Index
10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Klage wegen vermögensrechtlicher Ansprüche aus dem Finanzausgleich; Ermittlung der Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben nach §10 FAG 1979 bzw. FAG 1985; Bedeutung der "Volkszahl" nach §8 Abs3 für die Berechnung; verfassungsgerichtliche Nachprüfung (Neuermittlung) der nach dem Inkrafttreten des Volkszählungsgesetzes 1980 verordnungsmäßig festgestellten "Bürgerzahl" ausgeschlossen; keine Bedenken gegen die aufgrund eines Erk. des VfGH berichtigte V ("Bürgerzahl-V" des österreichischen Statistischen Zentralamtes, Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 40 vom 18.2.1982); auch keine unrichtige Zuordnung von zwei - von der "Bürgerzahl-V" nicht zu erfassenden - Ausländern; Abweisung der KlageSpruch
Das Klagebegehren wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1.1. Im Rechtsstreit der klagenden Partei Marktgemeinde Gablitz, Bezirk Wien-Umgebung, Niederösterreich, wider die beklagte Partei Land Niederösterreich wegen vermögensrechtlicher Ansprüche nach dem Finanzausgleichsgesetz 1979 (FAG 1979) - beim VfGH protokolliert zur Z A15/83 - wurde die Fällung des folgenden Erkenntnisses begehrt:
"Die beklagte Partei ist schuldig, die Ertragsanteile der Klägerin an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben für die Zeit ab 1. Jänner 1982 unter Zugrundelegung einer Volkszahl von 3.329 zu berechnen."
In einem weiteren - beim VfGH zur Z A16/83 protokollierten - Rechtsstreit derselben Parteien beantragte die Marktgemeinde Gablitz die Fällung eines Erkenntnisses folgenden Inhalts:
"Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin für die Jahre 1980, 1981 und 1982 den Differenzbetrag zwischen den auf der Grundlage des abgestuften Bevölkerungsschlüssels (§8 Abs3 Satz 3 FAG 1979) der Klägerin ausbezahlten Ertragsanteilen an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben einerseits und jenen Beträgen, die sich bei Zugrundelegung der einfachen Volkszahl ergeben würden, andererseits zu bezahlen."
1.1.2. In der jeweiligen Klagserzählung wurde sinngemäß zusammengefaßt - vorgebracht:
Die klagende Partei erhalte jährliche Ertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben nach dem sogenannten abgestuften Bevölkerungsschlüssel (§§8 Abs3, 10 Abs2 FAG 1979), der von der "Volkszahl" ausgehe. Diese "Volkszahl" bestimme sich nach dem vom Österreichischen Statistischen Zentralamt auf Grund der letzten Volkszählung (1981) festgestellten Ergebnis, das mit dem Beginn des dem Zählungsstichtag nächstfolgenden Kalenderjahres (d.i. 1982) wirke. In einer Kundmachung des Statistischen Zentralamtes (zur Volkszählung 1981) vom Februar 1983 sei die "Volkszahl" der Marktgemeinde Gablitz mit 2.962 genannt, obwohl sie 3.329 Personen betragen müsse. Unter Zugrundelegung dieser richtigen "Volkszahl" und bei Aufhebung der für die (Unter-)Verteilung der Gemeindeertragsanteile maßgebenden Bestimmungen des §8 Abs3 Satz 3 und §10 Abs2 FAG 1979 wegen Verstoßes gegen Art7 Abs1 B-VG und nach §4 F-VG 1948 ergäben sich für die klagende Gemeinde Ertragsanteile, die höher seien als die tatsächlich berechneten und überwiesenen.
1.1.3. Aus Anlaß dieser beiden Rechtsstreite leitete der VfGH mit Beschlüssen vom 19. Juni 1985 zu den Zlen. G134/85 und G159/85 gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §8 FAG 1979, BGBl. 673/1978, sowohl in der Stammfassung als auch idF des BG vom 9. Dezember 1981, BGBl. 569/1981, (Verfahren G 134 und 159/85), sowie des §8 FAG 1985, BGBl. 544/1984, (G159/85) ein.
