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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §56;Betreff
N gegen Oberösterreichische Landesregierung vom 13. Februar 1989, Zl. BauR-010196/1-1988 Pos/Pe, betreffend die Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz , vertreten durch den Bürgermeister).
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- je binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 22. Jänner 1988 beantragte die Beschwerdeführerin beim Magistrat Linz die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses mit Büro- und Auslieferungslager auf den Grundstücken 1522/20, 1522/22 und 1522/56, KG X.
Nach Durchführung verschiedener Prüfungen teilte der Magistrat der Landeshauptstadt Linz der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 12. Februar 1988 die Absicht mit, das Bauansuchen wegen Widerspruches zum Bebauungsplan S 104 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzuweisen. Die Widersprüche zum Bebauungsplan wurden im einzelnen aufgezeigt. Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, daß das Bauvorhaben auch der noch zu verhängenden Bausperre, welche voraussichtlich am 10. Mai 1988 wirksam werde, in einer Reihe von Punkten widerspreche.
In ihrer Äußerung vom 1. März 1988, eingelangt beim Magistrat Linz am 7. März 1988, gab die Beschwerdeführerin bekannt, daß die aufgezeigten Widersprüche zum derzeit gültigen Bebauungsplan S 104 vom beauftragten Architekten umgehend beseitigt würden. In Ansehung der Widersprüche zu der noch zu verhängenden Bausperre stellte die Beschwerdeführerin fest, daß diese nicht dem Rechtsbestand angehöre und daher auch nicht als Grund für die Ablehnung ihres Bauansuchen herangezogen werden könne. Nach Behebung der Widersprüche zum derzeit wirksamen Bebauungsplan S 104 besitze sie einen Rechtsanspruch auf Erteilung der beantragten Baubewilligung. Sollte die Erteilung der Baubewilligung grundlos bis zum Rechtswirksamwerden der Bausperre hinausgezögert werden, so behalte sie sich die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen vor. Ebenso meldete die Beschwerdeführerin die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen im Sinne des § 25 des OÖ Raumordnungsgesetzes (ROG) an. Nach einem Aktenvermerk wurden am 7. März 1988 korrigierte Pläne wieder vorgelegt.
Nach einer Reihe hier nicht wesentlicher Verfahrensschritte versagte der Magistrat Linz mit Bescheid vom 28. Juni 1988 die beantragte Baubewilligung. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, daß in der Zwischenzeit die bereits am 24. März 1988 vom Gemeinderat der Landeshauptstadt Linz beschlossene Bausperre Nr. 646 am 10. Mai 1988 rechtswirksam geworden sei. Das Projekt der Beschwerdeführerin stehe in einer Reihe von Punkten zu den Festlegungen dieser Bausperre im Widerspruch, und zwar überschreite der Baukörper eine innere Baufluchtlinie um 2,3 m, der Ostteil des Baukörpers sei um ein Geschoß zu hoch, die Hofverbauung sei außerhalb der Baufluchtlinien situiert und daher unzulässig und der südseitig gelegene zweigeschoßige Baukörper liege zu einem beträchtlichen Teil außerhalb der Baufluchtlinien und sei um ein Geschoß zu hoch. Der Beschwerdeführerin sei dieser Widerspruch zur Bausperre bekanntgegeben worden, sie habe aber keine entsprechende Abstimmung und Angleichung ihres Projekts vorgenommen. Die Entscheidungsfrist von sechs Monaten im Sinne des § 73 Abs. 1 AVG 1950 sei von der Behörde nicht überschritten worden.
