TE Vwgh Erkenntnis 1990/6/26 89/14/0126

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Veröffentlicht am 26.06.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
BAO §167 Abs2;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;
VwGG §36 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

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Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 89/14/0127 Besprechung in: ÖStZB 1991, 137;

Betreff

N gegen Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) je vom 11. Mai 1989, 1. Zl. B 128-3/88, betreffend Einkommensteuer 1983 und 1984, 2. Zl. B 129-3/88, betreffend Einkommensteuer 1985:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von je S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Die Kostenmehrbegehren werden abgewiesen.

Begründung

Schon für die Jahre 1980 bis 1982 war strittig, in welcher Höhe der Lohnaufwand für die beim Beschwerdeführer, einem im ländlichen Gebiet praktizierenden Arzt, als Ordinationshilfe tätige Ehegattin als Betriebsausgabe abgesetzt werden könne.

Nach Auskünften des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin, festgehalten in einer Niederschrift vom 5. März 1984, "begründe sich" das Dienstverhältnis in der gelegentlichen Verrichtung von Schreibarbeiten, sofern solche bei Patientenbehandlungen außerhalb der üblichen Praxisöffnungszeiten (Montag und Mittwoch bis Freitag von 8.00 bis 12.00 Uhr sowie alle 14 Tage am Samstag von 8.00 bis 10.00 Uhr im Zusammenhang mit dem Wochenenddienst) anfielen, weiters in der Eintragung (monatlich maximal 4 bis 5 DIN A 4 Seiten) der über die Bank eingegangenen Einnahmen im Losungsbuch sowie in der Entgegennahme und Weiterleitung von Telefonanrufen, während der Beschwerdeführer Patientenbesuche mache. Eine zeitlich genaue Abgrenzung der dafür erforderlichen Zeit wäre nicht möglich, die Besuche würden jedoch in der Regel nach Praxisschluß um etwa 14.00 Uhr bis ca. 18.00 bis 20.00 Uhr gemacht.

Die Abgabenbehörden hielten als Entlohnungsbasis für die Tätigkeit der Ehegattin den Bruttolohn der im Betrieb weiters tätigen fremden Ordinationsgehilfin für angemessen, hingegen sei der darüber hinaus gezahlte Lohn nicht durch den Betrieb veranlaßt.

Mit Erkenntnis vom 31. März 1987, Zl. 86/14/0143, wies der Verwaltungsgerichtshof eine diesbezügliche Beschwerde des damaligen und nunmehrigen Beschwerdeführers gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 25. Juni 1986, betreffend die Jahre 1980 bis 1982, als unbegründet ab. Er führte u.a. aus, das Ausmaß der zeitlichen Arbeitsbelastung der Ehegattin erscheine in keiner Weise klargestellt; schon gar nicht sei erwiesen, daß die Arbeitszeit der Ehegattin an jene der in der Ordination des Beschwerdeführers beschäftigten fremden Arbeitskraft heranreiche.

Für die Jahre 1983 bis 1985 hat sich dieselbe Streitfrage wie in den Vorjahren ergeben. In seinen Berufungen betreffend die Jahre 1983 und 1984 verwies der Beschwerdeführer lediglich auf sein damaliges Vorbringen. Über Vorhalt, daß für die Jahre 1983 und 1984 keine geänderten Verhältnisse behauptet würden, verwies der Beschwerdeführer am 28. Juli 1987 auf seine und seiner Ehegattin zwischenzeitige Vernehmung durch die Finanzstrafbehörde. Aus den Niederschriften vom 10. November 1986 ergebe sich der genaue Zeitaufwand und auch die Art der Tätigkeit der Ehegattin sowie der fremden Ordinationshilfe. Tatsächlich enthalten diese Niederschriften hiezu detaillierte Angaben.

Das Finanzamt wies die Berufungen des Beschwerdeführers betreffend die Jahre 1983 und 1984 mit Berufungsvorentscheidung ab. Es würdigte die Aussagen vom 10. November 1986 dahin, daß den urspünglichen Angaben vom 5. März 1984 das größere Gewicht beizumessen sei. Auf diese Entscheidung verwies das Finanzamt auch in seiner das Jahr 1985 betreffenden Berufungsvorentscheidung, mit der Sonderausgaben anerkannt, der Lohnaufwand für die Ehegattin aber wie in den Vorjahren gekürzt wurde.