1.1.4. Mit dem im BGBl. 501/1985 kundgemachten Erkenntnis des VfGH vom 16. Oktober 1985,
G 44,132-138,145,150,158,159,161,162/85 (= VfSlg. 10633/1985), auf dessen Begründung hingewiesen sei, wurde §8 FAG 1985, BGBl. 544/1984, als verfassungswidrig aufgehoben und verfügt, daß diese Aufhebung mit Ablauf des 30. September 1986 in Kraft tritt. Ferner wurde angeordnet, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit zu treten haben.
Der VfGH sprach mit demselben Erkenntnis aber auch aus, daß die folgenden gesetzlichen Vorschriften verfassungswidrig waren, nämlich
§4 FAG 1948, BGBl. 46/1948,
§4 FAG 1950, BGBl. 36/1950, sowohl idStammF als auch idF der FAG-Nov. 1952, BGBl. 18/1952,
§4 FAG 1953, BGBl. 225/1952, idStammF sowie §4 und §13 Abs4 dieses Gesetzes idF der FAG-Nov. 1955, BGBl. 9/1955,
§4 und §13 Abs4 FAG 1956, BGBl. 153/1955,
§4 und §13 Abs4 und 5 FAG 1959, BGBl. 97/1959, sowohl idStammF als auch idF der FAG-Nov. 1964, BGBl. 263/1963,
§§9, 17 und 18 FAG 1967, BGBl. 2/1967,
§§8, 17 und 18 FAG 1973, BGBl. 445/1972, und schließlich
§§8, 20 und 21 FAG 1979, BGBl. 673/1978, idStammF sowie §8 dieses Gesetzes idF der FAG-Nov. 1981, BGBl. 569/1981.
1.1.5. Da kraft Art140 Abs7 B-VG sowohl die Aufhebung eines Gesetzes wegen Verfassungswidrigkeit (hier: §8 FAG 1985, BGBl. 544/1984) als auch der Ausspruch des VfGH, ein Gesetz (hier:
§8 FAG 1979, BGBl. 673/1978, in der Stammfassung und idF des BG vom 9. Dezember 1981, BGBl. 569/1981) sei verfassungswidrig gewesen, auf den Anlaßfall zurückwirken, war in den Anlaßverfahren Z A15/83 und A16/83 so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig aufgehobenen bzw. erkannten Normen bereits zur Zeit der Verwirklichung des beiden Klagen zugrunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätten.
Mit §8 FAG 1979, BGBl. 673/1978, sowohl in der Stammfassung als auch idF BGBl. 569/1981 sowie §8 FAG 1985 (ua. über die Volkszahl und den abgestuften Bevölkerungsschlüssel) war aber der hauptsächliche Rechtsgrund der Klagsansprüche entfallen. Die Klagen wurden darum mit Erkenntnissen des VfGH vom 25. November 1985, A15/83 und A16/83 (= VfSlg. 10677/1985), als unbegründet abgewiesen.
1.1.6. Mit dem das FAG 1985 ändernden BG vom 26. Juni 1986, BGBl. 384/1986, wurden an Stelle des vom VfGH aufgehobenen §8 FAG 1985 abermals Vorschriften über die Aufteilung der Erträge der in §7 Abs1 FAG 1985 angeführten gemeinschaftlichen Bundesabgaben - als §8 FAG 1985 idF der Nov. BGBl. 384/1986 - erlassen (ArtI Z1 BGBl. 384/1986). Diese Bestimmung trat zufolge ArtIII Abs1 BGBl. 384/1986 mit 1. Oktober 1986, und zwar iVm §24 Abs1 FAG 1985 idF BGBl. 384/1986 (Z4 des ArtI dieser Novelle) rückwirkend mit 1. Jänner 1985 in Kraft.
1.2.1.1. Am 14. April 1987 brachte die Marktgemeinde Gablitz beim VfGH eine neuerliche Klage gegen das Land Niederösterreich - protokolliert zur Z A13/87 - ein, womit die Fällung des folgenden Erkenntnisses beantragt wurde:
"1. Die beklagte Partei ist schuldig, die Ertragsanteile der Klägerin an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben für die Zeit ab 1. Jänner 1982 unter Zugrundelegung einer Volkszahl von 3329 Personen zu ermitteln und der Klägerin den Differenzbetrag gegenüber den tatsächlich errechneten Ertragsanteilen samt 4 % Zinsen ab dem 2. Jänner 1982 bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, daß die beklagte Partei schuldig ist, die Ertragsanteile der Klägerin an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben unter Zugrundelegung einer Volkszahl von 3329 Personen zu ermitteln und auszuzahlen.