Der dagegen erhobenen Berufung gab der Stadtsenat mit Bescheid vom 5. September 1988 keine Folge. Nach kurzer Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der hier maßgeblichen Gesetzesstellen der OÖ Bauordnung stellte die Berufungsbehörde fest, daß im fraglichen Bereich seit 10. Mai 1988 die mit Gemeinderatsbeschluß vom 24. März 1988 verhängte und im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 8 vom 25. April 1988 kundgemachte Bausperreverordnung Nr. 646 in Geltung stehe. Im einzelnen wurden neuerlich die Widersprüche des Bauvorhabens der Beschwerdeführerin zu dieser Bausperreverordnung angeführt und bemerkt, daß die beantragte Bewilligung die Durchführung des künftigen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes erschwere bzw. verhindere, sodaß eine Baubewilligung auch nach § 58 Abs. 3 OÖ Bauordnung (BO) nicht in Betracht komme. Bei der Erteilung einer Baubewilligung handle es sich um einen konstitutiven Verwaltungsakt, bei dem grundsätzlich das im Zeitpunkt der Bescheiderlassung geltende Recht anzuwenden sei. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes könne auch eine Säumigkeit einer Behörde nicht dazu führen, daß die Rechtslage im Zeitpunkt der Einbringung des Bauansuchens maßgeblich sein könnte. Im übrigen sei die Verfahrensdauer keinesfalls als unüblich lang zu beurteilen. Auch von der Verletzung einer Informations- bzw. Manuduktionspflicht könne nicht gesprochen werden.
Der dagegen erhobenen Vorstellung gab die OÖ Landesregierung mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 13. Februar 1989 keine Folge. Die Gemeindeaufsichtsbehörde stellte fest, daß die verhängte Bausperre eine generelle Norm auf der Stufe einer Verordnung darstelle, bei deren Erlassung einer Partei kein Recht auf Mitwirkung zustehe. Auch hinsichtlich der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Bausperre komme der Beschwerdeführerin Parteistellung nicht zu. Den Verwaltungsbehörden sei es verwehrt, in einem konkreten Verwaltungsverfahren eine formell rechtmäßig zustandegekommene generelle Norm auf ihre inhaltiche Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Sowohl die Baubehörde erster Instanz als auch die Berufungsbehörde hätten ihren Bescheiden nicht die Rechtslage zum Zeitpunkt der Einbringung des Baubewilligungsansuchens, sondern jene zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung zugrunde legen müssen. Da in den angeführten Punkten das Bauvorhaben den Zielsetzungen der Bausperre widersprochen habe, sei die baubehördliche Bewilligung zu Recht wegen Widerspruches zu den zwingenden Bestimmungen dieser Bausperre abgewiesen worden.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung dieser Gerichtshof mit Beschluß vom 27. November 1989, Zl. B 417/89-9, jedoch ablehnte. Gleichzeitig trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Über diese (ergänzte) Beschwerde sowie über die Gegenschriften der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Nach § 45 Abs. 6 OÖ Bauordnung (BO) ist das Baubewilligungsansuchen von der Baubehörde ohne Durchführung einer Bauverhandlung (§ 47) abzuweisen, wenn sich schon aus dem Ansuchen oder dem Bauplan ergibt, daß das Bauvorhaben
a) zwingenden Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes, des Bebauungsplanes, einer Bausperre oder der rechtswirksamen Bauplatzbewilligung widerspricht, oder
b) den zwingenden Bestimmungen der §§ 28, 29 Abs. 2 zweiter Satz, 30 Abs. 8, 32 und 33 widerspricht und eine Baubewilligung daher ohne Änderung des Bauvorhabens offensichtlich nicht erteilt werden kann. Vor der Abweisung des Baubewilligungsansuchens ist das Parteiengehör zu wahren und, wenn eine Behebung des Mangels durch Änderung des Bauvorhabens möglich ist, dem Bauwerber Gelegenheit hiezu zu geben.
Nach § 58 Abs. 1 BO kann der Gemeinderat durch Verordnung für ein bestimmtes Gebiet die Bausperre verhängen, wenn ein Flächenwidmungsplan oder ein Bebauungsplan für dieses Gebiet erlassen oder geändert werden soll und die Verhängung der Bausperre im Interesse der Sicherheit einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung erforderlich ist. Der Gemeinderat hat anläßlich der Verhängung der Bausperre die beabsichtigte Neuplanung, die Anlaß für die Verhängung der Bausperre ist, in ihren Grundzügen zu umschreiben.