In den mündlichen Berufungsverhandlungen betreffend die Jahre 1983 und 1984 einerseits, 1985 andererseits, wurde der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers jeweils aufgefordert, Änderungen des Sachverhaltes gegenüber dem bereits "ausjudizierten Zeitraum" 1980 bis 1982 vorzutragen. Daraufhin verwies dieser wiederum auf die Aussage der Ehegattin des Beschwerdeführers vom 10. November 1986. Auf Grund dieser Aussage sei nunmehr das Ausmaß der Tätigkeit der angestellten Ehegattin im Gegensatz zu dem der fremden Arbeitskraft in zeitlicher und qualitativer Hinsicht eindeutig bestimmbar, weshalb der vom Verwaltungsgerichtshof für die Vorjahre verlangte Nachweis als erbracht angesehen werden müsse.

Mit den nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen des Beschwerdeführers für alle drei Streitjahre (ausgenommen die Anerkennung der Sonderausgaben für 1985) im Hinblick auf die Erwägungen im zitierten Vorerkenntnis ab, da der Beschwerdeführer seinen Standpunkt auch in den gegenständlichen Verfahren lediglich mit Hinweisen auf seine im damaligen, die Jahre 1980 bis 1982 betreffenden Verfahren vorgebrachten Argumente, nicht jedoch mit hinsichtlich der Art und dem Umfang der Beschäftigung seiner Ehegattin geänderten Verhältnissen begründet habe.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diese Bescheide in seinem Recht, die Lohnaufwendungen für seine Ehegattin in voller geltendgemachter Höhe als Betriebsausgaben abzusetzen, verletzt. Er beantragt die Aufhebung der Bescheide wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde beantragt in ihrer (für beide Verfahren gemeinsam erstatteten) Gegenschrift die Abweisung der Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die beiden Beschwerden wegen des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden; er hat sodann erwogen:

Unrichtig führt die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe sich in den vorliegenden Verfahren lediglich auf eine Wiederholung seines Vorbringens betreffend die Jahr 1980 bis 1982 beschränkt. Der Beschwerdeführer hat zwar keine Änderung der damaligen Verhältnisse behauptet, jedoch neue und ausführlichere Angaben über diese Verhältnisse gemacht, was ihm für die Folgejahre nicht verwehrt war. Er hat nämlich sowohl in seiner Vorhaltsbeantwortung vom 28. Juli 1987 als auch in den Berufungsverhandlungen auf die im vorangegangenen Verfahren noch nicht vorliegenden Aussagen vom 10. November 1986 hingewiesen und behauptet, daß damit der vom Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis geforderte Nachweis erbracht werde.

Damit wurde ein neuer Sachverhalt geltend gemacht, sodaß es nicht ausreichte, auf das zitierte Vorerkenntnis zu verweisen. Vielmehr wären diese neuen Angaben einer Würdigung zu unterziehen gewesen, wie dies das Finanzamt in seinen Berufungsvorentscheidungen auch getan hat. Die angefochtenen Bescheide - nur sie sind vom Verwaltungsgerichtshof zu überprüfen - enthalten weder eine Billigung oder Ablehnung dieser Würdigung, noch eigene Erwägungen der belangten Behörde hiezu, sodaß jegliche Beweiswürdigung fehlt.

Diese wurde zwar in der Gegenschrift nachgeholt. Da der Beschwerdeführer aber im Verwaltungsverfahren keine Gelegenheit hatte, zu den von der belangten Behörde insoweit angestellten Überlegungen Stellung zu nehmen, konnte der vorliegende Begründungsmangel hiedurch nicht mehr saniert werden (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 Seite 533 und 601; Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit Seite 147 f).

Die angefochtenen Bescheide waren daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Der Beschwerdeführer hat einerseits neben den Pauschalbeträgen für Schriftsatzaufwand unzulässigerweise auch Umsatzsteuer, andererseits weniger - zuzüglich der Umsatzsteuer aber mehr - als die zulässigen Pauschalbeträge verzeichnet. Es gebührt ihm daher Aufwandersatz in der verordneten Höhe (vgl. Dolp a.a.O Seite 697).

Schlagworte

Begründung Begründungsmangel Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Verfahrensbestimmungen Beweiswürdigung Antrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989140126.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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