3. Überdies beantragt die Klägerin den Zuspruch der Verfahrenskosten."
In der Klagserzählung wurde dazu - sinngemäß zusammengefaßt wiedergegeben - ua. vorgetragen:
Die klagende Partei beziehe jährliche Ertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben nach dem sogenannten abgestuften Bevölkerungsschlüssel, der von der "Volkszahl" ausgehe. Diese "Volkszahl" bestimme sich nach dem vom Statistischen Zentralamt auf Grund der letzten Volkszählung (1981) festgestellten Ergebnis, das mit dem Beginn des dem Zählungsstichtag nächstfolgenden Kalenderjahres (d.i. 1982) wirke. In einer Kundmachung des Statistischen Zentralamtes (zur Volkszählung 1981) vom Februar 1983 sei die "Volkszahl" der Marktgemeinde Gablitz mit 2.962 angegeben, obwohl 3.091 Zensiten ihren ordentlichen Wohnsitz als in der Marktgemeinde Gablitz gelegen erklärt hätten und darüber hinaus 238 - fälschlicherweise anderen Gemeinden zugezählte - Personen der Klägerin entsprechend dem Reklamationsbegehren zuzuschlagen seien, womit sich eine richtige Volkszahl von 3.329 Personen errechnen lasse.
1.2.1.2. Als Grundlage des Feststellungsbegehrens wurde §8 FAG 1985 idF der Nov. BGBl. 384/1986, als jene des Leistungsbegehrens hingegen §8 FAG in Fassungen vor der Nov. BGBl. 384/1986 genannt.
1.2.1.3. Im Hinblick auf schriftliche Äußerungen des Statistischen Zentralamtes vom 10. August und 1. Oktober 1987 zu dem seine Vorgangsweise anläßlich der Volkszählung 1981 rügenden Klagsvorbringen (hg. GZ A13/87-9 und A13/87-13) stellte die Klägerin zunächst der Sache nach außer Streit, daß sie - nach Berücksichtigung der Zähl- und Übertragungsfehler - dem Amt nicht 3.091, sondern nur 3.061 Personenblätter zur Volkszählung vorgelegt und nicht 238, sondern bloß 237 zunächst anderen Gemeinden zugezählte Personen für Gablitz reklamiert habe. Eine Überprüfung der "Hörakte" habe aber gezeigt, daß in 136 (von 233) Fällen begründeten Reklamationsbegehren der Marktgemeinde Gablitz zu Unrecht keine Folge gegeben worden sei; ferner seien 66 der insgesamt 157 von der Gemeinde Wien reklamierten Personen fälschlicherweise, ohne entsprechende sachliche Voraussetzungen, verreiht worden. Da laut Kundmachung des Statistischen Zentralamtes aus dem Jahr 1983 die Volkszahl der Gemeinde Gablitz 2.962 betrage, der Klägerin aber weitere 202 Personen zuzuzählen seien, werde das Klagebegehren dahin modifiziert,
"daß die Verrechnung der Ertragsanteile zwischen dem Land Niederösterreich und der Marktgemeinde Gablitz ab 1. Jänner 1982 unter Zugrundelegung einer Volkszahl von 3.164 Personen zu erfolgen hat."
1.2.2. Das Land Niederösterreich als beklagte Partei erstattete eine schriftliche Klagebeantwortung und beantragte darin die Abweisung des Klagebegehrens.
Zur Begründung wurde ua. ausgeführt, daß das Land Niederösterreich die der Klägerin gebührenden Ertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben in voller Erfüllung der ihm obliegenden gesetzlichen Verpflichtungen berechnet und ausbezahlt habe.
1.2.3. Das beklagte Land Niederösterreich verkündete dem Bund den Streit (§21 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG 1953), und zwar mit der Begründung, daß es bei einem Obsiegen der klagenden Partei an diese Gebietskörperschaft zum Ausgleich des erhöhten Finanzbedarfes mit finanziellen (Nach-)Forderungen herantreten müsse.
