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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AdLRegOrgG 1925 §3 Abs3;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):89/03/0119Betreff
N gegen 1) Steiermärkische Landesregierung vom 1. März 1989, Zl. 11-75 We 43-1988, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, und 2) Landeshauptmann von Steiermark vom 1. März 1989, Zl. 11-75 We 43-1988, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967
Spruch
1) Der Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 1. März 1989 wird in Ansehung der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretungen des § 4 Abs. 1 lit. a und des § 4 Abs. 5 StVO einschließlich der damit verbundenen Kostenaussprüche wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Hinsichtlich der dem Beschwerdeführer mit diesem Bescheid zur Last gelegten Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
2) Der Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 1. März 1989 wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
3) Das Land Steiermark und der Bund haben dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von je S 5.250,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung sprach mit Straferkenntnis vom 1. März 1988 aus, der Beschwerdeführer habe am 22. April 1987 um 19.15 Uhr in der Reitschulgasse in Graz einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw gelenkt und auf Höhe des Hauses Nr. m einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht und 1) nicht sofort sein Fahrzeug angehalten, 2) es unterlassen, da nur Sachschaden entstanden sei, den Unfall ohne unnötigen Aufschub der nächsten Sicherheitsdienststelle zu melden, 3) es unterlassen, bei der Kontrolle seinen Führerschein dem Sicherheitswachebeamten auszufolgen, und
4) sich um 19.35 Uhr in Graz, vor dem Hause Mondscheingasse n, nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. (Die weiteren unter den Punkten 5 bis 7 dieses Straferkenntnisses dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretungen sind nicht Gegenstand der angefochtenen Bescheide.) Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach zu 1) § 4 Abs. 1 lit. a StVO, zu
2)
§ 4 Abs. 5 StVO, zu 3) § 102 Abs. 5 lit. a KFG und zu
4)
§ 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO begangen. Über den Beschwerdeführer wurden deshalb vier Geldstrafen (vier Ersatzarreststrafen) verhängt. Zur Begründung führte die Behörde unter anderem aus, der Beschwerdeführer bestreite zwar, zur Unfallszeit den im Spruch angeführten Pkw gelenkt zu haben, doch sei seine Rechtfertigung, er habe nach dem Verlassen des Lokales, wo er sich vorher aufgehalten habe, zu einer gerade vorbeikommenden Gruppe junger Burschen gesagt, sie mögen seinen Pkw aus der zweiten Spur, wo er ihn abgestellt gehabt habe, wegfahren, er könne allerdings nicht sagen, ob dies die Burschen befolgt hätten und was mit dem Pkw geschehen sei, weil er sich darum nicht gekümmert habe, völlig unglaubwürdig.
Mit den in einer gemeinsamen Ausfertigung ergangenen Bescheiden vom 1. März 1989 wurde über die Berufung des Beschwerdeführers in Ansehung der Punkte 1) bis 4) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses dahin entschieden, daß die Berufung hinsichtlich der Übertretungen der StVO von der Steiermärkischen Landesregierung und hinsichtlich der Übertretung des KFG vom Landeshauptmann von Steiermark abgewiesen wurde. Die Berufungsbehörden führten in der Begründung ihrer Bescheide unter anderem aus, daß aus den Aussagen der beiden im Zuge des Berufungsverfahrens vernommenen Zeugen für die Entlastung des Beschwerdeführers nichts gewonnen werden könne. An den weiteren Zeugen AF sei an die vom Beschwerdeführer bekanntgegebene Anschrift eine Zeugenladung übermittelt worden, die jedoch an der angeführten Adresse nicht habe zugestellt werden können. Es sei daher an den Beschwerdeführer ein Auftrag ergangen, die Adresse bekanntzugeben, unter der eine Zustellung an diesen Zeugen erfolgen könne. Der Beschwerdeführer sei jedoch dem Auftrag der Behörde nicht nachgekommen, weshalb dieser von ihm namhaft gemachte Zeuge zum Gegenstande habe nicht einvernommen werden können. Den Berufungsausführungen könne grundsätzlich die zutreffende Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses entgegengehalten werden. Bei der Behauptung des Beschwerdeführers, nicht Lenker des gegenständlichen Fahrzeuges gewesen zu sein, handle es sich auch nach Ansicht der Berufungsbehörden um eine reine Schutzbehauptung.
