TE Vwgh Erkenntnis 1990/6/26 87/14/0144

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Veröffentlicht am 26.06.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
55 Wirtschaftslenkung;

Norm

GewStG §2 Z7 idF 1977/645;
MOG 1967 §15a Abs4;
VwGG §41 Abs1;

Beachte

Besprechung in: ÖStZB 1990, 453;

Betreff

N-Verein gegen Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom 11. Juni 1987, Zl 6/251/1-BK/Ko-1986, betreffend Gewerbesteuer für die Jahre 1980 bis 1984

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der beschwerdeführende Verein hat dem Bund Aufwendungen von 2.760 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der beschwerdeführende Verein (in der Folge: Beschwerdeführer) wurde mit Unterstützung der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich auf Grund eines Erlasses des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft aus dem Jahr 1968, mit welchem die Qualitätsbezahlung von Rohmilch angeordnet wurde, im Jahr 1969 gegründet. Der Zweck und die Mitgliedschaft sind in der Satzung wie folgt geregelt:

"§ 2 Zweck des Vereines

1.

Der Verein dient ausschließlich gemeinnützigen Zwecken und erstrebt keinen Gewinn.

2.

Der Zweck des Vereines ist die Förderung der Rinderzucht und der Rinderhaltung und insbesondere die Verbesserung der Rohmilchqualität aller Milchlieferanten.

3.

Dieser Zweck soll erreicht werden durch

a)

Belehrung und Beratung der im Einzugsbereich der Mitgliedsbetriebe gelegenen landwirtschaftlichen Betriebe in allen Fragen der Rinderhaltung sowie der Erzeugung qualitativ hochwertiger Rohmilch.

b)

Durchführung von Qualitätskontrollen der Rohmilch in geeigneten Laboratorien.

c)

Mithilfe bei der Bekämpfung von Rinderkrankheiten und Seuchen.

d)

Zusammenarbeit mit dem Landeskontrollverband zur Förderung der Milchleistungsprüfung.

§ 4 Mitgliedschaft

1.

Alle Milchbe- und Verarbeitungsbetriebe im Bundesland Oberösterreich haben das Recht, die Mitgliedschaft beim N-Verein zu erwerben, soferne sie Milch aus landwirtschaftlichen Erzeugerbetrieben verarbeiten.

2.

.....

3.

....."

Die Landwirtschaftskammer für Oberösterreich übt über den Beschwerdeführer Aufsichts- und Kontrollrechte aus und bestellt auch dessen Geschäftsführer. Der Beschwerdeführer ist verpflichtet, Geschäftsberichte an die eben genannte Landwirtschaftskammer zu erstellen.

In den Streitjahren waren alle Milchbe- und Verarbeitungsbetriebe Oberösterreichs Mitglieder des Beschwerdeführers. Seine Tätigkeit bestand insbesondere in der Durchführung von Qualitätskontrollen der von Landwirten an seine Mitglieder abgelieferten Rohmilch. Daneben wurden auch Beratungen zur Verbesserung der Rohmilchqualität und der Eutergesundheit durchgeführt. Neben den Mitgliedsbeiträgen, die nach der Anzahl der Milchbauern je Milchbe- und Verarbeitungsbetrieb bemessen wurden, hatten die genannten Betriebe für die Durchführung der Qualitätskontrollen Probengebühren zu entrichten. Von der abgelieferten Rohmilch wurden unmittelbar vor der Übernahme durch die Milchbe- und Verarbeitungsbetriebe Proben genommen und diese sodann im Labor des Beschwerdeführers einer chemischen, thermischen und physikalischen Behandlung unterzogen, um so die jeweilige Güteklasse feststellen zu können. Die derart geprüfte Rohmilch war für den menschlichen Genuß nicht mehr geeignet und mußte vernichtet werden. Zwischen den Landwirten und dem Beschwerdeführer bestanden keine Rechtsbeziehungen. Weder war es den Landwirten möglich, Mitglieder des Beschwerdeführers zu werden, noch hatten sie die Kosten der Qualitätskontrolle zu tragen. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers bei der Qualitätskontrolle diente dazu, die Qualitätsklassen der Milch festzustellen, wonach sich der Erzeugerpreis derselben richtete bzw eine Übernahme derselben verweigert wurde. Der Beschwerdeführer führte somit in den Streitjahren Auftragsprüfungen im Sinn des § 15a Marktordnungsgesetzes 1967 - MOG, BGBl Nr 36/1968 in der jeweils gültigen Fassung, durch.

Im Verwaltungsverfahren war strittig, ob der Beschwerdeführer eine Vereinigung im Sinn des § 2 Z 7 erster Satz GewStG in der Fassung BGBl Nr 645/1977 ist.

Wie schon das Finanzamt verneinte dies auch die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid.

In der Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich über seine Ausführungen im Berufungsverfahren hinaus in seinem Recht verletzt, infolge Gemeinnützigkeit im Sinn der §§ 34 ff BAO gemäß § 2 Z 6 GewStG oder - wie bereits im Berufungsverfahren dargestellt - gemäß § 2 Z 7 leg cit von der Gewerbesteuer befreit zu sein.

In ihrer Gegenschrift beantragt die belangte Behörde, die Beschwerde als unbegründet und kostenpflichtig abzuweisen.