Der Bundesminister für Finanzen gab daraufhin bekannt, daß der Bund in den Rechtsstreit nicht einzutreten beabsichtige.
1.3. Auf Grund des - das I. Hauptstück des Volkszählungsgesetzes vom 5. Juli 1950, BGBl. 159/1950 idF BGBl. 398/1976, ablösenden - Volkszählungsgesetzes 1980, BGBl. 199/1980, fand die letzte ordentliche Volkszählung im Jahr 1981 (mit dem Zähltag: 12. Mai 1981) statt. Die bei dieser Volkszählung ermittelte Bürgerzahl (inländische Staatsbürger, die im Bundesgebiet ihren Wohnsitz haben) wurde mit der "Kundmachung des Österreichischen Statistischen Zentralamtes gemäß §7 (2) Volkszählungsgesetz 1980, BGBl. Nr. 199/1980", verlautbart im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" Nr. 24 vom 30. Jänner 1982, veröffentlicht. Der VfGH hob die - auf Verordnungsstufe stehende (s. auch Punkt 2.3.) - Kundmachung über die Feststellung der Bürgerzahl mit Erkenntnis vom 18. Dezember 1982, V34,35/82 ua., (= VfSlg. 9598/1982) als gesetzwidrig auf, und zwar im wesentlichen deshalb, weil sie nicht in einem dem Volkszählungsgesetz entsprechenden Verfahren, nämlich ohne Einhaltung der im Gesetz zur Gewinnung einer ausreichenden Entscheidungsgrundlage vorgesehenen Vorgangsweise, zustandegekommen war. Nach ergänzenden Verfahrensschritten veröffentlichte das Statistische Zentralamt in der Folge die berichtigte Bürgerzahl - bundesländerweise gegliedert - als Teilergebnis der Volkszählung 1981 im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" Nr. 40 vom 18. Februar 1983. Dazu ergibt das vom Statistischen Zentralamt noch im Februar 1983 herausgebrachte, die kundgemachte Bürgerzahl aufgliedernd mitverwertende Elaborat "Volkszählung 1981, Wohnbevölkerung nach Gemeinden (revidierte Ergebnisse) mit der Bevölkerungsentwicklung seit 1869", daß auf die Marktgemeinde Gablitz eine Wohnbevölkerung von 2962 Personen (d.i. die Volkszahl) entfällt, eine Zahl, die insgesamt 2819 Österreicher (d.i. die Bürgerzahl) mitumschließt.
2. Über die Klage wurde erwogen:
2.1.1. Nach Art137 B-VG erkennt der VfGH über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.
2.1.2. Obwohl die Marktgemeinde Gablitz keine ziffernmäßig bestimmte Summe einklagt, macht sie mit der vorliegenden Klage einen vermögensrechtlichen Anspruch iS des Art137 B-VG geltend, weil die Überweisung eines nach ihrer Berechnungsmethode zu ermittelnden Geldbetrages begehrt wurde, der die ihr bereits überwiesenen Ertragsanteile übersteigt. Dieser gegen ein Bundesland gerichtete Anspruch ist - wie es Art137 B-VG fordert - weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, noch durch verwaltungsbehördlichen Bescheid zu erledigen (vgl. VfSlg. 7644/1975, 10044/1984, 10316/1985).
2.1.3. Die Klage ist daher zulässig.
Beizufügen bleibt, daß die Klagebegehren zu den Z A 15/83 und A16/83 einerseits und Z A13/87 anderseits weder vom Inhalt und Umfang des Anspruchs noch von den zugrundegelegten Rechtsvorschriften her deckungsgleich sind, sodaß die zuletzt eingebrachte Klage nicht etwa in Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem zurückzuweisen war.