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangten Behörden legten die Verwaltungsstrafakten vor und beantragten in der von ihnen in einer gemeinsamen Ausfertigung erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorweg ist zum Vorbringen der Beschwerde betreffend die dem Beschwerdeführer unter den Punkten 5 bis 7 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zur Last gelegten Übertretungen zu bemerken, daß diese Übertretungen - wie schon in der Sachverhaltsdarstellung dargelegt - nicht Gegenstand der angefochtenen Bescheide sind, weshalb darauf auch nicht weiter einzugehen war.
Unter dem Gesichtspunkte einer "Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde" bringt der Beschwerdeführer vor, im Anlaßfalle sei ein Großteil der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen eine Angelegenheit der Bundesverwaltung und diesfalls der Landeshauptmann Berufungsinstanz. Dies hätte aber auch im Kopf des Bescheides zum Ausdruck kommen müssen und wäre der Bescheid vom Landeshauptmann zu unterschreiben gewesen. Es sei sicherlich nicht genügend, wenn am Ende eines Bescheides der zweiten Instanz ein und derselbe Verwaltungsbeamte für die Landesregierung und für den Landeshauptmann zeichne, weil es ausgeschlossen sei, daß ein und dieselbe Person sowohl für die Landesregierung als auch für den Landeshauptmann zeichnen dürfe.
Diesem Einwand kann nicht gefolgt werden. Aus der Fertigungsklausel der in einer gemeinsamen Ausfertigung ergangenen Bescheide ergibt sich eindeutig, daß hinsichtlich der Übertretungen der StVO von der Steiermärkischen Landesregierung und hinsichtlich der Übertretung des KFG vom Landeshauptmann von Steiermark über die Berufung des Beschwerdeführers entschieden wurde, weshalb ungeachtet dessen, daß im Kopf des Bescheides nicht die belangten Behörden, sondern das "Amt der Landesregierung" als deren Hilfsapparat angeführt wurde, der Bescheid in Ansehung der Übertretungen der StVO der Steiermärkischen Landesregierung und in Ansehung der Übertretung des KFG dem Landeshauptmann von Steiermark zuzurechnen ist. Es wurde demnach über die Berufung des Beschwerdeführers von der hiefür jeweils zuständigen Behörde entschieden. Der Landeshauptmann muß ferner einen von ihm in einer Angelegenheit der (mittelbaren) Bundesverwaltung erlassenen Bescheid nicht selber unterfertigen, er kann sich vielmehr vertreten lassen (vgl. Art. 106 B-VG und das Bundesverfassungsgesetz vom 30. Juli 1925, BGBl. Nr. 289, betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung für die Ämter der Landesregierung außer Wien, insbesondere des § 3 Abs. 3). Es genügt demnach, wenn der Bescheid "Für den Landeshauptmann" von dem hiezu ermächtigten Beamten unterfertigt wurde. Es ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers auch keineswegs ausgeschlossen, daß ein- und dieselbe Person für die Landesregierung als auch für den Landeshauptmann zeichnen dürfe. Die Erledigung von Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung und des selbständigen Wirkungsbereiches des Landes durch ein- und dieselbe Person ist vielmehr in Art. 103 Abs. 2 B-VG ausdrücklich vorgezeichnet (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Juni 1978, Slg. 8304).
Die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit "der belangten Behörde" haftet daher den angefochtenen Bescheiden nicht an.
