspendierung und auf Nichtkürzung seines Monatsbezuges verletzt. Zur bekämpften Suspendierung führt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit im wesentlichen aus, die Bezugskürzung als solche könne nur im Zusammenhang mit einer Suspendierung ausgesprochen werden und könne als selbständiger Teil des Spruches keine Rechtswirksamkeit entfalten. Es hätte daher die belangte Behörde allenfalls die Suspendierung aussprechen und zugleich die Gehaltskürzung verfügen können. Eine teilweise Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides sei rechtswidrig. Im übrigen läge, weil zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde die Untersuchungshaft bereits aufgehoben worden sei, diese Tatbestandsvoraussetzung für eine Suspendierung nicht vor. Seine Tätigkeit als Leiter des Unterstützungsvereines stehe in keinem dienstlichen Zusammenhang.
Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen.
Gemäß § 112 Abs. 1 BDG 1979 hat die Dienstbehörde die vorläufige Suspendierung zu verfügen, wenn über den Beamten die Untersuchungshaft verhängt oder durch die Belassung des Beamten im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden. Nach der Anordnung des Abs. 3 der zuletzt zitierten Gesetzesstelle ist jede vorläufige Suspendierung unverzüglich der Disziplinarkommission mitzuteilen, die über die Suspendierung zu entscheiden hat. Die vorläufige Suspendierung endet spätestens mit dem Tag dieser Entscheidung.
Wenn nun die belangte Behörde in Entsprechung der vom Verwaltungsgerichtshof im ersten Rechtsgang ausgesprochenen Rechtsansicht (vgl. § 63 Abs. 1 VwGG) als Berufungsbehörde den Spruch des bei ihr angefochtenen Bescheides der Disziplinarbehörde erster Rechtsstufe vom 24. Mai 1989 dahin abänderte, daß er auf (endgültige) Suspendierung des Beschwerdeführers vom Dienst zu lauten habe und im übrigen der erstinstanzliche Bescheid bestätigt werde, so vermag der Verwaltungsgerichtshof darin keine Rechtswidrigkeit zu erblicken, weil die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren dazu verpflichtet war und überdies mit der (endgültigen) Suspendierung die Kürzung des Monatsbezuges des Beamten auf zwei Drittel gemäß § 112 Abs. 4 erster Satz BDG 1979 kraft Gesetzes verbunden ist.
Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid davon aus, daß die von § 112 Abs. 1 BDG 1979 geforderten rechtserheblichen Tatsachen gegeben sind, weil bei einem Verbleiben des Beschwerdeführers im Dienst in Ansehung der Art der ihm vorgeworfenen schweren Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes, nämlich der Einrichtung des in die Rechte der Staatsbürger eingreifenden Polizeiwachkörpers und wesentliche Dienstinteressen, gefährdet wären.
Der Annahme, daß es sich bei der vom Beschwerdeführer in der Niederschrift vom 11. Mai 1989 vor der Bundespolizeidirektion X und in der Niederschrift vom 12. Mai 1989 vor dem Untersuchungsrichter eingestandenen Unterschlagung von mindestens 400.000 S, die aus ihm anvertrauten Geldern des Unterstützungsvereins der Angehörigen der Bundespolizeidirektion X herrühren, um kein Bagatelldelikt handelt, ist der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mit keinem Wort entgegengetreten. Es kann davon auch keine Rede sein. Sterbekassen und ähnliche soziale Einrichtungen sind nicht dazu bestimmt, daß sich die dafür verantwortlichen Leiter und Kassiere eigenmächtig Geld daraus entnehmen.
Daß aber durch dieses dem Beschwerdeführer angelastete Verhalten das "Ansehen des Amtes" sowie "wesentliche Interessen des Dienstes" gefährdet erscheinen, hat die belangte Behörde gleichfalls in einer nicht als rechtswidrig zu erkennenden Weise dargelegt. Daß bei einem Belassen des Beschwerdeführers im Dienst während des gegen ihn laufenden strafgerichtlichen Verfahrens die Ordnung des Dienstbetriebes gefährdet sowie das Vertrauen der Öffentlichkeit in die sachliche und korrekte Wahrnehmung der Aufgaben der Exekutive wesentlich beeinträchtigt würden, liegt bei dieser Art der Verfehlung auf der Hand. Unterschlagung, Betrug und Untreue außerhalb des Dienstes sind iSd § 43 Abs. 2 BDG in aller Regel in besonderem Maße geeignet, achtungs- und ahnsehensmindernd sowie - auch innerdienstlich - vertrauensmindernd zu wirken. Das ergibt sich bereits aus dem kriminellen Gehalt und aus der durch die strafrechtliche Einordnung und Bewertung ersichtlichen Sozialschädlichkeit dieser Delikte. Diese außerdienstlichen Verfehlungen haben deshalb grundsätzlich Dienstbezogenheit (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1988, Zl. 88/09/0046); im Vordergrund steht die Frage des durch die Verfehlung eingetretenen Ansehens- und Vertrauensverlustes eines Angehörigen eines Exekutivkörpers.
Da der Beschwerdeführer die Unterschlagung selbst eingestanden hat, liegen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer schweren Dienstpflichtverletzung rechtfertigen.
Was die Bezugskürzung anlangt, so ist darauf hinzuweisen, daß gemäß § 112 Abs. 4 BDG 1979 jede durch Beschluß der Disziplinarkommission (Disziplinaroberkommission) verfügte Suspendierung die Kürzung des Monatsbezuges des Beamten - unter Ausschluß der Haushaltszulage - auf zwei Drittel für die Dauer der Suspendierung zur Folge hat. Die Disziplinarkommission (Disziplinaroberkommission) kann auf Antrag des Beamten oder von Amts wegen die Kürzung vermindern oder aufheben, wenn und soweit dies zur Aufrechterhaltung des notwendigen Lebensunterhaltes des Beamten und seiner Familienangehörigen, für die er sorgepflichtig ist, unbedingt erforderlich ist.
Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid in Beachtung des Grundsatzes der Alimentationspflicht von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers aus und stellte im angefochtenen Bescheid fest, daß der notwendige Lebensunterhalt des nur für seine Ehefrau sorgepflichtigen Beschwerdeführers auch nach der ausgesprochenen Kürzung des Monatsbezuges gesichert ist. Dieser, den angefochtenen Bescheid stützenden Sachverhaltsannahme vermag der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Stichhältiges nicht entgegenzusetzen. Der Beschwerdeführer hat im gesamten Administrativverfahren nicht dargelegt, daß der belassene Teil der Bezüge (ca. 8.666 S) nicht den vollen, wenn auch nach den Umständen eingeschränkten Bedarf seiner Familie decke. Er verkennt mit seiner Verfahrensrüge, daß er in seinem eigenen Interesse verpflichtet gewesen wäre, an der umfassenden Aufklärung seines Familienbedarfs mitzuwirken. Da aber eine Einschränkung der bisherigen Lebenshaltung einem suspendierten Beamten, der keinen Dienst leistet, durchaus zugemutet werden kann, zumal er ohnehin gewisse Aufwendungen einspart, die ihm sonst bei der Dienstausübung entstehen, erweist sich der erhobene Vorwurf der mangelnden Begründung nicht als berechtigt.
Somit wurde der Beschwerdeführer im Beschwerdepunkt durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Diese Entscheidung konnte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat erfolgen.
Die Entscheidung über den Anspruch auf Ersatz des Aufwandes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990090068.X00Im RIS seit
25.06.1990