2.2. Die Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben sind nach den Bestimmungen des §10 (Abs1 bis 4) FAG 1979 (und des bis auf Abs4 Z3 inhaltsgleichen §10 FAG 1985, BGBl. 544/1984; in Kraft getreten am 1. Jänner 1985) zu ermitteln:
Zufolge Abs1 des §10 FAG 1979 (FAG 1985) werden zum Zweck der Ermittlung dieser Anteile (mit Ausnahme der Spielbankabgabe) zunächst - nach Ausscheidung der auf Wien als Gemeinde entfallenden Quote - die Ertragsanteile auf die Gemeinden länderweise unter Beachtung der im §8 Abs2 FAG 1979 (FAG 1985 idF der Nov. BGBl. 384/1986) angeführten Schlüssel rechnungsmäßig aufgeteilt. Von den so länderweise errechneten Beträgen sind 13,5 v. H. auszuscheiden und (vom Bund) den Ländern zu überweisen; sie sind für die Gewährung von Bedarfszuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbände bestimmt (zweckgebundene Landesmittel). Nach Abs2 leg. cit. haben die Länder die restlichen 86,5 v. H. als Gemeindeertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben auf die einzelnen Gemeinden nach folgendem Schlüssel aufzuteilen:
Vorerst erhalten jene Gemeinden, deren Finanzkraft im Vorjahr den Finanzbedarf nicht erreichte, 30 v. H. des Unterschiedsbetrages zwischen Finanzbedarf und Finanzkraft. Die verbleibenden Ertragsanteile sind nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel auf alle Gemeinden des Landes zu verteilen. (Die Abs3 und 4 des §10 FAG 1979 (FAG 1985) betreffen jeweils die Ermittlung von Finanzbedarf und Finanzkraft und sind für die vorliegende Klage ohne Bedeutung.)
Aus all dem ergibt sich, daß die sogenannte Unterverteilung der verbleibenden 86,5 v. H. der Ertragsanteile ausschließlich den Ländern obliegt: Wenngleich das FAG 1979 (FAG 1985) die Überweisung dieser Beträge an die Länder nicht ausdrücklich anordnet, folgt aus der Regelung des §10 FAG 1979
(FAG 1985) in ihrer Gesamtheit zwingend, daß der Bund die in Rede stehenden Gelder den Ländern zur Verteilung zur Verfügung stellen muß. Damit wird zugleich den Gemeinden ein Rechtsanspruch darauf eingeräumt, daß ihnen das Land die gemäß den Vorschriften des §10 Abs2 FAG 1979 (FAG 1985) ermittelten Ertragsanteile tatsächlich überweist (vgl. VfSlg. 7644/1975, 10044/1984, 10316/1985).
Demgemäß ist hier die Marktgemeinde Gablitz aktiv, das Land Niederösterreich passiv klagslegitimiert.
2.3. Wie der VfGH bereits in seinem Erkenntnis VfSlg. 9598/1982 mit ausführlicher Begründung darlegte, handelt es sich bei einer (im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" zu publizierenden) Kundmachung des Statistischen Zentralamtes gemäß §7 Abs2 Volkszählungsgesetz 1980 (über die "Bürgerzahl") um eine V in der Bedeutung des Art139 B-VG. Der VfGH hält an dieser Rechtsauffassung fest. Nun ist das Verfahren zur Berechnung der hier der Höhe nach strittigen - Ertragsanteile im FAG 1979 (FAG 1985) geregelt (s. dazu schon: Punkt 2.2.). Dazu ordnet §8 Abs3 FAG 1985 idF der Nov. BGBl. 384/1986 an, daß sich das für die Berechnung bedeutsame - Schlüsselelement "Volkszahl" nach dem vom Statistischen Zentralamt auf Grund der letzten Volkszählung festgestellten Ergebnis bestimmt, das mit dem Beginn des dem Stichtag der Volkszählung nächstfolgenden Kalenderjahres (hier: 1982) wirksam wird.