1) ZUM BESCHEID DER STEIERMÄRKISCHEN LANDESREGIERUNG VOM
1. MÄRZ 1989:
Nach der gegen den Beschwerdeführer vom Meldungsleger erstatteten Anzeige sei von einem Taxilenker angezeigt worden, daß am 24. April 1987 um 19.15 Uhr sein Fahrzeug von dem ihm entgegenkommenden und vom Beschwerdeführer gelenkten Fahrzeug in der Reitschulgasse in Graz gestreift und beschädigt worden sei. Der Beschwerdeführer sei davongefahren. Der Taxilenker sei ihm nachgefahren und habe festgestellt, daß der Beschwerdeführer in der Mondscheingasse das Fahrzeug verlassen und sich in das Cafe C begeben habe. Dort sei der Beschwerdeführer vom Meldungsleger in der Toilette des Lokals angetroffen und vom herbeigerufenen Taxilenker einwandfrei als Lenker des Fahrzeuges, das sein Fahrzeug gestreift habe, identifiziert worden. Zwecks Klärung des Sachverhaltes sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, sich mit ihnen zu dem vor dem Haus Mondscheingasse Nr. n abgestellten Pkw zu begeben. Der Beschwerdeführer habe dort erklärt, daß er dieses Fahrzeug nicht kenne und seit einer Woche überhaupt kein Fahrzeug in Betrieb genommen habe, obwohl sich in dem nicht versperrten Fahrzeug Gegenstände (eine Kellnerbrieftasche, ein Finnendolch und eine Armbanduhr mit Plastikband) befanden, die der Beschwerdeführer als ihm gehörend bezeichnet habe. Da der Taxilenker den Beschwerdeführer einwandfrei als Lenker des Fahrzeuges, das ihm entgegenkam und sein Fahrzeug streifte, wiedererkannt habe und beim Beschwerdeführer Alkoholisierungssymptome (erhebliches Schwanken beim Gehen und Stehen, überaus gerötete Augenbindehäute, sehr starker Geruch nach alkoholischen Getränken aus dem Munde) festgestellt worden seien, sei der Beschwerdeführer um 19.35 Uhr in Graz, vor dem Haus Mondscheingasse Nr. n, zum Alkotest aufgefordert worden, den er mit der Begründung verweigert habe, daß er kein Fahrzeug gelenkt und keinen Unfall verursacht habe.
Der Beschwerdeführer bekämpft die ihm zur Last gelegten Übertretungen der StVO ausschließlich mit dem Einwand, daß er am Tattage um 19.15 Uhr in der Reitschulgasse in Graz kein Fahrzeug gelenkt hat, weshalb er die Übertretungen auch nicht begangen haben könne. Er stellt die vom Meldungsleger mit ihm durchgeführte und in der Anzeige festgehaltene Amtshandlung nicht in Abrede und bestreitet insbesondere nicht, von diesem um 19.35 Uhr des Tattages vor dem Haus Mondscheingasse Nr. n in Graz zum Alkotest aufgefordert worden zu sein und diesen verweigert zu haben. Er gab im Zuge des Verfahrens - abweichend von seinen Angaben während der Amtshandlung in der Mondscheingasse - weiters zu, daß er am Tattage "zwischen 17.00 Uhr und 18.00 Uhr" den in Rede stehenden Pkw zum Cafe D am E-Platz - von diesem Lokal sei er dann um etwa 19.00 Uhr zu Fuß zum Cafe C gegangen - lenkte, wobei er den Pkw vor diesem Lokal in zweiter Spur abgestellt hat (siehe dazu die Niederschrift über seine Vernehmung vom 2. Juli 1987 und das Vorbringen in der Berufung, daß es richtig sei, daß er am Tattage mit dem Pkw auf den E-Platz gefahren sei und in den späten Nachmittagsstunden das auf dem E-Platz etablierte Lokal D aufgesucht und dort tatsächlich Alkohol getrunken habe).
