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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §80 Abs1;Beachte
Besprechung in: ÖStZB 1991/56;Betreff
N gegen Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 16. Mai 1989, Zl. 230/11-10/Zö-1989, betreffend Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Finanzamtes vom 24. April 1987 als Geschäftsführer der XY-Speditionsgesellschaft m.b.H., über deren Vermögen am 21. Jänner 1987 der Konkurs eröffnet worden war, zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft in der Höhe von S 31.245,-- herangezogen. Dabei handelte es sich um Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Zeit vom November 1985 bis Mai 1986.
In seiner gegen den Haftungsbescheid erhobenen Berufung verlangte der Beschwerdeführer eine Ergänzung der Bescheidbegründung dahin, inwieweit ihn eine schuldhafte Verletzung seiner Pflichten treffe und wieso die Tatsache der Konkurseröffnung die Uneinbringlichkeit der Abgaben bedinge. Forderungen von zumindest S 2,446.624,20 seien nicht uneinbringlich. Eine Reihe von Aktivprozessen sei zur Zeit unterbrochen, doch sei es Aufgabe des Masseverwalters, diese infolge einer Rechtsschutzversicherung risikolosen Prozesse fortzuführen.
Eine Anfrage der belangten Behörde wegen der Einbringlichkeit dieser Forderungen beantwortete der Masseverwalter dahin, der Beschwerdeführer selbst habe sämtliche Forderungen als uneinbringlich bezeichnet. Am 17. Mai 1988 wurde der Konkurs mangels Deckung der Kosten des Verfahrens gemäß § 166 Abs. 2 KO aufgehoben.
Der Rechtsschutzversicherer der Gesellschaft erklärte auf Anfrage, daß für die Weiterführung der Aktivprozesse wegen Aussichtslosigkeit kein Versicherungsschutz gewährt werde. Daraufhin forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf, Namen und Anschriften der Schuldner sowie die Höhe der Einzelforderungen bekanntzugeben und mitzuteilen, welche konkreten Eintreibungsmaßnahmen bisher gesetzt worden seien; der Beschwerdeführer äußerte sich hiezu jedoch nicht.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers hinsichtlich der Dienstgeberbeiträge samt Zuschlag statt, sodaß sich der Haftungsbetrag auf S 24.595,-- reduzierte; im übrigen wurde die Berufung abgewiesen. Die objektive Uneinbringlichkeit bei der Gesellschaft sei zweifelsohne gegeben. Nach der Rechtsprechung liege bereits darin, daß der Beschwerdeführer vom November 1985 bis Mai 1986 ein Geschäftsführergehalt bezogen habe, die darauf entfallende Lohnsteuer aber nicht entrichtet worden sei, eine schuldhafte Verletzung der dem Geschäftsführer auferlegten abgabenrechtlichen Pflichten, welche die Rechtsfolgen des § 9 Abs. 1 BAO nach sich ziehe.
Der Beschwerdeführer beantragt in der vorliegenden Beschwerde, diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 9 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer als Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H. zum Kreis der in § 80 BAO genannten Vertreter zählte, der zur Haftung gemäß § 9 BAO herangezogen werden kann.
Der Beschwerdeführer wendet sich jedoch gegen die Annahme der Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen, solange die durch die Konkurseröffnung unterbrochenen Aktivprozesse nicht rechtskräftig beendet seien. Er muß aber zugeben, daß seine Bemühungen, die Prozesse nach Aufhebung des Konkurses im Namen der Gesellschaft selbst weiter zu führen, vergeblich waren, weil Rechtsschutzdeckung nicht mehr gewährt wurde und eigene Mittel offenbar fehlten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in anderen Fällen bereits aus der Tatsache der Abweisung eines Konkursantrages mangels kostendeckenden Vermögens auf die Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld geschlossen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. September 1988, Zlen. 86/14/0095 und 86/14/0161). Zutreffend verwies die belangte Behörde darauf, daß es im Falle der Einbringlichkeit von Forderungen (in Millionenhöhe) zur Konkursaufhebung gemäß § 166 Abs. 2 KO nicht hätte kommen können. Der belangten Behörde standen im vorliegenden Fall aber auch noch die Auskünfte des Masseverwalters, der Beschwerdeführer selbst habe alle Forderungen als uneinbringlich bezeichnet, und des Rechtsschutzversicherers, wegen Aussichtslosigkeit werde keine Rechtsschutzdeckung mehr gewährt, zur Verfügung. Den Vorhalt der belangten Behörde, die Forderungen im einzelnen genau zu bezeichnen und konkrete Eintreibungsmaßnahmen bekanntzugeben, hat der Beschwerdeführer nicht beantwortet. Die belangte Behörde hatte daher keine Veranlassung, die Abgabenschulden der Gesellschaft als einbringlich anzusehen.
Soweit der Beschwerdeführer betont, er habe die Geltendmachung der Forderungen der Gesellschaft mit gehöriger Sorgfalt betrieben, gehen seine Ausführungen schon deshalb ins Leere, weil ihm die belangte Behörde insoweit kein Verschulden angelastet hat. Sie wirft ihm vielmehr vor, die auf die ausbezahlten Geschäftsführergehälter entfallende Lohnsteuer nicht einbehalten zu haben. Die belangte Behörde hat zutreffend erkannt, daß die Unterlassung der Abfuhr der Lohnsteuer schon im Hinblick auf die Bestimmung des § 78 Abs. 3 EStG 1972 eine schuldhafte Verletzung der den Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Gesellschaft treffenden abgabenrechtlichen Pflichten darstellt (vgl. aus jüngster Zeit das hg. Erkenntnis vom 28. März 1990, Zl. 89/13/0189). Reichen nämlich die für Lohnzahlungen zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch zur Deckung der von den ausgezahlten Beträgen einzubehaltenden Lohnsteuer aus, so ist ein entsprechend niedrigerer Betrag zur Auszahlung zu bringen, sodaß die davon einbehaltene Lohnsteuer auch abgeführt werden kann (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 13. September 1988, Zl. 85/14/0161).
Da die verletzte Norm gerade die Sicherung der Lohnsteuerabfuhr bezweckt, kann auch am Bestehen eines Rechtswidrigkeitszusammenhanges kein Zweifel sein. Wäre die Lohnsteuer einbehalten und abgeführt worden, so hätte ein Abgabenrückstand, der uneinbringlich werden konnte, gar nicht entstehen können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. März 1987, Zl. 86/15/0080).
Entgegen der Verfahrensrüge des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde - wie schon ausgeführt - ohnehin begründet, worin die schuldhafte Verletzung der Geschäftsführerpflichten des Beschwerdeführers bestanden hat. Im übrigen war es Sache des Geschäftsführers darzustellen, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, daß die Gesellschaft die angefallenen Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1989, Zl. 89/14/0043, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur).
Unrichtig ist schließlich auch die Behauptung, die belangte Behörde habe die Annahme der Uneinbringlichkeit der aushaftenden Abgabenschulden nicht konkret begründet. Vielmehr hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid hiezu eine Reihe von - oben wiedergegebenen - nachvollziehbaren Gründen genannt. Von einer bloßen Scheinbegründung kann daher keine Rede sein.
Dem angefochtenen Bescheid haftet demnach die behauptete Rechtswidrigkeit nicht an, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989140185.X00Im RIS seit
08.02.2001