Diese "Volkszahl", d.i. die Zahl der Wohnbevölkerung im ganzen Bundesgebiet (s. §2 Abs1 Volkszählungsgesetz 1980), die nicht für sich allein, gleichsam isoliert betrachtet werden kann, sondern alle im Inland ansässigen Österreicher notwendig miteinschließt, setzt sich demgemäß aus der Zahl der österreichischen Staatsbürger ("Bürgerzahl") und der Zahl der Nicht-Staatsbürger, jeweils im gesamten Bundesgebiet, zusammen. Angesichts des Umstands, daß das endgültige Volkszählungsergebnis insgesamt schon deshalb als in sich geschlossene Einheit zu begreifen ist, weil andernfalls je nach dem gewählten Ausgangspunkt - wie etwa Gemeinde, Land oder Bund - verschiedene, miteinander unverträgliche Einzelresultate möglich wären, können Änderungen der "Bürgerzahl" nach Lage der Verhältnisse nicht ohne Auswirkung auf die "Volkszahl" bleiben: Die mit V des Statistischen Zentralamtes im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" (Nr. 40 vom 18. Februar 1983) - in Form einer bundesländerweisen Bündelung aller gemeindebezogenen Einzelergebnisse rechtsverbindlich festgelegte und kundgemachte "Bürgerzahl" (Zahl der Österreicher) ist - so gesehen - ganz unabhängig von der Rechtsqualität des schon erwähnten Elaborats Volkszählung 1981 integrierender Bestandteil (Teilwert, Komponente) der im FAG umschriebenen "Volkszahl" und darum für die rechtliche Beurteilung des - aus der "Volkszahl" der Marktgemeinde Gablitz abgeleiteten - Klagsanspruches (mit-)maßgebend, sodaß der VfGH die diese ("Bürger-")Zahl feststellende generelle Norm ("Bürgerzahl-Verordnung") bei Entscheidung über das Klagebegehren ebenso anzuwenden hat wie §8 Abs3 FAG 1985 idF BGBl. 384/1986 selbst. Soweit Davy, Revidiertes Volkszählungsergebnis und Finanzausgleich, ZfV 1984, S 495 ff (503), dafürhält, die These "Bürgerzahl = verbindlich festgelegte Volkszahlkomponente" könne "höchstens" für die Volkszahl je Bundesland (nicht Gemeinde) gelten, wird außer Acht gelassen, daß jede publizierte Bundesländerzahl ja nur die Summe der hier relevanten Gemeindeergebnisse ausdrückt, also ohne diese regionalen Teilresultate, wie sie sich im einzelnen ergaben, gar nicht bestehen könnte.
Wenn die klagende Partei im gegebenen Kontext im Hinblick auf das Erkenntnis VfSlg. 7644/1975 vermeinen sollte, der VfGH habe darin Feststellungen des Statistischen Zentralamtes über Bevölkerungszahlen als bloße Tatsachenannahmen nachgeprüft und korrigiert, so zielte dieser Einwand allein deswegen ins Leere, weil das in Rede stehende Erkenntnis auf dem
Boden des Volkszählungsgesetzes vom 5. Juli 1950, BGBl. 159/1950, erging und damit auf jener Rechtslage beruhte, die durch das Volkszählungsgesetz 1980 - jedenfalls im Punkt der Rechtsnatur der neu geregelten Bürgerzahlfeststellung - die hier entscheidende Änderung erfuhr: Anders als das Volkszählungsgesetz 1980 sah das Volkszählungsgesetz vom 5. Juli 1950, BGBl. 159/1950, in Verordnungsform gekleidete (Tatsachen-)Feststellungen über die "Bürgerzahl" nämlich gar nicht vor, sodaß das vom Statistischen Zentralamt ermittelte endgültige Volkszählungsergebnis als schlichte Tatsachenfeststellung (ohne normative Wirkung) im Streitfall überprüft werden mußte (VfSlg. 7332/1974).
2.4.1. Eine verfassungsgerichtliche Nachprüfung (Neuermittlung) der nunmehr, d.h. nach dem Inkrafttreten des Volkszählungsgesetzes 1980, verordnungsmäßig festgestellten alle österreichischen Staatsbürger erfassenden - "Bürgerzahl" iS der zum Erkenntnis VfSlg. 7644/1975 führenden Vorgangsweise ist darum kraft geltenden Rechts ausgeschlossen. Nur wenn Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der - nach dem bereits Gesagten in dieser Streitsache präjudiziellen - V des Statistischen Zentralamtes über die Bürgerzahlfestsetzung ("Amtsblatt zur Wiener Zeitung" Nr. 40 vom 18. Februar 1983) bestünden, hätte der VfGH im vorliegenden Prozeß von Amts wegen ein Normenkontrollverfahren iS des Art139 B-VG einzuleiten (vgl. die im wesentlichen gleichgelagerte Fälle betreffenden Erkenntnisse des VfGH vom 14.6.1984 A12/83 (= VfSlg. 10044/1984), A27/83, A32/83, A39/83, vom 20.9.1984 A24/83 (= VfSlg. 10102/1984), A25/83, A28/83, A46/83, A48/83, A5/84, vom 23.11.1984 A21/83, A2/84, A10/84 und vom 21.2.1985 A11/83 (= VfSlg. 10316/1985), A18/83, A3/84, A13/84).
