TE Vwgh Erkenntnis 1990/6/25 89/15/0076

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Veröffentlicht am 25.06.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §214;
BAO §215;
BAO §236 Abs1;
BAO §236 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Beachte

Besprechung in: ÖStZB 1991, 11;

Betreff

N gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 17. April 1989, Zl. GA 7 - 1949/5/88, betreffend Abgabennachsicht:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Vorgeschichte des Beschwerdefalles betreffend wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1988, Zl. 87/15/0103, verwiesen.

Mit jenem Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom 24. Juni 1987, mit dem die Berufung des Beschwerdeführers gegen den sein Nachsichtansuchen abweisenden Bescheid des Finanzamtes abgewiesen worden war, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Der Gerichtshof führte u.a. folgendes aus:

"Im vorliegenden Fall ist nun zunächst der belangten Behörde darin beizupflichten, daß der vom Beschwerdeführer in den Vordergrund seiner Betrachtung gerückte "gute Glaube" an die Rechtmäßigkeit und Richtigkeit von erteilten Auskünften und Steuerbescheiden für sich allein eine Unbilligkeit der Einhebung allfälliger Steuernachforderungen nicht zu rechtfertigen vermag. Der Beschwerdeführer hat aber schon im Verwaltungsverfahren auf eine Reihe tatsächlicher Umstände hingewiesen, die - wenn sie zutreffen - insgesamt die Beurteilung rechtfertigen könnten, daß die in Rede stehende Einhebung nach der Lage des Falles unbillig ist. Wurden nämlich vom Finanzamt, wie der Beschwerdeführer behauptet, die vollständig offengelegten Einkünfte des Beschwerdeführers jahrelang als nicht umsatzsteuerpflichtig behandelt, und hat der Beschwerdeführer im Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit und Richtigkeit dieser Beurteilung durch die Behörde für seine Leistungen den Abnehmern keine Umsatzsteuer in Rechnung gestellt, so könnte in diesem Falle eine Unbilligkeit der Einhebung der Umsatzsteuernachforderung vorliegen, wenn die wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers tatsächlich eine solche ist, daß die Zahlung der in Rede stehenden geschuldeten Abgaben selbst bei Einräumung von Zahlungserleichterungen eine besondere Härte für den Beschwerdeführer bedeutet."

Mit dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Finanzamtes neuerlich ab. Begründend führte sie im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe 1986 einen Gewinn von ca. S 90.000,-- erzielt. Nach der Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse vom 10. April 1987 sei er nicht verschuldet. Durch die Veranlagung der Einkommensteuer für die Jahre 1985 bis 1987 seien Gutschriften in der Höhe von S 22.720,-- für 1985, S 33.836,-- für 1986 und S 16.279,-- für 1987 entstanden, sodaß unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer geleisteten Raten von durchschnittlich S 2.200,-- am 26. Mai 1988 am Abgabenkonto des Beschwerdeführers ein Überschuß von S 33.957,-- bestanden habe. Am 5. August 1988 sei an den Beschwerdeführer ein Betrag in der Höhe von S 30.682,-- zurückbezahlt worden. Unter Zugrundelegung dieser wirtschaftlichen Situation könne in der Einhebung der Umsatzsteuernachforderung keine besondere Härte erblickt werden. Der gute Glaube an die Richtigkeit von erteilten Auskünften und Steuerbescheiden vermöge nach dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes für sich allein keine Unbilligkeit zu bewirken.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nach der Lage des Falles ist tatbestandsmäßige Voraussetzung für die im § 236 BAO vorgesehene Ermessensentscheidung. Verneint die Abgabenbehörde die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 1988, Zl. 87/15/0103).

Über eine Abgabennachsicht ist auf Grund der bei der Bescheiderlassung gegebenen Sach- und Rechtslage abzusprechen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 3. Oktober 1988, Zl. 87/15/0005, und vom 21. Dezember 1989, Zl. 89/14/0196).

Es ist Sache des Nachsichtwerbers, einwandfrei und unter Ausschluß jeglicher Zweifel das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. März 1989, Zl. 85/13/0122).

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon im ersten Rechtsgang dargelegt, daß eine Unbilligkeit der Einhebung der Umsatzsteuerforderung nur dann vorliegt, wenn die wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers tatsächlich eine solche ist, daß die Zahlung der in Rede stehenden geschuldeten Abgaben selbst bei Einräumung von Zahlungserleichterungen eine besondere Härte für den Beschwerdeführer bedeutet. Zur Begründung seines Standpunktes, wonach die Einhebung des geschuldeten Abgabenbetrages für ihn eine besondere Härte bedeute, hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren neben einer Darlegung seiner Einkommensverhältnisse im Jahr 1986 vorgebracht, daß er den geforderten Betrag von S 31.518,-- "schlicht und einfach nicht habe"; die Zahlung würde "seinen persönlichen Konkurs nach sich ziehen". Der Beschwerdeführer hat sich somit im Abgabenverfahren ausschließlich darauf beschränkt, eine Unbilligkeit der EINHEBUNG der in Rede stehenden Abgabenschuldigkeit darzulegen; er hat jedoch (ebenso in der Beschwerde) in keiner Weise behauptet, die (allenfalls) für eine Unbilligkeit der Abgabeneinhebung sprechenden Gründe wären durch die unbestrittene Tilgung der Abgabenschuldigkeit, die mittlerweile durch Verrechnung (§§ 214, 215 BAO) erfolgte, nicht beseitigt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 11. September 1989, Zl. 88/15/0170).

Die Ausführungen der Beschwerde, die eine Unterlassung des Parteiengehörs geltend machen, können dieser nicht zum Erfolg verhelfen. Ein Beschwerdeführer, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens wegen Unterlassung des Parteiengehörs geltend macht, hat die entscheidenden Tatsachen bekanntzugeben, die der Behörde wegen dieser Unterlassung unbekannt geblieben sind (vgl. die bei Dolp, Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 610 Abs. 6 angeführte hg. Rechtsprechung).

Die vom Beschwerdeführer vorgetragenen Tatsachen, nämlich, seine Einkommensverhältnisse hätten sich dermaßen verschlechtert, daß sich die seinerzeit geleisteten Vorauszahlungen als weit überhöht erwiesen hätten; er sei daher genötigt gewesen, den - nach Tilgung der in Rede stehenden Abgabenschuldigkeit - zurückgezahlten Betrag von S 30.682,-- zur Abdeckung anderweitiger Verbindlichkeiten zu verwenden, sind nicht geeignet, aufzuzeigen, daß die von ihm im Abgabenverfahren vorgetragenen, für eine Unbilligkeit der EINHEBUNG sprechenden Umstände (er habe den Betrag nicht; die Zahlung würde seinen sofortigen Konkurs nach sich ziehen) durch die Tilgung der Abgabenschuldigkeit nicht beseitigt wären. Es ist somit nicht ersichtlich, daß die belangte Behörde bei Wahrung des Parteiengehörs zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Die oben wiedergegebenen Ausführungen können der Beschwerde somit nicht zum Erfolg verhelfen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

Schlagworte

Parteiengehör

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989150076.X00

Im RIS seit

25.06.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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