In der Folge erstatteten sowohl der Beschwerdeführer als auch die belangte Behörde mehrere Äußerungen bzw Repliken.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe nicht geprüft, ob nach seiner Satzung und seiner tatsächlichen Geschäftsführung unmittelbar und ausschließlich gemeinnützige Zwecke nach Maßgabe der §§ 34 ff BAO verfolgt würden, weswegen er mit seinem unentbehrlichen Hilfsbetrieb, dem Milchprüflabor, nach § 2 Z 6 GewStG von der Gewerbesteuer befreit sei, stellt eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliche Neuerung dar. Denn es handelt sich hiebei um eine aus rechtlichen und tatsächlichen Elementen bestehende Frage. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 27. Feber 1990, Zl 87/14/0004), fallen unter das Neuerungsverbot aber auch Rechtsausführungen, wenn deren Richtigkeit nur auf Grund von Tatsachenfeststellungen überprüft werden kann, die deshalb unterblieben sind, weil im Verwaltungsverfahren diesbezüglich nichts vorgebracht wurde. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn zwar im erstinstanzlichen Verfahren ein Vorbringen erfolgt ist, dieses aber erkennbar im Berufungsverfahren nicht weiterverfolgt werden soll. Im anläßlich der abgabenbehördlichen Prüfung an den Betriebsprüfer gerichteten Schreiben des Beschwerdeführers vom 17. Dezember 1984 ist in nicht konkretisierter Weise vom vorgeblichen Gemeinnützigkeitsstatus die Rede. Weder in der Berufung, noch in den im Zug des Berufungsverfahrens erstatteten Vorhaltsbeantwortungen wird die Frage der Gemeinnützigkeit erwähnt. Die belangte Behörde war daher nicht gehalten, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen und diesbezügliche Ermittlungen vorzunehmen.

Gemäß § 2 Z 7 erster Satz GewStG in der für das Streitjahr gültigen Fassung sind Vereinigungen, die die gemeinschaftliche Benutzung land- und forstwirtschaftlicher Betriebseinrichtungen oder Betriebsgegenstände oder die Bearbeitung oder Verwertung der von den Mitgliedern selbst gewonnenen land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse zum Gegenstand haben (zum Beispiel Waldbauvereine, Winzervereine), wenn die Bearbeitung oder Verwertung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft liegt, von der Gewerbesteuer befreit.

Diese Bestimmung enthält somit zwei Tatbestände, deren Vorliegen vom Beschwerdeführer bejaht wird.

Dieser Rechtsansicht schließt sich der Gerichtshof nicht an:

Die angesprochene Befreiungsbestimung bezweckt die Förderung der bäuerlichen Selbsthilfe durch den Zusammenschluß zu Gemeinschaften. Von einem derartigen Zusammenschluß kann jedoch im vorliegenden Fall keine Rede sein. Nicht nur, daß ausschließlich die Milchbe- und Verarbeitungsbetriebe Mitglieder des Beschwerdeführers sein können, dient der Beschwerdeführer keineswegs der bäuerlichen Selbsthilfe. Vielmehr führt er im Auftrag des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft bzw des Milchwirtschaftsfonds Auftragsprüfungen zur Feststellung der Qualität der von Landwirten den Milchbe- und Verarbeitungsbetrieben abzuliefernden Rohmilch durch. Als ermächtigtes Laboratorium im Sinn des § 15a Abs 4 MOG 1967 (nunmehr § 18 Abs 3 MOG, BGBl Nr 210/1985 in der Fassung BGBl Nr 330/1988) war und ist der Beschwerdeführer neben den Qualitätskontrollen auch mit hoheitlichen Aufgaben betraut. Es würde dem jeweiligen Milchlieferanten gar nicht zustehen, die Qualitätskontrolle der Rohmilch selbst durchzuführen und zu diesem Zweck ein Labor im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes zu führen. Es liegt somit keine Benutzung land- und forstwirtschaftlicher Betriebseinrichtungen oder Betriebsgegenstände vor, die in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb Anlagevermögen darstellen würden, wegen der hohen Anschaffungskosten jedoch nur gemeinschaftlich erworben und genutzt werden können.

Eine Bearbeitung oder Verwertung der von den Mitgliedern selbst gewonnenen landwirtschaftlichen Erzeugnisse (in concreto die Erzeugung von Milchprodukten) erfolgt im vorliegenden Fall nicht. Abgesehen davon, daß die die Erzeugnisse liefernden Landwirte nicht - wie bereits ausgeführt - Mitglieder des Beschwerdeführers sind, werden vom Beschwerdeführer auch keine Milchprodukte erzeugt, sondern wird nur die Qualität der Rohmilch kontrolliert. Die Milchprodukte werden vielmehr von den zur Übernahme der Rohmilch verpflichteten Milchbe- und Verarbeitungsbetrieben hergestellt. In der bloßen Qualitätskontrolle kann keine Bearbeitung oder Verwertung der Rohmilch erblickt werden.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl Nr 206, insbesondere deren Art III.

Hinsichtlich des (noch) nicht in der Amtlichen Sammlung enthaltenen zitierten hg Erkenntnisses wird an Art 14 Abs 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl Nr 45/1965, erinnert.

Schlagworte

Sachverhalt Mitwirkungspflicht Verschweigung Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein (siehe auch Angenommener Sachverhalt)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1987140144.X00

Im RIS seit

26.06.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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