Die Bausperre hat nach § 58 Abs. 3 BO die Wirkung, daß u.a. Baubewilligungen nur ausnahmsweise mit Zustimmung des Gemeinderates erteilt werden dürfen, wenn nach der jeweils gegebenen Sachlage anzunehmen ist, daß die beantragte Bewilligung die Durchführung des künftigen Flächenwidmungs- bzw. Bebauungsplanes nicht erschwert oder verhindert.
Im Beschwerdefall haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die vom Gemeinderat der Landeshauptstadt Linz am 24. März 1988 verhängte, im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 8 vom 25. April 1988 kundgemachte Bausperre in gesetzwidriger Weise zustandegekommen wäre. Aus diesem Grunde hat auch der Verfassungsgerichtshof mit dem erwähnten Beschluß vom 27. November 1989 die Behandlung der Beschwerde der Beschwerdeführerin abgelehnt. Die Beschwerdeführerin hat nun zwar in ihrem ergänzenden Schriftsatz vom 20. Februar 1990 behauptet, daß die genannte Verordnung nicht ordnungsgemäß kundgemacht worden sei, doch trifft diese Behauptung der Aktenlage nach nicht zu. Wenn sie weiters behauptet, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung der Verordnung nicht vorgelegen seien, weil die Bausperre im Interesse der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung nicht erforderlich gewesen sei, so übersieht sie, daß die Versagung der Baubewilligung im vorliegenden Fall gerade deshalb erfolgte, weil ihr Vorhaben der beabsichtigten Änderung des Bebauungsplanes widerspricht. Ansonsten hat die Beschwerdeführerin nichts ausgeführt, was ihre Behauptung rechtfertigen könnte, der angefochtene Bescheid fuße auf einer nicht gesetzmäßig bzw. nicht rechtswirksam zustandegekommenen Verordnung.
Soweit die Beschwerdeführerin behauptet, daß ein Ausnahmefall im Sinne des § 58 Abs. 3 BO gegeben sei, weil die beantragte Bewilligung die Durchführung des künftigen Flächenwidmungs- bzw. Bebauungsplanes weder erschwere noch verhindere, genügt es, auf die Ausführungen in der Sachverhaltsdarstellung zu verweisen, wonach ihr Projekt in mehreren Punkten den künftigen Planungsabsichten klar widerspricht. Im übrigen haben die Verwaltungsbehörden im einzelnen dargetan, worin dieser Widerspruch besteht, sodaß es unverständlich ist, wenn die Beschwerdeführerin rügt, es sei nicht erörtert worden, ob der Ausnahmetatbestand des § 58 Abs. 3 BO gegeben sei. Zu Recht verweisen auch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei in ihren Gegenschriften darauf, daß selbst eine Überschreitung der Entscheidungsfrist gemäß § 73 AVG 1950 nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht die Wirkung nach sich zieht, daß eine Änderung der Rechtslage (hier Verhängung der Bausperre) nicht mehr zu beachten sei (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 1988, Zl. 87/05/0142, BauSlg. Nr. 1130, u.a.). Wenn aber das zu bewilligende Bauvorhaben die Durchführung des beabsichtigten Bebauungsplanes erschwert oder verhindert, dann liegt der Fall einer Ausnahme von der verhängten Bausperre im Sinne des § 58 Abs. 3 BO nicht vor, wie im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt worden ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 1988, Zl. 88/05/0103, BauSlg. Nr. 1156).
Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Planung Widmung BauRallg3Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltBehörden Zuständigkeit Allgemein BauRallg2/1Baubewilligung BauRallg6European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990050017.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
26.06.2017