Derartige Bedenken bestehen hier aber nicht.
In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, daß das Ergebnis der Volkszählung gemäß §7 Abs1 Volkszählungsgesetz 1980 - den Intentionen des Art26 Abs2 B-VG entsprechend - "so rasch wie möglich zu ermitteln und kundzumachen" ist. Das bedeutet zugleich, daß dem Österreichischen Statistischen Zentralamt die Behebung von Mängeln oder Zweifeln, die bei der Auswertung des Zählungsmaterials unter Umständen auftreten, keinesfalls uneingeschränkt möglich sein kann. Der Gesetzgeber nimmt vielmehr eine gewisse Fehlerquote - gezwungenermaßen - mit in Kauf. Diese Quote möglichst gering zu halten, ist der Sinn der Vorschrift des §6 Abs6 Volkszählungsgesetz 1980, die das Statistische Zentralamt ua. dazu verpflichtet, "insbesondere . . . bei Vorliegen mehrerer Wohnsitze die betroffenen Gemeinden zu hören." Das Gesetz überläßt auf diese Weise die allfällige Richtigstellung und Auswertung der Volkszählungsunterlagen nicht allein dem Statistischen Zentralamt, es statuiert vielmehr eine von der klagenden Partei außer Acht gelassene Mitwirkungskompetenz der Gemeinden. Daß sich diese Kompetenz auf ein bloßes Anhörungsrecht beschränkt, trägt der Notwendigkeit einer raschen Auswertung der Zählungsunterlagen gebührend Rechnung (VfSlg. 9598/1982).
Gesetzwidrig wäre die sogenannte "Bürgerzahl-Verordnung" also nicht bereits dann, wenn das darin ausgedrückte Ergebnis der Volkszählung an gewissen, der Natur der Sache nach unvermeidlichen und darum zu tolerierenden Unschärfen litte. Vielmehr könnten einzig und allein Mängel, die über eine derartige, aus dem spezifischen, rasch abzuwickelnden Zählungsverfahren zwangsläufig resultierende Fehlergrenze hinausreichen, die Gesetzmäßigkeit der V in Frage stellen, so vor allem der Umstand, daß die Norm überhaupt nicht in einem dem Volkszählungsgesetz 1980 entsprechenden Verfahren, und zwar ohne Einhaltung der im Gesetz zur Gewinnung einer ausreichenden Entscheidungsgrundlage vorgesehenen Vorgangsweise, zustandekam (vgl. VfSlg. 8213/1977, 8330/1978, 8697/1979, 9358/1982, 9598/1982).
2.4.2. Davon kann im vorliegenden Fall - der Auffassung
der klagenden Partei zuwider - nicht die Rede sein. Denn schon das gesamte Klagsvorbringen erschöpft sich im Kern bloß in der hier für sich allein nicht zielführenden - Behauptung einer Reihe von - lediglich punktuell wirkenden und nicht hinlänglich konkret und fallbezogen dargestellten - individuellen Zuordnungsfehlern, ohne darüber hinausgreifende und erst damit zur Gesetzwidrigkeit der "Bürgerzahl-Verordnung" führende Verfahrensverstöße allgemeiner Natur, wie sie im Erkenntnis des VfGH VfSlg. 9598/1982 behandelt wurden, auch nur ansatzweise anzudeuten und darzutun (s. die schon zu Abschnitt 2.4.1. zitierten Erkenntnisse des VfGH vom 14.6.1984, 20.9.1984, 23.11.1984 und 21.2.1985):
Das Statistische Zentralamt berichtete dem VfGH - im gegebenen Zusammenhang - ua. wörtlich:
" . . . Aufgrund des Erkenntnisses des VfGH vom 18.