Bei diesem Sachverhalt lagen objektiv die Voraussetzungen für ein Vorgehen des Meldungslegers im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO vor, dem der Beschwerdeführer zu entsprechen gehabt hätte. Nach § 5 Abs. 2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden. Dieser Berechtigung bestimmter Organe steht die damit korrespondierende Verpflichtung der betreffenden Personen gegenüber, die sich dann, wenn sie sich beim Vorliegen der genannten Voraussetzungen weigern, ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, einer Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO schuldig machen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat (vgl. unter anderem das Erkenntnis vom 19. Jänner 1979, Zl. 1271/77), kommt es für die Entstehung der Berechtigung im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO nicht darauf an, daß die in dieser Bestimmung genannten Personen im Zeitpunkt des Einschreitens der zur Vornahme der Atemluftprobe berechtigten Organe ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen; eine solche Untersuchung kann vielmehr auch noch später, und zwar solange verlangt werden, als praktisch verwertbare Ergebnisse der Atemluftprobe erwartet werden können. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer nicht beim Lenken eines Kraftfahrzeuges betreten wurde, hinderte somit den Meldungsleger nicht, den Beschwerdeführer zur Vornahme einer Atemluftprobe aufzufordern. Daß der Beschwerdeführer aber vorher ein Kraftfahrzeug tatsächlich lenkte, wobei in der Zwischenzeit noch nicht ein allzulanger Zeitraum verstrichen war und er anläßlich der Amtshandlung des Meldungslegers äußere Symptome zeigte, die die Vermutung seiner Alkoholbeeinträchtigung rechtfertigten, stellt der Beschwerdeführer - wie dargelegt - selbst nicht in Abrede. Da sich in der Folge jedenfalls herausgestellt hat, daß der Beschwerdeführer nur etwa eineinhalb bis zweieinhalb Stunden vor der Aufforderung zum Alkotest tatsächlich ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, erweist sich die Aufforderung des Meldungslegers an den Beschwerdeführer, sich der Atemluftprobe zu unterziehen, ungeachtet dessen, daß der Meldungsleger in dem Zeitpunkt, als er die Aufforderung zur Vornahme der Atemluftprobe an den Beschwerdeführer richtete, keine Kenntnis davon hatte, daß der Beschwerdeführer vor 19.15 Uhr ein Fahrzeug lenkte, als berechtigt (vgl. dazu die Ausführungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Dezember 1981, Zl. 81/02/0156, zur Berechtigung der Vornahme der Atemluftprobe, wenn - objektiv gesehen - sämtliche Voraussetzungen nach § 5 Abs. 2 StVO vorlagen, das heißt auch feststeht, daß der Beschwerdeführer ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, der Beschwerdeführer aber behauptet, daß dieser Umstand (Lenken eines Fahrzeuges) dem Straßenaufsichtsorgan im Zeitpunkt der Aufforderung noch nicht bekannt war, auf die - zur Vermeidung von Wiederholungen - gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).
Ausgehend davon vermag der Verwaltungsgerichtshof die Bestrafung des Beschwerdeführers wegen der Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO nicht als rechtswidrig zu erkennen, weshalb insoweit die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Was die dem Beschwerdeführer mit der Tatzeit "19.15 Uhr" angelasteten Übertretungen des § 4 Abs. 1 lit. a und des § 4 Abs. 5 StVO anlangt, ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kein erheblicher Verfahrensmangel darin zu erblicken, daß die von ihm beantragte Zeugin GH nicht vernommen wurde. Denn selbst wenn diese Zeugin die Behauptung des Beschwerdeführers, daß er um etwa 19.00 Uhr das Cafe D verlassen habe, nicht in Richtung des abgestellten Fahrzeuges gegangen sei und daß sie schon zuvor öfters den von ihm in zweiter Spur geparkten Pkw weggestellt und richtig geparkt habe, bestätigt hätte, wäre daraus für die entscheidende Frage, ob der Beschwerdeführer das Fahrzeug um 19.15 Uhr gelenkt hat, nichts zu gewinnen gewesen, weil das nicht ausgeschlossen hätte, daß der Beschwerdeführer ungeachtet dessen, daß er - wie er behauptet - nach dem Verlassen des Lokals nicht in Richtung des abgestellten Fahrzeuges ging, zum Fahrzeug zurückkehrte und dieses um 19.15 Uhr lenkte, zumal von ihm nicht behauptet wurde, daß diese Zeugin auch im Beschwerdefall das von ihm angeblich in zweiter Spur geparkte Fahrzeug wegstellte und richtig parkte. Wohl hätte die belangte Behörde darzulegen gehabt, warum sie die Einvernahme dieser Zeugin für entbehrlich erachtete. Dieser Mangel ist aber nicht wesentlich, weil sie nach dem Vorgesagten selbst bei seiner Vermeidung zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können.
