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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BAO §20;Beachte
Besprechung in: ÖStZB 1991, 28;Betreff
N gegen Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 30. November 1988, Zl. 11/72-6/88, betreffend gnadenweise Nachsicht von Finanzstrafen:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde in zwei Finanzstrafverfahren jeweils mit Strafverfügungen für schuldig erkannt, durch die Nichteinreichung von Abgabenerklärungen für 1985 bzw. 1986 vorsätzlich die abgabenrechtliche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht verletzt zu haben. Über ihn wurden wegen Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG jeweils Geldstrafen von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage, Kosten S 200,--) verhängt, wobei seine finanziellen Schwierigkeiten jeweils als strafmildernd berücksichtigt wurden. Der Beschwerdeführer leistete keine Zahlung, sondern ersuchte um gnadenweise Nachsicht seiner noch offenen Abgabenschulden sowie der beiden über ihn verhängten Geldstrafen. Er verwies auf seine schwierige finanzielle Lage; er beziehe lediglich eine Pension von monatlich S 4.048,90 und besitze kein Vermögen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde das Gnadenansuchen hinsichtlich der beiden erwähnten Geldstrafen ab. In der schwierigen wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers seien zwar berücksichtigungswürdige Umstände zu erkennen. Im Hinblick auf die Art der Begehung der Tat und die Wiederholung der strafbaren Handlung sei eine Nachsicht aus Gründen der Spezial- und Generalprävention aber nicht gerechtfertigt. Überdies sei die wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers bereits bei der Strafbemessung als strafmildernd berücksichtigt worden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie an den Verwaltungsgerichtshof ab, da spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen seien.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seiner ergänzten Beschwerde durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf antragsgemäße Anwendung des § 187 FinStrG sowie in seinem verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit verletzt. Er beantragt diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 187 FinStrG kann bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände über Antrag des Bestraften die durch die Finanzstrafbehörde verhängte Strafe ganz oder teilweise nachgesehen werden.
Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid ohnehin zugunsten des Beschwerdeführers davon aus, daß die vom Gesetz geforderten berücksichtigungswürdigen Umstände gegeben seien; sie legte ihrer Entscheidung die vom Beschwerdeführer behauptete schlechte wirtschaftliche Situation zu Grunde, sodaß es der vom Beschwerdeführer nunmehr vermißten Überprüfung seiner finanziellen Verhältnisse nicht bedurfte.
Solcherart war der belangten Behörde im Beschwerdefall der Weg zur in weiterer Folge zu treffenden Ermessensentscheidung eröffnet, bei der wiederum die allgemeinen Rechtsgrundsätze von Billigkeit (Angemessenheit in bezug auf berechtigte Interessen der Partei) und Zweckmäßigkeit (Angemessenheit in bezug auf das öffentliche Interesse) unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände beachtet werden mußten (§ 20 BAO). Hiebei waren auch die Gesichtspunkte der Generalprävention und der Spezialprävention in die rechtliche Beurteilung miteinzubeziehen. Eine Ermessensüberschreitung liegt keinesfalls darin, daß die Behörde den Erwägungen der Zweckmäßigkeit gegenüber denen der Billigkeit den Vorrang einräumt, doch müssen die Zweckmäßigkeitserwägungen mit dem Sinn des Gesetzes in Einklang stehen, d.h. die Behörde darf sich bei ihrer Entscheidung nicht von unsachlichen Erwägungen leiten lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1987, Zl. 87/16/0052).
Der Verwaltungsgerichtshof ist gemäß Art. 130 Abs. 2 B-VG nur berechtigt, zu prüfen, ob die Behörde von ihrem freien Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, ob der Behörde also im Rahmen dieser Entscheidung Ermessensüberschreitung oder Ermessensmißbrauch anzulasten ist (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 2. Juli 1987 sowie das hg. Erkenntnis vom 7. November 1989, Zl. 89/14/0136).
Als Begründung dafür, warum die belangte Behörde das ihr durch § 187 FinStrG eingeräumte Ermessen nicht im für den Beschwerdeführer positiven Sinn gehandhabt hat, hat sie unter anderem auf die Wiederholung der Tat hingewiesen.
Der Beschwerdeführer hat für zwei aufeinanderfolgende Jahre Abgabenerklärungen nicht eingereicht. Er hat sein steuerliches Verhalten auch nach Verhängung der ersten Geldstrafe nicht gebessert, sondern seine abgabenrechtliche Offenlegungspflicht neuerlich nicht erfüllt.
Die von der belangten Behörde zur Frage der Gnadenwürdigkeit des Beschwerdeführers bei der Ermessensübung gehandhabte Berücksichtigung dieses Verhaltens stellt sich durchaus als eine sachliche Erwägung dar, die einen Ermessensfehler nicht erkennen läßt.
Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Rechtes auf Gleichheit behauptet, ist darauf hinzuweisen, daß der Verfassungsgerichtshof sich zur Behandlung der mit dieser Behauptung an ihn gerichteten Beschwerde nicht veranlaßt gesehen hat. Auch der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß die Gnadenübung in anderen, vom Beschwerdeführer nicht näher bezeichneten Fällen subjektive Rechte des Beschwerdeführers verletzt haben könnte.
Die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt somit nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen, da die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989140228.X00Im RIS seit
26.06.1990Zuletzt aktualisiert am
27.10.2008