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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
SVDolmG 1975 §10 Abs1 Z1;Betreff
N gegen Präsident des Oberlandesgerichtes Wien vom 4. Jänner 1990, Zl. Jv 11.962-5b/89, betreffend Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger.
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Präsidenten des Handelsgerichtes Wien vom 22. Mai 1989 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 des Bundesgesetzes vom 19. Februar 1975, BGBl. Nr. 137, über den allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen und Dolmetscher die Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger entzogen, weil seine Vertrauenswürdigkeit nicht mehr gegeben sei. Der Beschwerdeführer sei wegen des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs. 1 StGB verurteilt worden. Neben weiteren drei strafgerichtlichen Verurteilungen sei auch das Verhalten des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung vom 14. Dezember 1986 in einer bestimmten Strafsache geeignet, seine Vertrauenswürdigkeit zu erschüttern.
Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 4. Jänner 1990 keine Folge gegeben.
Die Berufungsbehörde vertrat entsprechend der Begründung ihres Bescheides die Auffassung, daß sich ein näheres Eingehen auf die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Tatsachenfeststellungen und unrichtige rechtliche Beurteilung erübrige, weil mit Beschluß des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 12. Oktober 1989, welcher mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 6. Dezember 1989 bestätigt worden sei, über das Vermögen des Beschwerdeführers der Konkurs eröffnet worden sei. Durch diese weitere Entwicklung ergebe sich, daß jedenfalls nunmehr von geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers nicht mehr gesprochen werden könne. Die Eintragungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 2 Z. 1 lit. h leg. cit. seien daher jedenfalls weggefallen, sodaß die Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger durch den erstinstanzlichen Bescheid gerechtfertigt sei. Der Berufung sei daher ein Erfolg zu versagen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 2 des schon erwähnten Bundesgesetzes vom 19. Februar 1975, BGBl. Nr. 137, über den allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen und Dolmetscher müssen für die Eintragung in die Sachverständigenliste für ein bestimmtes Fachgebiet folgende Voraussetzungen gegeben sein:
"1.
In der Person des Bewerbers
......
h) geordnete wirtschaftliche Verhältnisse;"
Zufolge § 10 Abs. 1 leg. cit. "ist die Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger vom Präsidenten des Gerichtshofs I. Instanz durch Bescheid zu entziehen,
1.
wenn sich herausstellt, daß die Voraussetzungen für die Eintragung, mit Ausnahme der nach § 2 Abs. 2 Z. 2, seinerzeit nicht gegeben gewesen oder später weggefallen sind;"
Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung entsprechend der schon wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides lediglich darauf gestützt, daß auf Grund der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers nicht mehr davon die Rede sein könne, daß er sich in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen befinde.
Der Beschwerdeführer ist dieser Auffassung mit dem Argument entgegengetreten, daß diese Konkurseröffnung nicht ipso iure einen Grund für die Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger darstelle.
Dieser Einwand ist insofern berechtigt, als entsprechend der eben wiedergegebenen Rechtslage nicht die Eröffnung des Konkurses, sondern der Mangel geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse als eine der möglichen Voraussetzungen für eine Entziehung der Sachverständigeneigenschaft vorgesehen ist. Die Eröffnung des Konkurses setzt zwar zufolge § 66 Abs. 1 der Konkursordnung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners voraus, und es gehört wohl zum Wesen geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse einer Person, daß sie zur Erfüllung ihrer - gleichgültig auf welchem Titel beruhenden - Zahlungsverpflichtungen in der Lage ist, doch hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides keine diesbezüglichen Erwägungen angestellt und insbesondere nicht zu erkennen gegeben, ob die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers auf konkreten Umständen beruht, welche die Annahme rechtfertigen, daß der Beschwerdeführer auch noch zu der für die Beurteilung des Vorliegens der in Rede stehenden Tatbestandsvoraussetzung maßgebenden Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides unfähig war, seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Die belangte Behörde hat sich auch nicht mit dem in der Begründung des angefochtenen Bescheides erwähnten, dem Gerichtshof vorliegenden Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 6. Dezember 1989 inhaltlich auseinandergesetzt, weshalb auch nicht beurteilt werden kann, ob und gegebenenfalls welche darin getroffenen Sachverhaltsfeststellungen allenfalls für die Entziehung der Sachverständigeneigenschaft des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde maßgebend waren.
Unter diesem Gesichtspunkt gewinnt auch die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers an Bedeutung, wonach die belangte Behörde ihre Entscheidung ausschließlich auf den Umstand gestützt habe, daß über das Vermögen des Beschwerdeführers der Konkurs eröffnet worden sei, ohne ihm vor Erlassung des angefochtenen Bescheides Gelegenheit zu einer diesbezüglichen Stellungnahme gegeben zu haben, wobei der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang geltend macht, daß die belangte Behörde im Falle der Einräumung des Parteiengehörs zu dem Ergebnis gekommen wäre, daß seine Zahlungsunfähigkeit weder bestanden habe noch derzeit bestehe, und daß er trotz dieser Konkurseröffnung in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebe.
Die belangte Behörde ist also offensichtlich davon ausgegangen, daß allein die schon einige Monate zurückliegende Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers die Annahme seiner mangelnden geordneten wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtfertigt, und hat daher in der Begründung des angefochtenen Bescheides die im Sinne der vorstehenden Erwägungen erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen und Schlußfolgerungen unterlassen sowie gegen die Bestimmungen über das Parteiengehör verstoßen. Es ist ihr daher ein im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wesentlicher Verfahrensmangel anzulasten, weshalb der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren des Beschwerdeführers war insoweit abzuweisen, als es den von ihm beantragten Ersatz der zustehenden Stempelgebühren im Ausmaß von S 420,-- sowie den in der genannten Verordnung vorgesehenen Schriftsatzaufwand überschreitet, weil in dem erwähnten Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990180070.X00Im RIS seit
05.03.2001