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22 Zivilprozeß, außerstreitiges VerfahrenNorm
ZPO §146 Abs1Leitsatz
Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtzeitig und begründet - minderer Grad des VersehensSpruch
Dem Wiedereinsetzungsantrag wird stattgegeben.
Begründung
Begründung:
1.a) Der Bf. erhob mit dem am 5. Oktober 1987 zur Post gegebenen Schriftsatz vom selben Tag eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den VfGH, die sich gegen den Bescheid der Zivildienstoberkommission beim Bundesministerium für Inneres (ZDOK) vom 14. Mai 1987 wendet. Dieser Bescheid war den Beschwerdeausführungen zufolge dem Bf. am 10. August 1987 zugestellt worden.
Bei Zutreffen dieser Angaben in der Beschwerde selbst wäre sie nach Ablauf der im §82 Abs1 VerfGG vorgesehenen sechswöchigen Beschwerdefrist erhoben worden. Zur Klärung des Sachverhaltes nahm deshalb eine Bedienstete des VfGH am 29. Oktober 1987 mit dem Beschwerdevertreter telefonisch Rücksprache.
b) Mit dem am 30. Oktober 1987 zur Post gegebenen Schriftsatz, der dasselbe Datum trägt, bringt der Bf. einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wider die Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist ein.
Darin wird behauptet, der Beschwerdevertreter habe erst anläßlich des erwähnten Telefongespräches vom 29. Oktober 1987 erfahren, daß die Beschwerde verspätet eingebracht wurde. Der Wiedereinsetzungsantrag werde daher fristgerecht erhoben.
In der Sache wird der Wiedereinsetzungsantrag damit begründet, daß die Fristversäumnis einzig und allein auf ein einmaliges Versehen der seit langem beschäftigten Kanzleileiterin zurückzuführen sei, die das Ende der Beschwerdefrist irrtümlich unrichtig vorgemerkt habe.
2.a) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wider die Versäumung der in Rede stehenden Frist ist zulässig:
Da das VerfGG 1953 in seinem §33 über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand keine weiteren Regelungen enthält, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 ff. ZPO idF der Zivilverfahrens-Nov. 1983, BGBl. 135/1983, sinngemäß anzuwenden.
Gemäß §148 Abs2 ZPO muß der Wiedereinsetzungsantrag innerhalb von vierzehn Tagen gestellt werden; diese Frist beginnt mit dem Tag, an welchem das Hindernis, welches die Versäumung verursachte, weggefallen ist. Zugleich mit den Antrag ist dem §144 Abs1 ZPO zufolge auch die versäumte Prozeßhandlung nachzuholen.
Der Beschwerdevertreter war durch eine unrichtige Fristvormerkung am rechtzeitigen Einbringen der Beschwerde gehindert (siehe die folgende litb). Auf diesen Fehler wurde er erst am 29. Oktober 1987 aufmerksam; damit begann die im §148 Abs2 ZPO vorgesehene Frist zu laufen. Den Wiedereinsetzungsantrag brachte er am nächsten Tag, also fristgerecht, ein.
Die Beschwerde hatte er bereits am 5. Oktober 1987 eingebracht gehabt. Da nur eine noch nicht gesetzte Prozeßhandlung nachgeholt werden kann, ist eine verspätet gesetzte nicht zu wiederholen (vgl. VfSlg. 7935/1976). Es wird hier also auch dem §149 Abs1 ZPO entsprochen.
b) Der Wiedereinsetzungsantrag ist auch berechtigt:
Nach §146 Abs1 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei - fährt das Gesetz fort - ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Unter "minderem Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des VfGH leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. VfSlg. 9817/1981; VfGH 12.10.1983 B202/81; 7.6.1985 B537/1984; 3.10.1987 B 1193,1194/86).
Es kam nicht hervor, daß hier Bevollmächtigte des Bf.
- für welche die Verschuldensregelung des §146 Abs1 ZPO gleichfalls gilt (§39 ZPO) - ein leichte Fahrlässigkeit übersteigender Verschuldensgrad trifft. Der VfGH sieht nach Lage des Falls keinen Grund, das - durch zwei Erklärungen an Eides Statt teilweise bescheinigte - Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag in Zweifel zu ziehen, daß es zu einem Irrtum beim Vormerken der Frist durch eine Angestellte des Beschwerdevertreters kam, die dieser seit Jahren als stets verläßliche Kanzleileiterin kannte und die er entsprechend angewiesen, geschult und stichprobenartig kontrolliert hatte.
c) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher gemäß §33 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung - zu bewilligen.
Schlagworte
VfGH / WiedereinsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:B1032.1987Dokumentnummer
JFT_10128873_87B01032_2_00