Hingegen kommt der Verfahrensrüge des Beschwerdeführers, daß die belangte Behörde den für ihn wichtigen Entlastungszeugen AF, der bestätigen hätte können, daß er am Vorfallstage schon wenige Minuten nach 19.00 Uhr im Cafe C war und dort mit dem Zeugen gesprochen habe, weshalb auszuschließen sei, daß er um 19.15 Uhr in der Reitschulgasse in Graz einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht habe, nicht einvernommen habe, Berechtigung zu. Mag auch die Rechtfertigung des Beschwerdeführers, daß er nach dem Verlassen des Lokals fremde Burschen, die er bloß vom Sehen her gekannt habe, ersucht habe, mit dem in zweiter Spur abgestellten Fahrzeug wegzufahren, daß er sich darum aber nicht mehr weiter gekümmert habe, auf Grund der Aktenlage insgesamt durchaus unglaubwürdig sein, wie in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides, auf die die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides verwies, ausgeführt wurde, darf doch die Bestimmung des § 25 Abs. 2 VStG nicht außer acht gelassen werden, wonach die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen sind wie die belastenden. Nun stellt der Zeuge F, was die Tatzeit anlangt, ein Beweismittel dar, das vom Beschwerdeführer zu seiner Entlastung geführt wurde und dem die Eignung nicht von vornherein abgesprochen werden kann, dazu einen Beweis zu liefern. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides habe dieser vom Beschwerdeführer namhaft gemachte Zeuge zum Gegenstande nicht einvernommen werden können, weil an die vom Beschwerdeführer bekannt gegebene Adresse eine Zeugenladung nicht habe zugestellt werden können und der Beschwerdeführer der Aufforderung der Behörde, die Anschrift bekanntzugeben, unter der eine Zustellung an den Zeugen erfolgen könne, nicht nachgekommen sei. Sie erblickte darin offenbar - wie auch der Gegenschrift zu entnehmen ist - eine Verletzung der Verpflichtung des Beschwerdeführers, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen, übersieht hiebei aber, daß eine Mitwirkungspflicht bei der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes insoweit nicht besteht, als die Behörde nicht gehindert ist, diese Ermittlung von Amts wegen vorzunehmen, wozu sie gemäß § 39 Abs. 2 AVG verpflichtet ist (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. April 1982, Slg. Nr. 10700/A). Es stand der belangten Behörde zwar frei, eine diesbezügliche Aufforderung an den Beschwerdeführer zu richten, doch wurde sie dadurch nicht der Verpflichtung enthoben, auf andere und ihr mögliche Weise, etwa durch eine amtswegige Einholung einer Auskunft des Meldeamtes, die neue Anschrift des Zeugen - die Zeugenladung wurde im Beschwerdefall der Behörde mit dem Vermerk "Empfänger verzogen" zurückgestellt - zu ermitteln, wenn die Aufforderung an den Beschwerdeführer - aus welchen Gründen immer - zu keinem Erfolg führte. Erst dann, wenn auch die Anfrage an das Meldeamt kein brauchbares Ergebnis gebracht hätte und der Beschwerdeführer es in Kenntnis dieses Umstandes unterlassen hätte, eine Anschrift des Zeugen bekanntzugeben, unter der eine Zustellung erfolgen kann, wäre der mangelnden Mitwirkung des Beschwerdeführers im Rahmen der Beweiswürdigung der belangten Behörde Bedeutung zugekommen. Wenn die belangte Behörde in der Gegenschrift meint, daß das Mißlingen der Bemühungen der Behörde, den Zeugen an der vom Beschwerdeführer angegebenen Adresse auszuforschen, der Behörde nicht unter dem Titel "mangelhafte Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes" zur Last gelegt werden könne und damit offenbar auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 27. November 1986, Zlen. 85/10/0116, 0138, Bezug nimmt, ist ihr zu entgegnen, daß es den damaligen belangten Behörden trotz intensiver Bemühungen nicht gelang, die Zeugin an den vom Beschwerdeführer angegebenen Adressen zu erreichen und der Aufenthalt dieser Zeugin auch durch eine Anfrage beim Zentralmeldeamt nicht habe eruiert werden können. Diesem Erkenntnis liegt demnach ein mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Im Beschwerdefall war es demnach entbehrlich, auf die weitwendigen Ausführungen des Beschwerdeführers über die Erfordernisse einer derartigen, nach seiner Behauptung ihn überdies nicht erreicht habenden Aufforderung näher einzugehen.