Dezember 1982 wurden die im Österreichischen Statistischen
Zentralamt eingelangten Berichtigungsbegehren samt den jeweiligen
Begründungen der Gegengemeinde zur Stellungnahme übermittelt
('Hörverfahren'). Diese Begründungen wurden - zusammen mit den
Stellungnahmen der Gegengemeinde - in jedem Einzelfall in einen
Vordruck ('Entscheidungsblatt') übertragen, die Kriterien einander
gegenübergestellt, im Lichte des Volkszählungs-Erkenntnisses des
VfGH bewertet und sodann entschieden, ob der Mittelpunkt der
Lebensbeziehungen der betroffenen Person in der reklamierenden oder
gehörten Gemeinde liegt. Dementsprechend wurde die Zahl der
Wohnbevölkerung der beiden Gemeinden entweder belassen oder die
Person der einen Gemeinde ab- und der anderen zugerechnet. . . "
Aus den vom Statistischen Zentralamt dem VfGH vorgelegten klagsrelevanten (Administrativ-)Akten über insgesamt 393 österreichische Staatsbürger, die zunächst teils der klagenden Gemeinde, teils anderen Gemeinden (namentlich der Gemeinde Wien) zugezählt wurden, sind in der Tat keine zureichenden Anhaltspunkte für eine gesetzwidrige Abwicklung des Berichtigungsverfahrens zu ersehen. Wie aus den amtlichen Unterlagen erhellt, wurde das Anhörungsverfahren nämlich den Regeln des §6 Volkszählungsgesetz 1980 entsprechend, und zwar unter Zugrundelegung des maßgebenden (materiellen) Wohnsitzbegriffes iS der Rechtsanschauung des VfGH (s. VfSlg. 9598/1982), abgeführt und in Wägung und Würdigung des gesamten Erhebungs- und Ermittlungsmaterials (des Vorbringens aller berührten Kommunen), insbesondere einer Reihe aussagekräftiger Kriterien zur Wohnsitzfrage, teils durch Zuordnung der betroffenen Zensiten an die reklamierenden Gemeinden - in deren Gebiet ein "ordentlicher Wohnsitz" dieser Bürger nach Überzeugung des Statistischen Zentralamtes liegt - (107 Fälle (Wien: 103; Gablitz: 4)), teils durch Belassung der bisherigen Zuordnung (286 Fälle) ordnungsgemäß beendet.
Da also der VfGH bei dieser Sach- und Rechtslage - aus der Sicht dieser Streitsache - keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die "Bürgerzahl-Verordnung" hegt, erweist sich das Klagebegehren, soweit es an die Zuordnung österreichischer Staatsbürger anknüpft - da der Streitfall in dieser Beziehung auf der Basis der in Rede stehenden V und damit auch auf der Grundlage der von der klagenden Partei bestrittenen, diese Österreicher mitumfassenden Volkszahl für Gablitz (d.s. 2962 Personen) zu entscheiden ist - als unbegründet; es war daher in diesem Punkt allein schon aus den angestellten Erwägungen abzuweisen.
Zum gleichen Ergebnis gelangt der VfGH, soweit das Klagebegehren eine unrichtige Zuordnung von insgesamt zwei - nach den Klagsbehauptungen in Gablitz wohnenden - Ausländern betrifft. Da diese Personen - anders als österreichische Staatsbürger - von der "Bürgerzahl"-V nicht berührt werden, prüfte der VfGH ihre Zuordnung an Hand der Aktenlage unter Berücksichtigung des Klagsvorbringens im einzelnen nach, vermochte dabei aber keine wie immer beschaffene, dem Statistischen Zentralamt anzulastende
-
entscheidungswichtige - Fehlerhaftigkeit festzustellen. Konkrete, näher spezifizierte und umschriebene Mängel des Administrativverfahrens hatte die klagende Partei in Beziehung auf diese zwei Zensiten auch gar nicht vorgetragen.
2.5. Da die Schriftsätze der Parteien des verfassungsgerichtlichen Verfahrens und die dem VfGH vorgelegten Akten erkennen lassen, daß durch eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten ist, wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 idF BGBl. 297/1984 ohne Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung entschieden.
Schlagworte
VfGH / Klagen, Finanzverfassung, Finanzausgleich, Gemeinden, VfGH / Prüfungsgegenstand, Verordnung, VerwaltungsV, Volkszählung, VfGH / PräjudizialitätEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:A13.1987Dokumentnummer
JFT_10128873_87A00013_00