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L92059 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Wien;Norm
KAG Wr 1987 §38 Abs5;Betreff
N gegen Wiener Landesregierung vom 5. September 1989, Zl. MA 14-B 15/88, betreffend Pflegegebühren nach dem Wiener Krankenanstaltengesetz (mitbeteiligte Partei: Stadt Wien)
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Berufungsbescheid der Wiener Landesregierung vom 5. September 1989 wurden der Verlassenschaft nach N im Instanzenzug Pflegegebühren für den Aufenthalt der N im Psychiatrischen Krankenhaus der Stadt Wien - Baumgartner Höhe - für die Zeit vom 6. August 1974 bis 23. November 1978 vorgeschrieben, wobei ein von der Krankenkasse (Versicherungsanstalt der öffentlich Bediensteten) und ein vom Ehemann bezahlter Betrag in Abzug gebracht wurden (zu zahlender Restbetrag S 175.576,68). Nach der Begründung des Berufungsbescheides war ab 27. Juli 1976 ein Asylierungsfall gegeben, so daß die Krankenkasse ab diesem Tag die Kosten nicht mehr übernommen habe. Ein Antrag auf Aufnahme der Patientin in ein Pflegeheim sei nicht gestellt, eine Verpflichtungserklärung der Patientin, die Kosten zu bezahlen, sei nicht abgegeben worden. Der Patientin seien bei ihrer Entlassung (Überstellung in ein Pflegeheim) die offenen Gebühren deshalb nicht in Rechnung gestellt worden, da sie damals laut Aktenlage einkommens- und vermögenslos gewesen sei. Die aushaftenden Kosten seien zwar vorläufig dem zuständigen Sozialhilfeträger aufgerechnet worden, doch seien die offenen Kosten nach dem Tod der Patientin zur Verlassenschaft angemeldet worden, weil durch ein allenfalls nachträglich anfallendes Vermögen eine teilweise Abstattung möglich sei. Bis zum 22. November 1978 sei die Unterbringung der Patientin in der Krankenanstalt wegen Selbstgefährdung notwendig gewesen. Eine Verjährung der Pflegegebührenforderung sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 25. November 1969, Zlen. 550, 560/69) nicht eingetreten. Die Höhe der offenen Forderung sei nicht strittig.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mitbeteiligte Stadt Wien hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 2. Oktober 1989 bestehenden Rechtslage war das Wiener Krankenanstaltengesetz in der Fassung seiner Wiederverlautbarung LGBl. Nr. 23/1987 unter Bedachtnahme auf die seither erfolgten weiteren Novellierungen anzuwenden, weshalb sich die von der Beschwerdeführerin verwendete Paragraphenzitierung durchwegs als unzutreffend erweist.
Gemäß § 52 Abs. 1 Wiener KAG ist zur Bezahlung der Pflege- und Sondergebühren sowie der Kostenbeiträge der Patient verpflichtet - ein Fall behördlicher Einweisung auf Grund besonderer Vorschriften lag nicht vor. Soweit eine andere physische oder juristische Person auf Grund gesetzlicher Vorschriften Ersatz zu leisten hat, haftet diese im Rahmen ihrer Ersatzverpflichtung mit dem Patienten zur ungeteilten Hand. Ist der Patient sozialversichert, ist er zur Bezahlung der Pflege- und Sondergebühren nur soweit verpflichtet, als der Sozialversicherungsträger auf Grund des ASVG, anderer Gesetze bzw. von Verträgen dem Rechtsträger der Krankenanstalt keinen Ersatz leistet.
Da die Beschwerdeführerin die Feststellung der belangten Behörde über das Vorliegen eines Asylierungsfalles ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht unter Aufzeigung von Verfahrensmängeln bestreitet, vielmehr selbst "vermutlich" von einem Asylierungsfall ab 27. Juli 1976 ausgeht, war eine Leistungspflicht des Krankenversicherungsträgers ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gegeben (§ 144 Abs. 3 ASVG, § 66 Abs. 3 B-KUVG).
§ 38 Abs. 5 Wiener KAG sieht vor, daß der Sozialhilfeträger dann rechtzeitig vor der Entlassung (ergänze: hier Überstellung) des Patienten zu verständigen ist, wenn der Patient nicht sich selbst überlassen werden kann und seine Unterbringung anderweitig nicht sichergestellt ist. Gemäß § 6 des Wiener Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 11/1973 in der geltenden Fassung, hat die Sozialhilfe rechtzeitig einzusetzen. Sie ist auch ohne Antrag des Hilfesuchenden zu gewähren, sobald Tatsachen bekannt werden, die eine Hilfeleistung erfordern.
Weder aus den Bestimmungen des Wiener KAG noch aus jenen des Wiener SHG ergibt sich die von der Beschwerdeführerin vertretene Rechtsansicht, weil Sozialhilfe hätte gewährt werden müssen, bestünde kein Anspruch der mitbeteiligten Partei auf Pflegegebühren mehr. Dagegen spricht sogar ausdrücklich der oben zitierte Satz aus § 52 Abs. 1 Wiener KAG, wonach bei Rechtspflicht anderer Personen, auf Grund gesetzlicher Vorschriften Ersatz zu leisten, Haftung zur ungeteilten Hand mit dem Patienten Platz greift - woraus sich schlüssig ergibt, daß der Patient durch die Ersatzpflicht anderer Personen nicht aus seiner Mithaftung entlassen wird. Die Frage eines allfälligen Regresses mehrerer solidarisch haftender Personen untereinander ist nicht im vorliegenden Beschwerdeverfahren zu lösen.
Daß aus der Unterlassung der Verständigung des Sozialhilfeträgers bestimmte Kostenfolgen entstanden sind oder dies einen längeren Krankenhausaufenthalt der Patientin bewirkt habe, wurde weder im Verwaltungsverfahren vorgebracht noch ergibt es sich aus den Akten.
Die Vorschriften des Wiener KAG über die Festsetzung und Berechnung der Pflegegebühren, insbesondere die §§ 44 bis 46 §§ 48 und 49 sehen nicht vor, daß sich die Pflegegebühren auf die in einem Pflegeheim zu zahlenden Pflegesätze vermindern, wenn, bei fortdauerndem Aufenthalt des Patienten in einem Krankenhaus, ein Asylierungsfall vorliegt.
Da es der Beschwerde somit nicht gelungen ist, die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte infolge Vorliegens der Voraussetzungen nach § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989180174.X00Im RIS seit
13.07.2001Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008