In Ansehung der Übertretungen des § 4 Abs. 1 lit. a und des § 4 Abs. 5 StVO wurden von der belangten Behörde sohin Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 1. März 1989 war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
2) ZUM BESCHEID DES LANDESHAUPTMANNES VON STEIERMARK:
Mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 1. März 1989 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, es "bei der Kontrolle" unterlassen zu haben, seinen Führerschein dem Sicherheitswachebeamten auszufolgen, ohne zu konkretisieren, wann diese Kontrolle stattgefunden hat, was einen Verstoß gegen § 44a lit. a VStG darstellt, zumal der Beschwerdeführer diese Übertretung nicht auch um 19.15 Uhr begangen haben kann, wurden doch die Sicherheitswachebeamten der Anzeige zufolge erst um 19.25 Uhr zur Unfallstelle beordert. In Ansehung dieser Übertretung erweist sich demnach der Bescheid des Landeshauptmannes vom 1. März 1989 als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Für das fortgesetzte Verfahren sieht sich der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich dieser Übertretung zu folgender Bemerkung veranlaßt: Nach der Anzeige des Meldungslegers habe sich bei der von einem Polizeibeamten in der Führerscheinstelle vorgenommenen Nachschau herausgestellt, daß der Beschwerdeführer entgegen seiner Behauptung von der Bundespolizeidirektion Graz keinen Führerschein ausgestellt erhalten habe. Besaß der Beschwerdeführer zu der von der belangten Behörde angenommenen Tatzeit keine Lenkerberechtigung - das den Verwaltungsstrafakten angeschlossene Konzept des Ladungsbescheides der Behörde vom 22. Mai 1987 und die Niederschrift über die Vernehmung des Beschwerdeführers vom 2. Juli 1987 scheinen dagegen zu sprechen -, wäre ihm zu Unrecht eine Übertretung des § 102 Abs. 5 lit. a KFG vorgeworfen worden. Sein Verhalten hätte vielmehr einen Verstoß gegen § 64 Abs. 1 KFG dargestellt, wobei in diesem Zusammenhang auf § 31 Abs. 1 VStG zu verweisen wäre.
3) Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989 (vgl. dazu den Beschluß eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Juli 1979, Slg. Nr. 9901/A). Die Abweisung des Mehrbegehrens hat einerseits nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand zum Gegenstand, und andererseits war die Gerichtsgebühr für die Vollmacht nicht zuzusprechen.
Schlagworte
Alkotest Voraussetzung"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit Mängel bei Beschreibungsachliche Zuständigkeit in einzelnen AngelegenheitenZurechnung von OrganhandlungenAlkotest Zeitpunkt OrtAlkotest StraßenaufsichtsorganBehördenorganisationZurechnung von Bescheiden IntimationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989030118.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
02.03.2010